Protokoll der Sitzung vom 09.05.2012

(Der Redner hält ein Blatt Papier hoch.)

„besetzen, blockieren, demonstrieren“ – ganz deutlich steht das auf ihren Aufrufen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

In einem anderen Aufruf ist in einer Quasi-Tagesordnung für die Tage vom 16. bis 19. Mai zu lesen, was passieren soll: „16. bis 17. Mai Eroberung der Plätze, 18. Mai Blockade von EZB und Finanzzentrum, 19. Mai internationale Demonstration“.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Unglaublich!)

Herr Dr. Wagner, einer der Anmelder – das müssen Sie sich einmal vergegenwärtigen – hat sich in einem Artikel zu genau diesem Thema öffentlich geäußert. Da heißt es nämlich unter der Überschrift „Widerstand als Breitensport“ ganz unverhohlen: „Es geht... nicht darum, dass wir möglichst radikal sind, sondern dass möglichst viele die Radikalität, zu der sie bereit und in der Lage sind, auch praktizieren.“ – Das hat einer der Anmelder veröffentlicht. Es heißt weiter: „Und wir tun es so, dass wir für die Gegenseite den Schaden anrichten, zu dem wir in der Lage sind.“

Es wird dann ganz offen nicht nur über Blockadetrainings geschwafelt und geschrieben, sondern ganz offen auch dafür geworben. Das hat mit Friedlichkeit und Friedfertigkeit und mit dem Demonstrationsgrundrecht in unserem Land überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Dass Sie, der Sie mit zwölf anderen Mitgliedern Ihrer Partei, unter anderem Herrn van Ooyen und Frau Wissler, Anmelder von 13 Kundgebungen in diesem Zeitraum vom 16. bis 19.05. sind, dieses klammheimlich unter dem Deckmäntelchen der Kapitalismuskritik akzeptieren und offensichtlich mittragen, das haben Sie überdeutlich in einem Interview mit der „Frankfurter Rundschau“ vom 5. Mai zum Ausdruck gebracht. Auch hier will ich zitieren. Sie antworten auf die Frage von Herrn Göpfert, der Redakteur ist. Die Frage lautet:

Sie nehmen also Blockaden in Kauf?

Sie antworten nicht, wie jeder normale Mensch darauf antworten würde, mit Nein, sondern Sie sagen:

Ich kann verstehen, dass Menschen so wütend sind, dass sie zu zivilem Ungehorsam greifen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist die Verquarztheit, die wir kennen. Das passt zu dem, was wir hören und sehen. Das passt insbesondere auch zu dem, was die Antifa in Vorbereitung der Tage vom 16. bis 19.05. vor Kurzem veröffentlicht hat. Darin steht nämlich:

Kommt alle nach Frankfurt! Lasst uns den Protest an einen der Orte der Entscheidung tragen! Frankfurt? Fluten!

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist unglaublich, man kann es nicht glauben!)

Das haben Sie dann auch illustriert. Hier sehen Sie

(Der Redner hält ein Blatt Papier hoch.)

flüchtende Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte vor den Bankentürmen in Frankfurt. Hier sehen Sie, wie eine Tsunamiwelle diese Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten fluten soll. Das ist es, um was es geht. Meine Damen und Herren, wenn man sich das anschaut, was kursiert, wenn man sich die Bilder anschaut, die kursieren, wie Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte von einer Welle hinweggefegt werden sollen, dann kann sich jeder ausmalen, was mit diesen Aufrufen gemeint ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Unerträglich!)

Meine Damen und Herren, deswegen sage ich sehr deutlich: Wer dem Antrag von CDU und FDP zustimmt, der stimmt auch einer ganz klaren Distanzierung von Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten zu und setzt für den 16.05. ein deutliches Signal an unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Stimmen Sie deswegen diesem Antrag zu.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Damit komme ich zur Abstimmung, zunächst über Tagesordnungspunkt 44, Entschließungsantrag der Fraktionen

der CDU und der FDP betreffend extremistische Gewalttaten und Infragestellung unseres erfolgreichen Wirtschaftssystems bedrohen die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Wer stimmt diesem Entschließungsantrag zu? – Das sind die Mitglieder der Fraktionen der CDU und der FDP. Wer stimmt dagegen? – Dagegen gestimmt haben die Abgeordneten der LINKEN. Enthaltung? – Die Mitglieder der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN haben sich der Stimme enthalten. Damit ist der Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP mit Mehrheit angenommen.

Ich rufe den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Krisenproteste in Frankfurt zur Abstimmung auf. Wer stimmt zu? – Das sind die Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? – Dagegen gestimmt haben die Mitglieder der Fraktionen der CDU und der FDP. Enthaltungen? – Enthaltungen gab es bei den Abgeordneten der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Dringliche Entschließungsantrag abgelehnt.

Jetzt kommt der Dringliche Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend friedliche Demonstrationen sind Grundrecht – Aufruf zur Gewaltfreiheit – unter Tagesordnungspunkt 77 zur Abstimmung. Hier wurde darum gebeten, zunächst die Abs. 1 bis 8 und Abs. 9 anschließend getrennt abzustimmen.

Wer stimmt den Abs. 1 bis 8 zu? – Das sind die Abgeordneten der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN. Wer stimmt dagegen? – Dagegen gestimmt haben die Mitglieder der Fraktionen der CDU und der FDP. Damit sind die Abs. 1 bis 8 abgelehnt.

Wer stimmt Abs. 9 zu? – Das sind die Mitglieder der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – Dagegen gestimmt haben die Abgeordneten der Fraktionen der CDU, der FDP und der LINKEN.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Damit ist der Dringliche Entschließungsantrag insgesamt abgelehnt.

Ich rufe nun den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Demonstrationsfreiheit sind fester Bestandteil einer lebendigen Demokratie – Gewalt ist nicht hinnehmbar – zur Abstimmung auf. Wer möchte zustimmen? – Das sind die Abgeordneten der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN. Wer stimmt dagegen? – Dagegen gestimmt haben die Mitglieder der Fraktionen der CDU und der FDP. Der Dringliche Entschließungsantrag ist damit abgelehnt.

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Beratungen des ersten Setzpunktes.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 41 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Lärmschutz verstärken – Nachtflugverbot sichern – Drucks. 18/5589 –

Dazu wird Tagesordnungspunkt 26 aufgerufen:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: Fluglärmschlichtung jetzt – Drucks. 18/5516 –

Hierzu gibt es den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 18/5635.

Dazu rufe ich noch Tagesordnungspunkt 76 auf:

Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Ausbau des Flughafens Frankfurt war die richtige Entscheidung – Revision hat zu Rechtssicherheit und Rechtsklarheit geführt – Drucks. 18/5645 –

Ich darf das Wort dem Vorsitzenden der Fraktion der SPD, Herrn Schäfer-Gümbel, erteilen. Die Redezeit beträgt zehn Minuten pro Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist die erste Parlamentsrunde nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Ausbau des Frankfurter Flughafens. Ich kann für unsere Fraktion uneingeschränkt sagen, dass der 4. April 2012 ein guter Tag war.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Ausbau des Flughafens, aber gleichzeitig auch das Nachtflugverbot bestätigt. Es hat damit den fortgesetzten Wortbruch der Hessischen Landesregierung aus Schwarz und Gelb endgültig gestoppt.

(Beifall bei der SPD)

Es wurde nicht nur der fortgesetzte Wortbruch von Schwarz-Gelb hinsichtlich des Ausbaus des Frankfurter Flughafens gestoppt, sondern es ist auch die Argumentation von Schwarz-Gelb der letzten Jahre zum Thema angebliche Rechtssicherheit wie eine Seifenblase geplatzt. Herr Posch, deswegen sagen wir sehr klar – Sie haben dafür nur noch wenige Tage Zeit, Sie sollten das aber vorbereiten, Ihr Nachfolger wird dann dazu die entsprechenden Entscheidungen treffen müssen –: Wir erwarten von Ihnen und dieser Landesregierung, dass Sie die Entscheidung aus Leipzig zügig, aber vor allem rechtssicher umsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Damit komme ich zu den Pirouetten, die Sie jetzt schon wieder zu drehen anfangen. Ich sage hier sehr klar: Die sogenannte Planklarstellung, so wie Sie sie eingebracht haben, ist eine Erfindung der Politik und wird die Rechtsunsicherheit erhöhen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie sich selbst ernst nehmen würden, würden Sie die Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts abwarten. Denn Sie haben immer mit der Rechtssicherheit argumentiert. Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, dass Sie in dieser Phase aus dem Tenor der Urteilsbegründung weitreichende Entscheidungen treffen wollen. Es spricht vieles dafür, dass Sie wie der Teufel das Weihwasser ein Planergänzungsverfahren und damit in der Tat Beteiligungsrechte Dritter scheuen.

Ich sage Ihnen: Wenn Sie jetzt von Rechtssicherheit sprechen, zucke ich nur noch zusammen. Denn was Ihre Rechtssicherheit bedeutet, haben wir in den letzten Jahren immer wieder erlebt. Sie sind in Kassel mit Ihrer Argumentation gescheitert, und Sie sind, Gott sei Dank, auch in Leipzig damit gescheitert.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)