Protokoll der Sitzung vom 16.06.2009

Wenn sich kein Widerspruch erhebt, schlage ich vor, über diesen uns vorliegenden Wahlvorschlag abzustimmen. – Das ist Konsens. Wird der Wahl durch Handzeichen widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Dann können wir per Handzeichen abstimmen.

Wer dem Wahlvorschlag, Drucks. 18/452, zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Ist jemand dagegen? – Enthält sich jemand der Stimme? – Damit ist festzustellen, dass dem Wahlvorschlag einstimmig zugestimmt worden ist und die dort genannten Personen zu ordentlichen sowie stellvertretenden Mitgliedern des Landesjugendhilfeausschusses gewählt wurden.

b) Nachwahl eines ordentlichen Mitglieds und eines stellvertretenden Mitglieds des Landesjugendhilfeausschusses

Hier geht es um eine Ergänzungs- bzw. eine Nachwahl. Mit Schreiben vom 5. Juni 2009 teilt die CDU-Fraktion mit, dass der Abg. Bauer sein Amt als ordentliches Mitglied sowie der Abg. Ralf-Norbert Bartelt sein Amt als stellvertretendes Mitglied mit dem Tage der Nachwahl niederlegt.

Der Wahlvorschlag der Fraktion der CDU, Drucks. 18/760, liegt Ihnen vor.

Meine Damen und Herren, ich frage, ob es weitere Vorschläge gibt. – Das ist nicht der Fall.Wird der öffentlichen Abstimmung widersprochen? – Das ist auch nicht der Fall.

Wer diesem Wahlvorschlag, Drucks. 18/760, zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Dann stelle ich fest, dass bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE und bei Zustimmung der anderen Fraktionen der Abg. Ralf-Norbert Bartelt als Mitglied und der Abg.Alexander Bauer als stellvertretendes Mitglied des Landesjugendhilfeausschusses gewählt wurden.

Meine Damen und Herren, damit kommen wir zum nächsten Tagesordnungspunkt. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Neuordnung des Datenschutzes und Wahrung der Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten in Hessen – Drucks. 18/375 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt siebeneinhalb Minuten. Zur Einbringung des Gesetzentwurfs hat Frau Abg. Fae

ser für die Fraktion der SPD das Wort. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Welche Probleme bei dem privaten Datenschutz zurzeit herrschen, haben die Beispiele der letzten Wochen und Monate sehr eindrucksvoll bewiesen. Sie können sich sicher an die Datenaffäre bei der Deutschen Bahn erinnern. Der Konzern hat die Daten von knapp 173.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesammelt, um intern Korruptionsbekämpfung zu betreiben. Daran haben wir gesehen, dass bei einer vermeintlichen Korruptionsbekämpfung ein Konzern völlig über das Ziel hinausgeschossen ist und fast alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überprüft hat.

Oder die Deutsche Telekom. Um den Diebstahl der Daten von 17 Millionen Handykunden im Jahre 2006 aufzuklären, haben Mitarbeiter von T-Mobile Verbindungsprotokolle der eigenen Mitarbeiter abgeglichen und selbstständige Ermittlungstätigkeiten durchgeführt.

(Günter Rudolph (SPD): Unerhört! – Michael Siebel (SPD): Unglaublich!)

Oder ich erinnere an Lidl, die ihre Kunden und Mitarbeiter nicht nur per Kamera überwacht haben, sondern offenbar auch noch die Krankheiten ihrer Mitarbeiter protokolliert haben. Pikante Dokumente, z. B. über künstliche Befruchtung, wurden in einer Mülltonne gefunden. Offenbar hat Lidl seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gezielt nach Krankheiten gefragt und diese protokolliert. Dabei dürfen nach dem Arbeitsrecht solche Fragen nicht einmal gestellt werden.

Meine Damen und Herren,die zunehmenden technischen Aufzeichnungsmöglichkeiten und der Umgang mit personenbezogenen Daten haben zu dem Problem geführt, dass mittlerweile eine unüberschaubare Menge an Daten an den unterschiedlichsten Stellen vorhanden ist, ohne dass das für den Einzelnen noch überschaubar wäre.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Vielleicht kann die Landesregierung ein bisschen aufmerksam sein! Das wäre nett! Danke schön! – Ministerpräsident Roland Koch: Bitte schön!)

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird angesichts der riesigen Datensammlungen immer stärker durch Unternehmen gefährdet. Dem muss das Datenschutzrecht unbedingt Rechung tragen.

(Beifall bei der SPD)

Aus diesem Grund besteht dringender Handlungsbedarf, um die Menschen vor zu viel Zugriff auf ihre personenbezogenen Daten zu schützen.Wir wollen deshalb eine deutliche Aufwertung des privaten Datenschutzes in Hessen.

Nun kann ein Bundesland leider weder den privaten Datenschutz materiell-rechtlich regeln noch die Arbeitnehmerdatenschutzrechte verstärken. Das ist Aufgabe des Bundes. Aber das Land Hessen kann die Kontrollmöglichkeiten für den privaten Datenschutz verbessern.

Das wollen wir mit unserem Gesetzentwurf erreichen, indem wir die Zuständigkeiten für den Datenschutz im öffentlichen und im privaten Bereich zusammenlegen. Die Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Darmstadt, die bislang für die Kontrolle des privatrechtlichen Bereichs zuständig sind, haben unter den gegebenen Umständen

hervorragende Arbeit geleistet. Ich finde es aber überraschend, dass ausgerechnet heute erstmals zu lesen ist, dass sie sich über die aktuelle Datenaffäre der Deutschen Bank geäußert haben.

(Günter Rudolph (SPD): Immerhin!)

Aber ich freue mich darüber, dass das Regierungspräsidium in der Art und Weise tätig ist.

(Günter Rudolph (SPD): Ein bisschen spät!)

Das soll ihre Arbeit aber in keinster Weise schmälern.

Aufgrund der erfolgreichen Arbeit des Hessischen Datenschutzbeauftragten, die dazu geführt hat, dass man tatsächlich den Eindruck bekommt – ich glaube, darüber sind wir uns mittlerweile einig –, dass der öffentliche Datenschutz wesentlich weiter entwickelt ist als der private, möchten wir, dass der Datenschutzbeauftragte die Gesamtverantwortung für beide Bereiche übernimmt.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ein weiteres Argument für die vorgesehene Änderung ist, dass die gesamte Datenschutzkontrolle einer unabhängigen Stelle übertragen werden soll. Bislang ist, wie gesagt, der private Datenschutz beim Regierungspräsidium angesiedelt und damit natürlich gegenüber dem Innenministerium weisungsgebunden. Diese fehlende Unabhängigkeit des privaten Datenschutzes widerspricht aber – darauf kommt es an – den europäischen Vorgaben und ist damit rechtswidrig.

Art. 28 Abs. 1 der Europäischen Datenschutzrichtlinie bestimmt ausdrücklich, dass die für die Datenschutzkontrolle zuständigen Stellen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft die ihnen zugewiesene Aufgabe in völliger Unabhängigkeit wahrnehmen müssen. – Die derzeitige Rechtslage und Zuständigkeitsregelung in Hessen erfüllt diese verbindliche europäische Vorgabe nicht. In Hessen ist lediglich der für den öffentlichen Bereich zuständige Hessische Datenschutzbeauftragte gemäß § 22 Hessisches Datenschutzgesetz unabhängig.

Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission inzwischen im Vertragsverletzungsverfahren Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland und die Bundesländer vor dem EuGH wegen unzureichender Unabhängigkeit der Datenschutzbehörden erhoben.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Hört, hört!)

Unabhängig davon – meine Damen und Herren, wir fordern das nicht zum ersten Mal – haben wir uns bereits im Jahre 2001 im Rahmen einer parlamentarischen Initiative für die Neuordnung des Datenschutzes in Hessen ausgesprochen. Dies wurde jedoch in der 114. Plenarsitzung des Hessischen Landtags mit den Stimmen der damaligen Mehrheit von CDU und FDP abgelehnt. Wir bedauern sehr, dass der Innenminister bis heute eine Neuordnung des Datenschutzes ablehnt, sodass sich auch in der aktuellen Koalitionsvereinbarung die FDP offensichtlich nicht durchsetzen konnte, Herr Kollege Greilich,

(Wolfgang Greilich (FDP): Abwarten! – Günter Rudolph (SPD): Oder wollte!)

und deshalb leider nur ein Prüfauftrag formuliert ist. Wir appellieren an Sie, Herr Kollege Greilich, und an die Kolleginnen und Kollegen der FDP, die privaten Daten der Menschen zu schützen und unser Gesetz zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben bei unserem Gesetzesvorhaben auch ausdrücklich die Zustimmung des Datenschutzbeauftragten, der in seinem aktuellen Tätigkeitsbericht ausdrücklich gefordert hat, den privaten und den öffentlichen Datenschutz zusammenzulegen. Damit werde erstmals in Hessen und in der Bundesrepublik endlich den Vorgaben des Art. 28 der Europäischen Datenschutzrichtlinie Rechnung getragen, die eine solche von der Exekutive unabhängige Kontrollstelle verlange.

Darüber hinaus hat unser Gesetzentwurf aber auch den Vorteil, dass das Know-how gestärkt werden kann, indem die Zuständigkeiten zusammengelegt und konzentriert werden. Das führt zu einer höheren Effizienz und zur Bündelung des Wissens. Diese Organisation ist dann auch viel bürgerfreundlicher, weil sich der Ratsuchende nur noch an eine Stelle in Hessen wenden muss und nicht erst überlegen muss, wer überhaupt zuständig ist.

Der Gesetzentwurf dient darüber hinaus der weiteren Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger. Wir setzen uns für eine vermehrte Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger ein, nicht mehr allzu sorglos mit ihren Daten umzugehen. Ich glaube, auch das gehört zu dem heutigen Themenkomplex hinzu.

(Beifall bei der SPD)

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass eine rechtsstaatliche Kontrolle der neuen Datenschutzstelle durch den Landtag im Rahmen einer Datenschutzkommission erfolgt. Dies ist deshalb notwendig, weil der Datenschutzbeauftragte im Rahmen seines neuen Wirkungskreises auch gegenüber privaten Dritten hoheitliche Handlungen vornehmen können muss. Wir haben uns hier an die Parlamentarische Kontrollkommission angelehnt. Wir halten dies für notwendig.

Meine Damen und Herren, Hessen gilt eigentlich als das Mutterland des Datenschutzes.Wir halten es für nicht hinnehmbar, dass ausgerechnet hier die Weiterentwicklung des Datenschutzrechtes seit Jahren von der Landesregierung blockiert wird.Wir wollen, dass Hessen seine historische Spitzenstellung mit einem fortschrittlichen Gesetz wiedererlangt. Deshalb werben wir um Ihre Unterstützung. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank.– Das Wort hat Herr Kollege Greilich für die Fraktion der FDP.

(Günter Rudolph (SPD): In der letzten Wahlperiode wollten Sie das auch, Herr Greilich!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Rudolph, was wir wollen, wissen wir sehr genau. Ich will Ihnen auch genau erklären, was wir wollen:Wir wollen effektiven, wirkungsvollen und guten Datenschutz.

(Michael Siebel (SPD): Jetzt ist die Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf sichergestellt!)

Deswegen schießen wir auch nicht aus der Hüfte, wie das anscheinend auf Ihrer Seite des Hauses üblich ist.

(Zurufe von der SPD)

Deswegen darf ich versuchen, Sie ein wenig um Aufmerksamkeit zu bitten und zu dem Thema zurückzukommen. Es geht hier darum – das ist Gegenstand des Gesetzentwurfs der SPD –, die Zuständigkeit für die Aufsicht im Datenschutz auch für den nicht öffentlichen Bereich, also vor allem für den privatwirtschaftlichen Bereich, auf den Hessischen Datenschutzbeauftragten zu übertragen. Zur Lösung dieses jetzt auch von der SPD erkannten Aufsichtsproblems soll der Hessische Datenschutzbeauftragte der Kontrolle durch eine parlamentarische Datenschutzkommission unterstellt werden, der er umfassend über seine Tätigkeit zu berichten hat und der er auf Verlangen Einsicht in seine Akten zu gewähren hat.