Protokoll der Sitzung vom 09.04.2008

(Axel Wintermeyer (CDU): Sie ziehen es dem Steuerzahler aus der Tasche!)

Wir wollen mit unserem Antrag, dass die Arbeitszeit im Rahmen der Überleitungsregelungen so geregelt wird, wie sie auch im kommunalen Bereich ist. Es ist nicht einzusehen,weshalb Landesbeschäftigte 42 Stunden arbeiten sollen und Kommunalbeschäftigte nach Tarifvertrag 39 Stunden.

All dies ist nach § 6 TV-L im Rahmen von Überleitungsverhandlungen mit den hessischen Gewerkschaften zu verhandeln. Dazu gibt es meines Wissens die entsprechende Bereitschaft, diese Überleitungstarifverhandlungen zu führen. Das sind keine separaten, eigenständigen Tarifverhandlungen. In diesen Überleitungstarifverhandlungen können auch all die speziellen Regelungen noch mit geregelt werden, die für Hessen gelten, z. B. die für die Universitätsklinik Frankfurt, wo es in der Tat notwendig ist, noch einmal eigenständig darauf zu schauen und das zu vereinbaren.

(Beifall bei der LINKEN)

Weil aber nach unserem Verständnis das hessische Beamtenrecht dem Tarifrecht folgen muss, sollen auch die Arbeitszeitregelungen der Beamtinnen und Beamten zeitund inhaltsgleich verringert werden, damit auch diejenigen, die in den Verwaltungen, z. B. bei Feuerwehr, Polizei und im Justizvollzug, für die Sicherheit der hessischen Bürgerinnen und Bürger sorgen, wieder angemessene Arbeitsbedingungen erhalten.

Meine Damen und Herren, damit die Landesregierung unverzüglich mit der Umsetzung beginnen kann, überreiche ich Ihnen, Herr Minister Bouffier – ich habe ja gesagt, ich komme gleich zu Ihnen –, einen Tariftext. Dann können Sie gleich damit anfangen.

(Beifall bei der LINKEN – Der Redner überreicht Minister Volker Bouffier einen Text.)

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Erneuter Beifall bei der LINKEN – Michael Bod- denberg (CDU): Jetzt noch dem Finanzminister das Buch überreichen!)

Vielen Dank, Herr Kollege Schaus. Das war die erste Rede des neuen Kollegen.Auch Ihnen darf ich im Namen des Hauses herzlichen Glückwunsch aussprechen.

(Allgemeiner Beifall)

Nun hat sich Herr Kollege Beuth zu einer Kurzintervention gemeldet. Zwei Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will die Antwort auf die Frage nicht schuldig bleiben.Herr Kollege Schaus,wir können im Rahmen unserer Leistungsfähigkeit die Bediensteten des Landes an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben lassen. Ich glaube, Sie haben nicht richtig zugehört. Jedenfalls mit den Sprechblasen,die Sie vorgetragen haben,werden Sie nicht erreichen, dass die Bediensteten des Landes Hessen ent

sprechende Einkommensverbesserungen haben werden. Das Prinzip „Freibier für alle“ funktioniert auf der Grundlage eines existierenden Haushalts gerade nicht. An dieser Stelle haben Sie sich gleich mit Ihrer ersten Rede sehr schön entlarvt.

Herr Kollege Schaus, ich habe eben nur von den etwas mehr als 200 Millionen c gesprochen, die das auf der Basis des existierenden TV-L 2008 und 2009 pro Jahr kostet. Jetzt unterstellen Sie einmal, die Veränderungen für den Bund und die Kommunen würden von der TdL übernommen werden, also noch einmal die Größenordnung von 8 % obendrauf; dann sind wir noch einmal bei 500 Millionen c. Herr Kollege Schaus, dann sind wir insgesamt bei einer Dreiviertelmilliarde.Das sind nun einmal auch in einem hessischen Haushalt, auch bei unserer besonderen Leistungsfähigkeit,keine Peanuts.Was Sie an dieser Stelle vortragen, ist unseriös.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn Sie mir noch einen letzten Punkt auf der Basis Ihres Antrags erlauben: Der ist natürlich auch unseriös und nicht vernünftig recherchiert, Herr Kollege Schaus. Sie müssen sich überlegen, wenn wir in die TdL eintreten, dann war es das. Dann sind wir im Rahmen der TdL sozusagen gebunden.TdL und Kommunen haben im Übrigen auch unterschiedliche Arbeitszeiten. Auch das sollten Sie eigentlich wissen, wenn Sie hier ans Rednerpult treten.

Lassen Sie mich einen letzten Satz sagen: 2.600 Stellen für die Beamtinnen und Beamten, wenn am Ende die Besoldung dem Tarifrecht folgt.2.600 Beamtinnen und Beamte, ein Großteil Lehrerinnen und Lehrer. Ich frage mich, wie Sie die Unterrichtsversorgung aufrechterhalten wollen – das müssen Sie hier beantworten –, wenn eine entsprechende Zahl von Lehrerinnen und Lehrern nicht mehr an Bord in den Schulen ist. Sie müssen auch die Frage beantworten, wie wir bei Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten mit dieser Frage umgehen sollen.Denn Sie sollten wissen, wenn Sie ans Rednerpult treten, dass Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte drei Jahre brauchen, bis sie ausgebildet sind. Wenn wir also den Mehrbedarf decken müssen, werden wir dafür eine gewisse Zeit brauchen.

Herr Kollege Beuth, kommen Sie bitte zum Schluss. Die Zeit für die Kurzintervention ist zu Ende.

Ich komme zum Schluss. – Mit der Wiederholung der billigen Propaganda werden Sie hier nicht weiterkommen. „Freibier für alle“ zieht im Hessischen Landtag nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Beuth. – Nun hat sich die Frau Kollegin Öztürk für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet.

Meine sehr verehrte Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun debattieren wir

ziemlich heftig über ein Thema,das uns allen gar nicht neu ist und das meines Wissens in den letzten Landtagsdebatten öfter vorgekommen ist. Wenn man heute den verschiedenen Argumenten zuhört, möchte man meinen, man hat neue Rezepte auf den Tisch gebracht. Dem scheint mir aber nicht so zu sein. Man ist immer noch in den Lagern verhaftet, in denen man auch vorher war. Schade für die Bediensteten, die wahrscheinlich sehr aufgeregt heute der Debatte zuhören.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN hat den Austritt des Landes aus der Tarifgemeinschaft der Länder, der TdL, von Anfang an kritisiert. Die Rückkehr in die TdL war und ist eine Forderung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Daher finden wir die Debatte heute auch richtig und wichtig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie werden mir nachsehen, dass ich mich in meinen Argumenten teilweise Herrn Rudolph anschließen werde, teilweise vielleicht auch dem einen oder anderen. Mir scheint die desaströse Personalpolitik der hessischen Koch-Regierung so schlimm gewesen zu sein,dass man manche Argumente ständig und immer wieder wiederholen muss. Es ist desaströs gewesen,es bleibt anscheinend so.Ihr Antrag scheint mir eher ein Schaufensterantrag zu sein,leider.Eigentlich wäre heute die Chance gewesen, es anders und richtig zu machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Dabei habe ich gehofft, dass der Austritt aus der TdL inzwischen auch von der Landesregierung als Fehler eingesehen wird.

(Ministerpräsident Roland Koch:Was?)

Denn im Rahmen des Wahlkampfs haben wir gesehen, dass das sehr viel Unmut bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erzeugt hat und auch dieses Wahldesaster vom 27. Januar mitverantwortet hat.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Warum haben die GRÜNEN so wenig bekommen?)

Eine Lohnerhöhung per Gesetz, das haben wir heute erfahren, gab es zuletzt in der Weimarer Republik. Ich weiß nicht,ob das etwas ist,was man unter moderner hessischer Politik versteht. Ich verstehe es auf jeden Fall nicht darunter.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Die anderen dürfen auch klatschen,wenn sie nicht in die Weimarer Republik zurückwollen. – Nach Gutsherrenart sollte man keine Personalpolitik betreiben.

Sehr verehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben in einer ummantelten Debatte, die angeblich moderne Personalpolitik war, ganz gezielt die Arbeitszeit auf 42 Stunden erhöht, Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld gestrichen, und das alles, ohne auch nur einmal mit den Betroffenen geredet zu haben. Hier wurde die Tarifautonomie ausgehebelt und per Gesetz beschlossen, was die Landesregierung als angemessene Tariferhöhung betrachtet. Es wurde nicht mit den Verantwortlichen vernünftig darüber diskutiert. Das finden wir nicht richtig. Wir möchten zurück in die TdL. Wir möchten keinen Sonderweg für Hessen gehen; denn ich denke,in anderen Ländern gab es gute Beispiele.

Denen kann man folgen, statt immer Sonderwege zu gehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Das Ergebnis dieser Tarifverhandlungen, wie sie genannt werden, hat zur Folge gehabt, dass die hessischen Angestellten statt 2,9 % mehr, wie im TVöD vereinbart, nur 2,4 % mehr bekommen haben. Außerdem ist dieses Geld zum 1. April ausgezahlt worden und nicht zum 1. Januar. Wer einen Vertrag mit 42 Stunden Wochenarbeitszeit hat, muss diese nach wie vor leisten. Ist das ein Ergebnis, das wir als modern betrachten? Die Frage soll daher gestellt werden.

Ich würde es eher als ein Demotivationsprogramm in der Geschichte Hessens bezeichnen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren auch ziemlich sauer, das möchte ich so locker sagen. Die Quittung dafür hat man erhalten, wie wir bereits erwähnt haben.Aber anscheinend hat man noch nicht die Konsequenzen daraus gezogen.

Nun ist die Chance da,mit den Fehlern der Vergangenheit aufzuräumen. Wir hätten heute die Chance gehabt, einen gemeinsamen Antrag zu stellen – wer weiß – oder zumindest ein Signal in die richtige Richtung zu geben. Stattdessen stehen wir hier, und die Landesregierung setzt auf Konfrontation.Wir wollen in die TdL hinein, und wir wollen auf jeden Fall in Zukunft nicht nur mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Beratungen vollziehen, sondern auch mit den zugehörigen Gewerkschaften und Vertretern, die das mit ihren Aufgaben zu vollziehen haben.

Die Personalpolitik der CDU hat zur Folge gehabt, wie wir bereits heute erwähnt haben, dass über 1.000 Lehrerinnen- und Lehrerstellen, die ausgelaufen sind, nicht mehr besetzt wurden und dass auch bei der Polizei Ende dieses Jahres über 900 Beschäftigte weniger arbeiten werden als zu Beginn der zweiten kochschen Amtszeit. Das scheint auch nicht das richtige Signal zu sein. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung haben seit 2003, seit dem Beschluss zur „Operation düstere Zukunft“, eine deutliche Steigerung ihrer Arbeitsbelastung erfahren müssen. Auch hier müsste Abhilfe geschaffen werden.

Dann gab es noch das Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz. Wir begrüßen, dass die hessischen Beamtinnen und Beamten wieder an der Einkommensentwicklung teilhaben sollen.Trotzdem bleibt unsere grundsätzliche Kritik, wie diese Vereinbarung zustande gekommen ist.Auch die Frage, was vereinbart wurde, bleibt heute immer noch sehr kritikwürdig.

Sieben Monate vor der Landtagswahl in Hessen hat die CDU lediglich vorgehabt, 97.000 Beamte und 57.000 Versorgungsempfänger nach Jahren der Konfrontation vor der Wahl endlich friedlich zu stimmen, um die Stimmen noch zu erhalten. Aber diese Rechnung ist nicht aufgegangen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wer den Beamten 12,5 % Gehaltseinbußen im Rahmen der „Operation düstere Zukunft“ zumutet, der darf nicht glauben, dass eine Anpassung der Bezüge diese tarifpolitische Amokfahrt der vergangenen Jahre vergessen macht. So schnell vergessen die Beamtinnen und Beamten diese Amokfahrt nicht. Die Quittung haben wir erhal

ten, und heute stehen wir hier und wollen es angeblich besser machen.

Das Wie – ich hatte es bereits erwähnt – ist ebenfalls zu kritisieren, weil in der Vereinbarung nur mit dem Beamtenbund verhandelt wurde und nicht mit der Gewerkschaft der Polizei, nicht mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und nicht mit ver.di. Außerdem ist das Ergebnis weit hinter den modernen Ansätzen im TVöD und im TV-L zurückgeblieben.

Ich nenne hier nur ein paar Stichworte wie Leistungskomponente, Flexibilisierung der Arbeitszeit, strukturelle Veränderungen z. B. bei der Bezahlung, beim Aufstieg oder beim Wechsel zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft. Heute Morgen haben wir gesagt, dass wir die Wechselmöglichkeit in die Privatwirtschaft begrüßen – den Rahmen dafür wollen wir aber nicht schaffen. Sehr komisch.