Entschuldigung, aber hier liegt nichts vor. Es liegt schriftlich nichts vor. Aber bitte sehr, ich gestatte einmal diese Ausnahme.
(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Schlecht organisierte Fraktion! – Günter Rudolph (SPD): Auch Herr Wagner muss einen Zettel abgeben! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Noch einmal: Ein Zettel lag nicht vor. Ich sage ausdrücklich, ich gestatte diese Ausnahme. – Herr Wagner, Sie haben das Wort.
Ich bedanke mich. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Da muss es ein Missverständnis gegeben haben. Es bestand die feste Absicht, dass ich mich hier melde.
Meine Damen und Herren, ich will zunächst einmal in aller Deutlichkeit Folgendes festhalten. Ich finde, hierauf müssen wir uns doch verständigen, weil es einfach der Sachlage und der Rechtslage entspricht. Zuständig für den Abschluss von Tarifverträgen ist die Landesregierung – selbstständig, autonom – und nicht etwa der Hessische Landtag. Das ist einfach die Rechtslage. Deshalb gibt es allen Anlass, im Zusammenhang mit dieser Zuständigkeitsfeststellung dem verhandlungsführenden Innenminister Lob,Anerkennung und Respekt zu zollen.
Herr Innenminister, deshalb sage ich namens der CDULandtagsfraktion erstens ausdrücklichen Dank für die wochenlangen schwierigen Verhandlungen, die Sie heute zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht haben.
Zweitens stelle ich ausdrücklich fest, dass der Innenminister Bouffier und die Landesregierung Roland Koch
immer wieder, auch in der alten Legislaturperiode bereits, erklärt haben, dass ein Tarifvertrag mit den Gewerkschaften angestrebt wird und dass es der Wunsch dieser Landesregierung war, diesen Tarifvertrag abzuschließen. Er ist deshalb nicht zustande gekommen, weil es zuvor keine Einigung mit den Gewerkschaften gab. Herr Kollege Rudolph, deshalb ist es schlichtweg nicht wahr, wenn Sie vorhin wortwörtlich an diesem Pult gesagt haben, der Innenminister Bouffier hätte erklärt:„Mit uns gibt es keinen Tarifvertrag“. Das ist die Unwahrheit. Das können Sie nachher in aller Ruhe korrigieren. Vielleicht haben Sie sich auch nur getäuscht oder missverständlich ausgedrückt.
Meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, das Tarifgeschäft ist nicht eine Angelegenheit von oberflächlichen Polemiken und von Allgemeinplätzen. Es ist ein schwieriges Geschäft, bei dem es zum
Schluss um Kompromisse geht, ein schwieriges Geschäft, bei dem die Landesregierung, hier in Gestalt des Innenministers, abwägen muss zwischen ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den Angestellten und Beamten auf der einen Seite und der Frage der Finanzierbarkeit auf der anderen Seite. Das habe ich bisher in den Beiträgen einer Reihe von Kolleginnen und Kollegen überhaupt nicht gehört. Es muss beides miteinander abgewogen und zu einem Ergebnis geführt werden.Auf der einen Seite: Ist es noch bezahlbar? Reichen unsere Einnahmen, um einen bestimmten Abschluss zu finanzieren? Auf der anderen Seite:Was wollen wir in Ausübung unserer Fürsorgepflicht ausdrücklich unseren Angestellten und anschließend auch den Beamten geben? – Das ist das schwierige Geschäft, das der Innenminister in den letzten Wochen, wie ich finde, meisterhaft bewältigt und zu einem guten Ergebnis geführt hat.
Herr Al-Wazir, jetzt gehe ich einmal von der Lobgeige, die Sie eben angezeigt haben, zu einem ganz anderen zentralen Punkt über. – Meine Damen und Herren, ich finde, wir haben mit dem heutigen Tag tatsächlich einen Philosophiewechsel in der Frage des Abschlusses von länderspezifischen Tarifverträgen.
Das ist das Entscheidende, und das ist das Historische, Herr Innenminister, das Ihnen hier gelungen ist. Wir haben es immer gesagt, und es bleibt unsere Überzeugung: Es bleibt unsere Philosophie, dass man nicht flächendeckend wie ein Rasenmäher über die gesamte Bundesrepublik Deutschland gehen darf, was spezifische Tarifverträge, Einzelbestimmungen und dergleichen mehr betrifft.Wir sagen, und das ist immer unsere Philosophie gewesen: Wir wollen je nach einzelnen Länderbedingungen mit den Gewerkschaften verhandeln und dann zu einem länderspezifischen Abschluss kommen. – Das ist Ihnen heute gemeinschaftlich mit den hessischen Gewerkschaften gelungen.Das ist der Quantensprung,den wir heute in besonderer Weise zu betonen haben.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss sagen: Ich finde es rührend, wie dann, durchaus mit einem kaum verhohlenen Neid, dieser Erfolg des Innenministers kommentiert wird. Frau Ypsilanti sagt wörtlich: „Dieser Abschluss ist der SPD zu verdanken“.
Meine Damen und Herren, ich bin der SPD-Fraktion ausdrücklich dankbar, dass sie diese grobe Irreführung, die Frau Ypsilanti hier versucht hat zu unternehmen, auch noch mit Beifall unterstützt. Frau Ypsilanti, es kommt mir
so vor wie der 27. Januar dieses Jahres, als Sie um 20 Uhr glaubten, Sie hätten die Wahl gewonnen – und es heute immer noch glauben –, obwohl Sie eindeutig zweistärkste Partei geblieben sind.
Deshalb sage ich: Kehren Sie endlich zurück zur Realität. Nicht Sie haben dieses Ergebnis zu verantworten, sondern, wie bereits mehrfach gesagt, der Innenminister. Außerdem hat es nicht der Landtag zu verantworten, sondern die Landesregierung.Deshalb bitte ich Sie ausdrücklich: Versuchen Sie, wieder in unsere politische Realität zurückzufinden, damit wir in diesem Landtag wieder vernünftig miteinander reden können.
Ich bedanke mich bei Herrn Al-Wazir, der ausdrücklich, wenn auch ein bisschen grummelnd gegenüber den Gewerkschaften,gesagt hat:„Das war ein Fortschritt,was wir heute hier zur Kenntnis nehmen mussten“. Jawohl, Herr Innenminister, das war ein Fortschritt. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren,darf ich um Ruhe bitten,weil wir im Verfahren vorankommen müssen? – Ich darf darauf verweisen, dass der Dringliche Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Rückkehr des Landes Hessen in die Tarifgemeinschaft der Länder, Drucks. 17/314, Ihnen jetzt vorliegt. Er wird Tagesordnungspunkt 67. Die Dringlichkeit ist sicherlich gegeben – ich sage jetzt schon: gewesen. Er wurde mit Tagesordnungspunkt 66 aufgerufen.
Ich komme zur Abstimmung, zunächst über den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP. – Herr Rentsch, noch einmal zur Geschäftsordnung.
Herr Präsident, ich beantrage, über Punkt 3 unseres Dringlichen Entschließungsantrags Drucks. 17/313 getrennt abzustimmen.
Dem kommen wir dann nach. Ich darf noch einmal aufrufen. Wir kommen zur Abstimmung über den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Abschluss eines Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst. Wer möchte den Punkten 1 und 2 zustimmen? – Die Fraktionen der CDU und der FDP. Wer ist dagegen? – Die Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Damit sind die Punkte 1 und 2 abgelehnt.
Ich rufe Punkt 3 des Dringlichen Entschließungsantrags der CDU und der FDP auf. Wer möchte Punkt 3 zustimmen? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Damit ist auch Punkt 3 abgelehnt.
Ich rufe zur Abstimmung auf: Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN betreffend Rückkehr des Landes Hessen in die Tarifgemeinschaft der Länder. Wer möchte diesem Dringlichen Entschließungsantrag zustimmen? – Die Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Wer ist dagegen? – Die Fraktionen der CDU und der FDP. Damit ist dieser Dringliche Entschließungsantrag angenommen.
a) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes – Drucks. 17/272 zu Drucks. 17/48 –
Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 17/303, vor.