(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Das ist richtig! – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das stimmt! – Janine Wissler (DIE LINKE): Dass Sie das hier überhaupt zur Sprache bringen!)
Generell muss man gleichwohl sagen, dass man über den Stil und die jeweilige Angemessenheit von Nachrichten in Facebook und Twitter sicher diskutieren kann, wie man im Übrigen auch über den Stil und die Angemessenheit von Anträgen diskutieren kann, z. B. solchen, wie sie anlässlich dieser Debatte von Ihnen gestellt wurden.
Meine Damen und Herren, zur Sache. Wenn es um die Frage gleichgeschlechtlicher Partnerschaften geht, finde ich, müssen wir in diesem Land weiterhin diskutieren dürfen,
und zwar in einer angemessenen und würdigen Form. Das gilt auch für Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Das ist übrigens bei Juristen gang und gäbe. Es gibt juristische Fachzeitschriften, da werden Urteile miteinander diskutiert. Wenn sie gesellschaftliche oder gesellschaftspolitische Auswirkungen haben, müssen wir doch selbstverständlich auch über Urteile des Bundesverfassungsgerichts diskutieren dürfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Souveränität, die Autorität oder, Frau Kollegin Hofmann, die Integrität des Bundesverfassungsgerichts wird doch nicht durch Diskussionen über dessen Urteile ausgehöhlt. Was ist denn das für ein Unsinn?
Meine Damen und Herren, Meinungsfreiheit gilt auch hier. Wer wüsste das besser als das Bundesverfassungsgericht selbst? Ich glaube, die dortigen Richter sind doch deutlich weniger aufgeregt, als Sie das hier in Ihren Anträgen vorspielen.
Meine Damen und Herren, das ändert doch nichts daran, dass wir selbstverständlich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts anerkennen als letztverbindliche Entscheidung in unserem Staatsgefüge. CDU und FDP werden die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung nicht nur achten, sondern selbstverständlich auch umsetzen. Darüber streiten wir doch überhaupt nicht. Aber über die Auswirkungen muss doch in diesem Land nach wie vor ein Diskurs möglich sein.
Das gilt übrigens auch für die Hessische Landesregierung, wonach Sie gefragt haben. Es hat ja keiner den Titel der Aktuellen Stunde aufgegriffen. Das haben die Hessische Landesregierung, der Hessische Landtag und die Mehrheit hier im Hessischen Landtag auch in den vergangenen Jahren immer befolgt.
Man kann sogar sagen, Herr Kollege Klose, wir haben es besser gemacht als am Ende die GRÜNEN in ihren Gesetzentwürfen. Denn in seiner Stellungnahme zum Zweiten Dienstrechtsmodernisierungsgesetz hat der DGB festgestellt, dass das Gesetz, das die Landesregierung vorgelegt hat, deutlich besser ist als das, das die GRÜNEN vorgelegt haben.
Meine Damen und Herren, zur Sache selbst. Ehe und Familie sind besonders zu schützen. Das treibt uns an. Ehe und Familie sind Keimzelle unserer Gesellschaft. Die Ehe auch zu schützen als Vorstufe der Familie ist das, was den Fortbestand unserer Gesellschaft garantiert.
Ich will Ihnen sagen: Selbstverständlich gibt es andere Lebensformen, und selbstverständlich respektieren
wir auch andere Lebensformen. Ich gehe sogar so weit, zu sagen – das ist eine Selbstverständlichkeit, die wir auch in unserem Grundsatzprogramm niedergelegt haben –: Auch in anderen Lebensformen werden Werte gelebt, die wir schätzen und sehr achten.
Aber Ehe und Familie verdienen nach Art. 6 unseres Grundgesetzes eben ein besonderes Privileg. Da machen wir es uns nicht so einfach, dass wir von Diskriminierung reden. Nein, wenn wir von Privilegierung sprechen, dann ist denklogisch eine absolute Gleichbehandlung nicht möglich.
Wir erhoffen uns natürlich von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts insbesondere zu der Frage des Ehegattensplittings wichtige Hinweise darauf, wie wir möglicherweise entsprechende Veränderungen in unseren Gesetzen rechtssicher hinbekommen.
Ich komme zum Schluss. – Am Ende steht für uns, dass die Ehe und die Familie in besonderer Weise zu schützen sind. Das treibt uns an, denn Ehe und Familie sind Keimzelle unserer Gesellschaft. – Vielen Dank.
Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Aktuelle Stunde, die die Fraktion der Sozialdemokraten beantragt hat, hat den Wortlaut: „Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichbehandlung der Ehe mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften – wo steht die Hessische Landesregierung?“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte auf drei verschiedenen Ebenen versuchen, mich einer Antwort auf diese Überschrift zu nähern.
Die erste Ebene ist Hessen. Wir als Hessische Landesregierung, wir als Hessischer Landtag haben die Aufgabe, hessische Verwaltungspraxis und hessische Gesetzgebungslage zu organisieren. Es ist die vornehmste Aufgabe von uns, dem Hessischen Landtag, die Gesetze in unserem Land so zu organisieren, dass eine Diskriminierung nicht stattfindet.
Ich bin Ihnen allen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr dankbar, dass nicht einer von Ihnen, noch nicht einmal Herr Kollege Wilken in seinem Rundumschlag, sich beschäftigt hat mit der Frage, dass wir Nachholbedarf hier in Hessen haben. Ich bin stolz darauf, einem Landtag anzugehören, einer Landesregierung anzugehören, Justizminister eines Landes zu sein, in dem niemand berechtigterweise sagen kann, in Hessen würden gleichgeschlechtliche Persönlichkeiten diskriminiert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein Erfolg von uns allen. Das haben wir in einem gemeinsamen Prozess – die Rollen waren nicht immer genau so, wie sie heute sind – in diesem Hause ausgetragen. Was wir im Hessenrecht noch zu tun haben – jeder weiß es hier im Raum, und es ist eben von einem Kollegen noch angesprochen worden; ich glaube, es war Kollege Beuth –, steht in dem Entwurf des Dienstrechtsmodernisierungsgesetzes. Die entsprechenden Anhörungen laufen. Ich nehme mit großer Zufriedenheit und auch mit Stolz zur Kenntnis, dass das, was die Hessische Landesregierung vorgelegt hat, auch von denjenigen goutiert wird, die uns ansonsten nicht immer ausschließlich mit vorauseilendem wohlwollendem Klatschen begleiten.
Eines ist klar, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrter Herr Schäfer-Gümbel: Die Hessische Landesregierung steht dafür, dass es keine Diskriminierung gibt, und die Hessische Landesregierung – von Volker Bouffier als Ministerpräsident und von mir als Justizminister vertreten – tut alles, damit auch die letzten gesetzlichen – ich sage das bewusst; bei dem einen Punkt können wir uns nämlich streiten, ob das überhaupt diskriminierend ist oder nicht – möglichen Diskriminierungspunkte abgeräumt werden. Also ganz eindeutig: Die Hessische Landesregierung steht dafür, dass es in Hessen keine Diskriminierung gibt, weder wegen des Geschlechts noch wegen der sexuellen Ausrichtung der Person.
(Beifall bei der FDP und des Abg. Thorsten Schäfer- Gümbel (SPD) – Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))
Zweite Bemerkung. Die Hessische Landesregierung weiß, dass es eine Hoheit des Bundesverfassungsgerichts bei der
Frage gibt: Wer legt verbindlich das Grundgesetz aus? Wir können alle – viele Juristen hier im Raum verfallen auch häufig dieser Krankheit – verschiedene Rechtsmeinungen haben. Aber eines ist uns klar: Die letzte Verbindlichkeit in der Auslegung unseres Grundgesetzes haben der Erste und der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sollten und müssen wir uns, gerade wenn man Jurist ist und gerade wenn man engagierter Jurist ist, immer wieder vor Augen halten.
Da komme ich zur dritten Ebene. Ich glaube, keiner hier im Raum, insbesondere kein ausgebildeter Jurist – das meine ich jetzt nicht überheblich, sondern wir haben ja einen gewissen Gang der Ausbildung und damit auch des Vorverständnisses und der Arbeitsweise durchgemacht –, wird es jemandem vorwerfen, wenn er sagt: Ich habe Probleme damit, wie Art. 6 in diesem Konzert der Auslegung bewertet wird. Denn es ist nun einmal so – ein Blick in das Grundgesetz verschärft die Kenntnis –: Art. 6 schreibt eine Privilegierung von Ehe und Familie vor. Da ist es doch nicht abwegig – meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich sage das bewusst so persönlich –, dass man damit Schwierigkeiten hat, festzustellen, dass auf der einen Seite – das ist die Argumentation des Kollegen Dr. Christean Wagner, meines Amtsvorgängers – Art. 6 ein Privileg für Ehe und Familie festschreibt und auf der anderen Seite man jedenfalls rechtlich der Auffassung sein kann – das ist jetzt Rechtsmeinung –, dass mit der Gleichstellung die Privilegierung wegfällt. Das ist in sich erst einmal logisch.