(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Tarek Al- Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben keine Ahnung!)
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Wir brauchen diese Visa-Warndatei. Ich sage Ihnen für die CDU-Fraktion: Wir haben kein Verständnis dafür, dass Frau Zypries hier ihre Hausaufgaben nicht gemacht und es verabsäumt hat,
in der Regierungszeit einen entsprechenden Entwurf vorzulegen. Dadurch, dass das nicht erreicht worden ist, gefährdet sie am Ende die Sicherheit, aber auch die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. – Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Nancy Fae- ser (SPD) und Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Reaktionär!)
Herr Präsident, ich weiß nicht, wer das mit dem „Reaktionär“ eben gerufen hat. Wenn ich damit gemeint war – – Ich weiß es nicht.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Diese Debatte hat viele Facetten. Bevor ich ein paar Bemerkungen im Einzelnen mache,möchte ich eines sehr deutlich sagen. Herr Kollege Schäuble ist hier mehrfach als „Überwachungsminister“ diffamiert worden.
Als jemand, der jetzt zehn Jahre lang Verantwortung für die Innenpolitik trägt,sage ich einmal:Man muss nicht mit jeder Position des Kollegen Schäuble übereinstimmen. Aber Wolfgang Schäuble gehört zu den erfahrensten und nachdenklichsten Politikern unseres Landes. Er leistet eine hervorragende Arbeit. Er ist als Person – jeder, der ihn näher kennt, weiß das – nachdenklicher als die allermeisten, die mit flotter Zunge über seine Politik sprechen. Ich weise in aller Form solche Beleidigungen wie „Überwachungsminister“ zurück.
Ich habe dieser Debatte sehr aufmerksam zugehört. Lassen wir die bekannten üblichen Spiele einmal beiseite: Wer ist der größte Datenschützer, die GRÜNEN oder die FDP? Denn beide haben das gleiche Wählerpotenzial.
Es kann ernsthaft keine Diskussion darüber geführt werden, dass man etwas gegen Visamissbrauch unternehmen muss. – DIE LINKEN sind gegen alles, die lassen wir jetzt einmal außen vor.
Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass dort erheblicher Missbrauch erfolgte, dann hat man das in dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages erfahren. Das kann jeder nachlesen. Ich glaube, deshalb kann diese Diskussion sehr versachlicht werden.
Es braucht Maßnahmen gegen den Missbrauch von Visa, damit nicht Menschen in unser Land kommen, die in diesem Lande das Sozialsystem missbrauchen oder in noch viel schlimmerer Weise – das ist eben vom Kollegen Beuth
Wenn wir uns darüber einig sind, dann geht es um die Frage: Wie gehen wir mit dem im Kern schwierigsten Bereich, um den es hier geht, um, nämlich mit dem Problem des § 3 Abs. 3 des ursprünglichen Entwurfs, mit dem Thema der Mehrfacheinlader?
Vernünftigerweise kann niemand ein Interesse daran haben, eine sehr große Zahl von Menschen zu kriminalisieren.
Diese Diskussion leidet immer darunter, dass immer dann,wenn einer glaubt, es gehe um Datenschutz, hier bekenntnishaft der Datenschutz heruntergebetet wird.Aber das ist Unsinn. Es geht vielmehr immer um das Gleiche: Wir müssen immer neu zwischen Freiheit und Sicherheit abwägen.
Deshalb ist der Datenschutz kein Suprarecht. Und deshalb ist die Frage, ob es klug sein kann, dass wir feststellen, ob jemand mehrfach einlädt.Warum?
Kein Mensch kann etwas dagegen haben, wenn eine Universität internationale Kontakte pflegt. Kein Mensch kann etwas dagegen haben, wenn eine Kirchengemeinde internationale Kontakte pflegt. Darum aber geht es nicht.
Der Hintergrund, um den es hier geht, ist ein sehr konkreter. In dieser Debatte ist mehrfach dieses schreckliche Wort vom Schnellschuss gefallen.Meine Damen und Herren, das kann man nicht mehr ertragen. Wir diskutieren seit sechs Jahren über Warn- und Visadatei. Seit sechs Jahren diskutieren wir darüber.
Was hat diese Debatte denn beflügelt? Das will ich diesem Hause nicht vorenthalten. Es gab einen sehr konkreten Fall, der auch die Kollegin Zypries und die sozialdemokratischen Kollegen in der Bundestagsfraktion der SPD zu der Überzeugung gebracht hat: Ja, wir müssen da etwas tun.
Dieser Fall ist mit dem Stichwort Kofferbomber verbunden. Vielleicht erinnern Sie sich noch daran – es ist nicht ewig her –, dass zwei Mann mit dem Hinweis in unser Land eingereist sind, dass sie hier studieren wollten. Sie haben einen furchtbaren Cocktail vorbereitet, der in diesen Zügen zu etwa 500 Toten geführt hätte, wenn sie ihren Zünder um ungefähr einen halben Zentimeter richtig eingestellt hätten. Das ist Gott sei Dank nicht geschehen. Gleichwohl war es Anlass für die Ermittlungsbehörden, sich intensiv um diese Dinge zu kümmern.
Dabei haben wir Folgendes festgestellt: Derjenige, der den einen wegen des vermeintlichen Studiums aus dem Libanon eingeladen hat,war einer,der bereits zweimal zuvor ebenfalls aus dem gleichen Land Menschen eingeladen und für ihren Aufenthalt als Studenten gebürgt hat,
die ebenfalls im Umfeld des Terrorismus auffällig geworden sind. Das war genau der Hintergrund, um den es hier ging. Ich bekenne mich ausdrücklich dazu: Ich halte es für richtig, dass wir erfahren, ob solches geschieht oder nicht.
Deshalb hilft uns diese vordergründige Diskussion, rechts oder links, nicht weiter. Was sagen wir den Menschen eines Tages – das können Sie alles nachlesen, deshalb kann ich hier offen darüber reden –, wenn sie fragen: Warum habt ihr eigentlich nichts unternommen, obwohl er zum vierten oder fünften Mal jemanden unter falscher Tarnung hierher einlädt? Denn irgendwann wird sein Bombencocktail ja vielleicht einmal funktionieren.
Ich möchte wissen, wer jemanden aus besonderen Ländern einlädt. Damit kriminalisiere ich nicht alle, die irgendeinen internationalen Kontakt haben. Aber ich sage Ihnen in aller Offenheit, ich hätte die Freiheit und den Mut, zu sagen: Ich möchte wissen, wer aus Afghanistan eingeladen wird. Ich möchte wissen, wer aus Pakistan eingeladen wird. Ich möchte wissen, wer aus Somalia eingeladen wird.
Das sind sämtlich Länder, von denen wir wissen, dass sie Brutstätten des internationalen Terrorismus sind, dass sie Ausbildungslager betreiben und dass es sowohl hier im Lande als auch anderswo Menschen gibt, die genau auf dieser Schiene angeworben und ausgebildet werden und dann wieder in unser Land zurückkommen. Jetzt akzeptiere ich jeden Einwand, dass wir dies klug tun müssen und dass wir das nicht mit leichter Hand tun. Daher sage ich noch einmal: Darüber diskutieren wir seit sechs Jahren.Wenn man sich aber hierhin stellt und sagt,es handele sich um ein Werk, das so etwas von verklärt sei, dass man jubeln müsse, wenn es zurückgezogen werde, dann kann ich das nicht akzeptieren.
Meine Damen und Herren, aus Sicht der Hessischen Landesregierung und des Bereichs, den ich hier vertrete, kann ich nur sagen: Wir brauchen ein solches Instrument. Ich bin gern bereit, darüber zu diskutieren, wie wir dies abgrenzen. Das ist auch nicht neu. Eine Fülle der Länder auf dieser Welt hat eine solche Datei. Deshalb werden wir uns daran messen lassen müssen, ob das, was notwendig ist, getan wird,in der Abgrenzung zu dem,was wir nicht zwingend brauchen. Nicht alles, was machbar ist, brauchen wir. Wir würden aber versagen, wenn wir wegen des Fetischs, dass einem daraus vielleicht ein kurzfristiger parteipolitischer Vorteil ersprießen mag, hier nicht handelten. Deshalb kann ich nur sagen: Es wäre mehr als bedauerlich, wenn wir wegen der Blockade, die wir jetzt haben, ein wichtiges Instrument zur Erkennung von Gefahren nicht bekommen.
Es ist schal, und es ist falsch, wenn wir immer nur dann, wenn etwas passiert ist, rufen, dass dringend etwas passieren müsse. Wenn aber eine gewisse Zeit ins Land gegangen ist, dann diskutieren wir immer die gleichen Geschichten wie früher. Das ist in der Sache falsch, und es gaukelt den Menschen auch eine falsche Position vor. Die Landesregierung hat deshalb dieses Vorhaben in ihrer Stellungnahme sowohl gegenüber dem Bundesinnenminister als auch der Bundesjustizministerin begrüßt.Wir arbeiten aktiv mit.Wir sind durchaus in der Lage und haben dazu auch Vorschläge gemacht, wie man das rechtsstaatlich eingrenzen kann. Ich kann mich nur dafür bedanken, dass zumindest die Mehrheit des Hauses die Landesregierung dabei unterstützt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, ich bin Ihnen ausdrücklich dankbar für die Sachlichkeit, die Sie nach dem Kollegen Beuth von der CDU wieder hineingebracht haben.
Herr Minister, vielleicht sollten Sie sich auch für das Lob – ich denke, in diesem Fall nicht von der falschen, sondern von der richtigen Seite – bedanken; denn für das, was Sie hier über die Missbrauchsfälle gesagt haben, die es bei den Visaerteilungsverfahren gibt, haben Sie im Moment auf der anderen Seite dieses Hauses eine Mehrheit, nämlich gemeinsam mit der SPD – und gerade nicht mit der FDP. Sie haben hier in Gänze des Verfahrens nämlich etwas geschildert, was die FDP in Berlin bislang abgelehnt hat. Daher geht es auch noch einmal darum, dies klarzustellen.
Herr Kollege Beuth, ich habe mich aber deshalb noch einmal gemeldet, um klarzustellen, dass eines nicht geht:Wir lassen uns von Ihnen nicht vorwerfen, dass wir nichts gegen die Verbrechensbekämpfung tun würden. Wir haben hier ausdrücklich gesagt, dass Visamissbrauch bekämpft werden muss. Wir haben in Berlin einen gemeinsamen Antrag gestellt.
Nein, Sie waren in Berlin nicht in der Lage, darüber zu reden, worüber der Minister gerade geredet hat, nämlich über eine rechtsstaatliche Umsetzung der Einladerdatei. Das hat die CDU in Berlin leider verweigert.