Protokoll der Sitzung vom 28.06.2012

Schönen Dank, Frau Schulz-Asche von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Ich rufe jetzt Herrn Mick, FDP-Fraktion, auf.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns mit dem Thema Altersarmut. Es ist zwar schon erwähnt worden, aber ich denke, um die Dinge in die richtige Beziehung zueinander zu setzen, muss man noch einmal darauf hinweisen, dass die heutige Rentnergeneration die wohlhabendste ist, die es in diesem Land jemals gegeben hat. Das ist etwas Positives, und das ist etwas, worüber wir alle uns freuen. Das muss in dieser Debatte einmal erwähnt werden, um die Dinge in Beziehung zueinander zu setzen.

(Beifall bei der FDP)

In breiten Schichten der Bevölkerung ist die Altersarmut noch kein Problem. Aber natürlich besteht angesichts der demografischen Entwicklung Anlass zu der Annahme, dass dieses Problem in den nächsten Jahren auf uns zukommen wird. Gleichzeitig droht bei der bestehenden Ausgestaltung des Rentensystems die Gefahr, dass die Belastung der arbeitenden Generation über das Umlageverfahren immer stärker wird. Bei einer stetig steigenden Zahl von Rentnern und immer weniger Erwerbstätigen ist auch das ein Problem. Wir müssen darauf achten, dass die junge Generation nicht über Gebühr belastet wird.

Klar ist für uns, dass dieses Dilemma nicht allein durch Maßnahmen innerhalb des Rentensystems gelöst werden kann. Es kommen viele Faktoren hinzu. Wir brauchen eine gute Wirtschaftspolitik – über die haben wir vorhin schon diskutiert – und eine gute Bildungspolitik; denn 60 bis 70 % derer, die zu der Risikogruppe gehören, die von Altersarmut betroffen sein könnte, haben keinen bzw. nur einen gering qualifizierenden Schulabschluss. All das sind Themen, die uns auch in anderen Zusammenhängen beschäftigen. Das sind viele Stellschrauben, an denen wir drehen müssen.

Aber natürlich müssen auch Maßnahmen innerhalb des Rentensystems ergriffen werden. Wir müssen das Rentensystem so ausgestalten, dass diejenigen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, im Alter das bekommen, was sie sich durch ihre lebenslange Arbeit verdient haben. Gleichzei

tig muss, was die junge Generation betrifft, die Generationengerechtigkeit gewährleistet sein.

In diesem Zusammenhang muss gesagt werden – das ist eine Tatsache –, dass wir an einer vermehrten privaten Vorsorge nicht vorbeikommen. Ich denke aber, darüber besteht in diesem Hause Konsens.

Einige Maßnahmen zur Förderung der privaten Vorsorge sind von der Bundesregierung schon ergriffen worden. Insofern muss ich Frau Kollegin Schulz-Asche deutlich widersprechen. So wurde etwa das Schonvermögen von ALG-II-Empfängern auf 750 € pro Lebensjahr erhöht und damit verdreifacht. Damit werden die Ersparnisse der ALG-II-Bezieher aus der privaten Altersvorsorge schon heute besser geschützt.

Auch ist im aktuellen Rentenreformpaket der Bundesregierung die Einführung einer Zuschussrente vorgesehen, bei der Einkommen aus der betrieblichen Altersvorsorge – Riester- und Rürup-Rente – 1 : 1 zur Zuschussrente hinzukommen, also nicht mehr angerechnet werden. Wichtig ist aber auch, dass in dem Reformpaket die Anhebung und Flexibilisierung der Zuverdienstgrenzen im Alter enthalten ist. Über diese Kombirente ist ein Hinzuverdienst bis zur Höhe des früheren Einkommens möglich, wobei bei einer Überschreitung eine stufenlose Anpassung der Rentenhöhe erfolgt.

All das sind Maßnahmen, die die Bundesregierung schon heute sehr gut umgesetzt hat und die der Vermeidung der Altersarmut heute und in Zukunft dienen.

(Beifall bei der FDP)

Ich persönlich denke – das ist nicht die Position der FDP, sondern meine private Meinung; Frau Müller hat schon darauf hingewiesen –, bei denen, die gesundheitliche Probleme haben, können wir die Lebensarbeitszeit nicht erhöhen. Es ist klar, dass da Härtefallregelungen getroffen werden müssen. Aber ich bin der Meinung, dass wir dort, wo es gesundheitlich vertretbar ist, um eine weitere Erhöhung der Lebensarbeitszeit langfristig nicht herumkommen werden. Die heutige Generation der älteren Menschen ist so fit wie keine vor ihr, und ich denke, wir sollten ihren Erfahrungsschatz noch mehr nutzen und sie auch länger als bisher im Erwerbsleben behalten. Das ist meine persönliche Meinung. Ich denke, wir sollten die Erfahrungen und die Kompetenzen der Menschen weiter nutzen.

Abschließend bleibt zu sagen: Die aktuelle Situation der Rentner ist, gerade im Vergleich zu vergangenen Zeiten, sehr gut. Wir müssen heute an den richtigen Stellschrauben drehen, damit die Altersarmut auch in Zukunft kein Problem sein wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Schönen Dank, Herr Kollege Mick. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Staatsminister Grüttner das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der festen Überzeugung, dass das Thema Altersarmut aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten ist. Auf der einen Seite ist dem zuzustimmen, was Kollege Mick gerade gesagt hat: Der heutigen Rentnergeneration geht es ausgesprochen gut. Das ist deswegen der Fall, weil sie während ihres Erwerbslebens ununterbrochen arbei

ten und deswegen entsprechende Beitragszahlungen leisten konnte. Vor dem Hintergrund muss man sagen, dass das Rentenniveau in Ordnung ist.

Auf der anderen Seite müssen wir im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung darauf achten, inwiefern über das erzielte Arbeitseinkommen, die entsprechenden Einzahlungen in die Rentenversicherung und mittels der Fortschritte, die bereits eingeleitet worden sind, auch in Zukunft Renten in auskömmlicher Höhe gesichert sind. Insofern ist die Altersarmut ein Thema, mit dem man sich auseinandersetzen kann und muss. Aber angesichts dessen, dass auf der Grundlage der eingeleiteten Reformschritte schon so viel gemacht worden ist, bin ich der festen Überzeugung, dass die Renten, die wir in der Zwischenzeit auf einem stabilen Niveau gehalten haben, auch in Zukunft gesichert sind.

Ich bitte das Parlament um Nachsicht dafür, dass ich den Rest meiner Ausführungen zu Protokoll gebe, da ich um diese Uhrzeit relativ große Probleme bei der Artikulation habe. Das ist keine Missachtung, sondern einfach ein gesundheitliches Problem. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(siehe Anlage – Beifall bei der CDU und der FDP)

Schönen Dank, Herr Staatsminister Grüttner. – Damit haben wir die Große Anfrage besprochen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Große Anfrage der Abg. Cárdenas, Schaus, Schott, Dr. Wilken, van Ooyen, Wissler (DIE LINKE) und Fraktion betreffend Krankheitsstand des Personals an Schulen und Schulämtern, dessen Folgen und Bewältigung – Drucks. 18/5471 zu Drucks. 18/4580 –

Diese Große Anfrage wird zur abschließenden Beratung an den Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Große Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Unterrichtsausfall aufgrund der strukturellen Unterversorgung hessischer Schulen – Drucks. 18/5583 zu Drucks. 18/5239 –

in Verbindung damit Tagesordnungspunkt 34:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Landesregierung bereitet „Wortbruch“ vor: 105-prozentige Lehrerversorgung passé? – Drucks. 18/5815 –

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Da es keinen Unterrichtsausfall gibt, ersatzlos zurückgezogen!)

Beides wird zur abschließenden Beratung an den Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Energiearmut bekämpfen: Wiederaufnahme der Heizkostenpauschale für Wohngeldempfänger im Wohngeldgesetz – Drucks. 18/5527 –

Der Antrag wird zur abschließenden Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen, mitberatend ist der Sozialpolitische Ausschuss.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Umwelt- und Naturschutz mit den Menschen umsetzen –

flexible Kompensation für nachhaltigen Naturschutz – Drucks. 18/5534 –

Der Antrag wird zur abschließenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Antrag der Abg. Merz, Roth, Faeser, Habermann, Gnadl, Siebel, Dr. Spies (SPD) und Fraktion betreffend Erweiterung des § 25a des Aufenthaltsgesetzes – Drucks. 18/5537 –

Der Antrag wird zur abschließenden Beratung an den Innenausschuss überwiesen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 16:

Antrag der Abg. Merz, Roth, Faeser, Habermann, Gnadl, Siebel, Dr. Spies (SPD) und Fraktion betreffend Abschaffung der Residenzpflicht in Hessen – Drucks. 18/5538 –

Hier ist auf jeden Fall die Überweisung an den Innenausschuss vorgesehen, aber auch eine Redezeit von fünf Minuten. – Es hat sich Herr Roth für die Fraktion der SPD gemeldet. Bitte schön, Herr Roth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben Ihnen mit Datum 24. April 2012 einen Antrag vorgelegt, der genau 30 Jahre, nachdem die Residenzpflicht eingeführt worden ist, nämlich 1982, die Residenzpflicht neu regeln möchte. Die Residenzpflicht im ausländerrechtlichen Sinn regelt das Verbot, ein bestimmtes Gebiet ohne behördliche Ausnahmeregelung zu verlassen. Da gibt es zunächst die Zuständigkeit des Bundes, der dies aber den Ländern übertragen hat. Das, was zunächst für die einzelnen Ausländerbehörden gilt, kann durch die Entscheidung der Landesregierung auf eine größere Einheit ausgeweitet werden – in Hessen so geschehen auf das Gebiet der jeweiligen Regierungspräsidien. Es ist aber auch möglich, dies auf das gesamte Land auszuweiten. Das beantragen wir in diesem Antrag unter anderem.

Ich will einige wenige Sätze sagen, warum wir dies tun. In der Diskussion der Enquetekommission „Migration und Integration in Hessen“ haben wir, so glaube ich, fraktionsübergreifend festgestellt, dass die Residenzpflicht aus dem Jahr 1982, die eigentlich in Zeiten einer restriktiven Asylpolitik eingeführt worden war, um eine abschreckende Wirkung auf Flüchtlinge zu haben, nicht mehr, und dafür gibt es viele Gründe, in diese Zeit passt.

Deshalb ein paar Gründe: Die Chance auf eine umfassende Bildung und die Teilnahme an sportlichen und kulturellen Veranstaltungen sind durch diese Regelung doch sehr eingeschränkt; besonders schränkt sie – da ist es ein maßgebliches Hindernis, und das war das Thema in der Enquetekommission – bei der Suche nach Beschäftigung ein. Daher passt diese Regelung so nicht mehr in die Landschaft.

Beim Wegfall der Residenzpflicht im Kleinen und bei der Ausweitung auf die Landesebene haben wir außerdem den Vorteil, dass der Verwaltungsaufwand, der damit gewiss verbunden ist, vor allem für die Polizei und die Justiz, deutlich zurückgehen wird und dass wir die Gefahr einer Kriminalisierung der Betroffenen deutlich reduzieren können.

Wir beantragen außer der einen oder anderen Feststellung am Anfang des Antrags im Wesentlichen drei Punkte:

Erstens, das steht in Ziffer 4. Die Landesregierung wird aufgefordert, auf der Grundlage des § 58, den ich eben kurz umschrieben habe, durch Rechtsverordnung zu ermöglichen, dass sich Asylsuchende im gesamten Gebiet des Landes Hessen vorübergehend aufhalten können. An der Stelle will ich den Staatsminister des Innern ausdrücklich loben

(Minister Jörg-Uwe-Hahn: Vorsicht!)