Norbert Schmitt

Sitzungen

17/4 17/5 17/7 17/8 17/11 17/15 17/16 17/17

Letzte Beiträge

Herr Präsident,meine Damen und Herren! Ich glaube,die letzten zwei Sätze des Herrn Kollegen Hahn haben deutlich gemacht, welches Bild hier gestellt werden soll.
Herr Kollege Hahn, Sie wissen es besser. Deswegen sage ich Ihnen, aber auch Herrn Innenminister Bouffier: Gerade wir Sozialdemokraten haben dazu eine Geschichte. Sie haben das Kabinett Holger Börner mit dem Innenminister Ekki Gries angesprochen. Aber auch später gab es Innenminister, die sehr verantwortungsvoll gehandelt haben. Sie haben genau diese Strategie, die einzig richtige Strategie, immer verfolgt. Sie haben nämlich auf Dialog und Deeskalation gesetzt, aber Gesetzesverstöße nicht hingenommen. Meine Damen und Herren, wir haben von Ihnen zu diesem Thema wahrlich keine Belehrungen nötig.
Herr Hahn, ich bin von Ihnen enttäuscht. Die CDU versucht seit Monaten, ein Bild zu stellen, dem zufolge diese Sozialdemokraten hinsichtlich der Frage der Rechtsstaatlichkeit unzuverlässige Gesellen seien.Das ist eine infame Unverschämtheit. Das weise ich von diesem Pult aus zurück.
Herr Hahn, auf den Nebenschauplätzen wird eines deutlich.Sie versuchen,zu erklären,das ehemalige Hüttendorf sei die Keimzelle der Gewalt gewesen. Das ist die Parallele, die gerade gezogen wird. Da waren Landfrauen mit dabei. Da waren Vertreter der Kirche mit dabei.Aufgrund der Enttäuschung,dass ihre Anliegen damals vom Rechtsstaat anscheinend nicht aufgegriffen wurden und es eine entsprechende politische Entwicklung gab, haben sie sich damals zusammengefunden. Es handelte sich eben nicht um die Keimzelle der Gewalt. Vielmehr war es Ausdruck des Protestes gegen eine heikle landespolitische Entscheidung.
Das ist übrigens auch etwas, was Bürgermeister Manfred Ockel verfolgt.
Was hat er in einer Situation, die sich hätte problematisch entwickeln können – die Frage der Räumung wegen der Beseitigung der Bombe – gemacht? Er ist vor Ort gegangen. Er hat sich dem Dialog gestellt. Das ist die richtige Herangehensweise. Dazu fordere ich auch die Landesregierung auf, und nicht, mit solchen Reden weiter zu zündeln. Sie haben vorher das Bild mit Zündhölzern gebracht. Das ist genau die Diskussion, die Sie versuchen.
Sozialdemokraten, ob vor Ort oder im Land, setzen darauf, dass es zu einem Dialog kommt, dass es zur Deeskalation kommt.Wir stellen aber auch eindeutig fest, Sozialdemokraten stehen immer dafür, dass Gesetzesverstöße nicht hingenommen werden und dass ihnen auch mit den staatlichen Mitteln begegnet wird, die dazu nötig sind.
Meine Damen und Herren,eine Regierung hat große Verantwortung gegenüber der Bevölkerung, auch gegenüber denjenigen, die Protest ausüben, gegenüber der Polizei und natürlich auch gegenüber der Entwicklung des Landes. Herr Bouffier, ich rate Ihnen für die Zeit,die Sie noch im Amt sind, diese Verantwortung ausgewogen auszuüben. Solche Reden, wie Sie sie heute gehalten haben, auch mit Unterstellungen gegenüber politischen Gegnern – auch an die LINKE –, verschärfen die Lage.
Natürlich. Dazu will ich etwas sagen. Sie haben einen Antrag eingebracht. Ich werde hier keinen Deut ausweichen. Sie haben zu Recht in Ihrem Antrag geschrieben, dass ein rechtswidriger Zustand wie mit der Einrichtung des Büros nicht hingenommen werden soll – volle Unter
stützung. Aber was schreiben Sie weiter? Dass die Linkspartei „billigend in Kauf nimmt, dass Gewalttätige angezogen und durch diese Aktion unterstützt werden“. Das finde ich eine Verschärfung der Diskussion,
die nicht akzeptabel ist.Wir kommen wieder zur Frage der Bewertung. Ist das eine Keimzelle, von der Gewalt ausgeht?
Muss man nicht alles tun, um die Menschen zu überzeugen und eben nicht zu einer Verschärfung beizutragen? So wie es Bürgermeister Ockel in der vergangenen Woche getan hat, ist es die richtige Strategie. Deswegen sage ich Ihnen: Sozialdemokraten haben mit ihrer Geschichte wahrlich keine Ratschläge von Ihnen nötig, was die Frage der Rechtsstaatlichkeit angeht.
Wir stehen vor einer wichtigen und zentralen landespolitischen Frage. Es bleibt bei unserer Linie: Es muss mit den Menschen geredet werden. Es müssen Menschen auch von der Bedeutung dieses Projektes, das wir vorhaben, überzeugt werden.
Aber es darf nicht verschärft werden, sondern es muss, wenn es zu Gesetzesverstößen kommt, dazu kommen, dass der Rechtsstaat in großer Verantwortung gegenüber der Bevölkerung, gegenüber dem Projekt, aber auch gegenüber der Polizei eintritt. Es bleibt bei unserer Auffassung.Wir werden Ihrem neuesten Antrag nicht zustimmen können, weil er Unterstellungen beinhaltet.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Herr Schmitt, bitte kommen Sie zum Schluss.
Unsere Linie ist klar. Die Landesregierung zeigt anscheinend wieder nicht, dass sie zu einer Balance in der Gesellschaft beiträgt. – Herzlichen Dank.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Danke sehr, Herr Schmitt. – Als Nächster hat Herr Dr. Wagner für die CDU-Fraktion das Wort.
Teilt die Landesregierung meine Auffassung, dass der von dem Bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß eingeleitete Milliardenkredit zugunsten der DDR möglicherweise auch dazu benutzt worden ist, um ein Unrechtssystem zu stabilisieren?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde reicht über die Debatte hinsichtlich der Roten Hilfe hinaus. So ist sie auch angelegt. Herr Dr. Wagner, lassen Sie mich deshalb an dieser Stelle durchaus den „Jubelpunkt“ ansprechen, den Sie im letzten Teil Ihrer Rede nur gestreift haben.
Die Linkspartei hat aufgrund ihrer Geschichte und ihrer politischen Vergangenheit eines gelernt. Ich würde sagen: Im Osten besteht sogar bei vielen ihrer Mitglieder Klärungsbedarf in mancherlei Hinsicht. Angesichts der Geschichte – die PDS war Nachfolgerin der SED, außerdem war sie Vorgängerin der heutigen Linkspartei, zudem gab es eine enge Verbindung mit der DKP – und angesichts der Äußerungen einzelner Mitglieder der Linkspartei ist es aus unserer Sicht durchaus notwendig, dass sich die Führung der hessischen Linkspartei klar zur parlamentarischen Demokratie, zu den Institutionen der parlamentarischen Demokratie,zu unseren Freiheitsrechten und dem Rechtsstaat bekennt und dies auch deutlich nach außen zum Ausdruck bringt.Ich glaube,das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Die DDR hatte ein Unrechtssystem,das Menschenrechtsverletzungen wie z. B. den Schießbefehl und die Überwachung durch die Stasi zu verantworten hat.
Meine Damen und Herren der Linkspartei,das muss auch durch Sie deutlich zum Ausdruck kommen.
An dieser Stelle möchte ich noch sagen: Freunde und Unterstützer sollte man sich sorgfältig auswählen.
Das gilt für Herrn Irmer. Das gilt sicherlich auch für die Linkspartei.
Eines sollten wir nicht tun: Wir sollten die Geschichte nicht instrumentalisieren.Vielmehr sollten wir uns mit ihr ehrlich und kritisch auseinandersetzen. Das gilt übrigens für die Mitglieder fast aller Parteien dieses Hauses.
Wir als Sozialdemokraten können allerdings eines sagen: Wir haben in der deutschen Geschichte immer an der Seite der Demokratie und der Freiheit gestanden.
Bei uns gab es nie Kumpanei mit den Nazis. Bei uns gab es auch nie Kumpanei mit dem menschenverachtenden Kommunismus. Das wollte ich an dieser Stelle auch einmal gesagt haben.
Meine Damen und Herren, jetzt möchte ich auf den anderen Punkt zu sprechen, den wir diskutieren müssen.
Die Linkspartei ist nicht mehr gleichzusetzen mit der SED, das muss man einfach mal zur Kenntnis nehmen.... Deshalb halte ich es für sinnlos, diese Partei immer mit dem gleichen Vokabular anzugreifen. Da muss uns etwas Intelligenteres einfallen.
Da habe ich den Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Herr Böhmer, zitiert. Das Interview wurde am 25. Juli 2008 im „Tagesspiegel“ veröffentlicht.
Eines sage ich Ihnen: Wenn Ihnen nichts anderes und nichts Intelligenteres einfällt, als immer nur zu sagen: „SED, SED“, dann wird diese Gruppierung in Deutschland leider stärker werden. Wir sind entschlossen, das nicht zuzulassen.Vielmehr werden wir uns mit den Inhalten und der Programmatik dieser Partei auseinandersetzen.
Meine Damen und Herren von der CDU, seien Sie doch nicht so heuchlerisch. Schauen wir uns doch bitte einmal an: Anfang des Monats, vor wenigen Tagen, haben Sie in Dresden Linksparteimitglieder in Amt und Mandat verholfen. In Magdeburg haben Sie am 03.07. den Sozialbürgermeister von der Linkspartei gewählt, einen Altlinken, der bis 1989 auf der Moskauer Parteihochschule als hoher Funktionär der SED war. In Chemnitz, in Cottbus, in Hoyerswerda – ich könnte das noch weiterführen – gibt es auf kommunaler Ebene die Zusammenarbeit der CDU mit der Linkspartei.
Dass Sie von der CDU in der Mitgliederentwicklung die SPD überflügeln konnten, hängt damit zusammen, dass Sie zwei Blockparteien übernommen haben. Meine Damen und Herren, das ist der Punkt.
Das Vermögen und viele Ihrer Mitglieder haben Sie sich skrupellos einverleibt. An der Spitze der CDU in Brandenburg steht ein Ulrich Junghanns, Bezirksvorsitzender der Blockflöte Demokratische Bauernpartei. Er hat am 03.07.1989 noch gesagt:
Was die Mauer betrifft, so lassen wir uns nicht deren Schutzfunktion ausreden...
Sie haben vor wenigen Monaten eine Marion Walsmann zur neuen Justizministerin in Thüringen gewählt. Die war von 1986 bis 1990 für die Blockpartei in der Volkskammer. In dieser Zeit ist Solidarität mit China ausgesprochen worden, als am Platz des Himmlischen Friedens 3.000 Menschen niedergemetzelt worden sind. Meine Damen und Herren, dazu haben Sie nichts gesagt. Sie saß in der Volkskammer.
Also sage ich Ihnen: Versuchen Sie nicht, Geschichte zu instrumentalisieren. Entscheidend ist
genau – die Gegenwart. Dazu habe ich einiges gesagt.
Ein letzter Satz. – Ich komme zur Gegenwart. Deswegen haben wir einen eigenen Entschließungsantrag eingebracht. Die Punkte 2, 5 und 6 entsprechen dem, was die CDU eingebracht hat. In anderen Punkten haben wir Korrekturbedarf und haben klargestellt: Die Anhörung ist ein Recht einer Fraktion, aber die muss mit Sorgfalt durchgeführt werden.Das sind auch die Bitte und der Appell an die Linkspartei für die Zukunft.– Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren. Das war sicherlich ganz erfrischend für Sie.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das wichtigste, das bedeutsamste Recht des Parlaments ist das Budgetrecht. Ich glaube, das dürfte hier unumstritten sein. Wenn dies unumstritten ist, dann müsste eigentlich auch unumstritten sein, dass wir dieses Budgetrecht erhalten müssen. Da gibt es an einer Stelle sicherlich einen Punkt, wo wir es verteidigen müssen, nämlich bezüglich der neuen Verwaltungssteuerung. Da haben die Produkthaushalte an vielen Stellen dazu geführt, dass Haushaltspläne nicht mehr transparent und zum Teil nicht mehr beratbar sind. Auch an einer anderen Stelle müssen wir genauer hinschauen, was in der Hessischen Verfassung steht: Muss nicht ein durch die Verfassung bestehendes Initiativrecht des Parlaments auch in der Landeshaushaltsordnung verankert werden?
Herr Blum, wenn wir feststellen, dass es in der Landeshaushaltsordnung Ungereimtheiten gibt oder es an dieser Stelle keine Klärung gibt, dann ist das Parlament verpflichtet, nachzusteuern.
Ich will auf das Argument eingehen, das Herr Milde gebraucht hat und das Sie, Herr Blum gebraucht haben, als Sie immer wieder gesagt haben, dass die Frage des Budgetrechts ausreichend behandelt worden sei und Rechte verschoben würden, Dinge, die sich lange bewährt hätten.
Ich will auf das verfassungsrechtliche Argument eingehen und einfach einmal aus dem Kommentar Zinn/Stein zu Art. 139 die Erläuterung III zitieren. Dort heißt es:
Die Einschränkung der Budgetinitiative des Landtages lässt sich mit der Parlamentssouveränität, wie sie in der Hessischen Verfassung niedergelegt ist, nicht vereinbaren...
Weiter heißt es dann:
Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung der Hessischen Verfassung zur Budgetinitiative des Landtages muss daher gemäß Art. 117 in dem Sinne interpretiert werden, dass Budgetinitiativen aus der Mitte des Landtages uneingeschränkt zulässig sind und keiner Zustimmung der Landesregierung oder des Landesfinanzministers bedürfen.
Meine Damen und Herren,das ist der bedeutendste Kommentar, und hierum geht es. – An einer weiteren Stelle, einen Satz später, wird über die Frage aufgeklärt, wie es die Landeshaushaltsordnung momentan bestimmt und wie es mit dem Parlamentsrecht aussieht. Dort heißt es:
Budgetinitiativen aus der Mitte des Landtages werden aus praktischen Gründen nur für Korrekturen des von der Landesregierung beschlossenen Haushaltsentwurfs in Betracht kommen. Eine umfassende Ersetzung des Regierungsentwurfs widerspricht dem in §§ 28 bis 30 LHO festgelegten Verfahren; dieses ist auf den Regelfall zugeschnitten, dass die Regierung den Haushaltsentwurf vorberät und dem Parlament als in sich bestimmten Gesetzentwurf vorlegt.
Jetzt kommt es:
Begrenzungen der verfassungsrechtlich begründeten Budgetinitiative des Parlaments können sich aus dieser Verfahrensregelung nicht ergeben...
Ich will es übersetzen für die Nichtjuristen. Das heißt, natürlich reicht die Verfassung weiter. An dieser Stelle ist eine Verfahrensregelung, die in der Landeshaushaltsordnung getroffen worden ist, nur eine Verfahrensregelung. Wir machen noch einmal deutlich, dass die Verfahrensregelungen, die getroffen worden sind, natürlich nicht das Budgetrecht des hessischen Parlaments einschränken.
Wir müssen anscheinend darum kämpfen. Herr Ministerpräsident, Herr Finanzminister, dem hessischen Parlament steht nach der Hessischen Verfassung ein Budgetrecht zu. Es steht ihm auch das Recht zu, einen Haushaltsentwurf einzubringen. Das wird aus praktischen Gründen nicht möglich sein.Es steht dem Parlament auch die Möglichkeit zu, einen Nachtragsentwurf einzubringen. Auch das wird aus naheliegenden Gründen ganz schwer möglich sein. Aber wir haben das Recht, und das muss auch in der Landeshaushaltsordnung in Zukunft zum Ausdruck gebracht werden.Deswegen haben wir den Gesetzentwurf eingebracht. Herr Kollege Milde, wenn Sie den Kopf schütteln, werden wir diese juristische Frage offensichtlich ausfechten müssen.Wir sehen, dass die Hessische Verfassung in der Tat anders gestrickt ist als andere Verfassungen. Wir sehen das als einen ganz wichtigen Punkt.
Herzlichen Dank. Ich nehme das mit der Linken. Sie werden dafür Verständnis haben – auch die rechte Seite des Hauses –, dass ich momentan mehr mit der Linken arbeite als in der Vergangenheit.
Ich will einen zweiten Punkt ansprechen, den Sie eben erwähnt haben, nämlich den Datenschutz. Ich will auf Ihre Argumente eingehen. Es geht um das, was dort verankert
worden ist, den Zugang zu den Daten. Es geht um die Controllingberichte – so möchte ich das bezeichnen –, die im Abstand von einem Vierteljahr erfolgen sollen. Dazu haben wir momentan auch keine Regelung in der Landeshaushaltsordnung. Das ist ein Ausfluss der Produkthaushalte. Wir haben das Zugeständnis der Landesregierung, aber wir haben es nicht in der Landeshaushaltsordnung verankert. Deswegen wollen wir es in der Landeshaushaltsordnung verankert wissen.An dieser Stelle geht es darum, dass diese Berichte nicht nur in Papierform, sondern auch in elektronischer Form zugänglich sind, oder noch besser, dass wir Zugriff erhalten zu den Daten, die vom Finanzministerium an dieser Stelle abgelegt werden.
Herr Finanzminister, sehen Sie sich einmal die Formulierung dieser Regelung an, wie das erreicht werden kann und dass bestimmte Verfahrungsregelungen dazu getroffen werden müssen. Es wird hier die Möglichkeit eröffnet, um am Ende Ihnen Arbeit zu ersparen, aber auch dem Parlament ein besseres und schnelleres Zugriffsrecht auf die Daten der Controllingberichte zu geben.
Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der nicht unwichtig ist und der an dieser Stelle noch einmal behandelt werden muss, nämlich die Frage: Wird ein Haushaltsplan rechtzeitig vorgelegt oder nicht? Ich will auf ein Bundesverfassungsgerichtsurteil verweisen, das Sie zumindest einmal nachlesen sollten, Herr Kollege Blum. Sie finden es in den „Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts“ Band 45 S. 1 ff. aus dem Jahre 1977.
Darin ist noch einmal ausdrücklich festgehalten, dass die Parlamentspraxis in den Siebzigerjahren oftmals so war, dass Haushaltspläne sehr spät,manchmal mit halbjähriger Verzögerung vorgelegt wurden. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich gesagt, dass es die verfassungsrechtliche Verpflichtung aller beteiligten Verfassungsorgane sei, daran mitzuwirken, dass der Haushaltplan regelmäßig vor Ablauf des vorherigen Rechnungsjahres verabschiedet werden kann. Vom Grundgesetz wird nur eine kurzfristige Ausnahmesituation erlaubt, in der ein etatloser Zustand herrscht.
Wir wollen durch die neue Regelung sicherstellen, dass die Landesregierung nicht einfach festlegt, wie sie es heute für das Jahr 2009 getan hat, dass eine besondere Situation vorliegt, und aus rein taktischen Gründen keinen Haushaltsplanentwurf vorlegt. Wir wollen erreichen, dass das Parlament überprüfen kann, ob die Argumente zutreffen, ob tatsächlich eine Ausnahmesituation gegeben ist und deshalb kein Haushalt vorgelegt werden kann, oder ob das die Landesregierung aus politischem Kalkül heraus tut. Der Landtag muss auch für zukünftige Fälle – für 2009 werden wir es wahrscheinlich nicht erreichen, da haben Sie aufgrund der Fristen recht – der Landesregierung das Instrument aus der Hand nehmen, dass sie aus politisch-taktischen Gründen, aus parteipolitischem Kalkül Haushaltsberatungen in das nächste Haushaltsjahr schiebt. Deshalb muss es einen Zustimmungsvorbehalt geben.
Dasselbe gilt für den Finanzplan. Der Kollege Kaufmann hat es richtig beschrieben.Wir müssen von dem Märchenbuch wegkommen, das in der Amtszeit von Minister Weimar und Ministerpräsident Koch sehr ausgeprägt entwickelt worden ist, in dem es globale Mehreinnahmen und Minderausgaben, fast in Milliardenhöhe, nur so hagelte. Dies kann dadurch beseitigt werden, dass die Finanzpläne der Diskussion und der Zustimmung des Landtags unterliegen.
Ich will etwas zu der konkreten Auseinandersetzung sagen. Herr Milde hat es schon angesprochen. Ich meine die Konkretisierung des Deckungsgebotes in Art. 142 HV. Das war die Diskussion, die wir in der letzten Zeit geführt haben.Da gab es die Forderung,dass die Landesregierung bei der Ermittlung der finanziellen Auswirkungen von Anträgen und Gesetzen und von Möglichkeiten des Ausgleichs Hilfe leisten muss. Diese Pflicht ist jetzt in unserem Gesetzentwurf verankert. Dazu muss ich sagen, dass wir sehr vorbildliche Erfahrungen mit Staatssekretär Dr. Arnold gemacht haben. So stelle ich mir die Zusammenarbeit vor.
Mit dem Herrn Minister auch,aber wegen seiner Krankheit stand er leider nicht zur Verfügung. – Wir wollen verankern, dass das, was positiv praktiziert worden ist, nun auch in der Landeshaushaltsordnung so festgelegt wird. Herr Milde, wenn Sie sich an der Formulierung im Entwurf stoßen, dann sage ich, was Kollege Kaufmann schon gesagt hat,
dass dort eingefügt wird, dass solche Änderungsanträge realisierbar und bestimmt sein müssen.Ich habe keine Bedenken, den Gesetzentwurf an dieser Stelle zu korrigieren.
Wir gehen in ein Anhörungsverfahren, und ich wäre froh, wenn Herr Blum seine Ankündigung, dass er ergebnisoffen an die Diskussion herangeht, aufrechterhalten würde. Ich glaube, es ist im Sinne aller Parlamentarier wichtig, dass wir diese Beratungen sehr ernst nehmen. Es geht um das zentrale Recht des Parlaments, das Budgetrecht.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gerade nach diesem Beitrag der Linkspartei kann man sagen: Wenn es hier eine Partei gibt, die im Hessischen Landtag Arbeitnehmerinteressen vertritt, dann ist das die Sozialdemokratische Partei Deutschlands.
Meine Damen und Herren, wir teilen die Kritik an Kali + Salz, die hier vom Kollegen Kaufmann vorgetragen worden ist. Ich darf an den Beschluss des Umweltausschusses vom 2. Juli letzten Jahres anknüpfen, in dem Kali + Salz über die Fraktionsgrenzen hinweg aufgefordert wurde, endlich einen verbindlichen Zeitplan zur Reduzierung der Salzbefrachtung von Werra und Weser vorzulegen. Das ist eine starke ökologische Belastung.
Das hat erhebliche negative Auswirkungen, z. B. auf dem Tourismus im Werratal, und damit sind insgesamt sehr problematische Umweltbedingungen verbunden.
Deshalb sagen wir: Kali + Salz muss sich endlich bewegen und ein Konzept vorlegen, wie die Salzfracht Schritt für Schritt reduziert werden kann. Ich glaube, an dieser Stelle sind wir uns auch einig.
Meine Damen und Herren, aber durch die Verhinderung dieses Verkaufs – der in Neuhof notwendig ist, das betone ich – würden wir 750 Arbeitnehmer zu Geiseln machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist mit der hessischen Sozialdemokratie nicht zu machen.
Wie gesagt, haben wir hier eine klare Position. Herr Kollege Kaufmann, aber eines geht auch nicht: die unlautere Verknüpfung eines Verkaufs und damit einhergehend ein sehr widersprüchliches Verhalten des Landes.
Es gibt einen Planfeststellungsbeschluss, und wir haben gleichzeitig die Erklärung von der Bergaufsicht des Regierungspräsidenten Kassel, dass es dringenden Handlungsbedarf zur Haldensicherung gibt. Meine Damen und Herren, das Land darf nicht einerseits dies vorgeben, andererseits aber die Grundstücke, die dazu notwendig sind, nicht zur Verfügung stellen und – so weit kämen wir dann auch – möglicherweise noch ein Enteignungsverfahren gegen sich selbst anstrengen.
Hieran sehen Sie die Widersprüchlichkeit.Deswegen sage ich Ihnen: hohe ökologische Ansprüche an Kali + Salz, dass sie endlich ihre Hausaufgaben erledigen, aber nicht 750 Arbeitsplätze dafür als Geiseln nehmen. Deswegen werden wir auch der Vorlage dieses Verkaufs zustimmen. – Danke schön.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Vielen Dank, Herr Schmitt. – Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Blum das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde, es war eine typische Koch-Rede.
Wir wollen mal sehen,ob Sie gleich auch noch klatschen. – Es war eine typische Koch-Rede: Schuld sind immer die anderen. Die eigene Verantwortung wird relativiert, und mit viel Rhetorik wird die zentrale Frage, über die wir diskutieren, übergangen.
Meine Damen und Herren, was ist die zentrale Frage? In der mittelfristigen Finanzplanung sind 500 Millionen c globale Mehreinnahmen vorgesehen. Die Landesregierung ist nicht in der Lage, diese globalen Mehreinnahmen in Höhe von 500 Millionen c,einer halben Milliarde c,zu belegen. Das ist die zentrale Frage. Sie haben davon gesprochen, dass Sie versuchen, die globale Minderausgabe von 250 Millionen c aufzulösen. Aber in der mittelfristigen Finanzplanung sind 500 Millionen c Nettoneuverschuldung vorgesehen.
500 Millionen c fallen jetzt aus. Damit sind wir unmittelbar an der Verfassungsgrenze. Herr Koch, ich glaube, das wissen Sie.Sie haben keinen Ton dazu gesagt,nicht einmal einen Halbsatz, dass Ihnen nach der neuesten Steuerschätzung in dem Haushaltsplan für nächstes Jahr im Vergleich zur mittelfristigen Finanzplanung eine halbe Milliarde c weggeknallt sind. Dazu haben Sie wieder einmal keinen Ton gesagt. Das ist die zentrale Frage.
Die Zeitverzögerung bei der Haushaltsaufstellung haben Sie ebenfalls nicht schlüssig begründet. Kollege Al-Wazir hat das zu Recht dargestellt. Bis Ende März – das war in allen Vorjahren ein ganz normales Verfahren – sollte die Verwaltung die Haushaltsvoranschläge aus den Ressorts ermitteln. Das zentrale Problem – damit komme ich zu der Frage der Vorgaben des Finanzministers – war an dieser Stelle, dass dieser Haushaltserlass wie in vielen Jahren vorher völlig unengagiert und völlig ohne Vorgaben war.
Sie sagten, um Sie sinngemäß zu zitieren, jetzt gebe es Vorgaben, wie die globale Minderausgabe ressortbezogen zu erbringen sei. Meine Damen und Herren, jetzt erst. Es wäre logisch und sinnvoll gewesen – der Haushaltserlass stammt von Mitte Dezember –, Mitte Dezember die Vorgaben für die Ressorts zu machen, damit genügend Zeit ist, diese Vorgaben zu erfüllen, und man Ende März politisch darüber diskutieren kann, ob es möglich ist oder nicht. Das haben Sie einmal mehr nicht gemacht, weil die Finanzpolitik dieser Landesregierung so unengagiert und unkoordiniert ist. Das ist mit ein zentrales Problem, warum Sie jetzt die Haushaltsberatungen vom September in
den Dezember verschieben wollen. Sie haben erhebliche Probleme, anders als Sie es eben dargestellt haben, alleine die globalen Minderausgaben in Höhe von 250 Millionen c zu erbringen. Das ist ein weiterer Punkt.
Sie entsprechen mit Ihrem Vorhaben nicht der Landeshaushaltsordnung und dem Gesetz.
Wir haben eben über die Pressekonferenz und den Zeitpunkt gesprochen. Sie haben auch einmal gesagt, eine geschäftsführende Landesregierung habe kein Recht auf Faulheit. Meine Damen und Herren, das war Ihre Aussage. Vielleicht ist es nicht Faulheit, aber es ist diese typische Verschlagenheit, die dazu führen soll, dass der Haushalt von September auf Dezember verschoben werden soll. Herr Arnold, es war die Möglichkeit da, in dem Zeitraum vom 18. Dezember bis zum 28. März, in dem manche Dinge vielleicht unklar gewesen waren, aber Sie hätten es machen können, wenn Sie es gewollt hätten. Dazu wären Sie in der Lage gewesen. Sie wollten es eben nicht.
Zu dem,was Sie eben zum Thema Verschuldensvergleiche in den letzten Jahren gesagt haben. Finanzpolitisch stehen Sie nächstes Jahr, nachdem Ihnen 500 Millionen c ausgefallen sind, selbst wenn Sie alles erfüllen können bei den Vorgaben mit der globalen Minderausgabe, knapp an der Verfassungsgrenze. Im Jahr 2009 wird es wahrscheinlich zu Steuermehreinnahmen von 600 Millionen c zusätzlich kommen. Trotzdem werden Sie nur knapp unter der Verfassungsgrenze sein. Da muss ich sagen, um ein Wort aus dem Haushaltserlass aufzugreifen, das auch Herr Kaufmann schon genannt hat: Finanzpolitisch hat Herr Koch finalisiert. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Milde, danke schön, dass Sie mich daran erinnert haben. Dann fange ich vielleicht doch einmal mit Ihrem Antrag an.
Es ist schon seltsam, dass Herr Koch und Herr Steinbrück Eckpunkte verabschiedet haben, aber Sie von der CDU jetzt auf einmal anfangen, sich in Punkt 4 Ihres Antrages von diesen Eckpunkten zu verabschieden.
Das ist zumindest eine interessante Debatte. Wir werden sicherlich Ihren Punkten 1 bis 3 zustimmen. Aber Herr Koch hat doch zusammen mit Herrn Steinbrück vereinbart, dass wir eine Behaltensfrist von 15 Jahren haben.
Wenn Sie also den Zwischenruf „Große Koalition in Berlin“ machen, dann, finde ich, sollten Sie sich an diese Vorgaben halten.
Interessant ist momentan, dass Teile der CDU – nicht die ganze CDU; Herr Milde hat, glaube ich, die landespolitische Sicht vorgetragen, weil die Erbschaftsteuer auch für die Länder anfällt – Stück für Stück die Erbschaftsteuer abschaffen wollen. Es gibt in der CSU und in der Union viele, die bewusst auf Zeit spielen und bewusst die Erbschaftsteuer abschaffen wollen.
Darauf gibt es eine klare Antwort von Sozialdemokraten: Wir halten die Erbschaftsteuer für gerecht. Es wäre ein Fehler, ein Verstoß gegen die Steuergerechtigkeit, wenn wir sie abschaffen würden. Wir brauchen sie im Übrigen auch. Da bin ich der gleichen Auffassung wie Herr Milde.
Wir haben die Situation,dass es eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts gibt. Das Bundesverfassungsgericht hat – ich glaube, auch das ist unumstritten – zu Recht gesagt,dass so,wie die Erbschaftsteuer in der Vergangenheit praktiziert wurde mit einer Besteuerung von Immobilienvermögen, das eben nicht gleichgestellt war mit sonstigem Vermögen, mit Barvermögen beispielsweise, es durch die Einheitswertbesteuerung einen Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip gegeben hat, sodass wir handeln mussten. Das war die eine Vorgabe.
Aber es gab auch eine politische Vorgabe – diese habe ich eben für die SPD benannt –, nämlich dass wir die Erbschaftsteuer erhalten wollen und dass wir die Erbschaftsteuer zumindest auf einem Niveau halten wollen, das international angemessen ist. Ich glaube nicht – das an den Kollegen Blum von der FDP –, dass Großbritannien, Frankreich oder die USA, wo es deutlich höhere Erbschaftsteuersätze als in der Bundesrepublik gibt, sozialistische Länder sind und dass sie gegen die Gerechtigkeit verstoßen. Nein, unsere Vorgabe für eine Reform war, dass wir die Erbschaftsteuer auch aus dem Prinzip der Steuergerechtigkeit erhalten wollen.
Ein weiterer Punkt war – das ist jetzt die Diskussion, die Sie heute in den Mittelpunkt stellen; das ist aber nur ein Aspekt –, dass wir sicherstellen wollen, dass die Liquidität von Familienunternehmen bei dem Betriebsübergang nicht gefährdet wird.
Jetzt erleben wir genau an dieser Stelle eine irre Kampagne, wo wir uns doch nur mit den Fakten beschäftigen
sollten,Herr Blum.Sie stellen es so dar,als ob der typische Handwerksbetrieb, das typische Familienunternehmen, das 20, 30 oder 40 Jahre bestanden hat, jetzt auf einmal einer hohen Erbschaftsteuer unterworfen ist. Völlig falsch, meine Damen und Herren. Unternehmen, deren Gesamtwert unter 1 Million c liegt, sind allein durch die Freibeträge völlig freigestellt.Da fällt kein Cent Erbschaftsteuer an. Jetzt geht es um die Frage: Für wen spricht die FDP? 70 bis 75 % aller Unternehmen in Deutschland fallen unter diese Grenze. Sie haben künftig keinen Cent Erbschaftsteuer zu zahlen. Jetzt frage ich: Welche Interessen nehmen Sie eigentlich hier wahr?
Wenn man jetzt zu dem Unternehmenswert die persönlichen Freigrenzen hinzurechnet, dann kommt man auf eine Summe von 2,8 Millionen c, bei der aufgrund der persönlichen Freigrenze ebenfalls kein Cent Erbschaftsteuer anfällt. Damit haben wir etwa 90 % aller Unternehmen in Deutschland erfasst.
Meine Damen und Herren, wir reden am Ende noch über 10 %. Für diese 10 % versuchen wir, jetzt Übergänge zu formulieren. Die Frage ist: Wie schaffen wir es – das ist auch ein ganz wichtiges Ziel –, dort die Substanz, die Liquidität in dem Unternehmen zu erhalten?
Das haben wir jetzt an die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts geknüpft. Ich sage an dieser Stelle: Ich glaube – das geht wiederum an die Grenze des rechtlich Möglichen –, wenn man bestimmte Dinge von der Erbschaftsteuer freistellt – hier also Unternehmen, deren Gesamtwert über diesen 2,8 Millionen c liegt, die aber dazu beitragen,dass Arbeitsplätze erhalten werden –,dann sind Sie schon bei der Begründung in Grenzfällen dessen, was rechtlich zulässig ist.
Wenn Sie,meine Damen und Herren von der FDP,einfach sagen: „Da nehmen wir andere Werte, wir reduzieren die Fristen, wir reduzieren die Bedingungen, wir reduzieren die Voraussetzungen“, dann streift dieses Gesetz einmal mehr die Verfassungswidrigkeit. Anscheinend wollen Sie das. In der Begründung Ihres Antrags und auch in einem Antrag, den Herr Hahn in der Landespressekonferenz vor dem Bundesparteitag vorgestellt hat, spielen Sie damit. Das war auch der Tenor der Zwischenrufe, die eben von der FDP kamen: Wir wollen die Erbschaftsteuer eigentlich nicht, wir wollen sie abschaffen.
Sehen Sie, Sie können das ja beklatschen. Sie haben dann allerdings ein Problem
Sie haben keine Probleme, das merke ich –: In Hessen – darauf hat Herr Milde zu Recht hingewiesen – kamen allein im Jahr 2006 bei der Erbschaftsteuer 326 Millionen c herein. Im letzten Jahr, 2007, waren etwas mehr als 400 Millionen c angesetzt; hereingekommen sind 422 Millionen c.Dieses Jahr liegt der Haushaltsansatz bei 380 Millionen c.
Jetzt frage ich Sie – Sie reden immer von ausgeglichenen Haushalten –: Wie wollen Sie denn das Geld ersetzen? Wie wollen Sie denn das erreichen? Was wollen Sie denn dafür streichen? Sie haben doch gerade wieder einen Antrag zu 105 % Lehrerversorgung gestellt, meine Damen und Herren von der FDP. Haben Sie einmal durchgerechnet, was das kostet? Haben Sie das denn überhaupt in einen Zusammenhang gestellt?
Da will ich Ihnen einmal sagen, was anscheinend Ihr Denkmodell ist,wer diese Veranstaltung Staat finanzieren soll.Anscheinend soll es einmal mehr der kleine Einkommensbezieher sein, der die Lohnsteuer und die Mehrwertsteuer zahlt.
Ach, seien Sie nicht traurig. Jetzt waren Sie einmal bei einer Mehrwertsteuererhöhung nicht dabei. Neunmal ist sie erhöht worden, achtmal haben Sie mitgestimmt, einmal waren Sie nicht dabei. Da sollten Sie wirklich nicht traurig sein.
Jetzt wollen wir uns doch einmal anschauen, wer die Veranstaltung Staat momentan finanziert und was passiert, wenn die Erbschaftsteuer abgeschafft wird.
Da kann ich Ihnen zustimmen, ja.
Jetzt will ich Ihnen aber noch einmal die Frage stellen: Wer bezahlt die Veranstaltung Staat? 25 % des Gesamtsteueraufkommens sind Lohnsteuer. 31 % des Gesamtsteueraufkommens sind Mehrwertsteuer, meine Damen und Herren. Die Einkommensteuer beträgt übrigens nur 5 % des Gesamtsteueraufkommens. Ich sage das, weil hier immer die Diskussion ist: Die Spitzensteuersätze tragen soundso viel Prozent zur Einkommensteuer bei. Man muss einmal sagen: Die Einkommensteuer beträgt 5 % des Gesamtsteueraufkommens in der Bundesrepublik, die Körperschaftsteuer 4 %, und alle Steuern auf Gewinne und Vermögen betragen gerade einmal 20 %.
Wie gesagt, wir reden in Hessen über mehr als 400 Millionen c. In dem Moment, wenn Sie die Erbschaftsteuer streichen und nicht gleichzeitig nachvollziehbare Kürzungsvorschläge in genau derselben Höhe machen und sagen:„Das können wir belegen,wir brauchen eigentlich die 400 Millionen c nicht“, werden wir hier wieder über andere Formen der Besteuerung reden müssen. Dann sind Sie wieder genau bei den Steuern, mit denen Sie den Normalverdiener belasten müssen, um eine bestimmte Klientel, 10 % der Unternehmen, am Ende entlasten zu können.
Deswegen sage ich Ihnen: Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, an der Erbschaftsteuer festzuhalten, denn wenn sie nicht erhoben wird, werden wieder vor allem Arbeitnehmer die Zeche dafür zahlen.
Ich habe überhaupt kein Verständnis für die Diskussion. Auf leistungsbezogene Arbeit, auf den Verdienst, auf das Einkommen eines Arbeitnehmers wird zwischen 20 und 45 % Steuer erhoben. Da sage ich Ihnen: Da ist eine Gegenleistung vorhanden; da haben Leute hart dafür geschuftet, 40 Stunden, manche 60 Stunden in der Woche. Darauf haben wir Steuern bis zu 45 %. Ich habe kein Verständnis dafür, warum Sie auf einmal sagen: Wir wollen leistungslose Vermögenszuwächse.
Auch künftig gibt es große Freibeträge, die wir von der Besteuerung freistellen wollen. Ich glaube, das wird auch in der Bevölkerung akzeptiert.
Meine Damen und Herren, wir haben gesagt, wir wollen in den unteren Bereichen entlasten. Herr Blum, in der Vergangenheit ist Omas Häuschen wegen der Einheitswertbesteuerung doch gar nicht besteuert worden, und das wird wegen der Freigrenzen, die wir einziehen werden, auch in Zukunft nicht geschehen.
Deswegen fällt an dieser Stelle künftig kein Steueraufkommen aus. Deswegen geht Ihre Argumentation, diesen Ausfall müssten jetzt die Unternehmen erbringen, ins Leere. Das ist nicht so.
Wir haben an einer anderen Stelle geschraubt. Sie können nach vorn kommen und das kritisieren. Wir werden höhere Steuersätze auf höhere Privatvermögen erheben, auch auf Immobilienvermögen. In der Tat werden diese Steuersätze angezogen.Auch werden wir entferntere Verwandtschaft mit einem höheren Steuersatz belegen. Aus unserer Sicht ist diese Form der Gegenfinanzierung akzeptabel – weil es dabei um leistungslose Vermögenszuwächse geht. Außerdem kommen wir mit dieser neuen Regelung europaweit ins Mittelfeld hinein und stellen kein Extrem dar, weder nach unten noch nach oben.
Sie nennen hier immer Österreich als Beispiel. Ich glaube, wir sollten uns nicht an Österreich orientieren, im Gegenteil.
Sie haben doch hier den Vorschlag vorgelegt, die Länder sollen selbst entscheiden können, ob es zur Erbschaftsteuer kommt oder nicht.
Da komme ich zu Österreich. Wir beklagen doch immer wieder – durchaus auch Abgeordnete der FDP –, dass wir in Europa einen Steuerwettbewerb nach unten und einen steuerpolitischen Flickenteppich haben. Es wird beklagt, dass wir Steueroasen haben und auch eine nicht akzeptable Konkurrenz um Ansiedlungen, übrigens auch aus Deutschland, beispielsweise mit niedrigen Körperschaftsteuersätzen. Mit Ihrem Vorschlag der Freigabe der Erhebung der Erbschaftsteuer würden Sie hier nochmals einen innerstaatlichen Wettbewerb eröffnen.
Sie wollen natürlich, dass die Erbschaftsteuer am Ende wegfällt. Da nicken Sie ja auch.
Aber dann sollten Sie das offen sagen – Sie haben es eben durch Ihren Beifall offen zum Ausdruck gebracht.
Hier sind wir in der Tat anderer Auffassung als Sie. Wir wollen die Erbschaftsteuer erheben. Wir halten den jetzt
vorliegenden Kompromiss für die richtige Antwort, auch beim Vermögensübergang.
Klicken Sie einmal die betreffenden Internetseiten auf: Dort werden Beispiele für Unternehmen gesucht, die in den letzten Jahren wegen der Erbschaftsteuer in die Insolvenz gegangen sind. Meine Damen und Herren, bis zum heutigen Tag gibt es dafür nicht ein einziges Beispiel.
Wir wollen da eine Frist von 15 Jahren und eine Kopplung an die Lohnsumme. Damit kommen wir der Forderung, die es vom Industrie- und Handelskammertag gab, entgegen. Alle Vorschläge, die bisher bekannt geworden sind – –
Gern, aber diesen Satz möchte ich noch beenden.
Alle Gegenvorschläge, die hier bisher bekannt geworden sind, tragen doch den Makel der Verfassungswidrigkeit fast auf der Stirn. Deswegen bin ich auch über das überrascht, was uns die CDU hier in ihrem Änderungsantrag vorlegt – auch da soll wieder ein bisschen aufgeweicht werden: bei der Einkommensteuer und der Erbschaftsteuer. Am Ende dieses Prozesses würde nur erneut die Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer stehen.
Deswegen sage ich: Wir sind hier auf dem richtigen Weg, und im Gegensatz zur CDU verteidigen wir hier diesen Kompromiss auf Bundesebene. Er ist uns schwer genug gefallen, denn eigentlich wollten wir eine lineare Erhöhung, durch die die Erbschaftsteuer ein höheres Gesamtaufkommen erbracht hätte.
Es tut mir leid, dann kann ich diese Zwischenfrage nicht mehr zulassen.
Mit dem vorgelegten Kompromiss erreichen wir, dass die Erbschaftsteuer auf Dauer Bestand hat. Damit wird eine sinnvolle Maßnahme getroffen, um auch in Zukunft wichtige Aktivitäten der Länder zu finanzieren, beispielsweise in der Bildungspolitik. Deswegen sehen wir überhaupt keine Veranlassung, dem Antrag der CDU in Punkt 4 nachzugeben, und es ist deutlich geworden, dass sich unsere Position von derjenigen der FDP grundsätzlich unterscheidet. Hier wird es mit uns keine gemeinsame Position geben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon ein bisschen absurd – aber die LINKEN werden sich selbst verteidigen müssen –, dass ausgerechnet, nachdem die LINKEN jetzt zwei Monate im Parlament sind,
die LINKEN anscheinend für den Verschuldenskurs des Landes verantwortlich sein sollen. Sie reden in dieser Aktuellen Stunde von Populismus auf Pump. Schauen wir uns an, wie das bei der CDU mit ihrer Pumpe aussieht. Die Nettoneuverschuldung betrug im Jahr 2000 663 Millionen c, im Jahre 2001 1,1 Milliarden c, im Jahre 2002 – übrigens Rekord, mit Beteiligung der FDP – knapp 2 Milliarden c, im Jahre 2003 1,5 Milliarden c, im Jahre 2004 1,7 Milliarden c, im Jahr 2005 775 Millionen c, im Jahre 2006 582 Millionen c und im Jahre 2007 etwa 750 Millionen c. In diesem Jahr soll die Nettoneuverschuldung etwa 548 Millionen c betragen. Dazu muss man immer noch rechnen, dass Sie in dieser Zeit auch für 2 Milli
arden c Gebäude verkauft haben. In diesem Jahr haben Sie Verkäufe in Höhe von über 400 Millionen c vor.
Meine Damen und Herren, dann reden Sie von der CDU von Populismus auf Pump und werfen dies anderen vor. Wie lächerlich wollen Sie sich machen?
Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrer Amtszeit 10 Milliarden c neue Schulden aufgenommen. Herr Koch, ein Drittel aller Nachkriegsschulden gehen auf Ihr Konto. Dass Sie dann in der Aktuellen Stunde solche Anträge einbringen, ist wirklich absurd.
Nein, es ist nicht die Frage der „linken Sackgasse“. Es ist die rechte Schnellstraße in die Überschuldung,mit der wir es in diesem Lande zu tun haben.
Herr Boddenberg, weil Sie diesen Zwischenruf machen und weil Sie über Generationengerechtigkeit reden: Allein für diese 10 Milliarden c haben wir rund 400 Millionen c zusätzliche Zinsausgaben. Dann haben Sie Verkäufe von Gebäuden getätigt. Es ist nicht so, dass wir sie nicht brauchen.Nein,sie sind dringend notwendig.Wir haben sie danach sofort wieder angemietet – mit der Folge, dass wir jährlich über 100 Millionen c zusätzliche Mietausgaben haben. Unterm Strich hat diese Landesregierung zu verantworten, dass jeder Landeshaushalt ab 2009 zusätzlich mit 500 Millionen c für höhere Zinsen und Mietausgaben belastet wird. Das ist in der Tat eine Vorbelastung für zukünftige Generationen.
Ich will an dieser Stelle nur einmal sagen, dass das gegengerechnet etwa 10.000 Lehrerstellen sind.Alles, was es an Wunschvorstellungen in diesem Hause von Bildungs- und Hochschulpolitikern gibt, kann mit dieser Summe locker erfüllt werden. Über diese Dimensionen reden Sie. Und dann stellen Sie einen solchen Antrag.
Und dann reden Sie noch von einer Nullverschuldung in Hessen im Jahr 2011. Das haben Sie eben wieder angedeutet, Herr Milde. Das ist doch ein Luftschloss. Schauen Sie doch einmal in Ihren eigenen Finanzplan hinein. Da haben Sie für das Jahr 2011 240 Millionen c globale Minderausgaben angesetzt. Kein Mensch weiß bis zum heutigen Tag – übrigens nicht einmal für den Haushalt 2009 –, wie auch nur 1 Cent von diesen angesetzten globalen Minderausgaben überhaupt erbracht werden soll. Und Sie haben noch globale Mehreinnahmen in Höhe von 50 Millionen c unterstellt.
Deswegen sage ich Ihnen: Das, was Sie auch immer im Wahlkampf in die Luft gehängt haben, ist ein Luftschloss. Aber bei Schlössern kennen Sie sich aus. Sie sind finanzpolitische Hütchenspieler, meine Damen und Herren von der CDU, und dann halten Sie hier solche Reden.
Weil ich bei Luftschlössern bin,will ich allerdings auch auf Äußerungen von Herrn van Ooyen eingehen,und zwar zu
dem Motto „Einnahmen verbessern“. Herr van Ooyen, man kann über das Thema Vermögensteuer reden.
Ja, natürlich. Das haben wir auch im Wahlkampf gesagt. Warum rufen Sie denn „Aha“? Sie wissen das doch. Darüber haben wir diskutiert.
Gerne, natürlich.
Denn die Frage der ungerechten Verteilung muss in der Tat Gegenstand der Diskussion sein. Das ist eben nicht nur eine Frage der Generationengerechtigkeit.
Wir dürfen nicht Alt gegen Jung und Jung gegen Alt ausspielen, wie Teile Ihrer Partei das vorhaben, sondern wir müssen die Frage stellen: Wie sieht das mit der Vermögens- und Steuerverteilung in der Bundesrepublik aus? Da sind wir in der Tat der Ansicht, dass eine Vermögensteuer auch ein wenig von dem wieder zurückholen kann, was in den letzten Jahren Reiche in diesem Land reicher werden ließ, ohne sich an gesellschaftlichem Wohlstand und an der gesellschaftlichen Finanzierung der Veranstaltung Staat beteiligen zu können.
Deswegen müssen wir die Einnahmen verbessern. Aber im Land haben Sie da ganz wenige Stellschrauben. Herr Dr.Wilken, Sie haben in der letzten Plenarsitzung gesagt, Sie seien nicht Haushaltsvertreter. Das ist natürlich auch eine etwas niedliche Vorstellung. Die politischen Vorstellungen können noch so schön sein. Am Ende müssen sie finanziert werden.
Deswegen sage ich Folgendes. Diese Erfahrung werden Sie noch machen müssen, wenn Sie ein Stück mehr politikfähig in diesem Parlament werden wollen. Sie müssen erkennen, dass Sie am Ende die Dinge auch bezahlen müssen und dass Ihnen nicht mehr zur Verfügung steht als die Mittel des Landeshaushalts.
Zur CDU sage ich: Ihr Spruch mit dem Populismus auf Pump fällt auf Sie selbst zurück. Diese Aktuelle Stunde, die Sie heute beantragt haben, war eigentlich eine Selbstanklage.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin dem Innenminister wirklich dankbar, dass er uns durch seinen Beitrag die Redezeit ermöglicht, auch auf den Beitrag von Herrn van Ooyen einzugehen.
Ich will zunächst das unterstreichen, was eben Tarek AlWazir gesagt hat. Es ist eine absurde Debatte, die wir hier angesichts eines Antrags geführt haben, den wir in der letzten Legislaturperiode gemeinsam gestellt haben und der nicht nur mit der Existenz der Linkspartei etwas zu tun hat, nämlich der Frage, ob wir, die wir hier gewählt sind, im Hinblick auf das, was es an Unrechtstaten im Zusammenhang auch mit der DDR und an Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Stichwort Stasi gegeben hat, alle ein sauberes Gewissen haben und davon alle befreit sind. Das war die Grundlage der Debatte.
Herr Kollege Gotthardt, daraus eine Debatte unter dem Motto zu machen, Sozialdemokraten reichten einem Unrechtsregime die Hand, oder zu versuchen, etwas zu verdunkeln, ist eine verdammte Unverschämtheit.
Sozialdemokraten stehen seit 145 Jahren für Freiheit und Demokratie in diesem Land, in einem Deutschland.
Wo bürgerliche Parteien auch Ermächtigungsgesetzen zugestimmt haben, waren wir es jedenfalls nicht. Es ist eine bodenlose Unverschämtheit, uns auch nur in Zusammenhang mit Unrechtsregimes zu stellen.
Herr Gotthardt, wir als Sozialdemokraten brauchen nichts an unserer Vergangenheit aufzuarbeiten. Aber es gibt hier auch zwei Parteien, die die Frage der Blockflöten, die Frage der Vermögensübernahme der Blockflöten und die Frage der Integration von Mitgliedern aus diesen in der Tat einmal aufarbeiten müssten. Das muss man in diesem Zusammenhang auch einmal sagen.
Das zu den Unverschämtheiten von Herrn Gotthardt. Jetzt komme ich aber noch einmal zu dem – weil mich das auch drückt –, was Herr van Ooyen gesagt hat. Herr van Ooyen, es geht nicht, und da hat der Innenminister völlig recht, einen absurden Vergleich zwischen der Stasi und dem Verfassungsschutz herzustellen. Das ist eine Unverschämtheit.
Der Unterschied ist, dass der Verfassungsschutz übrigens demokratisch kontrolliert ist und auf einer rechtlichen Grundlage agiert.
Herr van Ooyen, deswegen rate ich Ihnen – das hat schon einmal bei Ihnen zu einer Debatte geführt, wo übrigens
jemand zurücktreten musste, der absurde Vergleiche gemacht hat –, in Zukunft solche Vergleiche nicht herzustellen. Sie sind absolut unzulässig.
Zweiter Bereich. Zu dem Hinweis, die NPD könne nur noch erhalten werden oder bestehe nur noch aus V-Männern, muss ich sagen: Schön wäre es. Leider ist es nicht so. Auch die Verniedlichung von Strukturen, die es bei der NPD und von Rechtsradikalismus in dieser Gesellschaft gibt, ist falsch. Herr van Ooyen, auch da, glaube ich, müssen Sie sich korrigieren. – Herzlichen Dank.
Wir werden natürlich beiden Anträgen zustimmen. Ich bin einmal gespannt, wie die FDP und die CDU, wenn es gleiche Anträge gibt, in ihrem Stimmverhalten aussehen. Dann wird man sehr gut sehen, ob es Ihnen um die Sache oder um etwas ganz anderes geht. – Danke schön.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Vielen Dank, Herr Schmitt. – Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Herr Dr.Wilken zu Wort gemeldet.