Protokoll der Sitzung vom 27.02.2013

Sagen Sie im Bundesrat zu diesem Frackingfördergesetz Ja oder Nein? Stehen Sie auf der Seite derjenigen, die den Einsatz von umwelttoxischen Substanzen ablehnen und ein Frackingmoratorium fordern, oder wollen Sie Frackinggenehmigungen beschleunigen? Stehen Sie auf der Seite des bayerischen Umweltministers Huber von der CSU, der ein Frackingmoratorium fordert und dieses Gesetz ablehnt? Er sagt – ich zitiere –:

Dieser chemische Giftcocktail bedroht das Grundwasser. Diese Technik darf nicht zur tickenden Zeitbombe werden.

Wie recht hat er.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Oder stehen Sie doch auf der Seite von Manfred Todtenhausen, Bundestagsabgeordneter der FDP, Sprecher für Bergrecht? Ich zitiere aus seiner letzten Pressemitteilung:

Stattdessen sollte möglichst schnell Rechts- und Planungssicherheit geschaffen werden, damit die Erkundung und die Bewertung der bisher nur prognostizierten Vorkommen zügig vorankommt.

Auf wessen Seite stehen Sie hier in Hessen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Gemeinsam mit der SPD haben wir Ihnen einen Antrag vorgelegt. Im Grunde wiederholt er alle Punkte des Bundesratsantrags. Wir möchten aber, dass Sie jetzt auch den folgerichtigen nächsten Schritt tun: Sprechen Sie sich bei der Bundesregierung ganz klar dafür aus, dass keine Auflagen gemacht werden, ohne dass man alle wissenschaftlichen Erkenntnisse hat. Verhindern Sie, dass Fracking hier in Hessen erlaubt werden muss.

Heute haben Sie die Gelegenheit, hier zu zeigen, auf wessen Seite Sie stehen. Wir werden kämpfen, damit dieser Gesetzentwurf nicht in Kraft tritt. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn. – Als nächster Redner hat sich Kollege Gremmels von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Gremmels.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der gestern von Bundesumweltminister Altmaier und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler vorgestellte Gesetzesschnellschuss trägt eher zur Verwirrung als zur rechtlichen Klarstellung bei. Das muss man an diesem Morgen einmal festhalten.

Nach jahrelangem Nichtstun legt Schwarz-Gelb jetzt im Schnellschussverfahren eine Schmalspurregelung für das Fracking vor.

(Widerspruch bei der FDP)

Vor der Bundestagswahl sollen jetzt noch schnell Fakten geschaffen und ein Gesetz durchgepeitscht werden, von dem Altmaier meint, es würde Fracking weitestgehend verhindern, während Rösler sagt, es biete eine tolle Zukunft, eine tolle Perspektive für das Fracking. Ja was denn nun? Was gilt?

Ich befürchte, in diesem Fall hat Herr Rösler recht. Denn die Meldung von BASF vom gleichen Tag sagt, dass sie diese Regelung begrüßen. Das spricht eher für die Interpretation von Herrn Rösler, dass mit diesem Gesetz Fracking eine Zukunftsperspektive gegeben wird. Meine Damen und Herren, das halten wir für den falschen Weg.

Denn damit wird den Menschen, die in Nordhessen protestieren, die auf die Straße gehen, den Kommunen, die Fracking einheitlich abgelehnt haben, Sand in die Augen gestreut. Das muss man hier zur Kenntnis nehmen. Deswegen ist das der falsche Weg, und deswegen muss der Hessische Landtag dem Einhalt gebieten.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte auf die Historie eingehen. Es war doch nicht die Landesregierung, die mit diesem Thema offensiv umgegangen ist. Es war der Kollege Heinz Lotz, der im Dezember 2011 eine Kleine Anfrage dazu gestellt hat. Er hat einmal vorgefühlt, ob es auch in Hessen entsprechende Anträge gibt. Erst aufgrund unserer Kleinen Anfrage hat die Landesregierung en passant eingeräumt, dass es auch für Nordhessen einen Erkundungsantrag von BNK gibt. So war es doch.

Wir waren es doch, die dann gefordert haben, dieses Thema im Rahmen einer Anhörung einmal aufzuarbeiten. Das war ein SPD-Antrag. Zusammen mit den GRÜNEN haben wir dann dafür gesorgt, dass die Menschen in Nordhessen darüber diskutieren. Vor Ort sind die Betroffenheit und die Empörung sehr groß. Das war das Verdienst der Opposition. Frau Puttrich, wir mussten Sie zum Jagen tragen. Das gehört an diesem Morgen zur Wahrheit dazu.

(Beifall bei der SPD)

Bei dieser Landtagsanhörung am 5. Oktober haben alle Experten gesagt – das fand ich sehr beeindruckend –, dass Fracking aus heutiger Sicht nicht kalkulierbar sei. Ich frage Sie: Was hat sich denn seit dem 5. Oktober geändert, dass hier auf einmal eine Erleichterung gestattet werden soll? Meine sehr verehrten Damen und Herren, das müssen Sie uns schon einmal beantworten.

(Zuruf der Abg. Brigitte Hofmeyer (SPD))

Dazu brauchen wir zunächst ein echtes Moratorium. Für die hessische SPD sage ich auch ganz deutlich: Ich habe keine große Hoffnung, dass sich Fracking irgendwann einmal risikofrei wird betreiben lassen.

Die Kollegin Dorn hat das schon angesprochen. Selbst wenn es irgendwann einmal Clean Fracking gibt – also ohne Chemikalien –, dann haben wir immer noch das Problem mit dem sogenannten Lagerstättenwasser und mit dem Flowback, der Verpressung des verunreinigten Wassers.

(Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Das wird auch in Zukunft der Fall sein.

(Peter Stephan (CDU): Da haben Sie das gleiche Wasser!)

In dem Lagerstättenwasser ist krebserregendes Benzol enthalten. In Niedersachsen hat das schon zu großen Problemen geführt. Deswegen sage ich Ihnen ziemlich deutlich, so viel Klarheit gehört dazu: Als hessische SPD werden wir auf unserem Landesparteitag in der nächsten Woche in Hanau sagen, wir als SPD in Hessen sind gegen das Fracking und werden uns dagegen stark machen.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der gemeinsame Antrag von SPD und GRÜNEN gibt dieser Regierung, dieser Koalition, endlich einmal die Gelegenheit, Farbe zu bekennen. Ich kenne nur Pressemitteilungen von den Kollegen Heidel, von Zech, Lenders und Posch, die unisono gesagt haben, Fracking sei eine Chance, und von der Ministerin, die den Eindruck erweckt, sie sei dagegen. Heute haben Sie endlich einmal Gelegenheit, hier Farbe zu bekennen: Was gilt in Hessen? Wo steht die FDP in dieser Frage in Hessen – bei den Menschen oder bei dieser Technologie, die nicht beherrschbar ist? Hier müssen Sie Farbe bekennen.

Ich kann Ihnen schon sagen, wie das ausgeht. Denn ich kenne die Kollegen der FDP in der Regionalversammlung. Es sind nicht sehr viele – Gott sei Dank.

(Heinrich Heidel (FDP): Das ist ja unglaublich!)

Ich sage: „Gott sei Dank“ wegen der politischen Haltung. Heinrich, wenn die alle so wären wie du, dann hätte ich damit kein Problem.

(Heiterkeit)

Das muss man schon einmal dazusagen.

Die nordhessische Regionalversammlung hat sich fast einstimmig gegen das Fracking ausgesprochen – nur die FDP war dafür. Ich sage Ihnen: Die Menschen in Nordhessen wollen diese Technologie nicht.

Durch Beschlüsse in den Kommunen, den Kreistagen, in der Regionalversammlung haben wir unseren Einfluss genutzt und uns klar und deutlich positioniert.

(Zuruf des Clemens Reif (CDU))

Meine sehr verehrten Damen und Herren von SchwarzGelb, jetzt sind Sie am Zug.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte noch kurz daran erinnern, worüber wir eigentlich reden. Wir haben hier im Schieferstein gebundenes Erdgas, das gerade einmal den Erdgasbedarf Deutschlands der nächsten 13 Jahre decken würde.

Es ist doch keine Perspektive für die Zukunft. Wir verschieben doch nur dringende Fragen in die Zukunft. Wir würden doch nur die Energiewende in die Zukunft verschieben und dafür riesige Umweltrisiken in Kauf nehmen. Wir müssen nicht noch das letzte bisschen Erdgas aus der Erde herauspressen. Das steht in gar keinem Verhältnis. Das hat auch die Expertenanhörung im Landtag deutlich gemacht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Unsere Befürchtung ist leider groß, dass die Hessische Landesregierung wieder einmal auf Zeit spielt. So sollen erst im Sommer zwei hessische Gutachten vorliegen. Das Hessische Landesamt für Umwelt und Geologie ist beauftragt worden, das vorliegende Gutachten des Umweltbun

desamtes und des Landes Nordrhein-Westfalen auf hessische Besonderheiten auszuwerten. Das ist das erste Gutachten, auf das wir in Hessen warten. Zweitens ist die Uni Marburg beauftragt worden, zu schauen, inwiefern die einhellig negativen Stellungnahmen der Kommunen im Sinne des Bergrechts dem überwiegenden öffentlichen Interesse entsprechen, dass Fracking abzulehnen ist. Auch auf dieses Gutachten warten wir.

Frau Puttrich hat in der letzten Umweltausschusssitzung gesagt, diese Gutachten kämen irgendwann im Sommer, und dann müsse sie die Landesregierung erst noch bewerten. Man hat schon gemerkt, hier wird auf Zeit gespielt. Ich sage Ihnen die klare Forderung: Wir wollen vor der Landtagswahl Klarheit. Wir fordern Sie auf, diese beiden Gutachten vor der Sommerpause auf den Tisch des Umweltausschusses zu legen, damit wir uns dort damit beschäftigen können.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind auch nicht ohne Grund skeptisch. Schauen Sie einmal nach Niedersachsen. Was ist denn da passiert? – Einen Tag, nachdem diese Landesregierung abgewählt wurde, an dem Montag hat die dann noch amtierende schwarz-gelbe Regierung ein Erkundungsverfahren in der Lüneburger Heide genehmigt. Aus dem Wahlkampf herausgehalten – sie waren schon abgewählt, aber dann haben sie noch die Genehmigung erteilt.

(Petra Fuhrmann (SPD): Unglaublich!)