Protokoll der Sitzung vom 15.05.2008

Lassen Sie uns zu gegebener Zeit die von der FDP geforderte Evaluation anschauen. Dann werden wir sehen, ob sich dieses Modell bewährt hat. Ich bin da äußerst zuversichtlich. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU – Petra Fuhrmann (SPD): Man kann das erst sehen, wenn etwas geschieht!)

Vielen Dank. – Nächste Wortmeldung, Herr Kollege Rentsch für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Problematik hungernder Kinder in Schulen ist ein Thema, das den Hessischen Landtag in den letzten Monaten relativ intensiv beschäftigt hat.Wir waren uns über die Parteigrenzen hinweg einig, dass wir hier schnell und unbürokratisch handeln wollen. Das hat die Sozialministerin getan, und das verdient zunächst einmal unser Lob.

Eigentlich könnte man die Rede an dieser Stelle beenden, wenn nicht die Sozialdemokraten im Sozialpolitischen Ausschuss nicht nur ihren Antrag begründet hätten – Frau Kollegin Fuhrmann –, sondern zwei Dinge getan hätten.

Zunächst einmal muss ich sagen, das erinnert mich so ein bisschen an diese „Ricola“-Werbung. Ich weiß nicht, ob Sie die kennen: „Wer hats erfunden? – Ich habs erfunden!“

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn der Mann aus der „Ricola“-Werbung einmal aufhört, dann sollten Sie sich wirklich dort bewerben – das wäre für Sie eine wirklich gute Rolle.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Petra Fuhr- mann (SPD))

Denn Sie haben diese Rolle mittlerweile so stark hier im Hessischen Landtag festgeschrieben, dass sie klar mit Ihnen verbunden ist.

(Petra Fuhrmann (SPD): Was wahr ist, muss wahr bleiben!)

Ein Zweites, und das ist nicht lustig gemeint. Frau Kollegin, Sie haben im Sozialpolitischen Ausschuss des Hessischen Landtags Folgendes gesagt – ich zitiere jetzt einmal sinngemäß, weil ich die Worte nicht mehr ganz genau weiß, aber vielleicht können mich die Kollegen verbessern. Bei der Diskussion darüber, wer Bezieher aus diesem Topf sein darf, haben Sie gesagt, Sie wollen, dass nur Kinder aus Hartz-IV-Familien Bezieher sein dürfen, denn Sie wollen nicht das Mittagessen von Kindern von Besserverdienenden daraus bezahlen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das stimmt! Ich habe gesagt: von Niedrigverdienern und Hartz-IV-Familien! Das habe ich gesagt!)

Frau Kollegin Fuhrmann, ich sage Ihnen einmal Folgendes: Für die FDP ist es relativ gleich, woher die Kinder kommen, die am Mittag Hunger haben. Wir wollen, dass dort unbürokratisch geholfen wird.

(Beifall bei der FDP)

Ob der Grund darin liegt, dass die Familie in Hartz-IVBezug steht, oder ob der Grund darin liegt, dass sich die Eltern vielleicht nicht richtig um das Kind kümmern – das kann doch nicht auf dem Rücken dieses Kindes ausgetragen werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Ich sage ganz offen: Dafür habe ich bei einer Partei, die das „S“ in ihrem Namen ganz hochhält, überhaupt kein

Verständnis. Ich finde, Sie sollten das mit den Besserverdienenden zurücknehmen – ich glaube, das ist wirklich keine sehr angemessene Form der Debattenführung.

(Petra Fuhrmann (SPD): Ich denke gar nicht daran!)

Wir haben zu diesem Thema noch einen Antrag eingebracht. Wir wollen, dass dieses Modell, das die Landesregierung durch die Sozialministerin vorgeschlagen hat, am Ende des Schuljahres evaluiert wird. Wir halten das für notwendig, um zu sehen, ob das funktioniert hat, was hier vorgeschlagen worden ist, ob es von den Schulen angenommen worden ist. Denn es wurde auch stark kritisiert. Wir wollen schauen, ob es klappt oder nicht. Wir wollen dann auch über weitere Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern reden, die den Schulalltag möglicherweise problematisieren. Das alles kann man in dieser Befragung der Schulen machen. Wenn wir diese Daten haben, können wir noch einmal neu über dieses Thema reden.

Bisher halte ich das für ein sehr unbürokratisches Modell, das den hessischen Schülerinnen und Schülern zeitnah helfen wird. Ich glaube, die Lehrer werden ihre Verantwortung ordnungsgemäß ausüben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Petra Müller- Klepper (CDU))

Nächste Wortmeldung, Herr Kollege Wagner für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich vertrete die Kollegin Schulz-Asche, die aus gesundheitlichen Gründen heute nicht zu diesem Thema reden kann. Die Stimme hat ihr einfach versagt. Insofern war der Hinweis des Kollegen Rentsch auf „Ricola“ vielleicht auch eine Solidaritätsadresse an die Kollegin Schulz-Asche, der wir natürlich gute Besserung wünschen.

(Allgemeiner Beifall)

Herr Kollege Rentsch, die Frage, wie es zu diesem Härtefonds kam, ist schon eine interessante, und zwar weniger unter dem Gesichtspunkt, wer zuerst die Idee hatte. Sie lag bei den GRÜNEN und dann bei der SPD.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen und Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

aber das ist nicht die wesentliche Frage.

Wie kam es zu diesem Härtefonds? Es gab die Initiative der GRÜNEN und der SPD,der sich dann auch CDU und FDP angeschlossen haben. Dieser Härtefonds wurde im Landeshaushalt 2008 verankert. Ich sage das nicht, um die Frage des Urheberrechts zu klären, sondern um zu betonen, dass sich in dieser Frage eigentlich alle Fraktionen des Hessischen Landtags einig sind:

(Petra Fuhrmann (SPD): Ja!)

dass es sinnvoll ist, Kindern, die wegen der finanziellen Verhältnisse ihrer Eltern nicht an dem Mittagessen in Kindertagesstätten und Schulen teilnehmen könnten, zu helfen, damit sie nicht mit knurrendem Magen in den Schulen und den Kinderbetreuungseinrichtungen sitzen müssen.

Damit beginnen die Probleme. Wenn sich alle einig sind, wird es – wie so oft in der Politik – schwierig. Wir fragen aber, weshalb es schwierig wird. Diese Frage richtet sich an die Sozialministerin und an die Landesregierung, denn sie haben für dieses Vorhaben die breite Unterstützung dieses Hauses. Alle wollen, dass diesen Kindern unbürokratisch geholfen wird. Daher stellt sich umso mehr die Frage: Warum wird das so schlecht umgesetzt? Warum wird das so schlecht administriert?

Es kann nicht sein – da sich in dieser Frage alle einig sind und einige Kommunen dankenswerterweise bereits Initiativen ergriffen haben, indem sie in diesem Bereich tätig geworden sind –, dass ausgerechnet die Kommunen, die bereits etwas getan haben, nicht ausreichend in die Vorbereitung dieses Landesfonds eingebunden werden und im Grunde die Dummen sowie die Benachteiligten sind. Das kann nicht wirklich der richtige Ansatz sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Wir müssen endlich mit den Kommunen – das ist eine Aufforderung an Sie, Frau Sozialministerin – das Gespräch suchen sowie eine Lösung finden. Wir müssen mit den Kommunen eine Lösung finden, die im Interesse der Kinder von allen Beteiligten befürwortet wird. Frau Sozialministerin, das kann wirklich nicht so schwer sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Sozialministerin, es wäre auch gut, wenn wir die Kindertagesstätten bzw. die Kinder, die derzeit aufgrund der finanziellen Situation ihrer Eltern nicht am Mittagessen teilnehmen können, in diese Regelung einbeziehen würden.Warum beziehen Sie nur die Schulkinder ein? Warum enthalten Sie den Kindern in Kindertagesstätten diesen Fonds vor? Dafür gibt es überhaupt keinen Grund. Deswegen fordern wir Sie auf, schnellstmöglich zu einer Formulierung und zu einer sinnvollen Lösung zu kommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Ich will nun auf einen letzten Punkt hinweisen, der wichtig ist und bereits in unserer ursprünglichen Initiative zu diesem Thema stand.Wir haben darauf hingewiesen, dass alle Leistungen, die die Kommunen in diesem Zusammenhang bereits ergriffen haben oder welche das Land diesbezüglich ergreifen wird, lediglich ein Einspringen für die Leistungen des Bundes darstellen. Daher sollten wir nicht vergessen, dass sowohl der Hessischer Landtag als auch die Landesregierung an den Bund appellieren sollten, seiner Verantwortung in Bezug auf die Sozialleistungen für Familien mit Kindern nachzukommen und die Regelungen zum Arbeitslosengeld II zu überprüfen, damit wir Sozialleistungen bekommen,die auch für Familien mit Kindern auskömmlich sind – in welcher Form das dann auch immer geregelt sein mag.

Es muss nicht zwingend mit einer Erhöhung der Regelsätze geregelt werden; es kann auch mit der Erhöhung direkter Bezahlungen wie beispielsweise die des Mittagessens in Schulen geregelt werden. Dieser Verantwortung muss der Bund nachkommen, und an diese sollten wir appellieren. Solange der Bund dieser Verantwortung nicht nachkommt, springen wir als Land ein. Dennoch bleibt der Bund in der Verantwortung, dies zu regeln. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat nun Frau Kollegin Schott für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Ich bin der SPD für diesen Antrag ausgesprochen dankbar, und eigentlich wäre dem kaum mehr hinzuzufügen. Ich möchte aber doch noch etwas zu Herrn Rentsch sagen,weil mir jedes Mal das Herz tränt, wenn er von armen Kindern spricht. Er sagt, Kinder würden ausgeschlossen, obgleich ihre Eltern eigentlich in der Lage wären, sich zu kümmern. Aus irgendwelchen Gründen würden diese Kinder aber doch vernachlässigt.

Herr Rentsch, wir haben Jugendämter. Da es die Jugendämter nicht schaffen, sich um diese Familien und diese Kinder zu kümmern, brauchen wir eine Aufstockung der Personalausstattung, der Möglichkeiten sowie der Mittel der Jugendämter, damit die Kinder, deren Eltern sich nicht so viel leisten können,ordnungsgemäß versorgt werden. Wir haben für diese Kinder ohnehin nur spärliche Mittel zur Verfügung.

Ich möchte Sie schlicht an Folgendes erinnern: Wenn Sie hier Ihre zweite Tasse Kaffee am Tag trinken, dann überschreiten Sie mit dieser Ausgabe den Tagessatz eines Kindes, welches von Hartz IV leben muss. Daher trinken Sie Ihre zweite Tasse Kaffee bitte mit Genuss, doch denken Sie an diese Kinder.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ich möchte, dass wir tatsächlich dafür sorgen, dass gerecht verteilt wird – statt anhand der subjektiven Wahrnehmung von Lehrern, welchen ich überhaupt nichts Böses unterstellen möchte. Ich finde es anmaßend, dass hier so getan wird, als ob wir den Lehrern unterstellten, vorsätzlich Kinder nicht zu berücksichtigen oder zu benachteiligen. Wir wissen, dass eine Benachteiligung ganz einfach passieren kann.Wir reagieren alle auf äußere Signale. Ich habe aber noch nicht gewusst, dass Eltern neuerdings in der Schule ein Kreuzchen machen und damit sagen müssen: Ich bin arm, mein Kind braucht eine Schulspeisung. – Ich weiß,dass Eltern nach wie vor bemüht sind,dies zu kaschieren. Hierum bemühen sie sich ganz besonders bei ihren Kindern,damit diese aus der Gruppe der Kinder nicht ausgegrenzt werden.

Es gibt schlicht und ergreifend Kinder, bei welchen es auf den ersten oder zweiten Blick nicht auffällt, dass ihre Familien arm sind. Solche Familien fallen durch Ihr Raster hindurch. Das darf nicht passieren. Deswegen werden wir diesen Antrag in vollem Umfange unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Herr Kollege Rock hat sich für die Fraktion der FDP zu Wort gemeldet.