Protokoll der Sitzung vom 14.05.2008

(Beifall bei der SPD)

Da will ich Ihnen einmal sagen, was anscheinend Ihr Denkmodell ist,wer diese Veranstaltung Staat finanzieren soll.Anscheinend soll es einmal mehr der kleine Einkommensbezieher sein, der die Lohnsteuer und die Mehrwertsteuer zahlt.

(Zurufe von der FDP)

Ach, seien Sie nicht traurig. Jetzt waren Sie einmal bei einer Mehrwertsteuererhöhung nicht dabei. Neunmal ist sie erhöht worden, achtmal haben Sie mitgestimmt, einmal waren Sie nicht dabei. Da sollten Sie wirklich nicht traurig sein.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Jetzt wollen wir uns doch einmal anschauen, wer die Veranstaltung Staat momentan finanziert und was passiert, wenn die Erbschaftsteuer abgeschafft wird.

Herr Kollege Schmitt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Blum?

Herr Kollege Schmitt, würden Sie mir zustimmen, dass es Ihre Partei gewesen ist, die im letzten Bundestagswahlkampf quer durch die Republik plakatiert hat: „Mit uns keine Mehrwertsteuererhöhung“?

(Widerspruch bei der SPD)

Da kann ich Ihnen zustimmen, ja.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Lachen bei der FDP)

Jetzt will ich Ihnen aber noch einmal die Frage stellen: Wer bezahlt die Veranstaltung Staat? 25 % des Gesamtsteueraufkommens sind Lohnsteuer. 31 % des Gesamtsteueraufkommens sind Mehrwertsteuer, meine Damen und Herren. Die Einkommensteuer beträgt übrigens nur 5 % des Gesamtsteueraufkommens. Ich sage das, weil hier immer die Diskussion ist: Die Spitzensteuersätze tragen soundso viel Prozent zur Einkommensteuer bei. Man muss einmal sagen: Die Einkommensteuer beträgt 5 % des Gesamtsteueraufkommens in der Bundesrepublik, die Körperschaftsteuer 4 %, und alle Steuern auf Gewinne und Vermögen betragen gerade einmal 20 %.

Wie gesagt, wir reden in Hessen über mehr als 400 Millionen c. In dem Moment, wenn Sie die Erbschaftsteuer streichen und nicht gleichzeitig nachvollziehbare Kürzungsvorschläge in genau derselben Höhe machen und sagen:„Das können wir belegen,wir brauchen eigentlich die 400 Millionen c nicht“, werden wir hier wieder über andere Formen der Besteuerung reden müssen. Dann sind Sie wieder genau bei den Steuern, mit denen Sie den Normalverdiener belasten müssen, um eine bestimmte Klientel, 10 % der Unternehmen, am Ende entlasten zu können.

Deswegen sage ich Ihnen: Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, an der Erbschaftsteuer festzuhalten, denn wenn sie nicht erhoben wird, werden wieder vor allem Arbeitnehmer die Zeche dafür zahlen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich habe überhaupt kein Verständnis für die Diskussion. Auf leistungsbezogene Arbeit, auf den Verdienst, auf das Einkommen eines Arbeitnehmers wird zwischen 20 und 45 % Steuer erhoben. Da sage ich Ihnen: Da ist eine Gegenleistung vorhanden; da haben Leute hart dafür geschuftet, 40 Stunden, manche 60 Stunden in der Woche. Darauf haben wir Steuern bis zu 45 %. Ich habe kein Verständnis dafür, warum Sie auf einmal sagen: Wir wollen leistungslose Vermögenszuwächse.

Auch künftig gibt es große Freibeträge, die wir von der Besteuerung freistellen wollen. Ich glaube, das wird auch in der Bevölkerung akzeptiert.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Meine Damen und Herren, wir haben gesagt, wir wollen in den unteren Bereichen entlasten. Herr Blum, in der Vergangenheit ist Omas Häuschen wegen der Einheitswertbesteuerung doch gar nicht besteuert worden, und das wird wegen der Freigrenzen, die wir einziehen werden, auch in Zukunft nicht geschehen.

Deswegen fällt an dieser Stelle künftig kein Steueraufkommen aus. Deswegen geht Ihre Argumentation, diesen Ausfall müssten jetzt die Unternehmen erbringen, ins Leere. Das ist nicht so.

Wir haben an einer anderen Stelle geschraubt. Sie können nach vorn kommen und das kritisieren. Wir werden höhere Steuersätze auf höhere Privatvermögen erheben, auch auf Immobilienvermögen. In der Tat werden diese Steuersätze angezogen.Auch werden wir entferntere Verwandtschaft mit einem höheren Steuersatz belegen. Aus unserer Sicht ist diese Form der Gegenfinanzierung akzeptabel – weil es dabei um leistungslose Vermögenszuwächse geht. Außerdem kommen wir mit dieser neuen Regelung europaweit ins Mittelfeld hinein und stellen kein Extrem dar, weder nach unten noch nach oben.

Sie nennen hier immer Österreich als Beispiel. Ich glaube, wir sollten uns nicht an Österreich orientieren, im Gegenteil.

(Zurufe von der FDP)

Sie haben doch hier den Vorschlag vorgelegt, die Länder sollen selbst entscheiden können, ob es zur Erbschaftsteuer kommt oder nicht.

(Zuruf: Das stimmt doch gar nicht!)

Da komme ich zu Österreich. Wir beklagen doch immer wieder – durchaus auch Abgeordnete der FDP –, dass wir in Europa einen Steuerwettbewerb nach unten und einen steuerpolitischen Flickenteppich haben. Es wird beklagt, dass wir Steueroasen haben und auch eine nicht akzeptable Konkurrenz um Ansiedlungen, übrigens auch aus Deutschland, beispielsweise mit niedrigen Körperschaftsteuersätzen. Mit Ihrem Vorschlag der Freigabe der Erhebung der Erbschaftsteuer würden Sie hier nochmals einen innerstaatlichen Wettbewerb eröffnen.

Sie wollen natürlich, dass die Erbschaftsteuer am Ende wegfällt. Da nicken Sie ja auch.

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Aber dann sollten Sie das offen sagen – Sie haben es eben durch Ihren Beifall offen zum Ausdruck gebracht.

Hier sind wir in der Tat anderer Auffassung als Sie. Wir wollen die Erbschaftsteuer erheben. Wir halten den jetzt

vorliegenden Kompromiss für die richtige Antwort, auch beim Vermögensübergang.

Klicken Sie einmal die betreffenden Internetseiten auf: Dort werden Beispiele für Unternehmen gesucht, die in den letzten Jahren wegen der Erbschaftsteuer in die Insolvenz gegangen sind. Meine Damen und Herren, bis zum heutigen Tag gibt es dafür nicht ein einziges Beispiel.

Wir wollen da eine Frist von 15 Jahren und eine Kopplung an die Lohnsumme. Damit kommen wir der Forderung, die es vom Industrie- und Handelskammertag gab, entgegen. Alle Vorschläge, die bisher bekannt geworden sind – –

Herr Kollege Schmitt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Krüger?

Gern, aber diesen Satz möchte ich noch beenden.

Alle Gegenvorschläge, die hier bisher bekannt geworden sind, tragen doch den Makel der Verfassungswidrigkeit fast auf der Stirn. Deswegen bin ich auch über das überrascht, was uns die CDU hier in ihrem Änderungsantrag vorlegt – auch da soll wieder ein bisschen aufgeweicht werden: bei der Einkommensteuer und der Erbschaftsteuer. Am Ende dieses Prozesses würde nur erneut die Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer stehen.

Deswegen sage ich: Wir sind hier auf dem richtigen Weg, und im Gegensatz zur CDU verteidigen wir hier diesen Kompromiss auf Bundesebene. Er ist uns schwer genug gefallen, denn eigentlich wollten wir eine lineare Erhöhung, durch die die Erbschaftsteuer ein höheres Gesamtaufkommen erbracht hätte.

Herr Kollege Schmitt, auch wenn Sie eigentlich noch eine Frage zulassen wollten, darf ich Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit beendet ist. Ich bitte Sie, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.

Es tut mir leid, dann kann ich diese Zwischenfrage nicht mehr zulassen.

(Michael Boddenberg (CDU): Das war Taktik!)

Mit dem vorgelegten Kompromiss erreichen wir, dass die Erbschaftsteuer auf Dauer Bestand hat. Damit wird eine sinnvolle Maßnahme getroffen, um auch in Zukunft wichtige Aktivitäten der Länder zu finanzieren, beispielsweise in der Bildungspolitik. Deswegen sehen wir überhaupt keine Veranlassung, dem Antrag der CDU in Punkt 4 nachzugeben, und es ist deutlich geworden, dass sich unsere Position von derjenigen der FDP grundsätzlich unterscheidet. Hier wird es mit uns keine gemeinsame Position geben.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Vielen Dank,Herr Kollege Schmitt.– Nächster Redner ist Herr Kollege Kaufmann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Tja, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist gekommen, wie es kommen musste:Wenn die FDP über Steuern redet, wird es kritisch, vor allem im Hinblick auf ihre Glaubwürdigkeit.

(Beifall der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, die FDP spricht, solange sie – glücklicherweise – machtlos ist, ständig davon, Steuern zu senken. Ist sie aber in irgendeiner Weise mit in der Verantwortung, dann ist sie dabei, die Steuern kräftig zu erhöhen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der Plottnitz ist schuld!)

Herr Kollege Hahn,das Beispiel will ich noch einmal bringen: In den letzten 40 Jahren wurde die Mehrwertsteuer siebenmal – wie es so schön heißt – angepasst, d. h. immer: erhöht. Daran war zweimal die Große Koalition und fünfmal die FDP beteiligt, und zwar zweimal mit der SPD und dreimal mit der CDU/CSU.

Vielleicht als Anmerkung:Die GRÜNEN waren kein einziges Mal an einer Mehrwertsteuererhöhung beteiligt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe)

Herr Kollege Blum, wir können also feststellen: Das Thema Steuer ist bei der FDP ganz offensichtlich in allerbesten Händen – nämlich dann, wenn Sie nichts zu melden haben, können Sie hier prima darüber reden. Deswegen suchen Sie sich auch die Bühne hier im Hessischen Landtag aus,wo zur Erbschaftsteuer letztendlich nichts zu entscheiden ist.