Drittens. Sie und auch Kollegin Wiesmann haben auf das Problem der Finanzierung des Bildungs- und Entwicklungsplans hingewiesen. Ich kann mich daran erinnern, dass ich vor ca. zwei Jahren im Landesjugendhilfeausschuss die Landesregierung, vertreten durch die Leiterin des Landesjugendamtes, gefragt habe, ob denn eigentlich die Landesregierung glaubt, dass man den Bildungs- und
Entwicklungsplan ohne dauerhafte zusätzliche Mittel implementieren kann. Darauf wurde gesagt: Ja, das kann man. – Daraufhin haben wir alle herzlich gelacht – der Vorsitzende des Landesjugendhilfeausschusses sitzt da oben – und sind wieder nach Hause gegangen.
Ich stelle fest: Die Landesregierung kommt jetzt – und das begrüße ich in diesem Fall ausdrücklich – zu der Überzeugung, dass man das nicht kann. Das ist ein Fortschritt – ein kleiner, aber immerhin.
Jetzt noch einmal zu der Frage einzelkind- oder trägerbezogen. Das ist die Alternative, die Sie immer und immer wieder versuchen, hier aufzubauen. Lieber Kollege Rock, ich habe es Ihnen im Ausschuss schon einmal erklärt: Die Erziehung, Betreuung und Bildung von Kindern findet in realen Einrichtungen, in realen Gruppen statt, und nirgendwo anders – außer in der Tagespflege, aber das ist ein anderes Spiel. Sie findet in Gruppen statt, in Gruppen. Deswegen ist es für die Qualität der frühkindlichen Betreuung, Erziehung und Bildung entscheidend, welche Mittel in der Gruppe ankommen.
Es ist nicht so – das lassen Sie gerne hier so leise mitschwingen –, dass wir hier auf die Einzelinteressen von Einrichtungen oder Trägern abheben wollen: als würde irgendein Träger oder eine Einrichtung ihre Arbeit so organisieren, dass sie einfach irgendwo in der Pampa eine Einrichtung aufbaut und erwartet, dass dann Kinder kommen. Das ist doch nicht die Realität in diesem Land.
Die Realität in diesem Land ist, dass die Träger der Jugendhilfe und die Gemeinden vor Ort sich immer mit den freien Trägern ins Benehmen setzen, wo und wie sie Einrichtungen bauen, dass sie versuchen, so bedarfsgerecht, wie es geht, so wohnortnah wie möglich ihre Einrichtungen und damit auch ihre Gruppen zu schaffen. Das ist doch die Realität in diesem Land.
Deswegen gibt es zwischen unserer Argumentation und der Qualitätsdiskussion überhaupt keinen Unterschied. Es ist doch alles Blödsinn, was Sie hier zu diesem Thema sagen.
Letztens: Fachkräfte – nein, vorletztens. Herr Minister, gegen eine Erweiterung des Fachkräftebegriffs – das habe ich hier in vielen Debatten, auch schon zur MVO gesagt –, wenn man es vernünftig macht, spricht nichts. Wir haben dem erweiterten Fachkräftekatalog in der MVO auch ausdrücklich zugestimmt. Sie sind aber um das eigentliche Problem herum gegangen.
Es kann doch nicht so sein, dass nur Sie es richtig verstehen und die gesamte Fachwelt versteht es falsch – auch nach den vielen Diskussionen, die Sie mit ihr angeblich oder tatsächlich geführt haben. Nach den vielen Diskussionen verstehen sie es immer noch alle falsch und sagen, hier geht es um ein Instrument der Niedrigerqualifikation und nicht – was durchaus dringend erforderlich wäre – um ein Instrument der durchschnittlichen Höherqualifikation der Arbeitskräfte in unseren Einrichtungen und in unseren Gruppen, lieber Kollege Rock um das an dieser Stelle auch noch einmal zu sagen. Denn da arbeiten sie nämlich.
Das kann aber alles nicht sein. Es ist immer das Gleiche mit Ihnen: Alle anderen verstehen es falsch, Sie sind die
Einzigen, die es richtig verstehen – so wie bei der Drittelfinanzierung, um nochmals auf mein Lieblingsthema zurückzukommen. Damals waren Sie offensichtlich der Einzige, der wirklich dabei war. Man fragt sich, mit wem Sie überhaupt jemals eine Vereinbarung geschlossen haben,
Weil Weihnachten ist, will ich jetzt noch ein versöhnliches Wort zum Schluss sagen: Ich begrüße ausdrücklich die Erweiterung der Elternrechte – ausdrücklich und namens meiner Fraktion. Denn ich weiß sehr gut, dass hier in der Tat manches im Argen liegt. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatsminister, ich finde es in der Tat schon beachtlich, wenn man von einem Gerichtshof gesagt bekommt, natürlich dürft ihr eine Mindestverordnung erlassen – es war wenig überraschend, dass eine Landesregierung eine Mindestverordnung erlassen darf –, und das als Gewinn feiert. Herzlichen Glückwunsch.
Wenn man aber eine so krachende Niederlage dazu erfährt, dass man zwar eine Mindestverordnung erlassen hat, sie aber nicht finanziert,
sich aber hierhin stellt und für das Bezahlen der Altschulden mit Eigenlob überschüttet, dann ist das schon ein einmaliger Vorgang.
Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zu dem Thema Bezahlen der alten Schulden machen. Spätestens im Jahr 2009 hätten die Kommunen einen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich aus Anlass des Mindestverordnungs
standards gehabt. Sie bezahlen diese Schulden, aber Sie bezahlen sie nicht selbst, Herr Minister Grüttner oder diese Landesregierung, sondern Sie verschulden sich ein weiteres Mal, weil Sie einen Großteil dieser 455 Millionen € – fast die Hälfte dieser Schuldenabzahlung – kommenden Landesregierungen aufbürden.
Das ist eine Rechnung auf Kosten Dritter. Auch das signalisiert: Sie sind nicht nur erschöpft und verbraucht, Sie haben auch nichts mehr vor, und Sie rechnen auch nicht mehr damit, in die Landesregierung zurückzukommen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Zuruf des Ministers Dr. Thomas Schäfer)
Herr Minister, bei diesem Thema haben Sie sich davongestohlen. Herr Minister Grüttner, Sie selbst und auch CDU und FDP nehmen für sich in Anspruch, eine Weiche für mindestens fünf Jahre zu stellen. Keiner der Rednerinnen und Redner hat darauf Bezug genommen, dass das größte und drängendste Betreuungsproblem für Kinder bis zehn Jahre die Betreuung der Grundschulkinder ist. Der Kollege Merz sagt: Der Bildungs- und Erziehungsplan endet bei zehn Jahren. Wo ist bei Ihnen – von mir aus auch nur – ein Quantensprung? Herr Kollege Merz, dafür wäre ich schon dankbar.
Wir brauchen einen deutlichen Ausbau der Lösung dieses Problems, denn wir wissen, es gibt Zehntausende von Eltern, die hier betroffen sind. Die Bertelsmann Stiftung spricht von nur 30 % betreuten Kindern an den Grundschulen in Hessen, sogar von noch weniger. Das heißt, 70 % der Kinder in Grundschulen haben kein Betreuungsangebot. Dieses Problem gehen Sie mit keiner neuen Initiative an.
Wie wenig zukunftsgewandt, mit wie wenig neuer Konzeption gehen Sie eigentlich noch an die Zukunftsfragen der Kinderbetreuung heran? – Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sind am Ende. – Danke.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Meine Damen und Herren, Sie wissen, wir halten uns an die Geschäftsordnung. Es liegt immer an Ihnen, was Sie hier machen. Wir ertragen das und machen es mit. Jeder hat fünf Minuten, nachdem der Minister gesprochen hat, dann sehen wir weiter. – Frau Kollegin Wiesmann hat das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die zweite Runde gibt mir die Gelegenheit, hier nochmals auf das Wesentliche zu kommen. Das Wesentliche aus unserer Sicht möchte ich hier nochmals in vier Punkten vortragen.
Das Erste ist: Die Förderung frühkindlicher Bildung in Hessen steigt. Sie steigt von 100 Millionen € im Jahr 2006
Zweitens. Alleine mit den Grundpauschalen stellt sich im Regelfall kein Träger schlechter. Dankenswerterweise hat es der Kollege Rock hier noch einmal ganz ausführlich erklärt: Zusätzlich gibt es Pauschalen, also zusätzliche Mittel für Qualitätsorientierung, 100 € pro Kind, und für den Ausgleich besonderer Belastungen – auch das war eine Formulierung – 390 € pro Kind.
und zwar von bisher rund 1.600 € auf 2.340 € pro Kind – mit der zusätzlichen Problematik der Gruppengrößen, die aber nicht die Landesregierung lösen kann.
Dritte Botschaft. Der Einsatz von – wie Sie sagen – fachfremden Personals ist in engen Vorgaben geregelt, das hat der Minister hier ausführlich vorgetragen.
Wir sagen, das ist eine behutsame Öffnung. Wir denken nicht so holzschnittartig, wie Sie, Herr Merz, es eben dargestellt haben. Sie haben nämlich gesagt, alles, was keine Verbesserung in der Qualifikation ist, ist eine Verschlechterung. Das aber ist nicht der Fall, denn die Welt ist vielfältig. Es gibt Menschen mit ausgesprochen vielfältigen Qualitäten und Qualifikationen. Wir halten es für durchaus vertretbar, z. B. auch im Hinblick darauf, dass wir den Einsatz von multiprofessionellen Teams auch in der Kindertagesbetreuung richtig finden,