Meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die heutige Sitzung des Hessischen Landtags, die erste im Jahr 2013. Ich begrüße alle Abgeordneten, die Mitglieder des Kabinetts, alle Besucher und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses recht herzlich.
Ich erlaube mir, Ihnen am Anfang des Jahres noch einmal in Gänze meine besten Wünsche für ein gutes Jahr 2013 zu übermitteln. In Wahljahren folgt nun der Satz: Ich wünsche Ihnen alles Gute, politisch jedem das, was er sich wünscht – nicht für alle.
Es ist klar, das ist auch wichtig für die Öffentlichkeit: Wenn wir Politik machen, sind wir Wettbewerber, und jeder möchte am Ende siegreich sein. Das ist das Gute an der Demokratie, und das ist auch das, was wir weiter verteidigen sollen. Die Frage, wie und mit welchen Mitteln wir es machen, entscheidet jeder für sich.
Ich wünsche mir einen harten und fairen Wahlkampf – von heute an; denn wir sind quasi mittendrin, noch nicht offiziell. Aber das bedeutet nicht, dass ich nicht trotz allem von Herzen wünsche, dass Sie alle gesund und munter bleiben. Dass ich viele wieder begrüßen kann, oder wer auch immer Sie dann begrüßen wird, will ich in meinen Wunsch mit einfließen lassen. In diesem Sinne wünsche ich uns, dem Hessischen Landtag, alles Gute, und Ihnen persönlich auch.
Wie immer beginnt die Sitzung mit amtlichen Mitteilungen. Da gab es früher bei uns im Dorf ein Schwarzes Brett; das reicht hier nicht, ich muss es verkünden.
Das Erste, was ich mitteilen möchte, ist, daran zu erinnern, dass mit Ablauf des letzten Jahres der frühere Abg. Milde sein Mandat niedergelegt hat. Ist er zufällig hier?
Das ist der Unterschied zu früher. – Damit einher geht, dass jemand nachgerückt ist. Ich begrüße herzlich in unserer Mitte Frau Abg. Karin Neipp.
Frau Abgeordnete, ich wünsche Ihnen eine gute Zeit im Hessischen Landtag und freue mich auf die Zusammenarbeit.
Nun kommen wir zur Tagesordnung. Die Tagesordnung vom 22. Januar 2013 sowie ein Nachtrag vom heutigen Tag mit insgesamt 60 Punkten liegen Ihnen vor.
Wie Sie dem Nachtrag zur Tagesordnung unter den Punkten 53 bis 57 entnehmen können, sind fünf Anträge betreffend eine Aktuelle Stunde eingegangen, die wir am Donnerstagmorgen ab 9 Uhr abhalten werden.
Eingegangen und an Sie verteilt worden ist zu Tagesordnungspunkt 32 ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, Drucks. 18/6922, zu dem Antrag der Fraktion der SPD betreffend Fahndungsdruck auf Steuerhinterzieher erhöhen – Aktionsprogramm Steuerehrlichkeit schaffen,
Drucks. 18/6858. Dafür zieht die Fraktion DIE LINKE ihren Antrag unter Tagesordnungspunkt 37, Drucks. 18/ 6891, zurück.
(Günter Rudolph (SPD): Moment! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Können Sie einmal so reden, dass wir es verstehen können?)
Okay. Ich muss mich etwas vorbeugen. Wenn Sie es hinten lauter stellen, kann ich wieder normal sitzen.
Ich rufe auf den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Reform des Länderfinanzausgleichs klug vorantreiben – Verfassungsklage gut vorbereiten – Risiken eingrenzen und sorgfältig bewerten – Wahlkampfgetöse unterlassen, Drucks. 18/6923. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird das Tagesordnungspunkt 61 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit Tagesordnungspunkt 41 aufgerufen werden. – Kein Widerspruch, dann verfahren wir so.
Außerdem eingegangen ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Hochschulfinanzierung angemessen gestalten, Drucks. 18/6924. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist auch der Fall. Das bedeutet, dass dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 62 wird. Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion.
Dann ist eingegangen ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend „Abbautreppe“ der hessischen Nettoneuverschuldung ist bereits jetzt Makulatur, Drucks. 18/ 6925. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Dem wird nicht widersprochen. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 63, bei fünf Minuten Redezeit je Fraktion
Jetzt kann ich Sie fragen: Wird die ganze Tagesordnung so genehmigt? – Kein Widerspruch, dann ist sie so genehmigt.
Wie im Ältestenrat vereinbart und in der Tagesordnung vermerkt, tagen wir heute bis 19 Uhr. Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 1, der Fragestunde; das ist Regelwerk. Dann kommt Punkt 2, die Regierungserklärung des Hessischen Ministers für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung.
Für heute entschuldigt fehlen Herr Staatsminister Michael Boddenberg, Frau Abg. Dorothea Henzler, Herr Abg. Uwe Frankenberger und Herr Abg. Reinhard Kahl.
Meine Damen und Herren, wie Sie auch einer Pressemitteilung des Hessischen Landtags entnehmen konnten, werden ab heute die Plenardebatten als Livestream übertragen. In Kooperation mit Hit Radio FFH wird der Livestream sowohl auf der Homepage des Hessischen Landtags als auch auf der Homepage des Radiosenders bereitgestellt. Ich hoffe, dass das dann auch ein Hit wird.
Ist es vertretbar, dass bei restriktiver Anwendung der Leitlinien für die Kommunalaufsicht das Angebot an Sportstätten, wie z. B. bei der Kleinschwimmanlage in Obersuhl, erheblich eingeschränkt wird oder sogar wegfällt?
Herr Abg. Franz, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das kommt, wie so oft im Leben, auf den konkreten Einzelfall an. Die zentrale Aufgabe der Finanzaufsicht bzw. der Kommunalaufsicht im Rahmen der Haushaltsgenehmigung ist nach § 103 Abs. 2 der Hessischen Gemeindeordnung die Genehmigung des Gesamtbetrages der vorgesehenen Kreditaufnahme für Investitionen. Dabei hat die Aufsichtsbehörde natürlich auch die Leitlinie zur Konsolidierung der kommunalen Haushalte – ich kürze das jetzt ab – des Innenministeriums vom 6. Mai 2010 einzubeziehen.
Die Genehmigung einer entsprechenden Kreditaufnahme ist in der Regel dann zu versagen, wenn die Kreditverpflichtung nicht mit der Leistungsfähigkeit, insbesondere mit der dauernden Leistungsfähigkeit, der Gemeinde in Einklang steht. Entscheidend für eine solche Beurteilung ist unter anderem die Verschuldenssituation, aber insbesondere auch die daraus resultierende Belastung aus Zinsund Tilgungsaufwand. Weiterhin ist natürlich auch zu prüfen bzw. erheblich für eine entsprechende Entscheidung der Aufsichtsbehörde, welche künftigen Belastungen für die Gemeinde unmittelbar und mittelbar durch die weitere Kreditaufnahme eintreten. Dabei sind die Belastungen nicht nur für das aktuelle Haushaltsjahr zu berücksichtigen, sondern auch für künftige Haushaltsjahre.
Investitionsmaßnahmen und die dafür notwendigen Kreditaufnahmen sind nach der Leitlinie vorrangig zur Erfüllung von Pflichtaufgaben zu tätigen. Bei nachweislich unabweisbaren Investitionen in Pflichtaufgaben müssen Investitionen im Bereich der freiwilligen Aufgaben natürlich zurückstehen.
Die Landräte, die bei kreisangehörigen Gemeinden unter 50.000 Einwohnern für die entsprechende Prüfung und Genehmigung zuständig sind, pflegen zugunsten der Belange des Sportes grundsätzlich eine sehr wohlwollende Genehmigungspraxis. Das ist so gewollt und wird von uns als Innenministerium deutlich unterstützt. Wenn eine Investition in Sportstätten die Leistungsfähigkeit einer Kommune aber dauerhaft gefährden würde, dann muss eine verantwortungsbewusste Aufsicht die für die Investition erforderliche Kreditgenehmigung versagen.
Wie stehen Sie zu der Tatsache, dass die Kommunalaufsicht des Kreises Hersfeld-Rotenburg die geplante Investitionsmaßnahme der Gemeinde Wildeck untersagt hat, wobei sie den Sanierungswillen der Kommune nicht vollumfänglich berücksichtigte? Auf der einen Seite sind Sie Minister für Sport – Sie geben über das Sportprogramm ent
sprechende Bewilligungsbescheide aus –, auf der anderen Seite werden diese Bewilligungsbescheide von der örtlichen Kommunalaufsicht kassiert.
Herr Abg. Franz, für die Beantwortung Ihrer Frage muss man die Hintergründe und die finanziell sehr prekäre Situation der Gemeinde kennen. Der für die Sanierung der Kleinschwimmhalle in Wildeck vorgesehene Kreditbetrag belief sich auf ungefähr 500.000 €, aufgeteilt auf zwei Jahre, jeweils ca. 250.000 €.
Der Landrat als Kommunalaufsichtsbehörde hat mit Schreiben vom 7. November 2012 die Genehmigung auch deswegen versagt, weil die Gemeinde in der Frage der Bewältigung der Folgekosten keine – jedenfalls dem Landrat – nachvollziehbaren Deckungsvorschläge vorgelegt hat. Der Landrat hat deswegen gesagt, dass die mit dem Vorhaben verbundene Kreditverpflichtung mit der Leistungsfähigkeit der Gemeinde nicht in Einklang stehe.
Herr Abg. Franz, dabei muss man wissen, dass der Schuldenstand der Gemeinde Wildeck wirklich besorgniserregend hoch ist. Wildeck hat 4.940 Einwohner, und der Schuldenstand der Gemeinde betrug zum 31. Dezember 2012 34,5 Millionen €, was einer Verschuldung von rund 7.000 € pro Einwohner entspricht. Das ist die zweithöchste Verschuldung pro Einwohner im Landkreis Hersfeld-Rotenburg.
Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass die Abteilung VI, die Sportabteilung bei uns im Hause, im Rahmen des Hallenbadinvestitionsprogramms Förderungen vergibt. In den vergangenen Jahren haben wir dafür 50 Millionen € zur Verfügung gestellt. 100 Hallenbäder wurden damit in Hessen saniert; wir haben ihnen wieder zu einem entsprechenden Betrieb verholfen. Die Abteilung VI prüft aus sportfachlicher Sicht, ob ein Zuschuss zu gewähren ist oder nicht. Unsere Sportabteilung prüft dabei aber nicht die finanzielle Leistungsfähigkeit einer Kommune. Das muss jede Kommune für sich selbst verantwortungsvoll entscheiden. Wenn sie klug ist, dann nimmt sie vorher mit dem Landrat bzw. mit der Kommunalaufsicht Kontakt auf, ob es einen Weg gibt, eine solche Kreditaufnahme zu genehmigen.
Ich glaube, es liegt auf der Hand: Wenn sich eine Gemeinde bis über beide Ohren verschuldet hat – das ist hier der Fall –, dann ist klar, dass man über entsprechende Investitionen ein Stückchen länger diskutieren muss. Die Frage, ob eine Investition finanzpolitisch vertretbar ist, müssen die Kommunen entscheiden – im besten nach frühzeitiger Absprache mit der Aufsichtsbehörde.
Herr Minister, nach Ihren vielen Worten frage ich ganz kurz: Halten Sie es nicht für schizophren, dass die Landes
regierung für ein Sportstättensanierungsprogramm wirbt, das Schwimmen als sehr wichtig erachtet, gleichzeitig aber den Kommunen, die dieses Programm umsetzen wollen, nur Steine in den Weg legt oder ihnen Investitionen untersagt?
Ganz im Gegenteil, das ist alles andere als schizophren. Wir haben festgestellt: Das große Problem vor Ort ist, dass es keine entsprechenden Gelegenheiten für das Schwimmen gibt, dass es erhebliche Mängel im Erteilen von Schwimmunterricht gibt. Dies liegt nicht daran, dass das nicht im Lehrplan stünde, dies liegt nicht daran, dass das nicht gewollt wäre, sondern einfach daran, dass das vor Ort teilweise nicht möglich ist.
Diese Koalition hat entschieden – ich danke den Abgeordneten von CDU und FDP, die das getan haben –, in einer einmaligen großen Leistung ein Sonderprogramm in Höhe von 50 Millionen € zur Verfügung zu stellen. Wir haben damit die Sanierung von 100 Schwimmhallen angepackt. Das geht natürlich nur dann, wenn auch die Kommunen Geld in die Hand nehmen, wenn teilweise auch die Landkreise Geld in die Hand nehmen und wenn man es sich leisten kann. Es stellt sich doch auch die Frage, wie man mit den Generationen umgeht, die nach uns kommen, dass man eben nicht Berge über Berge an Schulden aufhäuft, die nicht mehr abgebaut werden können, durch die die finanziellen Handlungsspielräume kommender Generationen eingeschränkt werden.