Protokoll der Sitzung vom 03.06.2008

schulen verausgabt werden, qualifizierter und gerechter zugeht.

Wir hatten auch einen Vorschlag unterbreitet, der eine Änderung des § 68 HHG vorgesehen hat.Wir wollten dort implementieren, dass das Prinzip Beratung vor dem Prinzip Zwangsexmatrikulation wirkt. Mit dem Beratungsangebot und mit Zielvereinbarungen wollten wir Studierenden, die während des Studiums irgendwie aus dem Tritt geraten sind, eine Möglichkeit geben, wieder Tritt zu fassen. Im Ausschuss hat es eine Mehrheit von CDU, FDP und der Fraktion DIE LINKE dagegen gegeben – warum auch immer diese Mehrheit zustande gekommen ist. Ich sage noch einmal: Das Prinzip Beratung vor Zwangsexmatrikulation wäre eines, mit dem wir die Studierenden – wir brauchen auch die, die während des Studiums aus irgendeinem Grund aus dem Tritt geraten sind – wieder in einen guten Prozess zurückholen könnten. Das war unser Vorschlag. Das war die Formulierung des Gesetzentwurfes. Wenn das keine Mehrheit findet, so tut es mir sehr leid.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass das das erste Gesetz ist, das heute voraussichtlich, nach den Ankündigungen der Gestaltungsmehrheit im Hessischen Landtag, eine Mehrheit findet. Ich möchte deshalb die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelle ein paar Leuten für die Mitwirkung an dem Prozess Danke schön zu sagen.

(Zuruf des Abg. Mark Weinmeister (CDU))

Herr Kollege Weinmeister, es wird Sie vielleicht ein bisschen wundern: Ich möchte mich bei zwei Ministerien bedanken, die auch ein bisschen an diesem Gesetzentwurf mitgewirkt haben, erstens bei dem Finanzministerium. Das Finanzministerium hat noch einmal sehr deutlich und sehr klar gesagt, wie sich die Zahlen verändert haben. Das war ein Verfahren, das es in den letzten fünf oder neun Jahren mit dieser Landesregierung nie gegeben hätte.Wir wissen jetzt, dass die Landesregierung irgendwann mit einer Erwartung von 120 Millionen c aus Studiengebühren gestartet ist und bei round about 92 Millionen c gelandet ist. Es war hilfreich für uns, das zu wissen und das auch in das Gesetzgebungsverfahren einbauen zu können.

Dasselbe gilt für das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, das gemeinsam mit dem Justizministerium eine Quasi-Regierungsanhörung durchgeführt hat und insofern dazu beigetragen hat, dass der Gesetzentwurf ein Stückchen besser handhabbar geworden ist.

Ich möchte mich bei all denen bedanken, die im Rahmen des Anhörungsverfahrens daran mitgewirkt haben, dass sich ihre Interessen darin wiederfinden. Es ist aber auch die Aufgabe des Landtags und hier der Gestaltungsmehrheit, Prioritäten zu setzen und zu sagen: Das wollen wir machen, und das wollen wir nicht machen.

Ich möchte mich bei der Fraktion DIE LINKE bedanken. Sie hat signalisiert, dem Gesetzentwurf zustimmen zu wollen. Mit ihrem Verhalten zu § 68 bin ich nicht einverstanden. Darüber haben wir uns ausgetauscht.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Es wäre besser gewesen, wenn Sie einsichtig gewesen wären, diesen Weg zu gehen. Das war nicht der Fall.

Schließlich möchte ich mich bei den Mitarbeitern der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aber auch bei meiner eigenen Fraktion bedanken. Insbesondere will ich

mich bei Sarah Sorge bedanken. Das war eine sehr, sehr schöne Zusammenarbeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt auch Emotionen in diesem Landtag.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Verfahren konnten wir ein Gefühl dafür entwickeln, wie schwierig und gleichzeitig schön es ist, etwas Gestaltendes für dieses Land durchsetzen zu können.Wir sind getragen vom politischen Argument. Aber wir sind auch getragen von der Mehrheit der Bevölkerung in diesem Land, von der wir über Umfragen, aber auch über das, was an uns herangetragen wird, wissen, dass die Studiengebühren abgeschafft werden sollen.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Wenn der Landtag heute diesem Gesetzentwurf zustimmt, wird Hessen studiengebührenfrei sein, wird der Zugang zu hessischen Hochschulen ohne Barrieren möglich sein, wird wieder Chancengleichheit herrschen. Dafür möchte ich in diesem Hause werben. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Herr Siebel. – Frau Kollegin Kühne-Hörmann, Sie haben das Wort für die CDU-Fraktion. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der rot-grüne Gesetzentwurf ist voll von handwerklichen Mängeln.

(Michael Boddenberg (CDU): Bitte das Handwerk aus dem Spiel lassen, wenn es geht! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Herr Kollege Boddenberg, ich meine handwerkliche Mängel im Sinne von Gesetzestechnik.Insofern haben Sie recht: Das, was im Handwerk die berufliche Bildung angeht, hat Herr Kollege Siebel komplett ausgeblendet.

(Michael Boddenberg (CDU): Das ist dem Herrn Siebel völlig wurscht! Das interessiert ihn nicht!)

Darum geht es ihm auch nicht, sondern es geht um ganz andere Zahlen. – Wenn ich von handwerklichen Mängeln rede,rede ich von Gesetzestechnik und davon,wie ein Gesetz umgesetzt wird. Aus unserer Sicht ist dies ein glatter Schnellschuss, der nicht funktionieren wird und auch von den Hochschulen abgelehnt wird. Herr Kollege Siebel, das ist schon etwas Besonderes. Sie haben den Hochschulen nämlich zugesagt, die Änderungen, die sie wollten, einzubringen. Wenn man sich den Änderungsantrag ansieht,stellt man fest,dass das mitnichten geschehen ist.Ich werde gleich noch aus einem Papier zitieren.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Das wissen Sie ganz genau. Die Hochschulen, insbesondere die Universitätspräsidien, sind komplett gegen Ihren Gesetzentwurf, inklusive des Änderungsantrages. Das muss man erst einmal hinbekommen.

Die mündliche Anhörung, die Auswertung der Anhörung, die 40-seitige Hilfestellung der Regierung, die ausführ

lichen Änderungsanträge von SPD und GRÜNEN sowie der heute eingegangene Änderungsantrag haben gezeigt, dass diese handwerklichen Mängel ganz groß gewesen sein müssen. Die Regierung hat insofern noch geholfen, dass sie SPD und GRÜNEN einen komplett ausformulierten Änderungsantrag zur Verfügung gestellt hat. Sonst wäre wahrscheinlich gar keiner zustande gekommen. Sie haben sich dafür auch bei der Regierung bedankt.

In all den Jahren habe ich kaum einen Gesetzentwurf gesehen, gegen den so viele Stellungnahmen, auch in der mündlichen Anhörung, waren. Selbst das Aktionsbündnis der ASten gegen Studienbeiträge hat den Gesetzentwurf von SPD und GRÜNEN nicht begrüßt. Sie haben vielmehr ausdrücklich gesagt, dass der Gesetzentwurf der LINKEN der richtige ist.

(Demonstrativer Beifall der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Michael Siebel (SPD): Warum haben Sie dem nicht zugestimmt?)

Herr Siebel, auch diejenigen, die die Verfassungsklage mit unterzeichnet haben, haben gesagt, dass der Gesetzentwurf komplett verfassungswidrig ist, weil er nämlich nicht vorsieht, die Studienbeiträge ex tunc wieder abzuschaffen, sondern ex nunc. Ihre Leute, die Sie damals im Wahlkampf unterstützt haben, sagen heute: Das, was von SPD und GRÜNEN vorgeschlagen wird, halten wir für verfassungswidrig.

Wir haben heute zusammen mit der FDP einen Dringlichen Entschließungsantrag eingebracht, um das Thema Langzeitstudienbeiträge noch einmal in den Vordergrund zu stellen. Es ist wirklich absurd: Sie wollen mit diesem Gesetzentwurf Langzeitstudienbeiträge abschaffen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Antrag ist absurd! Das stimmt!)

Sie haben erkannt, dass Sie Langzeitstudenten an den Hochschulen nicht länger behalten wollen, und haben ein kompliziertes und langwieriges Verfahren gewählt, um den Missbrauch des Studierendenstatus zu verhindern. Es hat erhebliche Kritik der Hochschulen gegeben. Sie haben eben selbst angesprochen, dass Sie dieses komplizierte Verfahren, mit Zwangsexmatrikulation endend – wie sich das schon anhört; so etwas steht noch nicht einmal im Hessischen Hochschulgesetz –, komplett herausnehmen mussten, weil Sie die Zustimmung der LINKEN nicht hatten.Auch in diesem Punkt der Änderung, die Sie als besonders wichtig hervorgehoben haben, sind Sie in dem linken Bündnis gescheitert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe der Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Norbert Schmitt (SPD))

Wir sagen: Wir wollen nicht, dass Steuergelder für Bummelstudenten ausgegeben werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir sind dafür, dass der Missbrauch des Studierendenstatus zur Erlangung sozialer Vergünstigungen nicht ausgenutzt werden darf. Unser Dringlicher Entschließungsantrag weist noch einmal darauf hin. Wenn man sich die Zahlen ansieht, stellt man fest, dass es heute, nachdem Langzeitstudienbeiträge eingeführt worden sind, viel weniger Langzeitstudierende gibt. Viel mehr von denen, die ernsthaft an einem Studienabschluss interessiert waren, sind zum Studienerfolg geführt worden, weil sie gefördert worden sind und weil das Verfahren beschleunigt worden ist.

Die Hochschulen verlieren ein wichtiges Instrument gegen Scheinimmatrikulationen und gegen Bummelstudenten.

In der Anhörung hat es viel Kritik zur Vergabe der Mittel innerhalb der Hochschule gegeben, und auch dort ist eine Änderung erfolgt.

Nun haben die Präsidenten der hessischen Hochschulen, die in der KHU zusammengefasst sind, an die Vorsitzenden der Fraktionen einen Brief geschrieben, und zwar zum Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Mit Erlaubnis des Präsidenten möchte ich aus diesem Schreiben zitieren:

Entgegen den gleichlautenden Pressemitteilungen der beiden Fraktionen folgt der Änderungsantrag bezüglich der hochschulinternen Mittelverteilung nicht der von den Hochschulpräsidien in der mündlichen Anhörung vorgebrachten Argumentation.

(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist auch gut so!)

Als Sprecher der KHU hatte ich darauf hingewiesen, dass das Präsidium seiner gesetzlich niedergelegten Gesamtverantwortung für die Hochschule nicht mehr nachkommen kann, wenn ein großer Teil der Mittel, die für die Lehre eingesetzt werden, nicht mehr seiner Verantwortung unterliegt. Diese Verantwortlichkeit ist auch durch den Änderungsantrag nicht gewährleistet. Das Präsidium besitzt danach nicht die Letztentscheidungskompetenz, vielmehr ist stets ein Einvernehmen mit der dort genannten Kommission herzustellen; wird dieses nicht erzielt, ist dem Präsidium eine Entscheidung sogar gänzlich entzogen und auf den Senat verlagert. Im Senat sind im Übrigen zwar alle Gruppen der Universität vertreten, nicht jedoch alle Fachbereiche und Einrichtungen der Hochschule. Damit ist durch dieses Gremium nicht gewährleistet, dass die Gesamtinteressen der Hochschule sowie die der betroffenen Bereiche in jedem Fall Berücksichtigung finden.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Hört, hört!)

Das vorgesehene Verfahren birgt zudem das Risiko außerordentlich langer Entscheidungsprozesse, die die Handlungsfähigkeit, zumindest für das Wintersemester 2008/2009, infrage stellen.

Der Änderungsantrag verkehrt damit die Position der Hochschulpräsidien in ihr Gegenteil.

(Michael Boddenberg (CDU):Tolle Leistung!)

Am Ende des Schreibens wird weiter darauf hingewiesen – erneutes Zitat mit Genehmigung des Präsidenten –: