Protokoll der Sitzung vom 24.04.2008

Zweitens. Wir müssen den Sachverstand von Wohlfahrtsund Flüchtlingsorganisationen institutionell bündeln.

Ein dritter Punkt, der durchaus Gegenstand der Beratungen sein muss, ist die Frage nach der demokratischen Legitimation der Mitglieder dieser Härtefallkommission.

Der vierte Punkt, den ich für durchaus sehr erheblich halte und den ich immer wieder in Erinnerung bringen werde, ist: Wir sollten darauf achten, dass die Härtefallkommission auch zukünftig in einem „schlanken Verfahren“, ohne überflüssige Bürokratie, zu schnellen Entscheidungen kommen kann und dass sich dies nicht verzögert. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Das Wort hat noch einmal Herr Bellino für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte mich nach dem Wortbeitrag der Fraktion DIE LINKE noch einmal gemeldet, weil dieser Wortbeitrag meines Erachtens diesem sensiblen Thema in keiner Weise gerecht wurde.

(Beifall bei der CDU)

Niemand in diesem Hause und schon gar nicht diejenigen, die die Arbeit im Petitionsausschuss und der Härtefallkommission gemacht haben,müssen sich belehren und sagen lassen, dass in diesen Gremien Einzelfälle zu beachten sind. Ich dachte, deutlich gemacht zu haben – das haben auch die Ausführungen in den Berichten des Petitionsausschusses sehr deutlich gezeigt –, dass dies der Fall war. Darauf abzustellen, dass die Härtefallkommission ein Tiger sei, der zwar laut brüllen könne, der Minister dann aber mache, was er wolle, ist unverschämt.

(Beifall bei der CDU)

Das Ministerium war sowohl in der Härtefallkommission als auch im Petitionsausschuss nicht nur anwesend, um Fragen zu beantworten, sondern auch, um dort, wo es humanitär geboten war, nach Lösungen zu suchen.

(Florian Rentsch (FDP): So ist es!)

Da gab es keine Fronten, und es gab keine Türen, die man hätte aufrennen müssen. Diese waren offen. Dafür sind das Ministerium sowie dessen Spitze zuständig. Ich glaube, es war Frau Kollegin Waschke, die freundlicherweise darauf hingewiesen hat, wie viele Anträge von uns gestellt und wie viele seitens des Ministeriums bereits positiv beschieden worden sind. Auch dies zeigt sehr eindrucksvoll, dass man hier miteinander gearbeitet hat, um die bestmögliche Lösung zu erreichen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Zwei weitere Beispiele. Die Härtefallkommission und der Petitionsausschuss waren es, die mit der Agentur für Arbeit gerungen haben, um miteinander zu vereinbaren, wie man aus dem Kreislauf herauskommen kann: keine Aufenthaltserlaubnis – keine Arbeitsgenehmigung – keine Arbeitsgenehmigung, keine Aufenthaltserlaubnis. – Wir haben einen tollen Meilenstein errungen, da wir jetzt sagen können, dass die Agentur für Arbeit dort sensibler und im Sinne der Petenten reagiert. Und in Anlehnung an die Bundespolitik von einem Feigenblatt zu sprechen, halte ich für unverschämt.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Sofort. – Denn nennen Sie mir ein Land, welches humanitärer mit Flüchtlingsfragen umgeht, als das in der Bundesrepublik Deutschland der Fall ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da gibt es schon einige!)

Was die Gesetzeslage angeht – –

Herr Kollege, bitte, es ist zu Ende.

Das war ein Semikolon. Ich führe den Satz fort, indem ich feststelle, dass wir auch über den Gesetzentwurf sprechen werden.Aber wir bitten zu bedenken, dass das Verfahren dann ein längeres sein wird, als wenn wir es über die Verordnung regeln, über die wir uns dann hoffentlich einigen können.Wir halten dies für den besseren und schnelleren Weg. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Staatsminister Bouffier.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Die Härtefallkommission, die wir bisher hatten, hat eine sehr gute Arbeit geleistet. Dafür möchte ich mich heute ausdrücklich bedanken. Ich bin der Überzeugung, dass sie viel Sachverstand versammelt hat, weil die Abgeordneten, die dort tätig waren, sich teilweise seit vielen Jahren sehr intensiv mit den Dingen beschäftigt haben. Deswegen brauchen wir nicht darüber zu streiten, dass für diese Kommission Sachverstand neu gefunden werden muss. Dort ist schon viel Sachverstand.

Andererseits wird die Landesregierung das aufgreifen. Wenn das Ganze jetzt auf breitere Beine gestellt werden soll, bin ich dabei.

(Silke Tesch (SPD): Oh!)

Frau Kollegin Waschke, entweder lag es an Ihrer Überzeugungskraft oder den veränderten Umständen. Sie haben heute Geburtstag. Deswegen ist das Haus der Auffassung: Es liegt an Ihrer Überzeugungskraft. Das wollen wir festhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Wenn wir über die Arbeit der Härtefallkommission sprechen, möchte ich dem Haus Folgendes mitteilen. Zum Stichtag 17.April 2008, also relativ aktuell: 187 Mal ist beraten worden, ob ein Antrag auf Feststellung eines Härtefalles überhaupt in die Härtefallkommission gegeben werden soll. Von diesen 187 Fällen hat die Härtefallkommission 60 Mal gesagt:„Jawohl,ein Härtefall“ und das Ministerium gebeten,in einer Einzelfallentscheidung diesem Härtefall zu entsprechen. Ich habe dem in 53 Fällen entsprochen. Ich habe in vier Fällen abgelehnt. Drei Fälle sind noch in der Prüfung. Wer die Zahlen kennt, kommt schlichtweg zu dem Ergebnis, dass wir nicht nur sehr intensiv gearbeitet haben, sondern dass es zwischen den Einschätzungen der Härtefallkommission und dem zuständigen Innenministerium weitestgehend Übereinstimmung gegeben hat. Man muss die großen Bilder ein bisschen zur Seite rücken, dass hier Pflichtveranstaltungen abgehalten werden, nach dem Motto: Da sind die einen, die für Humanität eintreten, und da sind die anderen, die seelenlos Gesetze exekutieren. – Das hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Wenn man die Fakten kennt, kann man sehr ruhig über die Dinge sprechen.

Dann bleiben drei, vier Gesichtspunkte, die ich nur in aller Kürze anreißen will. Ich bin sehr damit einverstanden, wenn Sie sagen, dass wir uns auch in Zukunft mühen müssen, individuelle Einzelfallgerechtigkeit und allgemeine Verantwortung unter einen Hut zu bringen. Dann sind Sie ganz zwanglos bei dem Thema: Wer entscheidet, muss eigentlich auch verantworten. – Auf Augenhöhe zu verhandeln, ist immer prima. Womit ich erhebliche Probleme habe, ist, dass ich eine Ansammlung von Leuten habe, die irgendetwas entscheiden, und nachher kein einziger als Verantwortlicher zur Verfügung steht. Bei Abgeordneten ist das etwas anderes. Sie haben ein Mandat, sie sind legitimiert. Das andere sind zum guten Teil Interessengruppen, deren Arbeit durchaus schätzenswert ist, aber wo jeder ausschließlich für seine Interessengruppe spricht und wo es kaum den Blick über die jeweilige Interessengruppe hinaus gibt. Das macht deren Arbeit nicht schlechter, aber anders. Deshalb müssen wir, wenn wir darüber im Ausschuss sprechen, uns schon Gedanken machen, wie man so etwas zusammensetzt.

Dann sind Sie bei dem zweiten Punkt, an dem ich auch nicht einfach vorbeigehen kann: die Frage, wie wir mit jemandem umgehen, der kein Einkommen hat, der letztlich von der Allgemeinheit lebt, der eigentlich ausreisen müsste, wo man aber individuell sagt: Das ist ein Härtefall. – Härtefälle können immer nur Sonderfälle sein und nie der Regelfall. Wenn man sich dann entscheidet, dass eine ganze Familie hier bleibt, für viele Jahre, das ganze Leben, dann hat das Konsequenzen. Diese Konsequenzen sind in besonderer Weise auch und gerade bei den Kommunen vor Ort auszutragen, denn die müssen das bezahlen. Also werden wir uns gemeinsam ganz besonders anstrengen müssen,mit welcher Regelung auch immer zu einem Konsens mit den Kommunen zu kommen. Denn ich halte es nicht für richtig, dass Wohltaten von der einen Seite beschlossen und von der anderen Seite bezahlt werden muss. Das muss zusammengeführt werden.Ich biete an, dass wir entsprechende Vorschläge machen.Wir werden es im Ausschuss vertiefen.

Letzte Bemerkung. Frau Kollegin Öztürk, ich bitte, dass Sie Ihre Überlegungen überdenken. Es macht überhaupt keinen Sinn, wenn ich mich jetzt auf den Weg mache, eine Verordnung zu ändern, die ich nach den Regeln, die wir haben, nicht einfach ändern kann, sondern deren Änderung in einem Beteiligungsverfahren mit den Kommunen stattfinden muss.Wenn wir das alles unternehmen und Sie gleichzeitig oder hinterher noch einen Gesetzentwurf einbringen, können wir uns die Veränderung der Verordnung sparen. Das macht nun gar keinen Sinn. Entweder verständigen wir uns darauf, dass wir gemeinsam an einer Verordnung arbeiten, oder aber Sie bringen Ihren Gesetzentwurf ein,und dann beraten wir den Gesetzentwurf. Beides macht keinen Sinn.

Sollten Sie den Gesetzentwurf aus dem Jahre 2004 wieder einbringen wollen, empfehle ich Ihnen ohne jede Häme: Schauen Sie es sich noch einmal an. Das, was dort steht, ist zum Teil absurd. Da haben Sie zum Teil bis in die Verwaltung hinein geregelt, welcher Vertreter des Innenministeriums wo sitzt und wer in den Gremien sein muss. Das ist ein bürokratisches Monster. Das hilft überhaupt niemandem. An einem muss man aber doch festhalten können: Ich würde es für eine Vergeudung von Arbeitskraft halten, und auch für unschicklich gegenüber den Partnern, die wir brauchen, wenn wir jetzt eine Veränderung des Verordnungsverfahrens lostreten und ich den Kirchen, den Kommunen und allen anderen sagen müsste: „Es

kann sein, dass wir das alles wieder zur Seite legen, weil wir in Kürze noch einen Gesetzentwurf beraten.

Deshalb hoffe ich, dass Sie sich bis zur Ausschusssitzung noch einmal Gedanken darüber gemacht haben. Das ist keine Sache, wo wir uns wechselseitig parteipolitisch profilieren müssen. Die Fakten sprechen für sich. Deshalb habe ich sie vorgetragen. Die Landesregierung ist bereit, sich entsprechend dem Wunsch des Hauses zu verhalten. Was ich nicht machen werde, ist, eine Verordnung zu ändern und gleichzeitig einen Gesetzentwurf zu beraten. Das macht keinen Sinn. Insofern hoffe ich, dass wir bei der Ausschussberatung zu einem konstruktiven Miteinander kommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vielen Dank. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen.

Wir überweisen vereinbarungsgemäß die Drucks. 17/57 und 17/79 zur weiteren Beratung an den Innenausschuss. – Dem widerspricht niemand.Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Weiterentwicklung des Projektes „Netzwerk gegen Gewalt“ – Drucks. 17/58 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Das Wort hat Herr Abg. Beuth für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in diesem Jahr bereits eine sehr engagierte Diskussion zum Thema Jugenddelinquenz und Jugendkriminalität hinter uns gebracht.Wir dokumentieren heute mit dem Antrag, dass wir an dem Thema dranbleiben. So, wie wir als CDU-Fraktion in Bad Wildungen festgestellt haben, dass es klug, wichtig und richtig und vor allem notwendig war, dass wir auch in Wahlkampfzeiten das Thema Jugendkriminalität deutlich ansprechen und erörtern, müssen wir aber auch zur Kenntnis nehmen, dass in der Diskussion die Arbeit der vergangenen Jahre nicht richtig zur Geltung gekommen ist. Die Aufmerksamkeit hat sich im Januar auf ganz wenige Details konzentriert. Der Blick war ziemlich verengt und hat nicht deutlich gemacht, was wir in neun Jahren erfolgreicher Arbeit im Bereich der Jugendkriminalität erreicht haben.

Meine Damen und Herren, wir können hier eine positive Bilanz ziehen.Wir wollen uns nicht darauf ausruhen.Vielmehr wollen wir in den kommenden Jahren darauf aufbauen und weitermachen.Wir müssen uns um das Thema Jugend-Gewaltkriminalität in unserem Lande ganz engagiert kümmern.Das haben wir gemacht.Wir haben unsere Hausaufgaben erledigt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Dabei fällt das „Netzwerk gegen Gewalt“ in den Fokus der Diskussion. Das ist ein Erfolgsprojekt, von dem wir uns erhoffen, dass wir eine weitere Regionalisierung dieses Projekts erreichen. Gemeinsam handeln – mehr erreichen. Seit 2002 haben wir hier einen ressortübergreifenden Ansatz gefunden, indem wir Eltern – sie haben natürlich in besonderer Weise die Erziehungsverantwortung für ihre Kinder, das will ich noch einmal in Erinnerung ru

fen –, Schule, Jugendhilfe, die Jugendämter, die Kommunen, die Vereine, den Sport, letztendlich dann aber auch Polizei und Justiz in einem gesamtgesellschaftlichen Ansatz zusammenzubinden versuchen, um junge Leute davor zu bewahren, auf eine schiefe Bahn zu geraten.

Völlig unstreitig sind die Bildung, Sprachentwicklung und Integration die bedeutenden Themen in diesem Bereich. Jugendliche und Kinder für den Rechtsstaat zu gewinnen, bevor sie delinquent werden, ist die Aufgabe, der wir uns hiermit stellen wollen und die, wie ich meine, in ganz besonderer Weise das „Netzwerk gegen Gewalt“ erfüllt.

Wir wollen präventiv wirken.Dafür gibt es eine Reihe von ganz engagierten Projekten, die in den Schulen, bei der hessischen Polizei und darüber hinaus durchgeführt werden. Wir haben in dem Antrag auch ein paar aufgelistet. Das ist das sogenannte SMOG-Projekt – „Schule machen ohne Gewalt“. Das ist das Projekt PiT, Prävention im Team, wo Lehrer, Sozialarbeiter, Polizei, Mitschülerinnen und Mitschüler trainieren.Wir haben eine Trouble-Line – eine Beratungshotline für Schülerinnen und Schüler, für Lehrer und Eltern. Wir haben Projekte wie Faustlos oder das Schulschwänzerprogramm. Wir haben die AG Jaguar oder auch im Bereich des Rechtsextremismus das Programm Ikarus.

Es ist eine unglaubliche Vielzahl von Programmen,die wir in den vergangenen Jahren in Hessen erreicht haben und mit denen wir Gewaltprävention bei jungen Leuten betreiben. Das ist ein Bereich, in dem wir, wie ich meine – und das geben am Ende auch die Zahlen im Bundesvergleich her – ganz erfolgreich gearbeitet haben.

Vielleicht noch ein Punkt. Die Team-Courts, wo wir erreichen, dass sich junge Leute mit jungen Leuten selbst beschäftigen und sich darum kümmern, dass entsprechende Strafen ausgesprochen werden, sind Teil eines ganz erfolgreichen Projektes, das wir hier implementiert haben.

Die Prävention ist ein ganz wichtiger Gesichtspunkt.Aber wir brauchen auch eine Kultur des Hinsehens.Das ist ganz wichtig. Das ist vielleicht auch in den vergangenen Wochen und Monaten nicht ganz so deutlich geworden. Da haben die Erwachsenen gegenüber den Jugendlichen und Kindern natürlich eine besondere Verantwortung. Wir dürfen nicht zulassen, dass hier Angsträume entstehen. Da müssen wir alle ganz engagiert hinsehen und im Zweifel auch eingreifen.

Wenn ich von Eingreifen spreche, komme ich zum Schluss, Herr Präsident. Wir müssen uns natürlich am Ende dann, wenn es uns nicht gelungen ist, über präventive Maßnahmen zu erreichen, dass wir junge Leute vor Delinquenz bewahren, als Staat konsequent gegenüber delinquentem Verhalten von jungen Leuten zeigen. Auch das ist wichtig. Ich finde, dass wir die Dinge, die wir dort zu besorgen haben, in den vergangenen Jahren sehr ordentlich gemacht haben. Bei den Dingen, die wir noch nachzuholen haben, haben wir auch in den vergangenen Wochen ganz gute Projekte auf den Weg gebracht.