Protokoll der Sitzung vom 03.06.2008

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 17/303, vor.

b) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes – Drucks. 17/273 zu Drucks. 17/51 –

Berichterstatter zu beiden Gesetzentwürfen ist der Kollege Klein. Ich darf Herrn Klein um Berichterstattung bitten.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich komme zunächst zu der Beschlussempfehlung des Kulturpolitischen Ausschusses zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes, Drucks. 17/48. Hierzu lag ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 17/268, vor.

Der Kulturpolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf unter Wegfall von Art. 1 Nr. 2 und in der Fassung der Nrn. 1 und 3 des Änderungsantrags in zweiter Lesung anzunehmen. Die sich daraus ergebende Fassung ist der Drucksache als Anlage beigefügt.

Der Gesetzentwurf war dem Kulturpolitischen Ausschuss in der 3. Plenarsitzung am 22. April 2008 nach der ersten Lesung zur Vorbereitung der zweiten Lesung überwiesen worden.

Der Kulturpolitische Ausschuss hat den Gesetzentwurf in seinen Sitzungen am 30. April 2008 und am 27. Mai 2008 beraten und ist mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP zu der eben wiedergegebenen Beschlussempfehlung gekommen.Art. 1 Nr. 2 wurde getrennt abgestimmt und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP bei Enthaltung der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE abgelehnt.

Zuvor wurden die Nrn. 1 und 3 des Änderungsantrags mit den Stimmen der Fraktionen der SPD,BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP angenommen.Nr.2 des Änderungsantrags wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU, der FDP und DIE LINKE gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Ich komme zur Beschlussempfehlung des Kulturpolitischen Ausschusses zu dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes, Drucks. 17/51. Hierzu lag der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 17/266 vor.

Der Kulturpolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf in der Fassung des Änderungsantrags in zweiter Lesung anzunehmen. Die sich daraus ergebende Fassung ist der Drucksache als Anlage beigefügt und liegt Ihnen vor.

Der Gesetzentwurf war dem Kulturpolitischen Ausschuss in der 3. Plenarsitzung am 22. April 2008 nach der ersten Lesung zur Vorbereitung der zweiten Lesung überwiesen worden.

Der Kulturpolitische Ausschuss hat den Gesetzentwurf in seinen Sitzungen am 30. April 2008 und am 27. Mai 2008 beraten und ist mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP zu der eben wiedergegebenen Beschlussempfehlung gekommen. Art. 1 Nrn. 4 und 6 wurden getrennt abstimmt und mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE angenommen.

Zuvor wurde der Änderungsantrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE angenommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Herr Klein. – Bevor wir in die Aussprache eintreten, darf ich zum letzten Tagesordnungspunkt noch etwas nachholen. Die Wortmeldung von Herrn Dr. Wagner lag dem Präsidium doch vor. Wir waren einem Missverständnis erlegen. Ich bitte, das zu entschuldigen.

Wir treten in der zweiten Lesung der Gesetzentwürfe zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes in die Aussprache ein. Als Redezeit sind fünf Minuten verabredet. Als Erste hat Frau Kollegin Habermann für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Zitat aus der Anhörung beginnen, und zwar von Herrn Handwerk, dem Geschäftsführer der LAG der Waldorfschulen. Er sagte, die Vorschläge, die von der SPD gemacht wurden, seien aus seiner Sicht zwar winzige Schrittchen, aber sie gingen in die richtige Richtung.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das war der Einzige!)

Das ist eine Feststellung,die in vielen Stellungnahmen angesprochen wurde. Sie deckt sich auch mit der Intention der SPD-Landtagsfraktion.

Meine Damen und Herren, ich habe bereits bei der Einbringung des Gesetzentwurfs betont, dass nur mit einem neuen Schulgesetz aus einem Guss die Grundlagen für ein Bildungssystem gelegt werden können, das ganzheitlich, individuell und früh fördert und die Ziele Chancengleichheit und Qualität miteinander vereinbaren kann. Dieses

Gesetz ist ein erster Schritt, und es ist ein Signal, dass sich in der hessischen Bildungspolitik etwas ändert, dass sich etwas ändern muss, dass wir aber nur gemeinsam mit den Betroffenen über diese Änderungen diskutieren und entscheiden werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will zu den einzelnen Punkten noch etwas ausführen, weil bereits im Ausschuss Änderungsanträge beraten und angenommen wurden. Auf breite Zustimmung stieß unsere Neuregelung der verlässlichen Schule. Der unselige Begriff der Unterrichtsgarantie plus wandert damit auf die Müllhalde gebrochener Versprechen und falscher Weichenstellungen, die uns die CDU-Bildungspolitik hinterlassen hat.

(Zuruf von der CDU: Na, na, na!)

Mit dem Streichen dieses Begriffes wird an den hessischen Schulen die Praxis beendet, dass im Fachunterricht externe Kräfte eingesetzt werden, die über keine Lehrbefähigung verfügen.

(Beifall bei der SPD)

Wir wissen, dass wir zurzeit nicht die hundertprozentige Abdeckung des Fachunterrichts sicherstellen können. Dazu brauchen wir zusätzliche Lehrerstellen. Aber verlässliche Schule hat die Möglichkeit, externes Personal wie Erzieher, Sozialpädagogen, Menschen mit kreativen oder sportlichen Kompetenzen einzusetzen, die ausschließlich betreuungs- und unterrichtsergänzende Angebote, auch als Ersatz für ausgefallene Unterrichtsstunden, anbieten. Ich bin sicher, dass die Schulen mit den zur Verfügung stehenden 30 Millionen c im Rahmen ihres Schulprogramms Programme und Angebote entwickeln können, die pädagogisch sinnvoll sind und die Kinder voranbringen.

Es ist auch ein erster Schritt hin zu einer Schule, in der viele Professionen gemeinsam an Bildung und Förderung arbeiten – aber gemeinsam und nicht als Lückenbüßer dafür, dass zu wenige Lehrer an der Schule sind. Das ist ein qualitativer Unterschied zu dem, was Sie uns hinterlassen haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das darf doch nicht wahr sein! Unfug!)

Wir haben die Anregung aus der Anhörung aufgegriffen, diese Regelung noch flexibler zu gestalten. Wir haben festgelegt, dass eine Betreuung im Rahmen einer verlässlichen Schule mindestens fünf Zeitstunden umfassen soll. Den Schulen soll es aber selbst überlassen bleiben, diese Zeiten festzulegen und sicherzustellen.

Auch die Anregung, dass die Schulkonferenz darüber entscheidet, ob in höheren Klassenstufen von diesen Zeitvorgaben abgewichen werden kann, haben wir berücksichtigt. Ich denke, dies zeigt, dass die SPD dem Wunsch nach mehr Eigenverantwortung ernst nimmt und die Vorschläge der Anzuhörenden aufnimmt. Das ist, glaube ich, eine neue Erfahrung für die, die im Schulbereich in den letzten Jahren in diesem Hause angehört wurden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Aufhebung der Richtwerte wurde von vielen Anzuhörenden begrüßt.Ich nenne z.B.den VBE,die GEW,den Landeselternbeirat und die Kommunalen Spitzenver

bände. Sie alle haben festgestellt, dass Richtwerte ungeeignet sind, um in der Region ein ausgewogenes Bildungsangebot herzustellen. Schulentwicklungsplanung mit dem Rechenschieber hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die Klassengrößen weiter angestiegen sind und Bildungsgänge in der Fläche ausgedünnt wurden. Das wollen wir zukünftig verhindern.

(Beifall bei der SPD)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Lassen Sie mich noch das Stichwort Querversetzung aufgreifen. Es gab erwartungsgemäß unterschiedliche Stellungnahmen. Wir sehen Querversetzungen und Nichtversetzungen weiterhin als ein Relikt aus der pädagogischen Mottenkiste an, aber wir wissen, dass wir den Schulen Ressourcen an die Hand geben müssen, um diese Sanktionen endgültig aus dem Repertoire der Schulen zu streichen. Deswegen haben wir auch hier den Vorschlag aus der Anhörung aufgenommen, dass es zukünftig keine Querversetzungen mehr in Klasse 5 nach dem ersten Halbjahr und keine in Klasse 7 geben soll. Nur in Ausnahmefällen und nur mit Genehmigung des Schulleiters soll es in den anderen Klassenstufen möglich sein.

Wir glauben, wir haben hier die Weichen in eine neue Richtung in der Bildungspolitik gestellt, und wir werden daran arbeiten, dass der Zug in diese Richtung weiterfährt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Frau Habermann. – Herr Kollege Irmer hat für die CDU-Fraktion das Wort.

Hochverehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu den drei Gesetzentwürfen in der gebotenen Kürze Stellung beziehen.

Ich fange mit dem Gesetzentwurf der Kommunisten an, die sich als Einzige in diesem Hause dafür ausgesprochen haben, dass die Gymnasialschulzeit wieder neun Jahre betragen soll, also G 9 flächendeckend für alle. Das ist nach unserem Verständnis nicht zeitgemäß, weil wir glauben, dass die geltende Regelung – Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 – richtig ist. Ich muss ganz offen sagen:Wir wären sonst das einzige Bundesland, das noch G 9 hätte.

Im Übrigen – diese persönliche Bemerkung werden Sie mir gestatten – halte ich es für eine Unverschämtheit, wenn ausgerechnet die Kommunisten von „Selektion“ sprechen. Eine Selektion gab es zu der Zeit, als ein anderes politisches System im östlichen Teil Deutschlands herrschte. Wer damals nicht in der Freien Deutschen Jugend war, wer die Jugendweihe nicht mitgemacht hatte oder Westkontakte hatte, der durfte überhaupt nicht studieren. Das war Selektion.

(Beifall bei der CDU – Marjana Schott (DIE LINKE): Was hat das mit unserem Gesetzentwurf zu tun? – Weitere Zurufe von der LINKEN)

Zum Gesetzentwurf der GRÜNEN. Wir werden hierzu getrennte Abstimmung beantragen. Das ist kein Staatsgeheimnis. Das haben wir im Kulturpolitischen Ausschuss auch so gemacht. Wir werden natürlich, wie angedeutet, dem Vorschlag zustimmen, den kooperativen Gesamtschulen Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 zu geben. Der Formulierung betreffend die Durchlässigkeit werden wir hingegen nicht zustimmen.Wir tun das nicht etwa deshalb, weil wir etwas gegen Durchlässigkeit hätten. Ganz im Gegenteil, wir haben den Versuch unternommen, Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit in begriffliche und inhaltliche Nähe zu bringen. Das ist von den GRÜNEN nicht akzeptiert worden. Das müssen wir unsererseits akzeptieren, aber nur den formalen Begriff Durchlässigkeit aufrechtzuerhalten halten wir für falsch. Der Begriff Anschlussfähigkeit, den wir geprägt haben, ist im Grunde genommen weitreichender als die formale Durchlässigkeit, denn er bedeutet, dass die Schüler einen Rechtsanspruch darauf haben, so vorbereitet zu werden, dass sie dem Unterricht auf einer weiterführenden Schule inhaltlich folgen können.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dem Änderungsantrag von den GRÜNEN betreffend das Ins-Benehmen-Setzen mit dem Schulträger stimmen wir zu, weil wir das für eine Selbstverständlichkeit halten.

Ich komme zuletzt zu dem Gesetzentwurf der SPD. Frau Kollegin Habermann, Sie haben hier den dritten Wortbruch gegenüber Ihren Wählerinnen und Wählern begangen. Sie haben im Wahlkampf landauf, landab erklärt, das „Turbo-Abitur“, G 8, werde ersatzlos gestrichen. Heute sind wir einen Schritt weiter, indem Sie G 8 nicht mehr generell infrage stellen. Sie sind zwar einen Schritt weiter, aber Sie haben den Wählern gegenüber etwas vorgetäuscht, um es einmal so zu formulieren.