Protokoll der Sitzung vom 28.08.2008

Als wir gegen den G-8-Gipfel demonstriert haben,

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Gewalttätig!)

wurde der gerechtfertigte Protest verfassungswidrig und rechtswidrig mit Personal und Flugzeugen des Militärs beobachtet. Das ist nur ein Beispiel. Ich könnte das auch an anderen Beispielen zeigen. Die Rote Hilfe hilft uns seit Jahren und Jahrzehnten, unser Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit wahrzunehmen. Darum geht es im Kern.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Wagner, in den letzten Tagen wurden folgende Worte von Ihnen wiedergegeben:Wenn das so weitergeht, dann sollten demnächst auch Strafgefangene gehört werden, wenn es um den Strafvollzug und seine Bedingungen geht.

Ich sage hier ganz eindeutig: Ja, selbstverständlich sollen die Betroffenen gehört werden, wenn es um die Bedingungen des Strafvollzugs geht.

(Beifall bei der LINKEN)

Es geht nicht darum, wie Sie es heute Morgen gesagt haben, dass Kriminelle gehört werden sollen, wenn es um das Erlassen von Strafgesetzen geht.Wenn es aber um die Bedingungen des Lebens in diesem Land geht – auch, wenn es um die Bedingungen im Strafvollzug geht –, dann treten wir dafür ein, dass die Betroffenen gehört werden.

Ich möchte eine letzte Bemerkung machen.

(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Nein, da geht es nicht um den Dringlichen Antrag.Vielmehr stelle ich eine Position dar.

Meine Damen und Herren, wir alle haben doch verstanden, was Sie hier machen wollen.

(Zuruf von der CDU:Wir haben aber auch verstan- den, was Sie machen wollen!)

Ich sage Ihnen: Der Spaltkeil wird nicht wirken. – Danke sehr.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf:Abwarten!)

Herzlichen Dank. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Schmitt das Wort.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Es ist schade, dass er nicht weitergeredet hat!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde reicht über die Debatte hinsichtlich der Roten Hilfe hinaus. So ist sie auch angelegt. Herr Dr. Wagner, lassen Sie mich deshalb an dieser Stelle durchaus den „Jubelpunkt“ ansprechen, den Sie im letzten Teil Ihrer Rede nur gestreift haben.

Die Linkspartei hat aufgrund ihrer Geschichte und ihrer politischen Vergangenheit eines gelernt. Ich würde sagen: Im Osten besteht sogar bei vielen ihrer Mitglieder Klärungsbedarf in mancherlei Hinsicht. Angesichts der Geschichte – die PDS war Nachfolgerin der SED, außerdem war sie Vorgängerin der heutigen Linkspartei, zudem gab es eine enge Verbindung mit der DKP – und angesichts der Äußerungen einzelner Mitglieder der Linkspartei ist es aus unserer Sicht durchaus notwendig, dass sich die Führung der hessischen Linkspartei klar zur parlamentarischen Demokratie, zu den Institutionen der parlamentarischen Demokratie,zu unseren Freiheitsrechten und dem Rechtsstaat bekennt und dies auch deutlich nach außen zum Ausdruck bringt.Ich glaube,das ist ein ganz wichtiger Punkt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU und der LINKEN – Florian Rentsch (FDP): Das tun sie nicht!)

Die DDR hatte ein Unrechtssystem,das Menschenrechtsverletzungen wie z. B. den Schießbefehl und die Überwachung durch die Stasi zu verantworten hat.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das hat Jürgen Banzer gestern sehr deutlich dargelegt!)

Meine Damen und Herren der Linkspartei,das muss auch durch Sie deutlich zum Ausdruck kommen.

An dieser Stelle möchte ich noch sagen: Freunde und Unterstützer sollte man sich sorgfältig auswählen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Das gilt für Herrn Irmer. Das gilt sicherlich auch für die Linkspartei.

Eines sollten wir nicht tun: Wir sollten die Geschichte nicht instrumentalisieren.Vielmehr sollten wir uns mit ihr ehrlich und kritisch auseinandersetzen. Das gilt übrigens für die Mitglieder fast aller Parteien dieses Hauses.

Wir als Sozialdemokraten können allerdings eines sagen: Wir haben in der deutschen Geschichte immer an der Seite der Demokratie und der Freiheit gestanden.

(Beifall bei der SPD)

Bei uns gab es nie Kumpanei mit den Nazis. Bei uns gab es auch nie Kumpanei mit dem menschenverachtenden Kommunismus. Das wollte ich an dieser Stelle auch einmal gesagt haben.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, jetzt möchte ich auf den anderen Punkt zu sprechen, den wir diskutieren müssen.

Die Linkspartei ist nicht mehr gleichzusetzen mit der SED, das muss man einfach mal zur Kenntnis nehmen.... Deshalb halte ich es für sinnlos, diese Partei immer mit dem gleichen Vokabular anzugreifen. Da muss uns etwas Intelligenteres einfallen.

(Beifall des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD))

Da habe ich den Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Herr Böhmer, zitiert. Das Interview wurde am 25. Juli 2008 im „Tagesspiegel“ veröffentlicht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eines sage ich Ihnen: Wenn Ihnen nichts anderes und nichts Intelligenteres einfällt, als immer nur zu sagen: „SED, SED“, dann wird diese Gruppierung in Deutschland leider stärker werden. Wir sind entschlossen, das nicht zuzulassen.Vielmehr werden wir uns mit den Inhalten und der Programmatik dieser Partei auseinandersetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren von der CDU, seien Sie doch nicht so heuchlerisch. Schauen wir uns doch bitte einmal an: Anfang des Monats, vor wenigen Tagen, haben Sie in Dresden Linksparteimitglieder in Amt und Mandat verholfen. In Magdeburg haben Sie am 03.07. den Sozialbürgermeister von der Linkspartei gewählt, einen Altlinken, der bis 1989 auf der Moskauer Parteihochschule als hoher Funktionär der SED war. In Chemnitz, in Cottbus, in Hoyerswerda – ich könnte das noch weiterführen – gibt es auf kommunaler Ebene die Zusammenarbeit der CDU mit der Linkspartei.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Dass Sie von der CDU in der Mitgliederentwicklung die SPD überflügeln konnten, hängt damit zusammen, dass Sie zwei Blockparteien übernommen haben. Meine Damen und Herren, das ist der Punkt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Vermögen und viele Ihrer Mitglieder haben Sie sich skrupellos einverleibt. An der Spitze der CDU in Brandenburg steht ein Ulrich Junghanns, Bezirksvorsitzender der Blockflöte Demokratische Bauernpartei. Er hat am 03.07.1989 noch gesagt:

Was die Mauer betrifft, so lassen wir uns nicht deren Schutzfunktion ausreden...

(Heiterkeit bei der SPD)

Sie haben vor wenigen Monaten eine Marion Walsmann zur neuen Justizministerin in Thüringen gewählt. Die war von 1986 bis 1990 für die Blockpartei in der Volkskammer. In dieser Zeit ist Solidarität mit China ausgesprochen worden, als am Platz des Himmlischen Friedens 3.000 Menschen niedergemetzelt worden sind. Meine Damen und Herren, dazu haben Sie nichts gesagt. Sie saß in der Volkskammer.

Also sage ich Ihnen: Versuchen Sie nicht, Geschichte zu instrumentalisieren. Entscheidend ist

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Die Gegenwart in Hessen im Landtag!)

genau – die Gegenwart. Dazu habe ich einiges gesagt.

(Fortgesetzte Zurufe von der CDU)

Herr Kollege Schmitt, die vereinbarte Redezeit ist um.