Protokoll der Sitzung vom 22.11.2012

Es sind derzeit 1.328 Wohnheimplätze in Bau oder bereits fertiggestellt.

Lassen Sie mich, weil wir oft allgemein obendrüber reden, ein paar Punkte nennen, die zu berücksichtigen sind. In Kassel ist die Adolfstraße 2 gerade übergeben worden. Am Holländischen Platz bauen wir 150 oder 160 Wohnheimplätze mit einer Kita. Die Finanzierung erfolgt über KfWMittel, über Modernisierungsdarlehen und über Darlehen der WIBank.

Wir haben dort im Moment 33,8 Millionen € in der Ausleihung. Die 60 Millionen €, die eben genannt worden sind, beziehen sich auf den gesamten sozialen Wohnungsbau. Hier werden 33,8 Millionen € zur Verfügung gestellt.

Wir haben in Darmstadt die Berliner Allee und die NiederRamstädter Straße mit über 500 Wohnheimplätzen. Das eine Wohnheim ist fertig, das andere wird in absehbarer Zeit zur Verfügung stehen. Hier werden Kreditmittel aus dem sozialen Wohnungsbau vergeben, weil der Mittelabfluss dort, Gott sei es geklagt, nicht so groß ist wie die Volumina, die zur Verfügung stehen. Außerdem muss ich ehrlich sagen, dass ich kein Problem damit habe, dass Mittel für den sozialen Wohnungsbau für Studentenwohnungen genommen werden, wenn damit sozial Schwächere wie BAföG-Empfänger eine angemessene Wohnung während ihrer Ausbildung an der Universität finden.

In besonderer Weise will ich Frankfurt hervorheben. Im Campus Westend haben wir etwas gemacht, was der eine oder andere etwas mit Naserümpfen gesehen hat. Wir haben mit den Kirchen ein Erbbaurecht gemacht und haben auf dem Campus ein Wohnheim mit 422 Studienplätzen geschaffen. Das ist im Moment fertig.

Das ist auch ganz wichtig unter dem Aspekt, dass dieser Campus abends und nachts bewohnt ist, dass da studentisches Leben ist. Das hat wunderbar funktioniert. Ich bin heute noch ganz stolz darauf, dass wir die nicht ganz einfachen Verhandlungen hinbekommen haben.

Wir haben die Hansaallee 141. Dort werden in zwei Bauabschnitten 400 Studentenwohnungen gebaut und 200 Wohnungen, die das Land Hessen temporär dafür braucht, um die Zollmitarbeiter, die derzeit noch in den Gebäuden auf dem Campus Westend sind, umswitchen zu können. Wenn diese Wohnungen nicht mehr genutzt werden, gehen sie sukzessive in den studentischen Bereich über. Damit reden wir über 600 Wohnungen.

Allerdings reden wir dabei auch über eines. Das müssen wir sagen, damit das auch klar ist: Wir haben über ein Jahr auf die Baugenehmigung gewartet, weil dort ein paar Bäume standen, die nach Meinung des Umweltamtes der Stadt Frankfurt nicht abgeholzt werden können. Die Beteiligten sind bald verrückt geworden, weil sie zig Millionen Euro investieren wollen, um Studentenwohnheime zu bauen, aber keine Baugenehmigung bekommen.

Am 15.11., mit fast einem Jahr Verzögerung, ist jetzt die Baugenehmigung erteilt worden. Ich finde, das ist auch ein Punkt, über den man reden muss. Wenn wir Prioritäten an dieser Stelle haben – ich habe das Projekt Hansaallee mit betrieben; es war gar nicht klar, dass so etwas kommt; ich habe damals selbst dafür gesorgt, dass das in die Prüfung hineinkommt –, kann es nicht sein, dass wir uns einig sind, dass wir die Finanzierung machen, dass wir über 600 Plätze reden, aber keine Baugenehmigung bekommen. Da müssen alle ein bisschen zusammenarbeiten.

(Beifall bei der CDU und der FDP sowie des Abg. Michael Siebel (SPD) – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer war denn der zuständige Dezernent? Herr Schwarz?)

Ich glaube, der ist dafür nicht mehr verantwortlich. Aber, Entschuldigung, ich habe das nicht nötig – to whom it may concern.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein Hinweis, Herr Weimar: Sie haben jetzt eine Redezeitbegrenzung! – Gegenruf des Abg. Holger Bellino (CDU): Dafür haben wir die Präsidentin!)

Danke schön, sehr nett. – Bei der Hansaallee haben wir 20 Millionen € Baukosten des Landes. 10,7 Millionen € Darlehen bekommt das Studentenwerk für den ersten Bauabschnitt.

Herr Kollege Weimar, Sie müssten bitte zum Ende Ihrer Rede kommen.

Das ist sehr schade, aber gut.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann lassen Sie mich noch Folgendes dazu sagen. Das Gefängnis Offenbach wird noch übergeben. Bei der Adolfsallee 49 bis 53 in Wiesbaden hoffe ich, dass sie für einen Erbbauzins von 1 € an das Studentenwerk übergeben wer

den kann. Das Boardinghouse Campus Westend ist ein wichtiger Plan, den wir noch vor uns haben.

Die drei Punkte, die Sie angesprochen haben,

Bitte letzter Satz.

sind ganz einfach zu beantworten: den Einfluss der WIBank nutzen. Die WIBank ist der Hauptfinancier für studentischen Wohnungsbau. Da ist nichts nachzuarbeiten. Die Erbbaugrundstücke werden übergeben vom Land Hessen.

Zum letzten Punkt,

Sie strapazieren jetzt die Geduld.

zum Sonderprogramm von 5 Millionen €. Daran müssen wir anders herangehen. Wir müssen Zinsverbilligungen machen, und das sollten wir im Ausschuss entsprechend besprechen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Weimar. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Wissler von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin Wissler.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben gestern schon über die desaströsen Zustände an den hessischen Hochschulen gesprochen, und es ist gut, dass wir heute gesondert über die Wohnsituation der Studierenden sprechen. Denn hier gibt es ganz besonders große Probleme.

Diese Probleme – da hat Herr May vollkommen recht – sind nicht wie ein Naturereignis über diese Landesregierung gekommen, sondern das ist lange absehbar gewesen. Seit Jahren steht das Thema studentischer Wohnraum auf der Tagesordnung. In vielen Unistädten rufen die Hochschulen alljährlich zu Beginn des Wintersemesters Einwohner dazu auf, privaten Wohnraum zur Verfügung zu stellen, weil es einfach nicht genug Studierendenwohnheime gibt.

Viele Studierende wissen zu Beginn ihres Studiums oftmals gar nicht, wo sie wohnen werden. Oftmals wohnen sie die ersten Wochen in Notunterkünften. Es gibt das sogenannte „Wohnen gegen Hilfe“, oder aus der Not heraus werden überteuerte Mietverträge abgeschlossen. All das gehört zum Alltag an den Universitätsstandorten auch in Hessen. Das hat den Hintergrund, dass einfach viel zu wenig bezahlbarer Wohnraum für Studierende zur Verfügung steht.

Meine Damen und Herren, die „Wirtschaftswoche“ veröffentlichte im August dieses Jahres einen Artikel mit der Überschrift: „Hier scheint die Wohnungssuche aussichtlos“. Von den vier Städten bundesweit, in denen Studierende am schwierigsten Wohnraum finden, sind zwei in Hessen, nämlich Frankfurt und Darmstadt.

Ich bin schon der Meinung, dies ist ein Armutszeugnis für eine Landesregierung, die lieber ein halbes Jahr lang darüber diskutiert, ob sie die Nassauische Heimstätte verkaufen soll, anstatt bezahlbaren Wohnraum nicht nur, aber auch für Studierende zu schaffen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, alles, was der FDP zu diesem Thema hier im Landtag einfällt, ist, dass der Antrag in einem anderen Ausschuss behandelt werden sollte. Liebe FDP, ich halte das für sehr wenig, was Sie dazu zu sagen haben. Offensichtlich ist Ihnen das Problem nicht bewusst. Vielleicht sollten Sie sich einmal mit anderen Studierenden, die diese realen Probleme haben, unterhalten als mit denen von der EBS.

(Beifall der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: In Fulda gibt es z. B. gerade einmal für 4 % der Studierenden öffentliche Wohnheimplätze. Die Zahlen in Fulda haben sich sogar verschlechtert. 2002 waren es noch 8 %, mittlerweile sind es 4 %.

Das ist kein Einzelfall. Auch in Kassel sinkt der prozentuale Anteil an Studierenden, für die Wohnheimplätze zur Verfügung stehen. In Marburg, dem hessischen Spitzenreiter, was die Wohnheimquote angeht, sind es gerade einmal 9,55 % der Studierenden, die einen Wohnheimplatz zur Verfügung haben, und auch hier ist die Tendenz sinkend.

Wenn wir über Frankfurt reden, wo Sie sich gerade mit dem neu errichteten Campus Westend gebrüstet haben: Dort gibt es Studierende, die noch Wochen nach Semesterbeginn auf Wohnungssuche sind und in Notunterkünften oder Zwangslösungen wohnen. Sie lassen diese Studierenden im Regen stehen. Nicht ohne Grund existieren solche Programme wie „Wohnen für Hilfe“, bei denen sich Studenten für eine geringe Miete in Privathaushalten ein Zimmer mieten und sich gleichzeitig verpflichten, im Haushalt der Vermieter zu helfen. Das kann im Einzelfall eine sinnvolle Lösung sein, aber so lässt sich der Mangel an studentischem Wohnraum überhaupt nicht bekämpfen.

Herr Weimar, zu Ihren Ausführungen. Ich finde, Herr Weimar hat hier sehr treffend dargelegt, warum man die Versorgung mit Wohnraum nicht allein dem Markt überlassen darf. Sie haben dargelegt, dass Vermieter, wenn sie vor der Wahl stehen, eher hochpreisigen Wohnraum schaffen, weil man mehr Geld damit verdienen kann, und dass Studenten zweifelsohne auch nicht die Gruppe von Mietern seien, der man am liebsten eine Wohnung vermietet.

Deswegen finde ich die Ausführungen von Herrn Weimar an diesem Punkt sehr richtig. Ich denke, das spricht dafür, dass das Land Hessen, dass die öffentliche Hand auch in der Verantwortung ist, ausreichend Wohnraum zu schaffen, und sich nicht darauf verlassen kann, dass es ausreichende Wohnungen auf dem Markt gibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, der Antrag der GRÜNEN geht in die richtige Richtung. Allerdings geht er uns nicht weit genug. Sie fordern 5 Millionen € für ein Sonderprogramm zur Förderung von Investitionen für Studierendenwohnheime für die Studierendenwerke. Das wäre unbestritten ein Schritt in die richtige Richtung. Mit 5 Millionen € werden Sie dieses Problem nicht ansatzweise in den Griff bekommen.

Wir haben derzeit in Hessen etwa 15.000 Wohnheimplätze für nur 7 % der hessischen Studierenden. Damit ist Hessen bundesweit auf dem drittletzten Platz. Nur Schleswig-Holstein und Bremen sind schlechter als Hessen. Die Studierendenzahlen steigen dramatisch an, und die Ministerin redet die Lage schön. Ich sage nicht, dass in den letzten Jahren überhaupt nichts passiert wäre. Aber angesichts der Studierendenzahlen, die doch zu erwarten waren, wenn man G 8 einführt und weiß, dass man auch Doppeljahrgänge hat, und wenn man sich die Schülerzahlen anschaut – es gibt doch klare Prognosen über die Studierendenzahlen –, haben Sie überhaupt nicht vorgebaut. Was Sie jetzt tun, reicht bei Weitem nicht aus, weil wir einen ganz enormen Nachholbedarf haben.

Teilweise höre ich ein bisschen heraus: Es lohnt sich eigentlich gar nicht so richtig, zu bauen; bis man das alles umgesetzt hat, werden die Studierendenzahlen doch wieder abnehmen. – Immer wieder ist der Versuch vorhanden, zu sagen: Wir müssen den Studentenberg irgendwie untertunneln. – Das ist immer die Richtung, in die diese Diskussion geht.

(Clemens Reif (CDU): Das ist nicht wahr!)

Ich will sehr davor warnen, weil zum einen die Studenten, die in den nächsten Jahren anfangen zu studieren, auf jeden Fall vier, fünf Jahre an den Hochschulen sind. Zum anderen geht es um die Frage, wie wir langfristig die Studierendenquote erhöhen. Es ist eigentlich ein gemeinsames Ziel, auch das der Bundesregierung, die Studierendenquote langfristig zu erhöhen. Deshalb ist es sinnvoll, die Wohnheimplätze jetzt auszubauen. Nebenbei gesagt, glaube ich, dass es kein Problem geben wird, wenn man einen Überfluss an bezahlbarem Wohnraum hat. Es gibt z. B. eine ganze Menge Auszubildende, die sehr froh wären, wenn für sie kostengünstig Wohnraum zur Verfügung stünde.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir fordern in unseren Haushaltsanträgen für die nächsten beiden Jahre 40 Millionen € für ein Programm zum Ausbau von studentischem Wohnraum. Wir sind der Meinung, das ist auf jeden Fall angemessen angesichts der Tatsache, dass man der EBS gerade einmal 25 Millionen € in den Rachen geworfen hat, damit eine Hochschule wie die EBS von öffentlichen Geldern eine Tiefgarage gebaut bekommt. Warum soll es dann nicht möglich sein, auch aktiv Studierendenwohnheime zu bauen? Dadurch könnte der Bestand an Wohneinheiten für die studentische Nutzung in Hessen jährlich um 2.000 Einheiten durch Neubau erweitert werden. Dieser Neubau studentischen Wohnraums würde mit Landesmitteln von jeweils 20.000 € je Einheit gefördert werden. Ich finde, das ist eine absolut notwendige Maßnahme: 2.000 Einheiten durch Neubau. Herr May hat vorhin auch darauf hingewiesen, dass allein in Frankfurt 1.000 Plätze fehlen.

Ich will einen Punkt ansprechen, der noch gar nicht genannt wurde. Es gibt nämlich auch in der Barrierefreiheit einen ganz erheblichen Nachholbedarf. Ich will Sie darauf hinweisen, dass es in Kassel ganze sechs barrierefreie Wohnheimplätze gibt – ganze sechs. Im Sinne von Inklusion und gleicher Chancen sind auch barrierefreie Wohnheimplätze neben barrierefreien Studienbedingungen an den Hochschulen ein ganz wichtiges Thema.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Mit Maßnahmen zum Ausbau und zur energetischen Sanierung von studentischen Wohnheimen könnte der Mangel wirksam bekämpft werden. Das wäre auch ein Beitrag dazu, dass sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt in vielen Städten für Gering- und Normalverdiener wieder entspannt. Das heißt aber als Allererstes einmal, dass bestehende Studentenwohnheime erhalten werden müssen – anders als in Frankfurt, wo gerade ein Wohnheim in Bockenheim mit 80 Plätzen abgerissen werden soll, leider mit Unterstützung der GRÜNEN in Frankfurt und ihres Planungsdezernenten.

Das ist eine meisterhafte Fehlplanung, wenn man bedenkt, dass in Frankfurt den rund 43.000 Studierenden gerade einmal 3.600 Wohnheimplätze zur Verfügung stehen. Herr May hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Warteliste auch in Frankfurt voll ist. Deswegen halten wir es für absolut notwendig, bestehende Wohnheime nicht abzureißen, sondern zu erhalten.