Protokoll der Sitzung vom 22.11.2012

So wird auch bei diesem Thema mehr als deutlich, dass diese Regierung und die zuständige Ministerin amtsmüde und verbraucht sind, wenn sie dieser Entwicklung so tatenlos zusehen.

Sie haben entweder kein Interesse oder nicht die Kraft, politisch zu handeln, um die Wohnungsnot der Studierenden zu lindern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei haben viele andere Politiker diese Situation bereits in Angriff genommen, beispielsweise die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, die jetzt ein Sonderprogramm aufgelegt hat, um Wohnheimplätze neu zu schaffen, während das in Hessen nicht der Fall ist. Auch der Bundesminister Ramsauer von der CSU hat jüngsten Pressemeldungen zufolge erkannt, dass es zu wenig studentischen Wohnraum gibt, und einen runden Tisch für Bund und Länder einzurichten versucht. Da wir immer weniger Soldaten haben, hat er ganz aktuell vorgeschlagen, die leer stehenden Kasernen für die Studierenden zur Verfügung zu stellen. Übrigens wäre es zumindest in Darmstadt sehr wünschenswert, wenn sich der Minister durchsetzt, weil ein ähnliches Modell bisher immer an der schwerfälligen Bundesbauverwaltung gescheitert ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Diese Beispiele zeigen ganz deutlich, dass die Hessische Landesregierung aufwachen und das Thema anpacken muss. Dabei ist das Angebot an Wohnheimplätzen nun einmal ganz entscheidend.

Unsere hessischen Studierendenwerke stellen an den Standortkommunen Studentenwohnheime zur Verfügung. Die Versorgungsquote ist nach Angaben des Deutschen Studentenwerkes in Hessen mittlerweile bei nur noch 7,4 % angelangt, während sie im Bundesschnitt immerhin noch bei 11,2 % liegt.

Das bedeutet, wir haben eine unterdurchschnittliche Versorgung mit Wohnheimplätzen. Wir brauchen vor allem in den Landesteilen, in denen Wohnraum ohnehin knapp ist, mehr Wohnheimplätze, um die Lage dort zu entspannen. Das Studentenwerk Rhein-Main rechnet z. B. für den Raum Frankfurt mit einem zusätzlichen Bedarf von rund 1.000 Plätzen.

Daher will meine Fraktion mit dem heute vorliegenden Antrag erreichen, dass die Landesregierung endlich Stellung nimmt, wie sie mit dieser sich verschärfenden Situation umgehen und zusätzlichen Wohnraum für Studierende schaffen will.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir stellen Forderungen auf. Wir fordern, dass die Landesregierung aktiv in diese Politik eingreift; denn es kann nicht sein, dass sich die Landesregierung hierbei zurücklehnt und die Arbeit den Studierendenwerken überlässt.

Aus diesem Grund haben wir konkrete Handlungsaufträge erarbeitet, um die anerkennenswerten Anstrengungen der Studierendenwerke, die es bereits gibt, zu unterstützen und mehr Investitionen zu ermöglichen, um weitere Wohnheime zu schaffen. Dies betrifft erstens die Bereitstellung von günstigen Grundstücken – dazu gab es ein lobenswertes Beispiel in Darmstadt –, zweitens die Bereitstellung von vergünstigten Krediten und drittens die direkte Bereitstellung von Fördermitteln im hessischen Landeshaushalt.

Damit wollen wir die Anstrengungen der Studierendenwerke zur Schaffung von neuen Wohnheimplätzen unterstützen, um die Lage für die Studierenden zu entschärfen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiterer Teil unseres Antrags ist es, kreative Lösungen, wie sie beispielsweise mit dem Projekt „Wohnen für Hilfe“ in Marburg versucht werden, als Vorbild zu nehmen und auch in anderen Studentenstädten als sinnvolle Ergänzung einzurichten. Aber es ist natürlich nur ein ergänzendes Angebot. Es ist klar, das sich die Politik über solche Projekte noch einmal an die Bevölkerung wendet und um Hilfe bittet. Auch ich appelliere an die Bevölkerung: Bitte helfen Sie mit. Wenn Sie die Möglichkeit haben, noch ein Zimmer unterzuvermieten, dann tun Sie das und helfen so einem Studierenden oder einer Studierenden.

Aber das kann die Regierung nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Sie ist in der Verantwortung, aktiv zu werden und mehr studentischen Wohnraum zu schaffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Lassen Sie mich zum Abschluss feststellen: Die Landesregierung hat der Entwicklung im Bereich des studentischen Wohnens lange genug zugesehen. Wir kennen kein Programm, keinen Plan der zuständigen Landesministerin, wie sie mit dem Problem umgehen will. Wir brauchen aber jetzt eine Offensive für mehr Wohnheimplätze.

(Beifall des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn wir nicht wollen, dass sich aus fehlenden sozialen Angeboten – dazu gehört ein erschwinglicher Wohnraum – eine wirtschaftliche Selektion beim Zugang zu Hochschulen entwickelt, dann müssen wir handeln. Wir können es uns nicht leisten, Talente zurückzulassen, nur weil sich die Eltern das WG-Zimmer nicht leisten können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Vielen Dank, Herr Kollege May. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Lenders von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Lenders, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vorab will ich sagen: Alle Wohnbauförderprogramme des Landes stehen für den Bau von Studentenwohnungen zur Verfügung. Allein das KfW-Programm sieht einen Zinssatz von 1,25 % vor, was gegebenenfalls noch durch einen Zinszuschuss seitens des Sondervermögens Wohnungsbau des Landes subventioniert werden kann.

Herr Kollege May, ich weiß nicht genau, welche Zielrichtung Sie mit Ihrem Antrag verfolgen. Die maximale Förderung für eine Wohnung, für ein Studentenbett beträgt 50.000 € und ist damit überdurchschnittlich hoch. Auch die Förderung von Sozialwohnungen für Studenten ist durchaus möglich. Das Land Hessen stellt jedes Jahr rund 60 Millionen € zur Verfügung.

(Beifall des Abg. Dr. Matthias Büger (FDP))

Wir können gerne einmal überprüfen, ob es möglich ist, die Belegungsrechte für Sozialwohnungen – bei allen Vor

aussetzungen, die Sozialwohnungen aufweisen und die Studenten erfüllen müssen – auch den Studierendenwerken an die Hand zu geben. Darüber können wir uns gerne im Ausschuss unterhalten.

Sie haben eben angesprochen, dass Sie konkrete Vorstellungen haben. So ganz konkret finde ich das nicht. Einfach 5 Millionen € zur Verfügung stellen zu wollen, ist nicht konkret, Herr May. Sie müssen schon sagen, was Sie mit den 5 Millionen € machen wollen. Wollen Sie damit das Sondervermögen aufstocken und weiter revolvierende Fonds fördern, damit das Geld zielgerichtet bei den Studenten ankommt? Wollen Sie die 5 Millionen € weiterhin für Zinsvergünstigungen einsetzen? Sollen sie den Studierendenwerken gleich als Subvention gezahlt werden? Soll das Land unter Umständen selbst Studentenwohnungen betreiben und unterhalten? Oder sollen für die Beratung – Sie haben es erwähnt, „Wohnen für Hilfe“ – jedes Jahr 5 Millionen € in den Landeshaushalt eingestellt werden? An der Stelle bleiben Sie herrlich unkonkret, Herr May. Das wollen Sie ja auch, sonst hätten Sie das Thema bei den Beratungen zum Wohnraumförderungsgesetz eingebracht. Jeder fragt sich, warum Sie das nicht gemacht haben; denn da gehört es eigentlich hin. Fördermöglichkeiten haben wir genug.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Geld aber nicht!)

Wir können uns im Ausschuss darüber unterhalten, warum nicht schneller oder mehr Studentenwohnungen gebaut werden. Darum geht es Ihnen aber überhaupt nicht. Als Opposition wollen Sie viel lieber über Probleme lamentieren und jammern. Damit sind Sie bei den Studenten kampagnenfähig. Das ist Ihr Ziel.

(Günter Rudolph (SPD): Unverschämtheit!)

Ihnen geht es nicht darum, die Probleme sachgerecht und zielführend anzugehen. Wir sagen ganz klar: Der Antrag gehört nicht in den Ausschuss für Wissenschaft und Kunst. Die FDP beantragt, ihn federführend an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr zu überweisen; da gehört er hin. Der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst kann dann gerne mitberatend tätig sein. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Als nächster Redner hat sich Kollege Weimar von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben wir jetzt ein Problem oder nicht? Und wenn, was machen wir dann damit?)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Über eines brauchen wir, glaube ich, nicht zu streiten: Wir brauchen dringend mehr Wohnraumplätze für Studenten.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN – Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Immerhin! Sie haben in einem Satz mehr zusammengefasst als die Vorredner!)

Wir haben unsere Hochschulen mit 3 Milliarden € ausgebaut. Das Geld ist weitgehend schon platziert, in Bauten umgesetzt worden. Ich bin immer etwas überrascht, dass ein solches Programm, das einmalig in der Republik ist, vollkommen ignoriert wird, wenn über den Zustand der hessischen Hochschulen debattiert wird. Wir haben, wie gesagt, 3 Milliarden € Cash, Geld in die Hand genommen, um Campusstrukturen zu schaffen, um Universitäten funktional besser aufzustellen. Damit wollen wir insgesamt eine andere Kultur an den Hochschulen schaffen. Wir wollen die universitären Einrichtungen wieder zusammenbringen und die Dislozierung zurückfahren.

Dazu gehört natürlich auch das Drumherum. Ich persönlich habe mich immer dafür eingesetzt, dass z. B. Kindertagesstätten geschaffen werden. Auch das wird weitgehend ignoriert. Das Thema stand bei den Hochschulen nicht an erster Stelle. Es geht um Kindertagesstätten nicht nur für die Kinder von Studentinnen und Studenten, sondern auch für die Kinder des wissenschaftlichen Personals. Ein wesentlicher Punkt ist es, Frauen an den Hochschulen, die in den wissenschaftlichen Bereich gehen, besser zu fördern, damit sie nicht einige Jahre aus der Forschung aussteigen. Ihnen müssen entsprechende Angebote gemacht werden.

All das haben wir gemacht. In Bezug auf Studentenwohnungen muss man nüchtern feststellen, dass es zwei Trends gibt: Erstens möchte ich die allgemeine Situation am Wohnungsmarkt ansprechen. Insbesondere in Ballungsgebieten stellt sich für Vermieter die Frage, ob sie an Studenten und Studentinnen vermieten oder die Wohnung auf dem „normalen“ Markt anbieten. Wenn der Druck auf dem Wohnungsmarkt so groß ist, dass man durch reguläre Vermietungen die entsprechenden Renditen erzielen kann, dann lässt man das mit den Studentenwohnungen, weil die Fluktuation relativ hoch ist, weil es Schwierigkeiten in der Verwaltung gibt und Betreuungsleistungen gefragt sind. Private Vermieter sind zu einem beachtlichen Teil nicht bereit, diese zu erbringen bzw. können sie möglicherweise auch gar nicht erbringen.

Zweitens ist die Zahl der Studierenden deutlich gestiegen, was notwendigerweise dazu führt, dass mehr Wohnungen gesucht werden. Dazu muss man allerdings sagen: Der Zulauf zu den Hochschulen bedeutet im Verhältnis zu der Zeit, die Sie brauchen, um Wohnheimplätze zu schaffen, dass Sie dem Bedarf hinterherbauen. Das muss man einfach sehen.

Ich will versuchen, ein paar Punkte fachlich, sachlich so vorzubringen, dass man sich damit vernünftig auseinandersetzen kann: Neben den Privaten, die nach wie vor das Rückgrat des Angebots darstellen, sind die Studentenwerke das Wichtigste für uns. Sie haben ihre Arbeit in den letzten Jahren in außergewöhnlicher Weise sehr gut gemacht. Wir hatten Zeiten, in denen es viele Diskussionen um die Studentenwerke gab. Mittlerweile sind sie hoch professionell aufgestellt, machen ihre Arbeit ganz hervorragend und sind Partner für uns, mit denen wir alles ganz vernünftig durchziehen können. Sie haben im Gegenteil sogar sehr starke eigene Ideen, wie man das Ganze weiterbetreiben kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP sowie bei Abge- ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist richtig, dass wir auf die Studentenwerke setzen. Wenn beispielsweise ein ausländischer Studierender, der die deutsche Sprache noch nicht richtig kann, der vielleicht sogar eine andere Hautfarbe hat, in Frankfurt vor einem

Vermieter steht und eine Wohnung sucht, dann wird er sie in der Realität wahrscheinlich nicht bekommen. Deswegen müssen wir Übergangsphasen schaffen, damit gerade ausländischen Studenten geholfen wird, sich zu integrieren. Dabei sind Studentenwohnheime, in denen die entsprechende Betreuung sichergestellt ist, genau das Richtige.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen müssen wir darauf setzen. Die Betreuungsfrage insgesamt ist insbesondere in den ersten Semestern gegeben.

Die Studentenwerke machen das sehr klug insoweit, als sie die Studenten nur befristet in den Wohnheimen wohnen lassen, sicher mit der Möglichkeit, zu verlängern, wenn die persönliche und soziale Situation entsprechend ist. Aber insgesamt findet so ein schnellerer Umschlag statt, als wenn die Studenten ihre ganze Studienzeit lang in diesen Wohnheimen wohnen. Ausländerkontingente – ich sage das einmal so, Entschuldigung, mir fällt jetzt nichts Besseres ein – werden dort vorgehalten.

Derzeit sind in Hessen 1.800 Wohnheimplätze plus Generalmietverträge in Arbeit bzw. sind weitgehend fertiggestellt. Mit den 1.800 Plätzen, die wir errichten, stehen wir ausweislich einer Mitteilung des Deutschen Studentenwerkes im Moment an dritter Stelle in Deutschland. Ich finde, das ist eine ganz gute Sache. Es sagt nichts darüber aus, dass wir nicht noch viel zu tun hätten. Aber immerhin, wenn man sagt, die Landesregierung tue nichts, ist das nicht ganz in Ordnung, wenn das Deutsche Studentenwerk mitteilt, dass wir momentan dort an dritter Stelle stehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es sind derzeit 1.328 Wohnheimplätze in Bau oder bereits fertiggestellt.