Mit dem Vorschlag zur Entwicklung von Mindeststandards geht Hessen krankenhauspolitisch in die Offensive. Nutzen wir die Gelegenheit. Machen Sie alle mit. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Spies. – Zur Erläuterung des mit aufgerufenen Dringlichen Antrags der FDP darf ich Herrn Rentsch das Wort erteilen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Spies, bevor ich zu unserem Antrag komme, möchte ich Ihnen ein großes Lob aussprechen.
Es ist unter Effizienzgesichtspunkten wirklich brillant, wie Sie auf der einen Seite durch Ihre Gesundheitsministerin in Berlin Probleme schaffen und auf der anderen Seite diese Probleme in Hessen anprangern, ohne richtige Lösungskonzepte dafür vorzulegen. Diese Arbeitsteilung ist wirklich brillant. Da können wir bei den Sozialdemokraten sicherlich viel lernen.
Herr Dr. Spies, an einem Punkt haben Sie aber völlig recht: Die Frage, wie es um die hessischen Krankenhäuser, die Patientensicherheit und die Versorgung bestellt ist, ist etwas, was die Landespolitiker interessieren muss. Wir können feststellen, dass es die Landesregierung tatsächlich interessiert hat. Die Fraktionen in diesem Haus haben sich mehrfach mit diesem Thema beschäftigt. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass die Fraktionen bei diesem Thema schlecht aufgestellt sind.
Aber, Herr Kollege Dr. Spies – das ist die Wahrheit in dieser Debatte –, das Hauptproblem ist die Bundesgesundheitsministerin, die die Krankenhäuser in Hessen kaputtgespart hat. Es gibt keine andere Wahrheit.
Normalerweise könnte man die Debatte an dieser Stelle ganz seriös beenden; denn bei den Vertretern aller Fachinstitutionen besteht Einigkeit. Das gilt für alle Beteiligten, mit denen Sie sprechen. Ich nenne an dieser Stelle die Hessische Krankenhausgesellschaft, die die hessischen Krankenhäuser vertritt. Dort waren die Sympathie für Ihren Antrag und die gute Stimmung, die dadurch entstand, relativ überschaubar.
Wenn Sie mit Vertretern dieser Institutionen sprechen, stellen Sie relativ schnell fest: Ja, es ist wahr, dass die Bundesregierung, vor allem die Bundesgesundheitsministerin, in den letzten Jahren die Krankenhäuser durch eine verfehlte Reformpolitik kaputtgespart hat, und das hat wahrlich zu einer Verschlechterung der Versorgung geführt. – Herr Kollege Dr. Spies, darin sind wir uns sicher einig.
Neben der ambulanten Versorgung sind die hessischen Krankenhäuser ein wichtiger Baustein in der medizinischen Versorgung. Die hessischen Krankenhäuser sind in vielen Fällen ein wichtiger Baustein für die Bürgerinnen und Bürger; denn sie vermitteln vor Ort ein Stück weit die Sicherheit, dass die medizinische Versorgung gewährleistet ist.
Wir hatten in den Krankenhäusern in den letzten Jahren eine erhebliche Veränderung. Die Zahl der Krankenhäuser hat sich verringert.Ich habe mir die Zahlen für Hessen besorgt. Während wir 1990 noch 187 Krankenhäuser hatten,ist ihre Zahl im Jahr 2006 auf 175 gesunken.Das heißt, wir haben in diesem Bereich eine erhebliche Veränderung festzustellen.Wir haben weniger Krankenhäuser und weniger Krankenhausbetten. Natürlich berührt es auch ein Stück weit die medizinische Versorgung in der Fläche, wenn sich diese Situation verändert.
Die Krankenhäuser haben in den letzten Jahren einiges einstecken müssen. Das will ich an einigen Beispielen aufzeigen. Sie haben damit leben müssen, dass die Bundesgesundheitspolitik in vielen Fällen absolut unberechenbar und unüberschaubar war. Man wusste nicht, welche Reform am nächsten Morgen neu auf den Tisch kam und wo die Krankenhäuser zusätzlich einsparen mussten. Natürlich hat sich das auch auf die Versorgung ausgewirkt.
Die Patienten sind nicht in der Lage, das in irgendeiner Form zu überblicken, weil sie keinen Einblick in die Organisation einer Krankenhauslandschaft haben. Sie müssen sich darauf verlassen, dass die Leistung, die die Krankenhäuser anbieten, gut ist.
Sie können nicht hinter die Kulissen blicken. Deshalb – Herr Kollege Dr. Spies, da bin ich mit Ihnen derselben Auffassung – hat die Politik die Verantwortung, eine gute stationäre Versorgung sicherzustellen. Das ist unser Auftrag. Dafür müssen wir alles tun.
Herr Kollege Dr. Spies, wie gesagt: Der erste Schritt wäre, dass Sie den Telefonhörer in die Hand nehmen. Ich gehe davon aus, dass auch Sie einen guten Draht nach Berlin haben. – Herr Kollege Wagner hält schon ein Telefon hoch. Vielleicht sollten wir einmal die Nummer des Bundesgesundheitsministeriums wählen.
Sie sollten zunächst einmal versuchen, mit Ihrer Parteifreundin Ulla Schmidt ins Gespräch zu kommen. Ja, wir wissen es: Ulla Schmidt scheint in vielen Fällen beratungsresistent zu sein. – Herr Kollege Dr. Spies, Sie haben aber eine sehr geduldige und einfühlsame Art.
Ich weiß nicht, ob es dafür schon einen medizinischen Befund gibt. Aber Beratungsresistenz ist auf jeden Fall ein politischer Befund. Das trifft auf Frau Schmidt zu. Insofern sind Sie aus meiner Sicht dafür prädestiniert, diese Mission zu erfüllen. Wenn Sie nach Berlin gehen würden und Frau Schmidt bekehren würden, wäre das der erste Schritt, um hinsichtlich der Krankenhäuser endlich auf den richtigen Pfad zu kommen.
Wenn man sich die Zahlen anguckt, erkennt man, was die Krankenhauslandschaft vor allen Dingen durch Frau Schmidt erleiden musste. An den Zahlen kann man wirklich ablesen, in welch schwieriger finanzieller Situation sich die hessischen Krankenhäuser auch in diesem Jahr wieder befinden. Bei den Krankenhäusern haben wir aufgrund der Bundespolitik eine Steigerung der Budgets um knapp 0,56 %. Wenn man sich dagegen die allgemeine Kostensteigerung ansieht, die, rein statistisch gesehen, allein bei 4 % lag, braucht man kein Mathematiker zu sein, um zu dem Ergebnis zu kommen: Die Krankenhäuser haben, verursacht durch die Bundespolitik, dieses Jahr weniger Geld als in den Vorjahren.
Zweitens. Die Bundesgesundheitsministerin hat mit ihrer Gesundheitsreform, dem sogenannten Wettbewerbsstärkungsgesetz, weder den Wettbewerb gestärkt, noch hat sie dafür gesorgt, dass es den Krankenhäusern besser geht. Man muss sich das vorstellen: Die Krankenhäuser haben insgesamt ein Defizit von 1,3 Milliarden c zu tragen. 1,3 Milliarden c Defizit – es wird einzig und allein durch die Gesundheitspolitik auf Bundesebene verursacht – müssen die Krankenhäuser kompensieren. Da die Kosten der Krankenhäuser zu etwa 60 bis 65 % durch das Personal verursacht werden, kann man sich vorstellen, dass es dann auch ungerechterweise das Personal trifft. Das kann niemand wollen.Denn die Menschen – ich meine das Pflegepersonal genauso wie die Ärztinnen und Ärzte – sind dafür da, dass die Patienten eine gute Behandlung erfahren.
Herr Kollege Dr. Spies, Sie lesen sehr eifrig. Ich weiß nicht, ob Sie schon nach der Telefonnummer suchen.
Ich will Ihnen an der Stelle noch Folgendes sagen: Ja, auch wir Liberalen haben das Gespräch mit ver.di geführt. Sie haben sich auf ein Gespräch mit ver.di bezogen. Da der Bund den Krankenhäusern nicht mehr Geld gibt, ist es doch abstrus, in einer Debatte zu fordern, die Krankenhäuser müssten mehr Personal einstellen. So herum wird kein Schuh daraus.Natürlich müssen Sie erst einmal dafür sorgen, dass die Krankenhäuser finanziell ordentlich ausgestattet werden.
Die Krankenhäuser wurden noch zusätzlich belastet. Dies geschah durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Herr Kollege Dr. Spies, an die Mehrwertsteuererhöhung erinnere ich Sie gerne. Denn dafür dürften Sie eigentlich gar nicht verantwortlich sein. Denn Sie sind mit dem Versprechen in den Wahlkampf gezogen, mit der SPD werde es keine Erhöhung der Mehrwertsteuer geben.
Aus 0 Prozentpunkten wurden 3 Prozentpunkte. Die Kollegen der Union möchte ich an dieser Stelle schonen. Sie hatten eine Erhöhung um nur 2 Prozentpunkte gefordert. Insofern lagen Sie nahe an den 3 Prozentpunkten. Ich glaube, das kann man sagen.
Herr Kollege Dr. Spies, allein dadurch wurden die Krankenhäuser in Höhe von 500 Millionen c belastet. Eine Mehrbelastung um 500 Millionen c ergab sich allein durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer.
Aufgrund der Tarifsteigerung haben die Krankenhäuser eine weitere Mehrbelastung in Höhe von 1,5 Milliarden c zu tragen.
Auch die Energiekostensteigerung gehört dazu. Denn mit der „brillant“ gemachten Liberalisierung des Strommarkts – den Begriff Liberalisierung hat das eigentlich gar nicht verdient – haben die Sozialdemokraten auch diesen Sektor ins Chaos geführt. Ja, die Stromkosten fressen die Budgets der Krankenhäuser mittlerweile auf. Auch dafür tragen Sie die Verantwortung.
Letztendlich möchte ich auf das Arbeitszeitgesetz zu sprechen kommen, das jetzt umgesetzt worden ist. Auch die sich daraus ergebenden Mehrkosten müssen die Krankenhäuser in irgendeiner Form kompensieren.
(Der Ton wird nicht mehr über die Mikrofonanlage übertragen. – Minister Stefan Grüttner: Jetzt haben Sie den Ton ausgeschaltet! Das ist schade!)
Vielleicht ist das dem kurzen Draht von Ulla Schmidt in den Hessischen Landtag geschuldet, weil sie nicht hören will, was wir hierzu zu sagen haben.
Nein, mir geht es gut.Außerdem weiß ich, dass wir einen Arzt im Raum haben. Herr Kollege Dr. Spies, da gebe ich alles. Denn ich weiß, dass ich bei Ihnen in guten Händen wäre.
Ich möchte jetzt wieder zur Debatte zurückkommen. – All das zeigt, dass die Krankenhäuser allein aufgrund der Bundespolitik unheimlich gebeutelt wurden. Herr Kollege Dr. Spies, deshalb ist das, was Sie hier vorgestellt haben, wirklich unseriös. Ich sagte es bereits: Sie haben das Feuer in Berlin gelegt. Dann kommen Sie noch nicht einmal mit einer richtig guten Spritze, um das Feuer zu löschen.
Eigentlich war es eine Verpflichtung für Sie, einen so lautenden Antrag einzubringen. Denn Sie waren mit Frau Ypsilanti in den letzten Wochen in Hessen unterwegs und haben sich anschauen müssen, wie katastrophal die Situation der Krankenhäuser ist. Um nicht denken zu müssen: „Wir sind selbst daran schuld“, haben Sie gemeint, Sie müssten erst einmal schauen, was man in Hessen machen kann.