Aber es gibt noch viel zu tun; denn das vorliegende Konzept, das uns der Herr Sozialminister freundlicherweise überlassen hat – ich weiß es ausdrücklich zu schätzen, dass er mir und den anderen Sprechern der Fraktionen in diesem Haus vorab eine Zusammenfassung hat zukommen lassen –, zeigt, dass es noch viel zu tun gibt. Es wird dort nämlich die Logik des Unternehmenscharakters des Einzelkrankenhauses auf den Gesamtkomplex übertragen, statt die Bedeutung der Daseinsvorsorge als des Primats von Versorgung – sie kommt vor der Wirtschaftlichkeit – angemessen zu würdigen.
An der Stelle ist das Konzept ein Schritt in die richtige Richtung – das will ich überhaupt nicht bestreiten –; aber es gibt noch erheblichen Handlungs- und Überarbeitungsbedarf, um der Ökonomisierung des Gesundheitswesens entgegenzuwirken und die Versorgung an die erste Stelle zu setzen. Die Gesundheit ist nämlich keine Ware, und Krankenhäuser sind keine Kaffeemaschinenfabriken. An die erste Stelle gehört eine gute Versorgung für die Bürgerinnen und Bürger. Daher muss an diesem Konzept noch eine Menge gearbeitet werden.
Vielen Dank, Herr Kollege Spies. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Schulz-Asche, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Immer mehr kommunale hessische Krankenhäuser sind in den letzten Jahren in die roten Zahlen geraten. Das gilt insbesondere für den Ballungsraum des Rhein-Main-Gebiets.
Es gibt viele Gründe dafür, von denen ich drei Hauptgründe nennen will: Der eine Grund ist die unzureichende Investitionsförderung seitens des Landes. In Verbindung damit steht zweitens eine reformbedürftige Finanzierung über Fallpauschalen. Drittens gibt es eine strukturelle Benachteiligung kommunaler Kliniken gegenüber den durch Großkonzerne betriebenen privaten Kliniken.
Diese strukturelle Benachteiligung ist ein Grund dafür, warum wir beobachten müssen, dass immer mehr kommunale Krankenhäuser Schwierigkeiten haben, so wirtschaftlich zu arbeiten, dass sie sich langfristig finanzieren können. Die Folge davon – das können wir im Rhein-MainGebiet beobachten – ist ein Konkurrenzkampf zwischen
den Kliniken um Spezialisten und um Patienten. Mit einer optimalen Patientenversorgung hat das inzwischen leider nur noch wenig zu tun.
Deswegen begrüßen wir es ausdrücklich, dass sich Herr Gesundheitsminister Grüttner dieses Themas – wenn auch spät – angenommen und ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, das die Frage beantworten kann: Wie können wir es schaffen, die kommunalen Krankenhäuser in Hessen zu retten und nachhaltig aufzustellen? Wir finden, dass das vorgelegte Gutachten eine interessante Grundlage für eine Diskussion darüber ist, wie die kommunalen Krankenhäuser als Teil der Daseinsvorsorge auch in Zukunft erhalten bleiben können.
Aber wenn man ein solches Gutachten vorlegt – die Diskussion hat in den Kommunen gerade erst begonnen –, stellt man natürlich fest, dass noch einige Fragen offen sind. Ich finde, eine der zentralen Fragen ist, wer eigentlich, gerade in überversorgten Gebieten, die politischen Entscheidungen über die Gesundheitsversorgung trifft. Es ist zwar richtig, dass man den politischen Einfluss auf das operative Geschäft in den kommunalen Kliniken reduziert – so sieht das im Moment noch aus –, aber man kann meines Erachtens nicht davon ausgehen, dass man die politischen Entscheidungen an die Geschäftsführung einer Holding delegieren kann.
Wir brauchen transparente und demokratische Entscheidungsstrukturen. Deswegen fordern wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Versorgungsatlas, der die Versorgungslage und die Bedarfe transparent darstellt und – mit Beteiligung der Bevölkerung – demokratische Entscheidungen über die zukünftigen Versorgungsangebote in der Region ermöglicht.
Ich freue mich, wie gesagt, über die fachliche Diskussion, die auf der Grundlage dieses Gutachtens jetzt losgetreten wird. Man hat an der Resonanz gesehen, wie sehnsüchtig auf eine solche Diskussion gewartet worden ist.
Eine Frage erfüllt mich aber mit Sorge: Meiner Meinung nach steht die FDP – das ist vielleicht auch kein Wunder – in dieser Frage nicht hinter dem Gesundheitsminister. Wir haben noch keine Presseerklärung der FDP zu diesem Thema gesehen. Ich bin sehr gespannt, was der Vertreter der FDP gleich zu diesem Thema sagen wird.
der sich dafür einsetzt, die kommunalen Kliniken in Hessen zu erhalten. Wir alle sollten uns genau anhören, was der Vertreter der FDP gleich dazu sagen wird. Ich behaupte, hier wird sich ein weiterer Riss zwischen FDP und CDU zeigen. Aber Chaostage im Gesundheitswesen kann sich Hessen nicht leisten.
Wir werden die Diskussion auf der Grundlage dieses Gutachtens konstruktiv begleiten. Wir haben schon engen Kontakt zu allen grünen Gesundheitsdezernenten geknüpft, die Verantwortung tragen, auch zu den kommuna
len Fraktionen. Wir werden uns an dieser Diskussion sehr intensiv und sehr konstruktiv beteiligen; denn uns liegt nicht die Ideologie, sondern eine gute Patientenversorgung am Herzen, und dafür brauchen wir die kommunalen Krankenhäuser. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schulz-Asche. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Rock von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Rock.
(Minister Jörg-Uwe Hahn: Das Geheimnis wird jetzt gelüftet! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Er wurde eben schon anmoderiert!)
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon einiges zur Krankenhauslandschaft in Hessen gesagt worden. Wir haben drei dominante Trägerschaften: Es gibt die öffentlichen, die freigemeinnützigen und die privaten Kliniken. Die öffentlichen Kliniken haben einen erheblichen Anteil an der Gesundheitsversorgung: 50 %, wenn man die Bettenzahlen nimmt, ein Drittel, wenn man von der Anzahl der Kliniken ausgeht. Das ist ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, die Frage zu beantworten, wie man die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen kann.
Wir haben uns im Plenum schon an anderer Stelle mit diesem Thema beschäftigt. Die Vorschläge der Opposition zu diesem Thema waren die üblichen: Das Land soll es bezahlen, und das Land soll sagen, was richtig und was falsch ist. – Das bedeutet auf der Landesebene eine Dominanz über die kommunalen Kliniken.
Das ist nicht das, was wir wollen. Denen, die hier jetzt wieder versuchen, einen Gegensatz zu konstruieren und die privaten den öffentlichen Kliniken gegenüberzustellen, sage ich: Ich glaube, die Privatisierung ist für die Kliniken weiterhin ein wichtiges Thema. Ich glaube auch, dass in Hessen weiterhin Kliniken privatisiert werden; denn das ist ein guter Weg, um die Gesundheitsversorgung sicherzustellen.
Frau Schulz-Asche, ich weiß nicht, ob Sie das Konzept wirklich bis zur letzten Seite gelesen haben. Herr Spies hat es genauer gelesen. Diesen Eindruck habe ich jedenfalls bei seinem Redebeitrag bekommen. Dieses Konzept reduziert nämlich den operativen Einfluss der Kommunalen deutlich, wenn es ihn nicht sogar fast ausschließt, und bedeutet daher die Übertragung eines Unternehmerkonzepts auf einen solchen Verbund.
Das ist natürlich der Grund dafür, warum er aus unserer Sicht, aus der des Ministeriums und aus der der Kommunen und Kreise, die sich vielleicht beteiligen, dann die entsprechende Effizienz zeigen kann. Von daher muss man das Konzept genau betrachten. Das werden wir tun. Es sind in diesem Konzept noch ein paar Leerstellen.
Ich glaube, für uns sind drei Dinge ganz wichtig, die ich hier auch formulieren will. Wir haben in der Gesundheitsversorgung drei Säulen, wenn ein solches Konzept umgesetzt wird, und es ist notwendig, dass sich im öffentlichen Sektor etwas tut. Viele Kliniken stehen mit dem Rücken zur Wand. Es gibt natürlich Unterschiede, es gibt auch kommunale Häuser, die nicht mit dem Rücken zur Wand stehen, aber es gibt viele, die das tun. Von daher ist es gut, wenn man ihnen ein Konzept vorlegt, das sie in kommunaler Selbstverwaltung übernehmen und entsprechend ausgestalten können, wobei das Land ein Moderator ist, um das voranzubringen.
Für uns sind aber drei Dinge ganz wichtig. Eines davon lautet natürlich ganz klar: Es dürfen den anderen Akteuren durch dieses Konzept keine Wettbewerbsnachteile entstehen. Es muss weiterhin ein fairer Wettbewerb möglich sein.
Wir wollen nicht, dass das durch Landesmittel unterstützt wird. Das sieht das Konzept auch nicht vor. Das ist uns auch sehr wichtig.
Es darf in der Umsetzung nachher auch keine Benachteiligung in irgendeiner Art und Weise für die anderen Akteure in dem Bereich geben. Darauf muss man eben achten, wenn das umgesetzt wird. Von daher sind diese drei Bestandteile für uns deutlich und klar.
Ich möchte auch ganz klar begrüßen, dass es eine Initiative gibt, um eben diesem schwierigen Bereich eine Möglichkeit zu geben, sich selbst aus diesem Problem zu befreien. Ob das nachher klappt und wie viele mitmachen, müssen wir sehen. Es wird für jede kommunale Gebietskörperschaft eine Herausforderung sein, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ich habe das selbst einmal erlebt. Wir haben damals fast drei Jahre lang gebraucht, um eine Privatisierung auf den Weg zu bringen.
Es ist für kommunale Gebietskörperschaften sehr schwierig, solche Steuerungselemente wahrzunehmen, weil natürlich nicht jeder Stadtverordnete und nicht jedes Kreistagsmitglied ein Krankenhausmanager ist. Von daher ist es gut, wenn jetzt die Möglichkeit besteht, das womöglich fachlicher aufzustellen, um Probleme, die durch politische Einflussnahme entstehen, stärker auszuschließen. Wir werden den Prozess positiv begleiten. Die drei Problemfelder, die ich gesehen habe, habe ich benannt.
Wir sind in keinem rechtsfreien Raum. Das Kartellrecht gilt; die Frage der Beihilfe wird rechtlich überprüft. Es gibt völlig klare gesetzliche Vorgaben, die dementsprechend durch das Konzept auch nicht außer Kraft gesetzt werden. Von daher glaube ich, dass es eine Möglichkeit gibt, wo wir in großem Konsens, unter Beachtung der drei Punkte, die ich genannt habe, aus Sicht der FDP vorankommen können.
Ich bin froh, dass wir eine Möglichkeit haben, den kommunalen Kliniken, die in großen Schwierigkeiten sind, eine Möglichkeit zu eröffnen, wobei ich noch einmal deutlich sage: Für uns ist die Privatisierung auch weiterhin ein wichtiger Ausweg aus dieser Situation. Ich glaube, es gibt genügend kommunale Gebietskörperschaften, die diesen Weg dann auch gehen werden. Von daher würde ich eine
aufgeregte Debatte zu dem Bereich nicht empfehlen, sondern einen konstruktiven Dialog. In diesen ist der Minister getreten. Die Fraktionen haben ihn angenommen, und an dem beteiligt sich natürlich auch die FDP. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rock. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Schott von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Schott.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister, auch wenn Ihr Umgangsstil mir gegenüber mindestens schlecht ist, würde ich einmal sagen, nehme ich zur Kenntnis und erkenne an der Stelle trotzdem an, dass Sie sich sehr intensiv und konstruktiv mit der Situation der kommunalen Krankenhäuser auseinandergesetzt und versucht haben, diese zu erhalten, und dass der Wahnsinn, alles zu privatisieren, zumindest gebremst ist – „gestoppt“ würde ich nicht sagen.
(Janine Wissler (DIE LINKE): Fast ein Lob! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Dickes Lob! – Minister Stefan Grüttner: Ich weiß gar nicht, was ich damit anfangen soll!)
Es ist mir eigentlich völlig wurscht, was Sie damit anfangen. Ich möchte aber deutlich machen, dass wir in der Lage sind, zu differenzieren und zur Kenntnis zu nehmen, was in diesem Hause passiert und was nicht – auch wenn Sie uns immer wieder unterstellen, dass wir das nicht tun.
Ich finde es ausgesprochen gut, richtig und wichtig, dass wir schauen, ob und wie wir kommunale Krankenhäuser erhalten können. Ich weiß noch nicht wirklich, ob das der Weg zum Erhalt ist oder ob das nicht Tür und Tor öffnet, um den Erhalt eigentlich zu verhindern oder den Einstieg in die Privatisierung noch deutlicher zu öffnen. Das ist mir noch nicht ganz klar: vielleicht auch nicht, ich weiß es tatsächlich nicht. Das muss man genau betrachten.
Letztendlich geht es hier um Vielfalt in der Landschaft. Wir sehen das nicht so, dass Vielfalt hier hilfreich ist. Wenn Herr Rock vom Wettbewerb spricht, dann finde ich: Was unsere Gesundheit anbelangt, ist der einzige Wettbewerb, und zwar der absolut einzige, der zulässig ist, der um die beste Gesundheitsversorgung der Menschen in diesem Lande. Jede andere Form von Wettbewerb hat da aus unserer Sicht nichts, aber auch gar nichts verloren.