Protokoll der Sitzung vom 07.03.2012

Bei den Schulen für Erwachsene hatten wir bereits in den letzten Jahren eine Änderung der Zuweisungsfaktoren. Wir beobachten die Tatsache, dass Funktionsstellen nur sehr schleppend oder überhaupt nicht mehr besetzt werden. Es gibt Prozesse um Schulleiterstellen in den Schulen für Erwachsene, die sich inzwischen schon über drei Jahre hinziehen. Hier scheint mir nicht nur eine Sparabsicht im Spiel zu sein, sondern auch der Wunsch, dass das Kultus

ministerium seine neuen Paragrafen im Schulgesetz gerne umsetzen und die Schulen für Erwachsene in eine gemeinsame Organisationsstruktur mit den beruflichen Schulen zwingen würde.

Meine Damen und Herren, wenn das die Absicht ist, dann fordern wir Sie auf, die Entwicklung zu korrigieren. Das Schulgesetz gibt diese Möglichkeit. Wenn Sie die Funktionsfähigkeit der Schulen für Erwachsene so beeinträchtigen, dass sie ihrer Arbeit nicht mehr ordnungsgemäß nachkommen können, dass durch den Ausfall von Funktionsstellen Verwaltungstätigkeiten übernommen werden müssen, die noch zusätzlich zu dem Aufwand der Unterrichtsverpflichtung hinzukommen, dann bauen Sie einen Druck auf, hier zu Zusammenschlüssen zu kommen. Dann können Sie bei den Schulen für Erwachsene zukünftig noch sehr viel mehr Stellen einsparen.

Wir sind der Auffassung, die Schulen für Erwachsene bieten eigenständige Wege – meist ohne Ausstieg aus dem Arbeitsprozess –, um Schulabschlüsse zu erwerben. Gegen Kooperationen mit beruflichen Schulen in der Region ist überhaupt nichts zu sagen, aber die SfE behalten einen eigenständigen Bildungsauftrag und dürfen nicht zerschlagen werden, sondern müssen als Einheiten erhalten bleiben. Diese Forderung verbinde ich mit dem, was sich im Moment bei den Kürzungen der Schulen für Erwachsene abspielt.

Kommen wir zum Schluss. Ich habe schon viel zu viel zu dem Thema geredet.

(Demonstrativer Beifall bei der CDU und der FDP)

Dass Sie das nicht gerne hören, weiß ich. Deswegen begrüße ich den Applaus sehr.

Noch ein Wort zu den 105 % Unterrichtsversorgung – Herr Wagner hat das alles schon addiert –: Natürlich ist das der zweite Beweggrund, der zu solchen Veränderungen und zu solchen Kürzungen führt. Mit Ihren Rechentricks werden Sie versuchen, uns darzustellen, warum es Stunden, die es vorher für andere Aufgaben gab, jetzt plötzlich als Zuschlag für 105 % gibt. Es sind die gleichen Stunden. Das wird Ihnen nicht gelingen.

Ich habe es Ihnen heute Morgen schon einmal gesagt: „105 % Unterrichtsversorgung“ wird in Hessen einmal zu einem Unwort in der Bildungspolitik werden. Das ist schade, denn es wäre eine Chance gewesen, den Schulen zu ermöglichen, wirklich an den Aufgaben zu arbeiten, die Sie ihnen ständig auf die Nase drücken, ohne sie entsprechend dafür auszustatten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Dr. Christean Wag- ner (Lahntal) (CDU): Wir haben so viele Lehrerstellen geschaffen wie nie in der Geschichte! So viele Lehrer hat es nie in Hessen gegeben!)

Vielen Dank, Frau Habermann. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Kollege Döweling zu Wort gemeldet.

Meine liebe Kollegin Habermann,

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

ich möchte diese aus unserer Sicht unnötige Debatte nicht unnötig verlängern.

(Günter Rudolph (SPD): Schon passiert!)

Aber ich habe vorhin einen interessanten Artikel in der Zeitschrift „Cicero“ gelesen, Kollege Rudolph. Dort war nachzulesen, dass immer mehr Deutsche Verschwörungstheorien anhängen. Wenn ich die Kollegin Habermann hier reden höre, welche Absichten im Kultusministerium geschmiedet würden, scheint mir das tatsächlich so zu sein.

Ich wollte aber eigentlich klarstellen, dass ich weder etwas von Kürzungen bei den Verbindungslehrerstunden gesagt habe,

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Doch! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Doch!)

noch kann ich die Schulen zu irgendetwas anweisen. Sie haben es immer noch nicht verstanden.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das Gute ist, dass das im Protokoll steht!)

Ich habe lediglich aufgezeigt – das wird der Staatssekretär gleich mit Sicherheit noch einmal ausführlich tun –, welche Gestaltungsmöglichkeiten die neue Verordnung den Schulen bieten wird. Ihre Reaktion zeigt mir wieder einmal, dass Sie das eigentliche Wesen der selbstständigen Schule weder verstanden haben, noch dass Sie es wollen. Das heißt, selbstständige Schule gibt es nur mit CDU und FDP in Hessen und nicht mit Rot-Grün oder irgendwelchen anderen Farbschattierungen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich sage Ihnen auch ganz klar – ich habe es Ihnen heute Morgen gesagt und sage es immer wieder –: Wir werden die 105 % Lehrerzuweisung erreichen.

(Günter Rudolph (SPD): Sie erreichen gar nichts!)

Wir werden allen Schulen eine auskömmliche Zuweisung gewähren, egal ob rote oder grüne Unkenrufe aus dem Tummelbecken der Opposition kommen. CDU und FDP machen das in Hessen und nicht Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das mit den Kürzungen war aber eine interessante Sache!)

Vielen Dank. – Jetzt hat Frau Kollegin Habermann noch die Gelegenheit zur Antwort.

(Günter Rudolph (SPD): Der Kollege darf wieder in den Schuldienst zurück! Auch nicht schlecht! Da kann er ein bisschen Lebenserfahrung sammeln!)

Zwei Bemerkungen: Erstens sind die – wie Sie es nennen – Verschwörungstheorien nicht von mir, sondern das sind massive Befürchtungen der Schulen für Erwachsene, die diese auch in der Anhörung zum Schulgesetz und in Gesprächen mit dem Kultusministerium geäußert haben. Die sind meines Erachtens nicht ausgeräumt, denn sie haben niemals eine Erklärung dafür erhalten, warum notwen

dige Funktionsstellen nicht mehr besetzt werden. Meine Damen und Herren, das ist der erste Punkt.

Herr Döweling, der zweite Punkt – den habe ich gerade vergessen.

(Heiterkeit – demonstrativer Beifall bei der FDP)

Das war anscheinend nicht so wichtig, was Sie mir zu erzählen hatten, dass ich darauf eingehen müsste.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das war das mit den Kürzungen!)

Ach doch. – 105 % ist immer dasselbe Thema. Heute Morgen habe ich das mit der Wurst im Schaufenster verglichen: Wenn man in den Laden geht, kriegt man sie nicht. – Daraufhin haben Sie mir geantwortet: Am Ende der Legislaturperiode ist die Wurst im Laden erhältlich.

(Mario Döweling (FDP): So ist es!)

Herr Döweling, ich kann Ihnen dazu nur mitgeben: Überlegen Sie, wie lange das noch hin ist. Bis dahin ist die Wurst schlecht, und das werden Sie merken, wenn Sie am Ende der Legislaturperiode Ihre Erfolge verkaufen wollen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Vielen Dank. – Jetzt hat für die Landesregierung Herr Staatssekretär Dr. Hirschler das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe eben viel gelernt. Von Mücken und Elefanten ist gesprochen worden. Das erinnert mich ein bisschen: Ich war gestern in einem Kindergarten. Dort ist die Geschichte vom Scheinriesen vorgetragen worden. Je genauer man hinschaut, umso kleiner wird der Riese und schrumpft dann auf normales Maß. Wenn man die Argumente heute anschaut, steht man manchmal relativ nackt da. Herr Wagner, ich werde versuchen, das jetzt bei den Argumenten darzulegen und sie auf den wahren Sachverhalt zurückführen.

Ich beginne bei den Verbindungslehrern. Verbindungslehrer leisten an den Schulen eine wichtige Aufgabe und eine wichtige Arbeit, die auch Zeit beansprucht. Wir werden diese Aufgabe auch künftig in der Pflichtstundenverordnung angemessen honorieren. Vielleicht erst einmal die Zahlen, damit man weiß, worüber man spricht.

Wir hatten im vergangenen Jahr für die Tätigkeit der Verbindungslehrer an den Schulen insgesamt rund 700 Entlastungsstunden, genau waren es 693. Das entspricht knapp 27 Stellen. In diesem Schuljahr sind es 715 Entlastungsstunden, also mehr als im letzten Jahr. Das entspricht 27,2 Stellen, also ein Plus.

Im Rahmen der Novellierung der Pflichtstundenverordnung wurde nun die Frage diskutiert, wo diese Regelung in der neuen Verordnung getroffen werden soll. Es ist vorhin zu Recht darauf hingewiesen worden, die Pflichtstundenverordnung ist noch in der Anhörung. Die Verordnung ist noch nicht erlassen.

In einem ersten Entwurf zur Pflichtstundenverordnung wurde festgelegt, dass diese Stundenentlastung inhaltlich unverändert in das allgemeine Schuldeputat überführt werden sollte. Zielsetzung war auch, eine Vereinheitlichung bei der Begründung für die Vergabe von Deputatstunden zu erreichen. Damit wäre – das ist hier schon vorgestellt worden – entsprechend dem Konzept der selbstständigen Schule die Zuweisung vor Ort, nämlich in der Schule zu regeln gewesen. Die Schulleitung wäre damit in vollem Umfang verantwortlich für die Zuweisung an jene Lehrkräfte gewesen, die dann diese Aufgabe übernehmen.

Es gab Bedenken, die von Verbänden, von Organisationen geäußert wurden, ob – ich darf das einmal so formulieren – alle Schulleitungen auch tatsächlich die Arbeit der Verbindungslehrer mit einem entsprechenden Deputat versehen. Wir haben es deshalb jetzt in der Pflichtstundenverordnung so geregelt, dass an den Schulen, an denen es Verbindungslehrer gibt, die Entlastungsstunde auch für ihre Arbeit zu verwenden ist. Das heißt, für die Tätigkeit eines Verbindungslehrers innerhalb einer Schule wird mindestens eine Woche aus dem Schuldeputat auf die Pflichtstundenverordnung angerechnet. Herr Wagner und Frau Cárdenas, damit ist das Thema erledigt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Auch nicht nachvollziehen kann ich die Kritik an der Verlagerung der Kassenführerfunktion auf das Staatliche Schulamt in Gießen. Das ist auch der Sitz der Geschäftsstelle der Landesschülervertretung. Auch hier wieder die Fakten vorab.

Die Landesschülervertretung erhält jährlich eine institutionelle Förderung aus Landesmitteln in Höhe von rund 80.000 €. Dieser Betrag – ich habe in der letzten Zeit gehört, dass er gekürzt worden sei – ist seit Jahren unverändert, und er bleibt auch künftig unverändert. In den Empfehlungen des Landesrechnungshofs – Herr Wagner, Sie kennen sie sicherlich – aus den Jahren 1999 und 2010 wurden gravierende Kritikpunkte an der Kassenführung der LSV geübt. Ich glaube, wir sind uns auch einig: Die Kassenführung ist auch keine Kernaufgabe der Landesschülervertretung.

Es ist deshalb jetzt vorgesehen, dass das Staatliche Schulamt die technische Abwicklung der Rechnungen übernimmt. Die Entscheidung über die Verwendung – das ist entscheidend – der zur Verfügung stehenden Mittel trifft auch künftig alleine die Landessschülervertretung. Es ist also keine Beschneidung von Rechten der Landesschülervertretung. Sie ist auch künftig allein für die Verausgabung zuständig. Die Kassenführung ist beim Staatlichen Schulamt.

Herr Dr. Hirschler, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Habermann?

(Staatssekretär Dr. Herbert Hirschler: Aber im- mer!)