Protokoll der Sitzung vom 14.12.2012

Wir sagen, das ist eine behutsame Öffnung. Wir denken nicht so holzschnittartig, wie Sie, Herr Merz, es eben dargestellt haben. Sie haben nämlich gesagt, alles, was keine Verbesserung in der Qualifikation ist, ist eine Verschlechterung. Das aber ist nicht der Fall, denn die Welt ist vielfältig. Es gibt Menschen mit ausgesprochen vielfältigen Qualitäten und Qualifikationen. Wir halten es für durchaus vertretbar, z. B. auch im Hinblick darauf, dass wir den Einsatz von multiprofessionellen Teams auch in der Kindertagesbetreuung richtig finden,

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

dass, in engen Grenzen und bei Kontrolle durch die vor Ort Verantwortlichen hier Menschen zum Zuge kommen können – übrigens auch noch unter der Aufsicht einer nach den MVO-Kriterien qualifizierten Fachkraft –, die zu dieser Arbeit in der Kindertageseinrichtung beitragen und die eben nicht die klassische Qualifikation haben.

Wir finden das in den engen Vorgaben, 20 % maximal, durchaus vertretbar, und es lindert ein Problem, dass Sie auch sehr häufig mit entsprechender Verve zum Vortrag bringen. Das ist eine gute Regelung.

Zum letzten Punkt. Ich möchte noch einmal auf einen Punkt hinweisen, der mir sehr wichtig ist und der nicht so viel Beachtung gefunden hat. Ich halte die Systematisierung in der neuen Regelung für einen Fortschritt. Hier wird einer Ungleichbehandlung ein Ende gemacht. Es werden Kinder in allen Landesteilen – egal, ob sie im Ballungsraum leben, wo eigene Problematiken herrschen, oder im ländlichen Raum –, von der Förderseite gleich behandelt. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit. Das ist ein guter Fortschritt für die Behandlung von Kindern und für die Kinderbetreuung in unserem Land.

Das Zweite an der Stelle ist, damit will ich dann auch zum Ende kommen, auch Träger werden nicht mehr so ungleich behandelt, wie es im Zuge der historischen Entwicklung des Tatbestands der MVO gezeigt hat. Sie war zur Qualitätssteigerung gedacht, hat aber sehr unterschiedliche Tatbestände geschaffen. Damit machen wir Schluss. Wir schaffen ein einheitliches landesweites Fördersystem. Dieses Fördersystem unterscheidet verschiedene Kriterien. Das gilt für jeden.

Deswegen ist es ein großer Zugewinn an Transparenz und Gerechtigkeit in der Behandlung von Kindern in unserem Land. Das muss hier auch einmal gewürdigt werden. Dies ist ein gutes Gesetz, im Feinschliff könnte man noch daran arbeiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wiesmann. – Das Wort hat der Sozialminister, Staatsminister Grüttner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Merz, ich will es noch einmal für das Protokoll sagen: Der eingebrachte Gesetzentwurf bedeutet einen Riesenfortschritt für die frühkindliche Bildung in Hessen.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Dieses Gesetz berücksichtigt eine ganze Reihe von Punkten, die eben angesprochen worden sind. Ich will das jetzt nicht alles wiederholen. Es geht um Teamorientierung in der Arbeit von Kindertagesstätten, die durch eine Erweiterung des Fachkräftekatalogs mit vorangetrieben werden kann, ohne dass es Qualitätsverluste gibt. Dabei werden auch die Schulkinder mit berücksichtigt.

Bei der Kindpauschale in altersübergreifenden Kindertagesstätten werden die Schulkinder an dieser Stelle mit berücksichtigt. Die Frage der Pauschale für Schwerpunktkinder ist unabhängig davon, ob es sich um ein Schulkind oder um ein Kindergartenkind handelt. Außerdem haben wir die Bestandsförderung für die Horte fortgeführt.

Wenn man dann den Blick über das Sozialministerium hinaus auf den Bereich des Kultusministeriums richtet, dann muss man schon sagen, dass sich im laufenden Schuljahr 2012/2013 ein Drittel der unverbundenen Grundschulen in Hessen in einem der drei Profile des Landesprogramms zur Ganztagsschule befinden. Mit dem Schuljahr 2013/2014 werden voraussichtlich 417 Grundschulen an diesem Programm beteiligt und damit ein Angebot zumindest an drei Tagen bis 14:30 Uhr bereithalten. Die Schulträger haben weitere Möglichkeiten für die Flexibilisierung. Dafür sind eine ganze Menge Mittel vereinbart. Das macht deutlich, dass wir uns dieser Probleme annehmen.

Es ist immer noch nicht klar, dass der Ausgleich, der im Hinblick auf die Konnexität zwischen der Landesregierung auf der einen Seite und den Kommunalen Spitzenverbänden auf der anderen Seite vereinbart worden ist, die Zahlungen für „Pro Löhnberg“ nicht mitberücksichtigt. Dies zu ihren Kombattanten auf der Pressekonferenz. Es ist vollkommen falsch. Wir haben nicht mit Löhnberg verhandelt.

Wir haben mit der Gesamtheit aller hessischen Gemeinden verhandelt. Unterschrieben haben die Vertreter von 426 Städten und Gemeinden und Landkreisen. Sie haben vertreten. Dabei geht es um die pauschale Abgeltung eines Konnexitätsanspruchs. Es geht nicht nur um die Abgeltung eines Vergangenheitsanspruchs, sondern es geht in diesem Gesetz vor allem auch um die Vereinbarung eines Konnexitätsanspruchs für die Zukunft.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Das Kinderförderungsgesetz löst selbst wieder konnexe Zahlungen aus, obwohl es erst im Jahr 2014 in Kraft tritt. Konnexität kann nur vereinbart werden, wenn Qualitätsverbesserungen vorhanden sind. Wenn es Rückschritte wären, müssten die Kommunalen Spitzenverbände nicht mit einer Forderung kommen und sagen: Mit dem Kinderförderungsgesetz werden wir mit neuen qualitätsverbessernden Aufgaben behaftet, und deswegen brauchen wir von der Landesregierung mehr Geld. – Wir haben uns über die Zahlungen verständigt, weil mit diesem Gesetz Qualitätsverbesserungen über die alten Mindeststandards hinaus weiterhin festgeschrieben werden. Es handelt sich nicht nur um Vergangenheitsausgleich, sondern auch um Zukunftsausgleich. Ein Zukunftsausgleich wäre nicht nötig, wenn es sich somit nicht um Qualitätsverbesserungen handeln würde.

Die Kommunalen Spitzenverbände sehen in diesem Gesetz – sie haben da sehr lange mitverhandelt – deutliche qualitätsverbessernde Merkmale, die sie sich von der Landesregierung auch bezahlen lassen. Letztlich ist es auch eine Leistung aller Kommunen gewesen, dass diese qualitätsverbessernden Konnexitätszahlungen nicht nur denjenigen Kommunen und Trägern zugestanden werden, die die Mindestverordnung erst nach Erlass umgesetzt haben, sondern auch denjenigen, die vorher dagewesen sind.

Sie müssen auch mit den Vertretern, also den Kommunalen Spitzenverbänden, reden. Wenn Sie es uns nicht glauben, werden sie Ihnen erklären, wo die qualitätsverbessernden Maßnahmen im Kinderförderungsgesetz enthalten sind. Die Kommunalen Spitzenverbände haben sich das auch teuer bezahlen lassen. Wir haben es auch gerne getan.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen mehr. Die Debatte ist beendet. Es ist vorgeschlagen, den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Sozialpolitischen Ausschuss zu überweisen. – Darüber gibt es allgemeine Freude, dann wird das so gemacht.

Eingegangen und auf ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, Drucks. 18/6813.

Nach § 59 Nr. 2 unserer Geschäftsordnung ist ein solcher Antrag stets dringlich. Er wird als Tagesordnungspunkt 89 auf die Tagesordnung gesetzt. Wenn dem nicht widersprochen wird, kann er mit Tagesordnungspunkt 88 aufgerufen werden.

Außerdem ist eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Rückkehrrecht zu G 9 mindestens für 5. Klassen, Drucks. 18/6814.

Die Dringlichkeit wird bejaht, dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 90. Wenn keiner widerspricht, kann er mit den Tagesordnungspunkten 81 und 82 aufgerufen werden. – Das ist so.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz zur Änderung des

Friedhofs- und Bestattungsgesetzes – Drucks. 18/6734 neu –

Der Gesetzentwurf wird eingebracht vom Kollegen Heinz, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP bringen heute einen eigenen Gesetzentwurf zur Änderung des Friedhofsund Bestattungsgesetz ein. Wir wollen, das ist der Kern des Gesetzentwurfs, die bestehenden Ausnahmeregelungen für Musliminnen und Muslime erweitern.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich darf daran erinnern, dass schon jetzt eine Bestattung im geöffneten Sarg auf Friedhöfen in Hessen möglich ist, sofern die Kommunen das wollen.

(Günter Rudolph (SPD): Herr Tipi hat neulich noch gesagt, es sei nicht nötig!)

Herr Rudolph, schwätzen Sie nicht so viel, hören Sie zu.

(Günter Rudolph (SPD): Sie müssen mich nicht belehren, so schön sind Sie nicht! – Heiterkeit bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Widerspruch bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, liebe Freunde, hier wird keiner belehrt, und wenn, dann nur von mir. Ich darf bitten, dass wir in der Ruhe, in der wir die Debatte heute früh begonnen haben, fortfahren. Jeder bemüht sich, das Seine dazu beizutragen, dass wir Weihnachten erreichen. – Der Kollege Heinz hat das Wort.

Ich werde meine Ausführungen gern in aller Ruhe fortsetzen. Es geht ja um die letzte Ruhe, die Menschen in Hessen finden sollen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Nach unserem Willen sollen Verstorbene aus religiösen Gründen künftig auch ganz ohne Sarg beerdigt werden können, aber nur dann, wenn die Kommunen das vor Ort durch Satzung entsprechend so entscheiden. Wir reagieren damit – das ist kein Geheimnis – auf eine vom Hessischen Landtag durchgeführte Anhörung zu einem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion. Das unterscheidet uns eben: Wir sind lernfähig und aufnahmebereit, wenn im Landtag etwas beraten wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Bauer (CDU): Und kommunalfreundlich!)

Und kommunalfreundlich. Danke, Herr Kollege Bauer. – Die Anhörung hat nämlich ergeben, dass ein Bedürfnis bei in Hessen lebenden Muslimen nach einer Bestattung ohne Sarg besteht. Aber sie hat auch ergeben, dass eine generel

le Regelung für Hessen, wie sie die SPD vorschlägt, von den Kommunen nicht akzeptiert und nicht gewünscht wird.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Frömmrich, die Kommunalen Spitzenverbände haben sich sehr eindeutig positioniert und gegen eine Regelung ausgesprochen, die das ganze Land über einen Kamm schert. Genau das machen wir eben nicht. Wir scheren das Land nicht über einen Kamm.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Wir wollen eine Regelung, die durch kommunale Satzungen getroffen wird. Wir wollen, dass die Sargpflicht grundsätzlich erhalten bleibt. Wir wollen, dass der Transport der Leichen zu den Grabstätten weiterhin im Sarg erfolgt. Wir wollen, dass gesundheitliche und seuchenhygienische Grundsätze beachtet werden. Wir wollen eine Erweiterung der Regelungen nur für den Fall, wenn religiöse Gründe vorliegen. Das heißt, für alle anderen Religionsgemeinschaften und für Menschen, die keiner Religionsgemeinschaft angehören, bleibt es, sofern die Angehörigen eine Erdbestattung wählen, bei der Verpflichtung zur Bestattung im Sarg.

Wir haben die Anhörung gründlich ausgewertet. Wir haben den Wunsch der muslimischen Verbände vernommen. Wir haben aber auch den Wunsch der Kommunen vernommen, dass vor Ort eine vernünftige Regelung gefunden werden soll. Wir stellen es den Städten und Gemeinden frei, wie sie das vor Ort regeln.

Wir wissen aber auch – das war in der Beratung zum Gesetzentwurf der SPD-Fraktion schon Gegenstand –, dass die Frage der Sargpflicht nur ein Teilaspekt muslimischer Begräbnisse betrifft. Genauso wichtig – oder noch wichtiger – sind die Frage der ewigen Ruhefristen, die Ermöglichung der rituellen Waschung der Leichen und die geographische Ausrichtung der Gräber. Hier haben die Kommunen vor Ort in Einzelfällen bereits sehr gute Regelungen gefunden, die diese Form der Bestattung ermöglichen. Wir gehen noch einen Schritt weiter und wollen ein weiteres Hindernis beseitigen. Nach unseren Vorstellungen sollen die Neuregelungen relativ zügig, nämlich schon zum 1. März nächsten Jahres, in Kraft treten können.

Abschließend möchte ich sagen: Ob und wie viele Muslime von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden, wissen wir nicht. Es gibt in vielen Fällen den begründeten Wunsch, in der Heimaterde der Väter, Mütter oder Großeltern bestattet zu werden, in gefühlter oder tatsächlicher Heimaterde. Wir wissen zugleich, dass Hessen für viele Muslime zur Heimat geworden oder schon seit Generationen Heimat ist. Wir wollen mit der Regelung, die wir Ihnen jetzt vorschlagen, den Weg dafür freimachen, dass auch in dieser Erde möglichste viele – alle, die es wünschen – ihre letzte Ruhe finden können.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)