Ich will Ihnen das kurz erklären. Stellen Sie sich einmal Folgendes vor: Sie geben Ihrem Sohn 50 Cent für ein Eis. Ein Eis kostet 50 Cent. Sie zwingen ihn dann aber trotzdem, fünf Eis zu kaufen. Das kann hinten und vorne nicht funktionieren.
(Dr. Thomas Spies (SPD): Kein Mensch zwingt ein Kind, fünf Eis zu essen! Davon kriegt es Bauchschmerzen! – Weitere Zurufe)
Meine Damen und Herren, ich kann nichts dafür, dass das Eis bei Ihnen deutlich billiger ist. Bei uns jedenfalls kostet es etwa 50 Cent.Aber das will ich hier gar nicht diskutieren.
Herr Kollege Dr. Spies, ich komme auf den nächsten Punkt zu sprechen. Das betrifft die Frage, die Sie gerade angesprochen haben, nämlich die Privatisierung des Klinikums Gießen-Marburg. Das ist ein Thema. Ich kann mich an die Debatte sehr gut erinnern.Herr Kollege Schäfer-Gümbel hat sich daran beteiligt.
Als die Landesregierung dieses Projekt anging,hat sie von Ihnen nicht nur Kritik geerntet. Vielmehr haben Sie, aus meiner Sicht mit unzulässigen Argumenten, wirklich versucht, in der Bevölkerung Stimmung gegen das Projekt der Privatisierung zu machen.Sie haben argumentiert,mit der Privatisierung werde die Zahl der Todesfälle zunehmen, weil ein wirtschaftlich geführtes Unternehmen wie – jetzt kann man den Namen sagen – die Rhön-Klinikum AG sozusagen nur an ihren Profit und nicht an die Gesundheit der Patienten denken würde, die in dem Klinikum Gießen-Marburg behandelt werden.
Ich glaube, Sie sollten sich von Ihren damals gemachten Äußerungen distanzieren. Denn Fakt ist: Die Sicherheit
und die Versorgung der Patienten im Universitätsklinikum Gießen-Marburg sind sehr gut. Wenn man mit den dort Betroffenen redet, kommt man genau zu diesem Ergebnis.
Herr Kollege Dr. Spies, das zeigt: Privatisierung ist nichts Böses, was man verteufeln muss. Vielmehr ist es in vielen Fällen genau der richtige Weg. Denn damit kann die medizinische Versorgung aufrechterhalten werden.
Es ist nichts Neues,dass wir Liberale schon lange der Meinung waren, Privatisierung ist hinsichtlich der Krankenhausversorgung der richtige Weg. Das ist ein wichtiger Baustein.
Wir waren überrascht, dass der Managerkreis der Friedrich-Ebert-Stiftung zu dem gleichen Ergebnis gekommen ist. Ich werde Ihnen nachher gerne das Gutachten geben. Es wurde federführend von Florian Gerster erarbeitet. Immerhin handelt es sich um den ehemaligen Sozialminister des Landes Rheinland-Pfalz. In Klammern möchte ich anmerken: Er stammt aus der SPD.
Zunächst hat mich gefreut, dass die SPD noch einen Managerkreis hat. Das allein ist schon einmal ein gutes Zeichen.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten der CDU – Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das heißt, dieser Flügel ist Ihnen noch nicht ganz abhanden gekommen. Ich freue mich sehr – ich werde Ihnen auch gerne die Seite nennen, auf der das steht –, dass der professionelle Teil der Sozialdemokraten beim Gesundheitswesen die Privatisierung als ganz richtigen und wichtigen Weg beschreibt. Zumindest in diesem Zirkel scheint diese Erkenntnis angekommen zu sein. Wenn diese Erkenntnis jetzt auch noch die Mitglieder der hessischen Landtagsfraktion der Sozialdemokraten erreichen würde, hätte dieser Managerkreis viel erreicht.
Herr Kollege Dr. Spies, ich habe Ihnen ein farbiges Exemplar davon mitgebracht. Denn es ist mir einfach wichtig, dass Sie über die Erkenntnisse dieses Managerkreises informiert sind. Es handelt sich um ein Gutachten vom Mai 2008.Wir sind da also auf aktuellem Stand.
Wenn man sich die Krankenhauslandschaft anschaut, kommt man zu der Erkenntnis: Ja, es wird weitere Veränderungen geben. Wir brauchen eine weiter gehende Professionalisierung. Das Gutachten spricht auch davon, dass wir mehr Wettbewerb brauchen. Wir brauchen mehr Wettbewerb um bessere Konzepte für die Versorgung der Patienten. Die Patienten müssen sich in den Krankenhäusern wohlfühlen.
Wir brauchen aber auch mehr Wettbewerb um effiziente Strukturen.Auch das wäre ein wichtiger Schritt.Herr Kollege Dr. Spies, primär brauchen wir aber erst einmal eine angemessene finanzielle Ausstattung der Krankenhäuser, damit sie Personal einstellen können und nicht daran sparen müssen. So herum wird ein Schuh daraus. Deshalb muss das erst einmal in Berlin geklärt werden, bevor wir hier in Hessen nach Möglichkeiten schauen.
Die Mitglieder der FDP-Fraktion haben sich mit der Krankenhauslandschaft, Ihrem Antrag und den Zahlen beschäftigt. Wir haben gesagt: Bei drei Punkten sind wir der Meinung, hier muss etwas geschehen.
Herr Kollege Dr. Spies, ich komme zum ersten Punkt. Ja, wir wollen, dass das Krankenhaussonderopfer endlich zurückgenommen wird. Ich meine das Einsparpotenzial von 0,5 %. Jedes Krankenhaus muss 0,5 % jeder Patientenrechnung sozusagen einsparen. Denn es kriegt die entsprechenden Mittel einfach nicht ausgeschüttet.
Herr Kollege Dr. Spies, da sind wir hoffentlich einer Meinung.Diese 0,5 % müssen weg,weil es die Krankenhäuser schädigt. Es gibt auch keinen Grund dafür, warum sie ihre Rechnung nicht in voller Höhe bezahlt bekommen.
Herr Kollege Dr. Spies, die Gesundheitsministerin hat doch diese Regelung erst geschaffen.Dass sie mittlerweile – nach drei Jahren – auf den Trichter gekommen ist, dass sie sie wieder zurücknehmen möchte, ist eine tolle Sache. Aber wenn man drei Jahre braucht, um Fehler einzugestehen, ist das ein ziemlich langer Zeitraum. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen als Zweites, dass die Krankenhäuser auch Budgets haben – Krankenhausbudgets –, die sich an den reellen Kosten messen lassen müssen. Wenn Stromkosten usw. steigen, dann können wir doch nicht so tun, als ob das die Krankenhäuser nicht interessiert. Dann müssen wir auch in diesem Bereich, dann muss – das sage ich ganz konkret – in diesem Bereich der Bund handeln, und dann müssen die Krankenhäuser besser ausgestattet werden. Dass Sie in diesem Bereich in der Bundesregierung Verantwortung tragen, ist kein Geheimnis.
Drittens. Wir wollen, dass die Krankenhäuser die Möglichkeit haben – auch das ist ein Vorschlag von Frau Schmidt, das stimmt –, dass sie nicht mehr an die Grundlohnentwicklung gebunden sind. Auch da sind wir uns einig.
Herr Kollege Dr. Spies, dass Frau Schmidt nach vier Jahren auf diesen Trichter gekommen ist, ist nicht unbedingt sehr zeitnah zu der Abstellung der Probleme. Deshalb sagen wir: Wir brauchen diese Schritte, und wir fordern in diesem Bereich auch, dass Frau Ministerin Lautenschläger, die schon einige dieser Punkte in den letzten Jahren auf Bundesebene vertreten hat, dies weiter vertritt. Dort brauchen wir eine Änderung. Wenn wir diese Änderung erreicht haben, wenn wir erreicht haben, dass die hessischen Krankenhäuser finanziell besser ausgestattet sind, wenn sie Planungssicherheit haben, und wenn wir erreicht haben, dass der Bund nicht jede Woche eine neue Reform nachschiebt, dann – Herr Kollege Dr. Spies – diskutiere ich mit Ihnen gern über die Frage, ob wir Mindeststandards für Personal brauchen. Wenn Sie Ihre Hausaufgaben in Berlin gemacht haben,dann diskutieren wir in Hessen, aber nicht andersherum.
Ich kann nur an die SPD appellieren: Erstens, nutzen Sie Ihren Draht nach Berlin, zweitens, beschäftigen Sie sich nicht nur mit dem linken Flügel Ihrer Partei.Herr Kollege Dr. Spies, ich weiß, dazu haben Sie eine Affinität. Aber auch der etwas konservativere wirtschaftsgewandte Flügel, der Managerkreis, hat sehr interessante Vorschläge. Die sollten Sie nicht komplett negieren.
Eine Partei wie die Sozialdemokraten hat mehrere Flügel. Ich habe gelernt, man muss mit beiden Flügeln fliegen, sonst klappt das Ganze nicht.Versuchen Sie doch einmal, den anderen Flügel ins Auge zu nehmen.Ich glaube,er hat gute Vorschläge. Er würde der hessischen Sozialdemokratie wahrlich guttun. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mehr qualifiziertes Pflegepersonal in den hessischen Kliniken ist wünschenswert und in einigen Krankenhäusern auch dringend notwendig, um die Versorgung der Patienten zu gewährleisten. Dem Bettenabbau durch die gewünschten kürzeren Liegezeiten und der Verlagerung der Versorgung in den ambulanten Bereich im letzten Jahrzehnt steht eine höhere Leistungsanforderung an das Pflegepersonal gegenüber, da innerhalb einer kürzeren Zeit mehr und anspruchsvollere Leistung je Patient notwendig wurde.
Ein Krankenhausetat besteht zuweilen zu mehr als 80 % aus Personalkosten. Daher müssen wir insbesondere über die Finanzierung beraten. Herr Kollege Spies hat zwar gesagt, Geld ist da. Aber so einfach kann man es sich nicht machen.Wenn wir durch Personalstandards in hessischen Krankenhäusern mehr Pflegepersonal fordern, müssen wir über die Finanzierung nachdenken. Es wäre völlig unrealistisch,anzunehmen,durch einen Beschluss des Hessischen Landtags die Einnahmen der Krankenhäuser von den Krankenkassen über die Veränderung von Einzelverträgen oder des DRG-Vergütungssystems erhöhen zu können.
Die finanziellen Spielräume in Krankenhäusern in Deutschland sind dramatisch eingeschränkt. Nach Angaben des Deutschen Krankenhausinstituts erwirtschafteten im Jahre 2007 40 % einen Gewinn, 30 % waren in der Verlustzone. Dies ergab eine Umfrage bei 300 der insgesamt 2.100 Krankenhäuser in Deutschland. Denselben Quellen zufolge sind kleinere Krankenhäuser mit bis zu 300 Betten – darauf müssen wir unser Augenmerk richten – von dieser Entwicklung stärker betroffen.
Herr Dr. Bartelt, Entschuldigung. Herr Dr. Spies hat sich für eine Zwischenfrage zu Wort gemeldet. Wollen Sie diese zulassen?
Für das Jahr 2008 wird bundesweit zusätzlich eine Unterfinanzierung von 2,2 Milliarden c durch Tarifabschlüsse, Energiekostensteigerung und Mehrwertsteuererhöhung erwartet – publiziert vom „Deutschen Ärzteblatt“ 2008. Daher sind die in Punkt 1 des vorliegenden Antrags genannten Aspekte seit Langem Forderung dieser Landesregierung wie auch anderer Länder. Wir freuen uns, dass sich durch den Antragsteller vielleicht mit seinem Einfluss im Bundesfachausschuss – er gehört zu den engeren Beratern der Bundesgesundheitsministerin – nun endlich das Bundesgesundheitsministerium dies zu eigen gemacht hat. – Herr Spies, bitte sehr.
Herr Kollege Bartelt, Sie haben eben darauf verwiesen, dass der Landtag die Krankenhausbudgets nicht bestimmen kann. Das ist sicher richtig. Aber würden Sie mir nicht auch zustimmen, dass die Berechnung der Fallpauschalen aufgrund einer Formel, multipliziert mit einem Landesbasisfallwert, stattfindet und dass die Hessische Sozialministerin in persona nun vor einem Jahr den ausgehandelten Landesbasisfallwert als zu niedrig nicht genehmigt hat, somit auch in Zukunft einen Landesbasisfallwert nur dann genehmigen müsste, wenn er hessischen Qualitätsvorgaben genügt,und damit allerdings die Mittel für die hessischen Krankenhäuser beeinflussen kann?
Das Land muss sich auch an dem orientieren, was insgesamt da ist. Da wir innerhalb kurzer Zeit einen Bundesbasisfallwert haben, nimmt die Bedeutung des Landes auf dieser Ebene deutlich ab, sodass wir uns natürlich insgesamt auf die Finanzierung der Krankenhäuser konzentrieren müssen.
Das Problem der Unterfinanzierung der Krankenhäuser besteht in Hessen auch, obwohl Hessen bundesweit eine Spitzenposition in der Krankenhausfinanzierung der Gebäude und Großgeräte einnimmt. Während zwischen 1991 und 2006 die Krankenhausinvestitionen der Länder um 44 % zurückgingen, stiegen sie in Hessen im selben Zeitraum um 5,6 %. Nur der Stadtstaat Hamburg wies eine höhere Steigerungsrate auf. Und dies ist ein Verdienst gerade dieser Landesregierung.
Investitionen in die Krankenhäuser und Be- und Entlastung des Krankenhauspersonals stehen auch in einem Zusammenhang. Transporte von Patienten in entfernte Gebäude durch unübersichtliche Gangsysteme und Wagen vor Aufzügen gehören zum Klinikalltag. Die Einrichtung einer Arbeitsgruppe von betroffenen Fachleuten und den Landtagsfraktionen, um Vorschläge zu erarbeiten, damit Qualitätsanforderung und Pflegepersonalausstattung einander in der Praxis angepasst werden, wird von uns befürwortet.