Ich empfehle Ihnen auch: Fahren Sie vielleicht einmal in die Schweiz, studieren Sie die dortigen Verhältnisse.
Die SPD-Basis ist überwiegend gegen eine Bahnprivatisierung. Das verdeutlichte der AfA-Kongress der vergangenen Woche – vor allem der hessische AfA-Antrag. Wider besseres Wissen haben die SPD-Führungsgremien am letzten Montag für eine Privatisierung die Tür geöffnet. Die hessische SPD hat dazu leider geschwiegen.
Alle Erfahrungen zeigen: Sobald die Rendite zählt, ist es unerheblich, ob 5, 10, 25, 50 oder 100 % in Form von Aktien vergeben werden. Ich erwähne in diesem Zusammenhang nur Blackstone und die Telekom, denn diese Unternehmung hält lediglich 4,5 % der Aktien, doch kann sie trotzdem einen gewaltigen Druck auf den Vorstand sowie den Aufsichtsrat ausüben.
Meine Damen und Herren, der SPD-Antrag zeigt: Es ist den Kolleginnen und Kollegen von der SPD bei einer Privatisierung nicht wohl. Daher wollen sie zusätzlich alle möglichen Sicherungen einbauen. Die beste Sicherung vor Tarifdumping sowie der Zerschlagung des Konzerns wäre gewesen, keine Privatisierung zu befürworten, denn es gibt hierfür weder einen finanzpolitischen noch einen europarechtlichen Sachzwang.
Kurt Beck hätte den mächtigen „Stones“ nur signalisieren müssen: Da mache ich nicht mit. – Wenn der Staat ohnehin über Jahre weit mehr als 10 Milliarden c pro Jahr in das Eisenbahnwesen steckt – das ist im Übrigen weitaus mehr als im Jahre 1994 –, dann soll er das Ganze auch in seiner Hand behalten und nicht mit öffentlichen Geldern private Renditen subventionieren. Der einzige Schutz gegen die Gefahren und Befürchtungen, die in dem Antrag der SPD angedeutet wurden, ist ein Verzicht auf den Börsengang. Keine einzige Aktie, kein Betriebsanteil darf in private Hände gelangen.
Die SPD-Basis will diese neoliberale Politik nicht mehr. Der Verzicht auf eine Bahnprivatisierung hätte eine erste Wende bringen können. Deshalb appelliere ich an die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion: Stimmen Sie konsequenterweise unserem Antrag zu. Ich berufe mich in diesem Zusammenhang auf eine heute abgegebene Presseerklärung der hessischen Jusos.
Auf heftige Kritik bei den hessischen Jungsozialisten stoßen die Pläne der SPD-Bundesspitze, 24,9 % einer neu zu gründenden Bahntochter „Verkehr und Logistik“ zu verkaufen.
Dazu erklären die stellvertretenden Juso-Landesvorsitzenden Felix Diehl und Tim Schmuch: „Zum Recht auf Mobilität gehört ein preiswerter und flächendeckender Bahnverkehr. Diesen Zielen steht aber das Gewinninteresse privater Investoren entgegen.“
Es gibt also keinen Grund, 24,9 % der Bahn zu verscherbeln. Privatisierungsfehler der Vergangenheit sollten nicht nochmals beim letzten in öffentlichem Besitz verbliebenen Großunternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge gemacht werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich habe hier auch noch Zitate von dem AfA-Bundeskongress. Das will ich Ihnen aber ersparen.
Zu unserem Antrag. Während die Bundesregierung in den nächsten Wochen grünes Licht für das Holdingmodell des Bundesfinanzministers und damit eine Teilprivatisierung des Transportbereichs der bundeseigenen Deutschen Bahn AG in Höhe von mindestens 24,9 % geben
will, plant die geschäftsführende Landesregierung mit Unterstützung der FDP immer noch die Privatisierung der Hessischen Landesbahn GmbH durch Verkauf an einen internationalen Konzern.
Beides liegt nicht im Interesse der Beschäftigten,der Kunden, der Allgemeinheit und der Umwelt. Bahnunternehmen, die unter dem Renditedruck privater Investoren stehen, betreiben in aller Regel Kostensenkung zulasten der Beschäftigten, der Kunden und der Sicherheit. Schon jetzt ist diese Tendenz bei Privatbahnen in Deutschland wie auch bei der mit aller Gewalt an die Börse strebenden Deutschen Bahn deutlich festzustellen.
Die Pläne für eine Teilprivatisierung des DB-Transportbereichs werden von 58 % der Bevölkerung abgelehnt. Selbst bei Unionsanhängern sind 47 % dagegen und nur 42 % dafür. Quelle ist das ZDF-Politbarometer und die „Süddeutsche Zeitung“ von vor einer Woche.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. In diesem Sinne sollte der Hessische Landtag die Regierung in Land und Bund auffordern, von der Zielsetzung einer Kapitalprivatisierung abzugehen. Wir akzeptieren nicht das Totschlagargument, dass es zu einer Privatisierung keine Alternative gibt. Für uns ist die Privatisierung der Bahn der Diebstahl öffentlichen Eigentums.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich muss mindestens eine Vorbemerkung machen. Die erste Vorbemerkung lautet – all diejenigen, die das Glück hatten, in einer hessischen Gesamtschule gewesen zu sein, haben es gelernt; die anderen vielleicht nicht –: Jamaika ist eine Insel. Das heißt, von Wiesbaden aus kommt man mit der Bahn nicht dahin.
Deswegen ist auch alles Gerede über Jamaika im Zusammenhang mit dem Thema Bahnreform völlig daneben.
Deswegen haben wir jetzt einen gemeinsamen Antrag. Das kam so: Die schwarze Lok wollte gegen Berlin fahren, gegen die Form der Bahnprivatisierung à la Merkel und Beck. Da sind wir gerne eingestiegen.
Wir sind übrigens eingestiegen, nachdem wir einige Formulierungen klarstellen konnten.Meine Damen und Herren, entgegen mancher Vorberichterstattungen geht es hier überhaupt nicht um Reggae-Feeling, sondern es geht darum, bei der Bahnreform einen vernünftigen Schritt zu machen.
Wenn die CDU mit uns und der FDP gemeinsam etwas einbringt,dann haben wir eine gewisse Hoffnung – wir haben keine Gewissheit, weil wir wissen, dass die CDU gewisse Tendenzen hat,Opposition sein zu wollen –,dass das auch Auswirkungen auf die Landesregierung hat. Ich fände es optimal und allen Einsatzes wert, wenn das Land Hessen im Bundesrat diesem Konzept der Bahnreform, das jetzt zwischen Merkel und Beck ausgehandelt ist, ein Nein entgegensetzt.
Denn das ist der Kern des Inhalts. Dazu sage ich: Der Berliner Kompromiss, der hier durch den SPD-Antrag sozusagen geadelt werden soll, ist schlicht und einfach Mist. Denn er kann nicht funktionieren. Das haben Vorredner hier auch schon dargestellt.Wir sagen – das ist der Grundsatz aller, die sich um die Bahnreform bemühen –, dass es eine ganz strikte Trennung zwischen der Infrastruktur und den Betriebsgesellschaften geben muss.
Denn fairer Wettbewerb ist nur dann möglich, wenn die Trennung auch tatsächlich erfolgt und nicht, wie in dem Modell, das die SPD haben will, am Ende ein Gesamtvorstand zuständig ist, es teilprivatisierte Verkehrsgesellschaften und ganz im Bundesbesitz bleibende Infrastrukturgesellschaften gibt.