Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

Okay. – Ich bedanke mich für das Zuhören.

(Beifall bei der LINKEN)

Das war auch gut. – Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend weitere Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich verhindern – Steuergerechtigkeit herstellen, Drucks. 18/6226. Wer stimmt diesem Dringlichen Entschließungsantrag zu? – SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – DIE LINKE. Damit ist dieser Dringliche Entschließungsantrag mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Frauenquote in Auf- sichts- und Verwaltungsräten darf nicht an hessischen CDU- und FDP-Männern scheitern) – Drucks. 18/ 6215 –

Fünf Minuten Redezeit. Das Wort hat der Kollege Al-Wazir, Fraktionsvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsi- denten)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am letzten Freitag hat der Bundesrat eine sehr gute Entscheidung getroffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LIN- KE))

Die Mehrheit in der Länderkammer hat sich nach Jahrzenten von folgenlosen Selbstverpflichtungen der Wirtschaft dazu durchgerungen, zu sagen, es müsse jetzt eine gesetzliche Regelung für eine verpflichtende Mindestquote zur Gleichstellung der Geschlechter auch in Aufsichts- und Verwaltungsräten in der Wirtschaft her.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Diese Mehrheit ist zustande gekommen, weil nicht nur die rot-grün regierten Länder, sondern auch die Ministerpräsidenten des Saarlandes und von Sachsen-Anhalt, Frau Kramp-Karrenbauer und Herr Haseloff, gesagt haben:

Dieses folgenlose Gerede reicht, jetzt müssen Regelungen her. – Sie haben sich im Sinne der Vernunft nach jahrelangem Zuschauen, als nichts passiert ist, gesagt, es muss jetzt eine Regelung her.

Was hat die Hessische Landesregierung getan? Erstens stand sie, wie so oft, auf der falschen Seite der Geschichte.

(Zuruf von der CDU: Na, na, na!)

Sie hat in diesem Punkt nämlich schlicht diesen Vorschlag abgelehnt.

Zweitens – und da wird es ganz doll –: Der bekannte Frauenpolitiker Jörg-Uwe Hahn hatte nichts besseres zu tun, als einen Brief an die Bundeskanzlerin zu schreiben und darin zu sagen, ein solch schwarzer Freitag dürfe sich nicht wiederholen. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, es war kein schwarzer Freitag, es war ein Sieg der Vernunft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Warum? Die Gleichstellung der Geschlechter auch in der Wirtschaft ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit. Es ist auch eine Frage der wirtschaftlichen Vernunft. Sie bestimmt über die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Offene, gleichberechtigte und durchlässige Unternehmenskulturen sind innovativer und erfolgreicher. Unternehmen mit gemischten Teams arbeiten innovativer und erfolgreicher, weil sie eine Kombination verschiedener Weltsichten, aus unterschiedlichen Perspektiven und aus vielfältigen Fähigkeiten haben und weil sie damit einfach besser und erfolgreicher sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ein Blick auf das Fraktionsfoto der FDP zeigt, was passiert, wenn man es nicht so hält. Dann ist man nämlich schlechter, nicht so erfolgreich und erhält schlechtere Ergebnisse.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Hahn hat es noch nicht verstanden! Das müsste man ihm noch einmal erläutern!)

Wir haben zehn Jahre folgenloser Selbstverpflichtungen hinter uns. Seit Jahrzehnten diskutieren wir über dieses Thema. In den letzten zehn Jahren ist der Anteil von Frauen in den Vorständen der DAX-Unternehmen gestiegen. Soll ich Ihnen erzählen, um wie viel? Von 2,5 % auf 3,7 %.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wow!)

Das müssen Sie sich einmal vorstellen. Wie dringend wir in diesem Bereich eine Regelung brauchen, zeigt ein Blick in die hessische Landesregierung. Inzwischen ist zwar fast die Hälfte aller Beamten weiblichen Geschlechts. Wenn Sie aber einmal in die Führungsetagen schauen, dann stellen Sie fest, dass im Innenministerium, im Finanzministerium, im Justizministerium und im Wirtschaftsministerium die Abteilungsleiterpositionen frauenfreie Zonen sind. Das zeigt, dass sich hier dringend etwas ändern muss –

nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der hessischen Landespolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir steuern auf eine Phase von Fachkräftemangel zu. Die Frauenerwerbsquote hat sich in den letzten Jahren zwar positiv entwickelt, allerdings arbeiten nur 55 % dieser Frauen Vollzeit. Das heißt, wir brauchen dringend eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir brauchen dringend andere Unternehmenskulturen. Wir brauchen dringend auch Entgeltgleichheit; das ist ein weiteres Thema, das auf der Tagesordnung steht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Zur gestern diskutierten Frage der Altersarmut ist dies übrigens auch ein wesentlicher Punkt; denn wenn ich mein Erwerbsleben lang immer weniger verdiene, habe ich natürlich auch im Alter weniger Rentenansprüche. Das betrifft auch insbesondere Frauen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP)

Nach Jahrzehnten der Diskussion muss man einfach feststellen, die Wirtschaft macht es offensichtlich aus eigenem Antrieb nicht, jedenfalls nicht in der Breite. Deswegen muss man an diesem Punkt sagen: Der letzte Freitag war kein schwarzer Freitag, er war ein Signal dafür, dass die Zeichen der Zeit von immer mehr Menschen erkannt werden.

Ich hoffe, dass sich die Vorsitzende der Frauen Union in der CDU durchsetzt, damit an diesem Punkt der Fraktionszwang im Bundestag aufgehoben wird und am Ende nicht die Männer von der FDP allein darüber bestimmen, was in der deutschen Wirtschaft passiert oder nicht. Die Mehrheit des Bundestages wäre für ein solches Gesetz auf jeden Fall vorhanden, wenn frei abgestimmt würde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Al-Wazir, Sie müssen dringend zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Wer die Zeichen der Zeit nicht erkennt, der geht unter. Oder, um es anders zu sagen: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, sehr geehrte Herren von der FDP.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP: Ei, ei, ei!)

Vielen Dank. – Das Wort hat die Abg. Ravensburg, CDUFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Herr Al-Wazir, vielleicht sollten wir einmal ganz sachlich wieder auf die Landesebene zurückkommen. Sie haben es mir durch diese Aktuelle Stunde ermöglicht, einmal darzustellen, wie die CDU-Landtagsfraktion zur Frauenquote steht.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da sind wir aber mal gespannt!)

Wir stehen nämlich auch zur Quote. Aber wir stehen zur flexiblen Frauenquote.

(Beifall bei der CDU – Lachen und Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will Ihnen auch erläutern, warum wir dazu stehen und warum Ihre Meinung nicht unsere ist.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsi- denten)

Wir wissen – und da stimmen wir vielleicht überein –, dass Frauen die besseren Abiturprüfungen ablegen, Frauen haben bei der Zahl der Hochschulabsolventen längst aufgeschlossen. Deshalb können wir mit dem Anteil der Frauen in Führungspositionen nicht zufrieden sein, und wir wollen ihn verbessern.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Demonstrati- ver Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Schön, dass Sie klatschen; denn darüber sind wir uns ja erst einmal einig.

Aber jetzt sollten wir auch darüber sprechen, auf welchem Weg wir das erreichen wollen. Dazu gibt es verschiedene Meinungen, auch in meiner Partei. Ich habe durchaus Verständnis für die Frauen – und davon gibt es eine ganze Menge –, die überhaupt keine Quote wollen. Sie wollen nach ihrer Leistung beurteilt werden, und sie erwarten von ihrem Unternehmen, dass ihre Leistung honoriert wird,