Meine Damen und Herren, wir unterhalten uns hier im Hause regelmäßig über Klimapolitik und die Vorbildrolle des Landes. Das ist auch notwendig, denn ohne diese ständige Erinnerung hätte bei CDU und FDP bis heute niemand erfahren, dass es ein Problem namens Klimawandel gibt.
Der Club of Rome, der bereits 1976 auf die Grenzen des Wachstums aufmerksam gemacht hat, hat gerade einen neuen alarmierenden Bericht vorgelegt, der zeigt, wie dringend nötig eine radikale Energiewende ist, nämlich weg von fossilen Energieträgern mit hohem CO2-Ausstoß und niedrigem Wirkungsgrad.
Leider ist Hessen beim Ausbau der erneuerbaren Energien anders als beim CO2-Ausstoß des Ministerpräsidentenautos nicht spitze, sondern Schlusslicht.
Eine der größten und stetig wachsenden Quellen der Umweltzerstörung und des CO2-Ausstoßes ist der Verkehr und hier neben dem Flugverkehr ganz besonders der Autoverkehr. Es gibt zu viele Autos, die zu viel gefahren werden und die zu viele Abgase ausstoßen.
Deswegen hat die EU-Kommission, die nicht gerade zu den Vorkämpfern ökologischer Fortschritte gehört, 2009 eine Richtlinie erlassen, nach der der Ausstoß von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen in den Fuhrparks öffentlicher Einrichtungen auf 120 g CO2 pro Kilometer begrenzt werden soll.
Meine Damen und Herren, wir haben vor zwei Jahren einen Antrag in den Hessischen Landtag eingebracht, diese Richtlinien in Hessen umzusetzen, was leider von CDU und FDP abgelehnt wurde.
Es ist schlimm genug, dass der Dienstwagen des Hessischen Ministerpräsidenten zu den schlimmsten Dreckschleudern gehört. Aber geradezu ungeheuerlich ist es, dass die Deutsche Umwelthilfe, die bundesweit die Informationen zu den Dienstwagen von Regierungsmitgliedern einholte, erst vor Gericht ziehen musste, um von der Hessischen Staatskanzlei auch nur Auskunft über den CO2-Ausstoß zu erhalten.
Das spricht natürlich wieder Bände über das Verhältnis dieser Landesregierung zu Umweltverbänden und allgemein zur politisch interessierten Öffentlichkeit. Transparenz und Offenheit sind und bleiben die größten Feinde einer schlechten Regierung. Und deshalb scheuen Sie diese auch wie der Teufel das Weihwasser.
Dabei bekleiden Sie politische Ämter. Sie werden aus Steuergeldern bezahlt. Das lateinische Wort „minister“ bedeutet übersetzt „Diener“. Wenn ein Umweltverband von Ihnen auch nur Auskunft über den CO2-Ausstoß eines Dienstwagens haben will, dann muss man diese Landesregierung erst verklagen, bevor man diese Information bekommt.
Die Information, in welchen Autos sich der Ministerpräsident kutschieren lässt, wurde von der Staatskanzlei als sicherheitsrelevant eingestuft – im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern, die bereitwillig Auskunft gaben. Deswegen verstehe ich auch Ihren Beitrag hier gar nicht, Herr Bouffier, wenn Sie sagen, man dürfe nicht Äpfel mit Birnen – –
Sie sagen, man dürfe Äpfel nicht mit Birnen vergleichen. Ich verstehe das nicht. Wieso kann man nicht die Dienstwagen von Ministerpräsidenten untereinander vergleichen? Ich verstehe nicht, wer da Apfel und wer da Birne sein soll.
(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))
Herr Bouffier, Sie sind ja nicht einmal der schlimmste Umweltsünder. Sie teilen sich den zweitletzten Platz mit Hannelore Kraft, der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin aus NRW.
Den harten Kern der Klimasünder bilden Bouffier und Kraft zusammen mit Berlins SPD-Bürgermeister Klaus Wowereit und dem Spitzenreiter unter den PS-Protzern Horst Seehofer. Ich gehe davon aus, dass die Mitglieder der SPD-Fraktion ihre Genossinnen und Genossen in Berlin und NRW umgehend auf diesen Missstand aufmerksam machen.
(Beifall bei der LINKEN – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr gut! – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))
An der Stelle muss sich die SPD nicht auf das hohe Ross setzen, um die Landesregierung mit dem Dienstwagen vorzuführen. Im Hinblick auf Frau Kraft und Herrn Wowereit gilt: Wer im Treibhaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.
Energiesparende Dienstwagen anzuschaffen ist möglich. Das zeigt auch das Bundeskabinett. Natürlich ist auch klar, dass die Umstellung eines Dienstwagens oder die Umstellung eines Dutzends neuer Dienstwagen kaum mehr als Symbolpolitik wäre. Trotzdem ist es richtig, weil es hier um eine Vorbildfunktion geht. Auch hier gilt: Der Fisch stinkt immer vom Kopf. – Wenn der Ministerpräsident ein PS-starkes Statussymbol fährt, dann setzt er ein falsches Zeichen.
(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wie bewerten Sie den Porsche von Herrn Ernst? – Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))
So wird es auch nichts mit der Schaufensterregion Elektromobilität. Es reicht eben nicht, Elektroautos vor die Staatskanzlei zu stellen und auszustellen. Sie sollten vielleicht auch einmal eines benutzen, Herr Ministerpräsident.
Ein ernsthafter Schritt zu weniger Verbrauch wäre, wenn man endlich die EU-Richtlinie umsetzt und den kompletten Landesfuhrpark umstellt. Aber es muss auch die Verkehrspolitik auf den Prüfstand, die beim Energiegipfel völlig ausgeklammert war. Der Verkehr macht die Hälfte des hessischen Energieverbrauchs aus. Wir brauchen eine Verkehrswende, mehr Ausbau des ÖPNV, eine Reduzierung des Automobil- und des Flugverkehrs. Dann können wir auch hier die Klimaschutzziele erreichen.
Frau Kollegin Wissler, vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Stephan. Er spricht für die CDU-Fraktion.
Herr Schmitt, das war zu leise. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident! Eigentlich hat Ministerpräsident Volker Bouffier mit der sachlichen Darstellung der Thematik das weitere Abhalten dieser Aktuellen Stunde überflüssig gemacht.
Aber wir mussten uns hier das eine oder andere anhören. Lassen Sie mich daher das beitragen, woran ich gedacht habe, als ich gelesen habe, dass diese Aktuelle Stunde den Titel hat, Ministerpräsident Bouffier sei beim CO2-Ausstoß spitze.
Warum ist das so? – Wir alle wissen, dass man, wenn man etwas leistet und arbeitet, mehr CO2 ausstößt, als wenn man auf der faulen Haut liegt und nichts tut.
Deswegen wäre es doch richtig, wenn der Ministerpräsident Hessens im CO2-Ausstoß spitze wäre. Wir sollten doch froh sein, dass er so fleißig ist. Wir sollten froh sein, dass er nicht wie andere auf der faulen Haut liegt oder nur heiße Luft ausbläst.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Ministerpräsident ist genauso spitze wie unser Land. Wir sind spitze beim Wirtschaftswachstum. Wir haben das stärkste Wachstum in Deutschland. Wir sind spitze bei der Beschäftigungsquote. Wir haben die höchste Beschäftigungsquote seit dem Krieg. Wir sind in Hessen spitze, weil wir das größte Bruttoinlandsprodukt pro Kopf haben. Das sind die Punkte, bei denen wir spitze sind. Deshalb darf auch ein Ministerpräsident bei seiner Arbeit mehr CO2 ausstoßen.
Zweitens. Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ich dachte, Sie wären vielleicht sauer, weil der Herr Ministerpräsident so viel in Hessen mit seinem gepanzerten Dienstwagen unterwegs ist. Wir haben das gehört. Liebe Kolleginnen und Kollegen, er wird so viel eingeladen, weil er bei den Menschen so beliebt ist. Deswegen verbraucht er einfach mehr CO2 als diejenigen, die nicht eingeladen werden und immer nur hinterherfahren.
Von daher ist es doch ganz richtig – ich finde es auch gut so –, dass dieser erfolgreiche Ministerpräsident dafür etwas mehr CO2 bei seiner Arbeit ausstößt, während er – dazu komme ich gleich – erfolgreich die Projekte der CO2-Vermeidung in Hessen durchführt.
Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, am Dienstag wurde mir dann klar, dass es um sein Auto geht. Das haben die GRÜNEN in ihrer Pressemitteilung erstmals erwähnt.
Das wurde schon gesagt. Wenn Sie und die SPD Umfragen der Deutschen Umwelthilfe benutzen, dann sollten Sie das alles sorgfältig prüfen, bevor Sie zu dieser Aktuellen Stunde kommen. Die Sicherheitsfragen sind vom Ministerpräsidenten ausgiebig erläutert worden. Es wurde auch die Begründung gegeben.
Ich will aber noch das eine oder andere hinsichtlich der Fragen draufsetzen, was Hessen denn tut und wo Hessen hinsichtlich des CO2-Ausstoßes steht. Der durchschnittliche Ausstoß der Fahrzeugflotte der Landesregierung wurde in den vergangenen Jahren um 20 % gesenkt, und zwar von 238 g pro Kilometer auf 192 g pro Kilometer.