Wir freuen uns, dass sich die hartnäckige Oppositionsarbeit ausgezahlt hat. Heute hat auch Schwarz-Gelb erkannt, dass der Weg der Wahlfreiheit der Richtige ist. Meine Damen und Herren von Schwarz-Gelb, herzlich willkommen zu dieser Erkenntnis.
Bloß weil Sie unseren Vorschlag übernommen haben, sind wir jetzt nicht auf einmal dagegen. Auf uns kann man sich verlassen. Wir stehen zu unserem Vorschlag. Deshalb werden wir der Gesetzesänderung auch zustimmen.
Aber mit der Gesetzesänderung allein ist die Wahlfreiheit noch nicht geschaffen. Das sagen wir als Erfinder und Garanten der Wahlfreiheit sehr deutlich. Vielmehr beginnt die Arbeit jetzt erst. Jetzt wird es darauf ankommen, das Gesetz mit Leben zu füllen und umzusetzen. Die Eltern erwarten, zum kommenden Schuljahr für ihr Kind wählen zu können, ob es in G 8 oder in G 9 unterrichtet wird.
Da darf man die Hände jetzt nicht in den Schoß legen, sondern muss sich jetzt an die Arbeit machen. Man muss jetzt dafür sorgen, dass es in jedem Schulträgerbezirk die Angebote an G 9 oder G 8 gibt, die sich die Eltern tatsächlich wünschen.
Deshalb haben wir GRÜNEN vorgeschlagen, regionale Konferenzen einzurichten, um damit zu erreichen, dass die Eltern zum kommenden Schuljahr genau das Angebot vorfinden, was sie für ihre Kinder haben wollen. Hände in den Schoß zu legen reicht nicht. Jetzt muss da weitergearbeitet werden. Wir bedauern sehr, dass CDU und FDP diesen konstruktiven Vorschlag von uns nicht aufgegriffen haben.
Ich sage sehr deutlich von diesem Pult aus: Wir haben Sie Mitte Dezember 2012 auf dieses Problem hingewiesen. Wir haben Ihnen Mitte Dezember 2012 gesagt, wie man dieses Problem lösen könnte. – Sie haben einmal mehr gesagt: Das ist alles nicht wahr; was von der Opposition kommt, kann nicht richtig sein.
Meine Damen und Herren von Schwarz-Gelb, ich sage Ihnen sehr deutlich: Wir sehen uns zu Beginn des nächsten Schuljahres wieder. Wenn es zu Beginn des nächsten Schuljahres so sein wird, dass es diese Wahlfreiheit nicht gibt, weil die Eltern eben nicht das G-9-Angebot für ihre Kinder vorfinden, das sie haben wollen, dann sind Sie ganz eindeutig dafür in der Verantwortung. Sie können dann nicht sagen, es hätte Sie niemand auf dieses Problem hingewiesen.
Sie können noch nicht einmal sagen, es hätte für dieses Problem keine Lösung gegeben. Wir verhalten uns in bildungspolitischen Fragen konstruktiv. Wir halten Kurs. Wir stimmen auch zu, wenn es sich um eine ungewöhnliche farbliche Konstellation handelt. Wir bedauern sehr, dass für Sie Ideologie immer noch wichtiger ist
Nur noch einige Worte zum Schulversuch. Auch dort versuchen Sie wieder, die Eltern zu bevormunden, indem vorgeschrieben werden wird, dass in den fünften und sechsten Klassen nur die G-8-Stundentafel und nur die G-8-Inhalte angeboten werden. Sie tun sich mit der Wahlfreiheit immer noch schwer. Wir waren, sind und bleiben die Garanten
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist der untaugliche Versuch, ein Problem zu lösen, das diese Regierung selbst zu verantworten hat.
Das ist und bleibt der falsche Weg, nicht nur weil Schüler unter Stress und Überforderung leiden und ganze Familien damit belastet werden. Das ist auch falsch, weil G 8 einem Bildungsbegriff entgegensteht, der nicht nur allein den Notendurchschnitt zum Maßstab hat, sondern die gesamte Persönlichkeitsentwicklung und die Bereitschaft, sich zu engagieren und eigene Schwerpunkte zu entwickeln, mit beinhaltet.
Wir hören das jetzt öfter mit den Vergleichen. Wer den Erfolg von G 8 am Notendurschnitt der Abiturienten misst, hat einen reichlich verkürzten Bildungsbegriff.
Meine Damen und Herren der Koalition, Sie haben mit dieser Entscheidung für G 8 schon einmal ein bildungspolitisches Fiasko erlebt. Damals war es die CDU allein. Sie haben auch heute nicht den Mut und den Willen, diesen Fehler zu korrigieren. Stattdessen wird es die sogenannte Wahlfreiheit geben, die in Wirklichkeit ein Abwälzen der Verantwortung auf die Gymnasien sein wird.
Für die Schulen ist ein erheblicher Zeitdruck entstanden. Sie müssen in dem Wissen entscheiden, dass die Eltern längst gewählt haben. Denn überall dort, wo Eltern von Grundschulkindern befragt werden, ergeben sich Mehrheiten von 90 % und mehr für die Rückkehr zu G 9.
Als Beispiele kann ich den Landkreis Offenbach, den Lahn-Dill-Kreis, den Main-Kinzig-Kreis und viele einzelne Grundschulen erwähnen. Da brauche ich auch keine Auseinandersetzung um den Stellenwert der Emnid-Studie, deren Ergebnisse von der Landesregierung angezweifelt werden.
Ich frage Sie: Wo ist denn da Ihre Wahlfreiheit? – Die Eltern müssen jetzt darauf warten, ob die Schulen in der Lage und willens sind. Das ist nicht unbedingt nur eine Frage des Wollens. Es gibt da auch organisatorische Probleme, die dazu führen, ob sich Schulen entscheiden können, ob sie auf G 8 oder G 9 umstellen wollen.
Sie müssen doch die Frage beantworten: Warum schaffen Sie nicht für alle Schülerinnen und Schüler einen verlässlichen Zeitraum in einer sechsjährigen Mittelstufe und entwickeln für die 10 %, die G 8 wollen, Möglichkeiten, die Schulzeit individuell zu flexibilisieren bzw. zu kürzen?
Wir haben mit der flexiblen Oberstufe einen Vorschlag dazu gemacht. Hessens Gymnasien sind zum Teil aber schon sehr viel weiter. Ich möchte sie hier zu Wort kommen lassen. Denn daran können Sie sehen, wo man von guter Schulpolitik vor Ort lernen kann und dass man nicht alles mit dem Maßstab G 8 oder G 9 messen muss.
Einstimmig sprach sich die Schulkonferenz für eine Umstellung auf G 9 ab dem kommenden Schuljahr 2013/2014 aus. …
… denn die Diskussion hat gezeigt, dass das verkürzte System, auch aus Eltern- und Schülersicht, gut funktioniert. …
Eine um ein Jahr längere Gymnasialzeit bietet allerdings der Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler bessere Möglichkeiten, erfolgreich zum Abitur zu kommen, und ermöglicht es besser, das Leitbild, das einen Schwerpunkt auf die Persönlichkeitsentwicklung setzt, zu verwirklichen.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Dr. Norbert Herr (CDU): Genau deswegen machen wir das Gesetz!)
Diese Schule hat eine Lösung. Sie will durch individuelle Förderung es den Schülerinnen und Schülern, die in der Mittelstufe schneller vorankommen, ermöglichen, Klassen zu überspringen und schneller in die Oberstufe überzugehen. Ich glaube, Sie sollten den Schulen da viel mehr zutrauen.
Das zweite Beispiel ist die Geschwister-Scholl-Schule in Hainhausen, die Punkte aus der Mittelstufe in die Oberstufe hineinnehmen und jetzt auch zu G 9 zurückkehren will.
Das alles zeigt: Es geht um individuelles Fördern, um die Berücksichtigung des individuellen Lerntempos und um die Individualisierung der Lernzeit. Das ist der Weg, den eine gute Schulpolitik ausmacht.
Lassen Sie mich noch einige wenige Sätze zu unserem Dringlichen Entschließungsantrag sagen. Wir haben ihn zur Änderung des Schulgesetzes eingebracht. Zum jetzigen Zeitpunkt – also vor zehn Minuten – haben 2.049 Eltern die Onlinepetition unterschrieben, die zum Inhalt hat, dass sie für die bestehenden fünften Klassen auch eine Rückkehrmöglichkeit nach G 9 haben wollen.
Sie sollen die Möglichkeit haben, hier noch einmal über diesen Vorschlag abzustimmen – und das in namentlicher Abstimmung.