Protokoll der Sitzung vom 28.08.2008

Frau Kollegin Pfaff, wir befinden uns in der Aktuellen Stunde. Zum Zusammenfassen haben Sie keine Zeit mehr. Ich bitte Sie, jetzt Ihren letzten Satz zu sprechen.

Ich denke, unser Anliegen ist klar geworden. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Frau Kollegin Pfaff, vielen Dank. – Nächster Redner ist Herr Kollege Lenders. Er spricht für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass wir ausgerechnet von einer SPDKollegin das Bedauern über hohe Spritpreise hören müssen, ist schon recht seltsam. Ich darf nur darauf aufmerksam machen, welche Bundesregierung dafür verantwortlich ist, dass wir den Anteil der Ökosteuer auf diesen Anteil der Benzinsteuern haben und vor allen Dingen auf den Anteil der Mehrwertsteuer.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD)

Eines lässt sich in Sachen Lkw-Maut jetzt schon als Fazit festhalten. Da, wo die Landesregierung mit ihrer Forderung nach Zweckbindung der Lkw-Maut und Ablehnung der Erhöhung recht hat, hat sie recht. Die SPD irrt, wenn sie fordert, einer Erhöhung der Lkw-Maut im Bundesrat zuzustimmen, weil dies ein wichtiger Anreiz sei, umweltfreundliche Lkw einzusetzen. Was soll denn beschlossen werden?

Nach den Plänen von Bundesverkehrsminister Tiefensee soll der durchschnittliche Mautsatz für Lastwagen mit einem Gewicht von mehr als 12 t je nach Schadstoffausstoß um 1,3 Cent auf bis 16,3 Cent je Kilometer steigen. Tiefensee erwartet davon Mehreinnahmen von 1,5 Milliarden c, von denen er zumindest 1 Milliarde c in Investitionen in die Verkehrsinfrastrukturen fließen lassen will.

Tatsache ist, dass der BGL eine Erhöhung der Mautsätze zwischen 40 und 90 % rechnet. Die SPD fordert den Landtag auf,dieser Erhöhung zuzustimmen – mit dem Argument, dass die Einnahmen dringend gebraucht würden, um die Infrastrukturen auch in Hessen zu sichern.Wer an dieser Stelle den Zustand der Straßen und jetzt notwendig gewordene Investitionen beweint, vergießt an der falschen Stelle und zum falschen Zeitpunkt Tränen.

(Beifall bei der FDP)

Hätte man lieber vor zehn oder 15 Jahren ein paar Mark mehr in die Hand genommen und in den Erhalt der Landstraßen investiert, gäbe es den hohen Erhaltungsbedarf, der unbestritten ist, heute nicht.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD)

Unabhängig davon wurde bereits zur Mauteinführung im Jahre 2006 versprochen, dass die zusätzlichen Mautmittel

für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur genutzt werden.Kein Euro floss zusätzlich in den Straßenbau.Die aktuellen Planungen geben nicht zur Hoffnung Anlass, dass die Vorgehensweise bei der jetzigen Mauterhöhung anders ausfällt. Zusätzlichen Einnahmen von 1,5 bis 2 Milliarden c stehen Haushaltsmittel von rund 630 Millionen c für die Investition in die Verkehrswege des Bundes gegenüber. Auf die Straße entfallen dabei nur 330 Millionen c.

Da die Haushaltsmittel jährlich neu festgelegt werden,besteht durchaus das Risiko, dass schon in wenigen Jahren der Verkehrshaushalt grundsätzlich nur noch durch die Mauteinnahmen finanziert wird. Klar gesagt werden muss auch, dass die FDP die geplante hessische Bundesratsinitiative gut findet, die eine dauerhafte Zweckbindung der Einnahmen aus Lkw-Maut für die Erhaltung der Bundesstraßen und -autobahnen vorsieht. Letztlich sind Fernstraßen- und andere Straßenverbindungen Grundvoraussetzungen für ein funktionierendes Wirtschaftssystem und letztlich auch der Erhaltung des Landesvermögens.

(Beifall bei der FDP)

Wie bei Immobilien auch müssen diese gehegt und gepflegt werden, und es muss ihre Substanz erhalten werden.Das geht nicht,wenn mit den Mauteinnahmen so verfahren wird, wie es bei den gebrochenen Versprechen von 2005 geschehen ist.

Ein weiterer Grund spricht ganz definitiv gegen die Mauterhöhung.Wir sehen die Leistungsgrenze der Speditionsund Transportbranche als erreicht an. Die Mehrkosten einer Mauterhöhung an den Kunden weiterzugeben, der selbst unter erhöhten Energiepreisen leidet, wird zunehmend schwerer. In solch einer Situation auch noch eine Mauterhöhung zu planen, die nicht einmal definitiv in Erhaltungsmaßnahmen für benutzte Infrastruktur fließen soll, ist fatal.

Ein Rechenbeispiel. Für einen 40 t Zug der Schadstoffklasse Euro 2 mit mehr als vier Achsen und einer realistischen Jahresleistung von 135.000 km ergibt sich eine Verteuerung um 10.152 c. Für einen mittelständischen Betrieb von nur zehn Lkw bedeutet dies 100.000 c Mehrkosten im Jahr. Selbst der Klima schonende Euro-5-Zug wird deutlich kräftiger abkassiert und für seine Umweltverträglichkeit mit jährlichen Mehrkosten von rund 5.000 c zur Kasse gebeten.

Dazu muss man wissen: 33 % aller Frachtführer in Deutschland besitzen nur einen Lkw. Weitere 50 % aller Frachtführer besitzen nur zwei Lkw. Es sind gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die davon überproportional betroffen sind. Ehrlicherweise muss man auch sagen, dass die 1,3 %, die immer wieder in der Presse zu lesen sind, eine Verniedlichung darstellen. Für diese Berechnung werden Daten zugrunde gelegt, die aus Prognosen über zukünftige Lkw-Strukturen im Jahre 2010 stammen.

Herr Kollege Lenders, Ihre Redezeit ist beendet. Ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Ich komme zum Ende. Vielen Dank für den Hinweis. – Die Rechnung funktioniert so nicht. Das kann man so nicht machen. Letztlich bleibt: Die Initiative der SPD für

die Mauterhöhung ist ebenso falsch, wie die Zweckbindungsforderung von insgesamt neun Bundesländern richtig ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Lenders. – Nächster Redner ist Herr Kollege Dr. Lübcke für die CDU-Fraktion.

(Peter Beuth (CDU): Walter, gib alles! – Lothar Quanz (SPD): Das ist auch nötig!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Pfaff, ich stelle für mich einfach fest, weil Sie sagen, die CDU falle in die Fünfzigerjahre zurück: 1953 war ein ausgesprochen guter Jahrgang. Ich freue mich darüber. Ich glaube, dass wir damals begonnen haben, die Verkehrsinfrastruktur aufzubauen. Wenn Sie sagen, Rückfall in die Fünfzigerjahre, erinnere ich daran, was unsere Eltern damals an Entbehrungen hingenommen haben, um die Verkehrsinfrastruktur aufzubauen. Da müssen wir heute stolz sein, dass wir ein solches Infrastrukturnetz insgesamt übernehmen können. Frau Pfaff, wir haben die Verantwortung, dass dieses Verkehrsnetz auch in einem Zustand bleibt, dass wir es tauglich an unsere Kinder weitergeben können.

Herr Lenders von der FDP hat angesprochen, dass wir in Hessen 1999 mit dem damaligen Beginn in unserem Rennen um den Straßenbau kräftig aufgeholt haben. Es reicht noch nicht, das sage ich an der Stelle. Wir müssen noch weitermachen. Aber Ähnliches hätte ich mir auf Bundesebene gewünscht.

Frau Pfaff, Sie haben die Einführung der Lkw-Maut angesprochen, diese unsägliche Geschichte. Sie wissen noch, mit welchen Pleiten, Pech und Pannen in Berlin getrickst wurde, dass das nicht zustande kam. Wir sind stolz, dass dieses Mauterhebungssystem momentan überhaupt läuft. Aber dass Sie als SPD immer für Abzocken bei den Bürgern sind, das finde ich eine unsägliche Geschichte.

(Reinhard Kahl (SPD):Was? – Zuruf von der SPD: Eieiei!)

Man muss das intelligenter machen. Ich möchte ausdrücklich unserem Verkehrsminister Alois Rhiel Dank sagen, der sich gerade – Herr Lenders sagte es – für kleine und mittelständische Unternehmen einsetzt, die nicht diese Investitionen vornehmen können.Herr Quanz,auch Ihnen im Werra-Meißner-Kreis

(Lothar Quanz (SPD): 20 Steuererhöhungen, Herr Kollege!)

werden die Speditionen dankbar sein, wenn Sie nicht mit Ihrer Fraktion stimmen, damit die kleinen und mittelständischen Unternehmen gerade in unserer Region eine Chance haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Pfaff, Sie wissen doch, als damals die Maut eingeführt wurde,hat Ihr nordhessischer Freund Eichel,damals unsäglicher Finanzminister in Berlin, vorher Geld aus dem Haushalt herausgenommen, damit er nachher die Maut wieder drauflegen konnte. Das war linke Tasche –

rechte Tasche. Die Maut ist noch gar nicht angekommen, wo sie hin sollte.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer regiert eigentlich in Berlin?)

Frau Pfaff, wenn hier von Ihnen das integrierte Verkehrssystem von Straße, Schiene und Wasserweg angesprochen wird, dann sollten wir nicht einen leistungsfähigen Verkehrsträger wie die Mobilitätswirtschaft so überstrapazieren, dass das Geld in andere Bereiche hineinfließt. Wenn Sie ansprechen, dass die Verbände eine Entlastung erfahren, dann gehen bei den Verbänden die Alarmglocken an. Wenn die SPD irgendwo Entlastung verspricht, dann gehen die Alarmglocken an. Vom Speditions- und Logistikverband Hessen/Rheinland-Pfalz gibt es ein Schreiben vom 15. August mit der Überschrift „Verkehrspolitik plant Pleitewelle und Arbeitsplatzvernichtung – Bundesrat muss Mauterhöhung stoppen“. Da ist unser Verkehrsminister Alois Rhiel auf der richtigen Spur, und zwar auf der Überholspur, indem er dafür sorgt, dass unser Standort – –

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der A 66!)

Herr Hahn, die A 66. Ich könnte viele Beispiele nennen: die A 44, die A 49, die ganzen Ortsumfahrungen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Bei Neuhof muss er noch nicht bremsen!)

Wenn Fulda – Meiningen fertig ist, kann er auch durchfahren.

(Heiterkeit des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Aber wir müssen daran arbeiten. Bei unserer zentralen Lage in Hessen, wo wir wirklich gerade, was wir am vorgestrigen Tag besprochen haben, sehen, dass viele Arbeitsplätze im Logistikbereich entstanden sind – Frau Pfaff, ich erwarte von Ihnen mehr Sensibilität für diesen Bereich, der in Hessen expandiert. Wenn Sie heute Morgen die Zeitung gelesen haben, Amazon will 1.500 effektiv neue Arbeitsplätze schaffen, wissen Sie, dass das ein Gewinn für unseren Standort ist.

Deswegen finde ich den Ansatz von Alois Rhiel richtig. Man muss auch einmal den Berlinern die Flanke zeigen. Man muss sagen: Unsere Interessen in Hessen sind anders. – Ich sage noch einmal ausdrücklichen Dank. Man muss mit den kleinen Spediteuren einmal reden. Frau Pfaff, es ist jetzt an der Zeit, die für die Erhaltung und den Ausbau erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Wenn wir das immer wieder schieben und nicht machen, dann bekommen wir einen solchen Stau, dass wir das nicht mehr finanzieren können.

Der Bundesrechnungshof beziffert allein den volkswirtschaftlichen Schaden bei einer Verzögerung des Baus der A 44 – der uns in Nordhessen sehr am Herzen liegt, von Kassel nach Wommen – um vier Jahre bei einem angenommenen Bauvolumen von 1,3 Milliarden c auf knapp 660 Millionen c. Ein Schaden von 660 Millionen c in vier Jahren durch Bauverzögerung.

(Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Des Weiteren belegt die Studie die Bedeutung der Infrastruktur im internationalen Standortwettbewerb auf der Grundlage einer vertieften Betrachtung des Bundesverkehrswegeplans.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Übrigens wird der Bundesverkehrswegeplan von Ihnen gerne dazu benutzt, um den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Herr Kaufmann, das hatten wir auch schon einmal am Dienstag beim Thema Flughafen: Infrastruktursteigerung bringt immer einen Wohlstandsgewinn.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))