Wenn ich von Eingreifen spreche, komme ich zum Schluss, Herr Präsident. Wir müssen uns natürlich am Ende dann, wenn es uns nicht gelungen ist, über präventive Maßnahmen zu erreichen, dass wir junge Leute vor Delinquenz bewahren, als Staat konsequent gegenüber delinquentem Verhalten von jungen Leuten zeigen. Auch das ist wichtig. Ich finde, dass wir die Dinge, die wir dort zu besorgen haben, in den vergangenen Jahren sehr ordentlich gemacht haben. Bei den Dingen, die wir noch nachzuholen haben, haben wir auch in den vergangenen Wochen ganz gute Projekte auf den Weg gebracht.
Wir haben eine engagierte Diskussion zur Jugenddelinquenz geführt. Wir werden sie fortsetzen. Das ist das Ziel dieses Antrags. – Vielen Dank.
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben wir es sehr positiv zur Kenntnis genommen, dass hier ein Antrag „Netzwerk gegen Gewalt“ von der CDU-Fraktion gestellt und das Thema Gewaltprävention thematisiert wird.
Dazu möchte ich Folgendes sagen. Gewaltprävention muss natürlich auch unserer Meinung nach ein sehr starkes Gewicht erhalten. Deshalb haben wir bereits mehrfach – auch im letzten Jahr – im Haushalt Anträge zur Aufstockung der Mittel des „Netzwerks gegen Gewalt“ gestellt. Wir haben also auch versucht, das finanziell aufzustocken. Das soll hier noch einmal erwähnt werden, denn ich denke mir, dass dort die Leute nur mit heißer Luft auch nicht arbeiten können.
Wenn Sie sich dem jetzt anschließen wollen, begrüßen wir Ihren Antrag natürlich umso mehr. Wir verstehen auch sehr wohl, dass Sie hier zeigen wollen, dass Prävention kein Fremdwort für Sie ist. Vor allen Dingen hat dieses Thema, wie Sie selbst gerade erwähnt haben, im Wahlkampf eine sehr unglückliche Rolle gespielt,weil teilweise die Prävention etwas undifferenziert und die Zielgruppe etwas unsachlich thematisiert worden sind.
Geradezu entlarvend ist der erste Satz aus der Begründung des Antrags.Hier zeigt sich ganz deutlich,wie Sie beweisen wollen, dass Ihr Thema aus dem Wahlkampf nicht nur ein Wahlkampfthema war, sondern dass Sie jetzt natürlich wie selbstverständlich auf Prävention setzen.Wenn man sich da an die eine oder andere „Operation düstere Zukunft“ erinnert, dann möchte man sich einfach seinen Teil denken und sagen:Aha,okay.– Ich zitiere kurz aus Ihrem Satz:
Jugendgewalt und Kriminalität von Jugendlichen muss verstärkt entgegengewirkt werden. Vorrang hat hierbei die Prävention. Nur durch Präventionsarbeit kann einer entstehenden Gewaltbereitschaft schon frühzeitig und effektiv entgegengetreten werden.
Das Netzwerk soll also ausgeweitet werden. Ich muss mich korrigieren: Ausweitung bzw. eine Regionalisierung der Schwerpunktsetzung – so haben Sie das, so glaube ich, formuliert. Das ist mal wieder ein, meiner Meinung nach, weichgespülter und schwammiger Antrag – ähnlich wie bei der Härtefallkommission,
der in die richtige Richtung geht, aber nicht konkret genug ist. Es bleibt abzuwarten, was sich die Landesregie
rung zu der Gestaltung eigentlich vorstellt. Fakt ist, dass das Netzwerk gegen Gewalt von der Personalausstattung her jahrelang vor sich hergedümpelt hat und dass nur aus PVS mühsam ein paar Leute zur Verfügung gestellt wurden. Deshalb interessiert uns natürlich brennend, wo Sie eventuell neue Stellen herbekommen möchten. Möchten Sie Polizeistellen aus den vorhandenen Ressourcen einspeisen oder gar neue Stellen einrichten? Das würde uns auf jeden Fall sehr interessieren.
Das andere ist: Im operativen Geschäft der Polizei gibt es nicht ausreichend Personen, die Sie einfach umschichten können. Wie wollen wir also damit umgehen? Das ist ein großer Unterschied für uns. Da möchten wir klarere Antworten haben, und zwar in der nächsten Debatte im Ausschuss.
Wir hoffen natürlich auch, dass der Bereich Netzwerk gegen Gewalt und Rechtsextremismus hier eine besondere Erwähnung finden, denn das Netzwerk ist ein wichtiger Baustein. Es hat hier sehr viel Arbeit geleistet. Es muss auf jeden Fall unterstützt werden.
Wir hoffen deswegen, dass wir in der Debatte sehr differenziert mit dem Thema umgehen, wenn wir über Jugendkriminalität sprechen, und nicht nur einen bestimmten Bereich fokussieren, sondern uns breiter gefächert alle verschiedenen problematischen Bereiche anschauen. Wir hoffen, dass wir, wie gesagt, den Rechtsextremismus unter Jugendlichen ebenfalls besonders fokussieren. Ich denke, da gibt es großen Bedarf.
Da kann das Netzwerk helfen. Wir müssen nur zusehen, wie wir das gescheit ausstatten können. Ich denke, dass dazu auch noch einmal konkrete Vorschläge des Antragstellers kommen werden.– Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident,meine Damen und Herren! Grundsätzlich ist der Präventionsansatz für die SPD-Fraktion nichts, was uns fernliegt. Insofern begrüßen wir diesen Antrag. Doch der Antrag von CDU und FDP verblüfft uns schon etwas, ist er doch ein beredtes Zeichen für die Lernfähigkeit des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Roland Koch:
Hans-Jürgen, wir meinten schon, die CDU hätte das Thema Jugendgewalt und Jugendkriminalität nach der Lektion der hessischen Wählerinnen und Wähler still und heimlich ad acta gelegt.
Aber nein, weit gefehlt.Am 14. März präsentierte der geschäftsführende Ministerpräsident Roland Koch die Ergebnisse der CDU-internen Arbeitsgruppe, der Kommission zur Jugendgewalt – ein 32-Punkte-Katalog unter der Überschrift „Prävention stärken“.
Damit es auch glaubhaft präsentiert werden konnte, musste Herrn Koch der Generalsekretär der CDU, Herr Pofalla, zur Seite gestellt werden, ansonsten hätten die Menschen wahrscheinlich einen Lachanfall bekommen.
Dort finden Sie auch Sätze wie: „Der Migrationshintergrund hält kulturelle Erfahrungen bereit, die auch Chancen bieten.“ – Wohl wahr. Meine Damen und Herren, da sieht man einmal wieder,es gibt sowohl ein Recht als auch eine Pflicht auf lebenslanges Lernen. Dies scheint nun auch die CDU nach dem 27. Januar erkannt zu haben.
Wir sind überrascht, dass jetzt die CDU das Parlament von der Wirksamkeit nachhaltiger Prävention überzeugen will. Da sage ich Ihnen: Weder die SPD-Fraktion noch meine Vorrednerin von den GRÜNEN, muss von dem Ansatz der Prävention überzeugt werden.
Allerdings verfolgt der Antrag einen richtigen Ansatz, nämlich gemeinsam mit Kooperationspartnern Information,Beratung, Koordination, Unterstützung und einzelne Präventionsprojekte anzustoßen, durchzuführen und sie zu intensivieren.
Wir wünschen uns aber, dass für die Regionalisierung einzelner Teil- oder Modellprojekte künftig auch Fördermittel zur Verfügung gestellt werden.Daher bitten wie die geschäftsführende Regierung – Herr Bouffier, Sie sind da –, das Konnexitätsprinzip zu beachten und sich nicht länger auf Kosten von freien Trägern und Kommunen im Parlament abfeiern zu lassen.
Bei allen Projekten, bei denen Partner ins Spiel kommen, die nicht Landesverwaltung sind, wird darauf gebaut, dass diese Zeit und Personal zur Verfügung stellen, organisatorische Aufgaben wahrnehmen, an Arbeitssitzungen teilnehmen und aktiv an der Umsetzung mitarbeiten. Was aber fehlt, ist die Entlastung für diese Institutionen. Es gibt keine Mittel, um Honorarkräfte einzustellen, keine Mittel, um Personalanteile zu erhöhen, und keine Mittel für Arbeitsmaterialien oder gar die Durchführung der Programme.Was auch fehlt,das muss auch deutlich gesagt werden, ist die Anerkennung der Fachlichkeit der örtlichen Ebene. Es fehlt die Anerkennung der handelnden Personen vor Ort, der Ortskenntnisse der dort gewachsenen Strukturen.
Lassen Sie mich dies an einem Beispiel deutlich machen. Innerhalb des „Netzwerks gegen Gewalt“ gab es das regionalisierte Anti-Schulschwänzer-Projekt. Dies war Modellprojekt bei uns im Lahn-Dill-Kreis.
Der Pressemitteilung des Staatlichen Schulamts ist zu entnehmen, dass viele lokale Kooperationspartner an einem
Strang gezogen haben. Herr Bouffier, dann frage ich Sie: Warum hat der Jugendhilfeausschuss des Lahn-Dill-Kreises beschlossen, explizit an diesem Projekt nicht teilzunehmen? – Weil nämlich weder die Fachlichkeit der örtlichen Ebene anerkannt worden ist noch das Land irgendetwas an Entlastungsstunden dazugegeben hat.Außer den staatlichen Institutionen hat niemand an diesem Modellprojekt im Lahn-Dill-Kreis teilgenommen.
Alles in allem mutet auch dieser Antrag wieder wie eine inhaltlich zwar richtige, aber handwerklich schlecht umgesetzte Maßnahme an.