Auf der ganzen Linie sind die Stichworte, die ich hier erwähnt habe, nicht in Erfüllung gegangen, sondern Fehlanzeige.Heute haben wir,wie gesagt,die Chance,neue Wege zu gehen, aber diese Chance ist vertan.
Ich möchte hier kurz meinen Vorgänger Jürgen Frömmrich nennen. Er hat nicht umsonst das Agieren der Landesregierung und der damaligen Mehrheit in diesem Haus zu Recht als fortgesetzte Beratungsresistenz bezeichnet.
Jürgen, du hast recht gehabt. – Noch ein paar Schlagwörter: Austritt aus der TdL, Verhandlungen im Beamtenbereich nur mit dem Beamtenbund, ohne DGB-Gewerkschaften, Einkommensverbesserungen im Tarifbereich per Gesetz und ohne Verhandlungen. Das alles sind Beispiele dafür, wie wenig Sie von Arbeitnehmerrechten halten. Die Quittung für diese mittelalterliche Politik haben Sie bereits erhalten. Ich erwähne das noch einmal. Ich denke, das muss man immer wieder erwähnen. Denn ansonsten bringt das Verwirrung. Die Luftschlösser werden nicht von uns gebaut. Die Sprechblasen, die von Ihrer Seite produziert werden, muss man entkräften.
Vielleicht scheren Sie sich endlich um die Stellungnahmen der Juristen zu Ihren Gesetzentwürfen, um die Argumente der Gewerkschaften sowie des Beamtenbundes und um unsere Einwände. Das sollten Sie tun.Was haben wir heute Morgen und am Samstag gehört? Man möchte in der neuen Legislaturperiode endlich mit gemeinsamen Beschlüssen voranschreiten, keinen Stillstand haben, sondern das Land voranbringen. Heute haben Sie die Möglichkeit dazu. Für uns von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist es selbstverständlich, dass Löhne, Gehälter und Arbeitszeiten nicht per Gesetz verordnet werden, sondern dass darüber unter den Tarifparteien verhandelt wird.
Deshalb wollen wir, dass Sie der Aufforderung durch den Landtag Folge leisten. Es müsste jetzt für die geschäftsführende Landesregierung wichtig sein, alle Beteiligten mitzunehmen. Anhand des vorliegenden Antrags der SPD könnte die geschäftsführende Landesregierung jetzt zeigen, ob sie wirklich bereit ist, dem Willen des Landtags zu folgen. Aber auch sonst darf der Mehrheitswille des Landtags nicht als ein unverbindlicher Wunsch aufgefasst werden. Das kann nicht in Ordnung sein. Dem wollen wir entgegenwirken.
Was den Antrag der Fraktion DIE LINKE betrifft, möchte ich kurz erwähnen, dass im Kern das Gleiche beabsichtigt wird wie im SPD-Antrag, nämlich die Wiederherstellung einer Tarifbindung für die Beschäftigten des Landes.Allerdings ist in diesem Antrag zwar sehr viel gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Er ist überfrachtet. Sie wollen im gleichen Schritt die Arbeitszeitordnung für die hessischen Beamtinnen und Beamten an den TV-L anpassen und die aus dem TVöD des Bundes und der Kommunen für die hessischen Kommunen festgeschriebene Arbeitszeit auf die Landesbediensteten übertragen.Der Satz ist so lang, weil auch Ihr Antrag überfrachtet ist. Das kann so nicht sein.
Es ist zu viel auf einmal. Ich glaube, mit diesen Absichten kommen wir so schnell nicht hin. Auch die GRÜNEN wollen, dass die Beamtinnen und Beamten nur 40 Wochenstunden arbeiten; aber um mit den Versäumnissen in der Personalpolitik der letzten Jahre endlich aufzuräumen, brauchen wir einen zeitlichen Vorlauf, brauchen wir einen Stufenplan. Das geht nicht von heute auf morgen, denn wenn wir die Wochenarbeitszeit zurückführen,brauchen wir sowohl im Schulbereich als auch bei der Polizei massiv neue Stellen, neues Personal. Dieses Personal ist nicht auf der Straße zu finden. Es muss erst ausgebildet werden. Von daher gesehen kann man nicht einfach von heute auf morgen die Arbeitszeit verkürzen, sondern wir brauchen einen sinnvollen Stufenplan.
Meinen Ausführungen haben Sie entnommen:Wir begrüßen den Antrag der SPD-Fraktion und möchte hier die Möglichkeit, diesen Weg gemeinsam zu gehen, noch einmal unterstützen. Wir werben für den SPD-Antrag. Stimmen Sie ihm zu. Weitere Schritte in der partnerschaftlichen Personalpolitik des Landes Hessen sollten wir auch künftig gemeinsam gehen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche uns noch viel Erfolg.
Vielen Dank, Frau Kollegin Öztürk. Das war Ihre erste Rede in diesem Parlament. Den herzlichen Glückwunsch des gesamten Hauses.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Ich kann ein Stück weit an meine Vorrednerin, Frau Kollegin Öztürk, anknüpfen, die zweimal darauf hingewiesen hat, welchen Zustand wir derzeit in Hessen haben. In der Tat sollten wir uns auf die Festlegung des Weges konzentrieren,wie wir von dem Zustand wegkommen, dass Tarifpolitik per Gesetz gemacht wird. Das war in der Tat eine bedenkliche Entscheidung. Die FDP-Fraktion hat das schon in der 16. Legislaturperiode entsprechend deutlich formuliert. Das, was damals durchgezogen worden ist, bewegte sich hart an der Grenze, wenn nicht jenseits der Grenze des verfassungsmäßig Zulässigen.
Herr Kollege Rudolph, darüber streiten bekanntlich die Fachleute. Ich bin als Jurist etwas vorsichtiger mit solchen pauschalen Verurteilungen.
(Günter Rudolph (SPD): Ich habe „eigentlich“ gesagt! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der Rudolph ist kein Jurist!)
Ich stelle einfach fest: Wir bewegten uns an der Grenze. Das sollten wir so zur Kenntnis nehmen. Das Entscheidende ist, dass wir hier einen Weg aus dieser Art der Tarifpolitik finden müssen.
Hierzu will ich in aller Kürze drei Punkte ansprechen.Der erste Punkt betrifft den Inhalt der Anträge der SPD-Fraktion und letztlich auch der Fraktion DIE LINKE, der, wie richtigerweise bemerkt wurde, etwas überfrachtet ist. In beiden Anträgen finden wir folgende Kernaussage, über die wir uns unterhalten müssen und die Gegenstand der Auseinandersetzung ist: Wollen wir zurück in die Tarifgemeinschaft der Länder? Sie haben ganz klar formuliert, dass Sie das wollen.Meine Damen und Herren,wir wollen nicht,dass wir wieder die starren Strukturen aufbauen,die wir endlich aufgebrochen haben.Wir wollen nicht zurück zu den verstaubten, althergebrachten Grundsätzen des geheiligten Einheitstarifvertrags, die Sie immer wie eine Monstranz vor sich hertragen, ohne sie klar zu formulieren, sondern wir wollen flexible Lösungen.Wir wollen der jeweiligen Situation angemessene, maßgeschneiderte Lösungen.
Es nützt auch nichts, mit Sprüchen daherzukommen, die zwar wie hehre Worte klingen, sich aber letztlich als Allgemeinplätze entlarven, z. B. der Spruch „gleiches Geld für gleiche Arbeit“.
Meine Damen und Herren, wenn Sie sich unser Land, die Bundesrepublik Deutschland, anschauen, sehen Sie, dass es örtlich gewisse Unterschiede gibt. Ich empfehle einmal eine Reise von Flensburg nach Oberammergau oder von Cottbus nach Aachen. Da werden Sie feststellen, dass die Lebensverhältnisse unterschiedlich sind, dass unter anderem die Lebenshaltungskosten deutlich unterschiedlich sind, dass die Finanzkraft der jeweiligen Regionen höchst unterschiedlich ist. Deshalb: Nein, wir wollen nicht zurück
zum Einheitsbrei, wir wollen weg von den ausgetrampelten Pfaden der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, hin zu individuellen und passgenauen Lösungen.
Weil wir Flexibilität statt starrer Strukturen wollen, werden wir diesen Anträgen nicht zustimmen können.
Erlauben Sie mir zweitens einen kurzen Exkurs.Wir wollen neben dem Tarifrecht das damit verknüpfte Beamtenrecht modernisieren. Der Antrag der LINKEN läuft einfach darauf hinaus, den Tarifvertrag letztlich wieder auf das Hessische Beamtengesetz zu überwälzen. Der Herr Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung die Notwendigkeit angesprochen, das Beamtenrecht zu modernisieren, ein Beamtenrecht für die Zukunft zu schaffen. Ich kann dem nur zustimmen, insbesondere der Bemerkung, dass es sicherlich nicht richtig sein kann, dass es heißt: einmal Beamter, immer Beamter, einmal außerhalb des öffentlichen Dienstes tätig, immer außerhalb des öffentlichen Dienstes tätig. – Wenn wir einen modernen öffentlichen Dienst haben wollen, wenn wir ein modernes Berufsbeamtentum haben wollen, müssen wir Durchlässigkeit schaffen. Der Anfang einer solchen Modernisierung ist, dass wir zunächst einmal flexible Modelle für die Arbeitszeit wie auch für eine leistungsgerechte und leistungsfördernde Besoldung schaffen. Das ist sehr viel mehr als das, was heute möglich ist. Auch hier ist es schlichtweg ein falsches Signal, den Tarifvertrag ohne Weiteres dem Beamtenrecht überzustülpen.
Ich will einen dritten Punkt ansprechen. Das, was wir heute in dieser Debatte erleben – nach einer Diskussion, die teilweise schon in diese Richtung ging –, ist ein Beispiel für unseriösen Umgang mit Steuergeldern.
Kollege Rudolph hat uns schon im Vorfeld dieser Debatte glauben machen wollen, das Ganze sei mit gut 8 Millionen c zu finanzieren. Das kommt vielleicht hin, wenn man nur die reine Tarifanhebung berechnet. Es kommt aber natürlich nicht hin, wenn man auch die Verlängerung der Arbeitszeit einrechnet und wenn man hinsichtlich der Rücknahme der Verlängerung der Arbeitszeit daran denkt,dass die Arbeit im öffentlichen Dienst erledigt werden muss. Das heißt, wir brauchen zusätzliche Stellen. Ob das 70 Millionen c oder 80 Millionen c kostet, sei dahingestellt. Tatsache ist, es kostet eine erhebliche Menge Geld. Die Gesamtkosten, die für den Fall der Überwälzung des Tarifvertrags auf die Beamtenbesoldung im Raum stehen, 128,6 Millionen c – ich nehme an, die Zahl stammt aus dem Innenministerium –, mögen stimmen oder nicht stimmen. Hierbei ist es schon fast egal, ob wir über 100 Millionen c, 125 Millionen c, 175 Millionen c oder 200 Millionen c reden.
Tatsache ist – und das ist das Entscheidende, Frau Ypsilanti –, dieses Geld ist nicht da.Wir wissen aus dem Wahlkampf, dass Sie gern nicht vorhandenes Geld ausgeben.
Aber mit uns können Sie das nicht machen. Das ist einer der Gründe, warum Sie zur Kenntnis nehmen müssen, dass wir für eine Zusammenarbeit mit Ihnen nicht zur Verfügung stehen. Das Wegdiskutieren dieses Finanzproblems ist einfach nicht seriös,und da machen wir nicht mit.
Ich will dazu sagen, das, was Rot-Rot in dem Zusammenhang zu bieten hat, entbehrt nicht einer gewissen Scheinheiligkeit.Herr Kollege Schaus hat auf das Beispiel Berlin verwiesen. Herr Beuth hat kurz darauf erwidert. Ich will mir die Bemerkung erlauben, Berlin ist zwar nicht aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgetreten,
aber es hat, soweit ich weiß, dort, seit wir eine rot-rote Regierung in Berlin haben, keine Bemühungen gegeben, wieder in die Tarifgemeinschaft der deutschen Länder zurückzukehren.
Nur das Land Hessen wollen Sie mit dieser Art Politik beglücken, während man in Berlin unter Herrn Wowereit noch für die Jahre 2005 bis 2009 Kürzungen in der Größenordnung zwischen 8 und 12 % festschreibt, je nachdem, in welchen Gruppen man nachschaut. Das soll wohl nur in Berlin richtig sein.Hier meinen Sie,Sie könnten das Geld, das andere angespart haben, verbraten.
Deshalb unser Antrag, den wir gemeinsam mit der CDU formuliert und eingebracht haben. Wir wollen einen attraktiven, flexiblen und zukunftsfähigen Tarifvertrag, der auf die Angestellten und Arbeiter des Landes Hessen zugeschnitten ist. Deswegen fordern wir die Landesregierung auf, mit unserem Antrag die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes wieder an den Tisch zu holen, die Verhandlungen fortzusetzen und möglichst schnell einen Tarifabschluss für das Land Hessen zu erreichen.
Meine Damen und Herren,erlauben Sie mir bitte als Neuling in diesem Haus eine abschließende Bemerkung. Der schonende Umgang mit Ressourcen – damit spreche ich die Kollegen aus der GRÜNEN-Fraktion an – hat auch etwas mit dem schonenden Umgang mit Finanzressourcen zu tun. Das, was ich heute in dieser Sitzung erleben durfte oder erleben musste – da bin ich mir noch nicht so ganz sicher –, ist das schlichte Gegenteil.Wenn wir das finanzielle Resümee des heutigen Tages ziehen,dann haben Sie locker an einem Tag eine Viertelmilliarde Euro oder mehr verbraten.