Die Ergebnisse sind katastrophal: Entwertung der Arbeit durch befristete, unsichere und schlecht bezahlte Arbeitsplätze, immer mehr Menschen im Niedriglohnsektor, Löhne von 5 € und Renten, die zum Leben nicht ausreichen.
Hinzu kommen fehlende Perspektiven für junge Menschen. Das Wohnen ist inzwischen zum Luxus geworden, den sich immer weniger Menschen leisten können. Diejenigen, die noch wohnen, müssen zittern, dass sie nicht bei einem privaten Investor landen, für den Mieterschutz ein Fremdwort ist. Das sind jedenfalls die Erfahrungen der Frankfurter.
Unsere bedrohten Städte verarmen, weil die Freunde der Banken und des Großkapitals in Politik und Publizistik verhindern, die großen Vermögen an der Finanzierung von Bildung, Wohnen, Kultur, öffentlichem Verkehr und Fürsorge zu beteiligen.
Warum treten Sie nicht für eine Steuerreform ein, die den öffentlichen Kassen wenigstens so viel Geld zuführt, wie es unter Kanzler Kohl der Fall war? Sie werden verstehen, dass wir Helmut Kohl trotzdem nicht zurückhaben wollen.
Einige Merkwürdigkeiten des Kapitalismus sind schwer nachvollziehbar. Wer kann etwa erklären, dass steigende Benzinpreise am Wochenende und an Feiertagen Ausdruck der „sozialen Marktwirtschaft“ sind? Schauen Sie sich die satten Bilanzen der fünf führenden Ölmultis an, dann wissen Sie, wo unser Spritgeld hinkommt – und zwar einfach so. Niemand kann oder will dagegen angehen. So funktioniert der Kapitalismus.
(Gerhard Merz (SPD): Doch, der Rösler! – Große Heiterkeit bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Sie reden in Ihrem Antrag von Wohlstand und Wachstum. Wie kommt das bei den immer zahlreicher werdenden armen Menschen an, die in den öffentlichen Abfallkörben nach etwas Essbarem suchen? Vielleicht finden Sie Zeit, meine Herren, einmal mit den engagierten Menschen zu reden, die mithelfen, die größte Not zu lindern.
Wachstum gibt es dort – aus der Not geboren. Das ist aber kein Grund zu Freude oder Zufriedenheit. Wie viele junge Menschen kennen Sie, die ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz am Rand unserer wohlhabenden Gesellschaft leben?
Auch das gibt es, Herr Boddenberg. – Wohlhabend ist unsere Gesellschaft schon, aber der Wohlstand ist falsch verteilt.
Ich verzichte darauf, wiederholt auf unsere gesetzlichen Grundlagen zu verweisen, die nirgendwo das kapitalistische System festschreiben. Die soziale Marktwirtschaft ist eine Erfindung der CDU, die angesichts der Fakten immer fragwürdiger wird.
Unser immer wieder beanspruchtes „Wertesystem“ ist so dehnbar, dass die staatlichen Mordbuben in Saudi-Arabien gut und die anderswo schlecht sind. Hier sehen wir Klärungsbedarf.
Zum Schluss noch einmal: Wir stehen zu unserem Grundgesetz und zur Hessischen Verfassung, und wir lehnen Bekenntnisse, wie sie Ihnen vorschweben, ab.
Durch das Verbot aller vom Bündnis Blockupy in Frankfurt vom 16. bis 19. Mai geplanten Aktionen durch das Frankfurter Ordnungsamt und seinen CDU-Dezernenten, Frank, wird der Angriff auf demokratische Rechte und Freiheiten offensichtlich. Damit sollen die Proteste gegen eine Krisenpolitik, die tief in das Leben von Millionen Menschen in Europa eingreift, komplett verhindert werden.
Das Bündnis plant während der Aktionstage Proteste gegen die Sparpolitik der europäischen Regierungen und der Troika aus EZB, EU-Kommission und IWF und hat einen Teil davon als Demonstrationen, Kundgebungen, Mahnwachen und demonstrative Versammlungen – Asambleas – demonstrationsrechtlich angemeldet.
Das Verbot dieser Versammlungen ist eine offene Verletzung des verfassungsrechtlich garantierten Demonstrationsrechts.
Wir bestehen darauf, dass der Protest gegen die Krisenpolitik auch im Frankfurter Bankenviertel und am Sitz der EZB stattfinden kann, wie es auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes entspricht. Alle Demokratinnen und Demokraten können über dieses rechtswidrige und undemokratische Vorgehen nur aufs Äußerste entsetzt sein und eine sofortige Rücknahme dieses Totalverbots fordern.
Was auf dem Tahrir-Platz in Kairo, an der Puerta del Sol in Madrid oder im Zuccotti Park von New York möglich war, muss auch in Frankfurt am Main möglich sein. Es ist das gute Recht der Menschen in Europa, gegen die Zerstörung des Sozialstaats, die massenhafte Vernichtung von Arbeitsplätzen und die permanente Bankenrettung auf die Straße zu gehen; denn es bleiben nur noch wenige Wochen, um die Ratifizierung des verfassungswidrigen Fiskalvertrags und den permanenten europäischen Bankenrettungsschirm ESM zu stoppen. Wer verhindern will, dass die Politik der unsozialen Kürzungsprogramme europaweit in Stein gemeißelt wird, während den Banken gleichzeitig weitere Milliardensummen nachgeworfen werden, der sollte sich an den Protesten in Frankfurt beteiligen.
Rosa Luxemburgs Ausspruch „Sozialismus oder Barbarei“ hat angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise nach wie vor Gültigkeit. Wir wissen, dass die Gesellschaft vor dieser Frage steht. Wir haben uns entschieden: Wir werden weiterhin hier im Parlament gegen Krise, Krieg und Kapitalismus eintreten. Das werden wir aber auch vom 16. bis 19. Mai auf den Straßen in Frankfurt am Main tun. Dazu lade ich Sie herzlich ein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ehrlich gesagt, fühle ich mich ein bisschen wie ein Störer; denn ich habe das Gefühl, ich breche in einen Tanz ein, dessen Regeln festgelegt sind, bei dem beide Tänzer vor sich hintanzen, sich aufeinander beziehen – aber nie inhaltlich. Ich glaube, es ist notwendig, das zu sagen.
Ich will am Anfang Folgendes durchaus deutlich machen. Gewalt ist kein Mittel der Politik. Kein Sozialdemokrat wird etwas anderes sagen.
Trotzdem gab es in Deutschland eine Zeit, in der dieser Satz nicht stimmte. Die Attentäter des 20. Juli 1944 waren Gewalttäter, und sie hatten recht. Ich sage Ihnen das so deutlich, weil ich dafür bin – –
(Minister Boris Rhein: Was vergleichen Sie da mit- einander? – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Welchen Zusammenhang stellen Sie denn da her? – Weitere Zurufe von der CDU)
Hören Sie mir einfach zu, dann wissen Sie, worauf ich hinaus will. – Meine Position ist: Der Weg von Mahatma Gandhi, der mehr Mut erfordert hätte, wäre selbst in dieser Situation der bessere Weg gewesen. – Ich versuche, das zu beschreiben, weil ich glaube, dass die LINKE den Fehler macht, sich bei ihrer Auseinandersetzung mit der Frage der Gewalt nicht detailliert mit den jeweiligen Problemen zu beschäftigen.
Ich will ein zweites Beispiel aus der Geschichte beschreiben, wo eine ganze Reihe von Menschen einen, wie ich meine, groben Fehler gemacht haben. Am Ende der Weimarer Republik hat eine Reihe von Gruppen die Auseinandersetzung mit einer bestimmten anderen Gruppe gesucht, statt den Rechtsstaat zu stabilisieren, und damit dafür gesorgt, dass der Rechtsstaat verschwunden ist. Auch das ist eine Lehre, die die Sozialdemokraten in ihr Geschichtsbild eingegraben haben. Das werden wir nie wieder zulassen, denn der Rechtsstaat ist eines der höchsten Güter, das wir zu verteidigen haben.
Das heißt, Sie werden in diesem Hause keinen Sozialdemokraten finden, der die Bedrohung oder gar Verletzung von Personen, der die Gewalt gegen Sachen für ein Mittel der Politik hält. Gewalt ist kein Mittel von Politik.
Das ist nicht nur ein Werturteil, sondern dafür gibt es auch gute Argumente. Die Menschen, die sich nicht an politischen Demonstrationen beteiligen, haben ein Recht darauf, ohne Angst durch die Stadt gehen zu können. Das gilt übrigens auch für Polizisten im Einsatz. Allein das wäre schon Grund genug, Gewalt abzulehnen.
Die Bürgerinnen und Bürger, die demonstrieren, haben übrigens das gleiche Recht. Wer vor oder hinter dem schwarzen Block läuft, also sozusagen davon betroffen ist, hat das Recht, vor ihm geschützt zu werden. Ich sage das so deutlich, weil das ebenfalls ein Freiheitsrecht ist.
Das heißt, wer für die Gewaltfreiheit bei Demonstrationen eintritt, verteidigt auch das Recht der friedlichen Demonstranten und wendet sich dagegen, dass das Demonstrationsrecht missbraucht wird, so, wie es am 31. März bei einer Reihe von Menschen tatsächlich der Fall war. Die GRÜNEN haben mit der Formulierung in ihrem Antrag eindeutig recht.