Protokoll der Sitzung vom 23.04.2013

Ich frage die Landesregierung:

Warum ist der Fila-Brasileiro von der Liste der gefährlichen Hunde genommen worden?

Herr Innenminister Rhein.

Verehrte Frau Abg. Waschke, es gibt Hinweise zur Ausführung der Hundeverordnung. Sie basieren auf der Rechtsprechung, und man kann sie im „Staatsanzeiger“ aus dem Jahr 2009, Seite 824, nachlesen. Danach kommt die Streichung einer in § 2 Abs. 1 Satz 2 der Hundeverordnung aufgeführten Hunderasse dann in Betracht, wenn in einem vierjährigen Beurteilungszeitraum keine Beißvorfälle zu verzeichnen waren und die sogenannte Versagerquote bei den Wesensprüfungen weniger als 3 % betrug.

Die Rasse Fila-Brasileiro wurde durch die zweite Verordnung zur Änderung der Hundeverordnung vom 15. Oktober 2010 aus der Liste der gefährlichen Hunde gestrichen – es trifft zu, was Sie gesagt haben –, weil in den vorangegangenen Jahren keine Beißvorfälle registriert worden waren und alle abgelegten Wesensprüfungen bestanden wurden. Es ging um den Erfassungszeitraum 2006 bis 2009.

Zusatzfrage, Frau Abg. Waschke.

Herr Minister, welche Kriterien müssen erfüllt sein, um zu veranlassen, dass ein Tier, ob es nun ein Fila-Brasileiro ist oder einer anderen Rasse angehört, die von der Liste gestrichen worden ist, eine Wesensprüfung ablegt?

Herr Innenminister.

Frau Waschke, ich bin erstaunt; denn vor Kurzem haben Frau Dr. Pauly-Bender und die SPD-Fraktion einen Gesetzentwurf vorgelegt, in dem es hieß, dass die Liste ganz abgeschafft werden soll. Jetzt fragen Sie, wie man eine Hunderasse wieder auf die Liste bekommt oder wie man Wesensprüfungen veranlassen kann. Das finde ich ein bisschen bizarr. Vielleicht sollten Sie in Ihrer Fraktion klären, wie Sie diese Fälle behandeln.

Aber ich will die Frage konkret beantworten; denn es wird immer ein Umkehrschluss daraus. Wenn es wieder zu Beißvorfällen kommt, greifen die Voraussetzungen, die ich genannt habe, und dann kommt das in Betracht, was Sie mich gefragt haben.

Zusatzfrage, Frau Abg. Waschke.

Herr Staatsminister, ich möchte an der Stelle feststellen, dass meine Frage nicht darauf abgezielt hat,

Frau Kollegin, Sie haben nur Fragen zu stellen.

dass diese Rasse wieder auf die Liste kommt.

Frage?

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ha- ben Sie das verstanden?)

Haben Sie das verstanden?

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Wir haben verstanden!)

Frau Waschke, ganz herzlichen Dank. Der Herr Minister wird versuchen, sie zu beantworten, und dann wird sich zeigen, ob er Sie verstanden hat.

Ich habe es sowohl akustisch als auch intellektuell verstanden.

(Demonstrativer Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Die Frankfurter haben einen hohen Intelligenzquotienten! – Weitere Zurufe: Oh!)

Umso mehr freue ich mich über Ihre Klarstellung. Danke schön.

Ich rufe die Frage 859 auf. Frau Abg. Schott, bitte.

Ich frage die Landesregierung:

Wie glaubt sie den Stand der „besten verfügbaren Technik“ in der Kaliproduktion gemäß der EU-Richtlinie zur „integrierten Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung“ (IVU-Richtlinie) beurteilen zu können, wenn der Runde Tisch „Gewässerschutz Werra/Weser und Kaliproduktion“ die beschlossene Studie zu der technischen und ökonomischen Machbarkeit einer Kaliprodukti

on ohne Salzlaugeneinleitung in Werra, Weser und Nordsee sowie ohne Verpressung in den Untergrund bei dem Bergwerksspezialisten K-UTEC nicht in Auftrag gibt?

Frau Ministerin Puttrich.

Frau Abg. Schott, zunächst einmal: Der Begriff „beste verfügbare Technik“ ist in Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2008/1/EG, der erwähnten IVU-Richtlinie, und in Art. 3 Nr. 10 der nunmehr einschlägigen Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen – IE-RL – sowie, als Stand der Technik, im deutschen Recht, unter anderem im Wasserrecht, geregelt. Die beste verfügbare Technik wird für jede betroffene Branche in einem Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten, der Industrie und den Umweltverbänden festgelegt. Das ist also nicht das, was man vielleicht landläufig unter „bester verfügbarer Technik“ versteht, sondern es ist genau definiert.

Um Abfälle der Bergbauindustrie geht es in dem Merkblatt „Reference Document on Best Available Techniques for Management of Tailings and Waste-Rock in Mining Activities“ vom Januar 2009.

Die dort beschriebenen Anforderungen werden von K + S berücksichtigt. Allerdings ist die Entwicklung der Technik ein dynamischer Prozess. Die Definition der besten verfügbaren Technik bedarf deshalb einer ständigen Überprüfung. Soweit die Behörde nach den gesetzlichen Vorgaben verpflichtet ist, bei der Zulassung und Überwachung von Anlagen den Maßstab der besten verfügbaren Technik anzulegen und es keine verbindlichen normativen Festlegungen im nationalen Recht gibt, hat sie dies im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens selbst zu ermitteln. Sie kann dabei auf Erkenntnisse Dritter zurückgreifen.

Der Runde Tisch „Gewässerschutz Werra/Weser und Kaliproduktion“ hat sich im Rahmen seines Auftrags intensiv mit der Frage befasst, ob es neue technische Verfahren gibt, mit denen der Anfall von Salzabwässern und Reststoffen in der Kaliproduktion weiter minimiert oder sogar abgestellt werden kann. Fazit dieser Prüfungen ist bisher, dass solche technischen Alternativen zur Einleitung von Salzabwässern und zur Aufhaltung der festen Reststoffe aktuell nicht zur Verfügung stehen. Das ist in den Empfehlungen des runden Tisches nachzulesen.

Ein Vortrag der Firma K-UTEC in der 20. Sitzung des Runden Tisches war allerdings Anlass für den Beschluss, die vom Runden Tisch in den Jahren 2008 bis 2010 vorgenommenen Bewertungen der technischen Alternativen im Hinblick auf mögliche Erkenntniszuwächse in den letzten beiden Jahren zu aktualisieren. Dies sollte auf der Grundlage eines durch die eben genannte Firma zu erstellenden Gutachtens geschehen. Über den endgültigen Inhalt und Umfang des Gutachtens hat der Runde Tisch noch nicht abschließend entschieden. Soweit die gutachterlichen Aussagen und die anschließenden Prüfungen und Bewertungen des Runden Tisches noch zu neuen Ergebnissen führen, werden auch sie in die Meinungsbildung der Behörden einfließen. Eine eigene Bewertung der Behörden ist unabdingbar.

Zusatzfrage, Frau Abg. Schott.

Frau Ministerin, der Stand der Diskussion scheint im Moment zu sein, dass dieses Gutachten nicht in Auftrag gegeben wird. Ist Ihnen diesbezüglich etwas bekannt, und wenn ja, was für eine Haltung haben Sie dazu?

Frau Staatsministerin Puttrich.

Die Information ist so nicht richtig. Der Runde Tisch wird sich Anfang Juni unter Einbeziehung verschiedener Experten mit der Frage befassen, in welchem Umfang er den Gutachtenauftrag erteilen wird. Ein vollständiger Verzicht auf die Vergabe, wie es eben von Ihnen genannt wurde, ist nicht vorgesehen, sondern es geht um die Frage, in welcher Form wie was vergeben wird. Aber es soll mit einbezogen werden.

Zusatzfrage, Herr Abg. Warnecke.

Frau Ministerin Puttrich, ist es richtig, dass die Firma K-UTEC bisher nicht in der Lage ist, ein serienreifes Produktionsverfahren zu präsentieren, sondern dass das jedenfalls im Moment bestenfalls auf Laborebene funktioniert?

Frau Ministerin Puttrich.

Ich kann Ihnen sagen, dass das, was das Unternehmen vorgelegt hat, z. B. nicht komplett dem Pflichtenheft entspricht und insofern in dieser Form noch nicht vollständig ist.

Frage 860, Frau Abg. Cárdenas.

Ich frage die Landesregierung:

Ist es zutreffend, dass in kirchlichen Kindertageseinrichtungen – beispielsweise im Kindergarten „Steinweg“ in Bensheim – Eltern, die nicht Mitglied der evangelischen oder katholischen Kirche sind, verpflichtet werden, Mitglied in einer Fördergemeinschaft zu werden und monatlich eine Gebühr von 30 € zu entrichten, damit ihr Kind diese Einrichtung besuchen darf?

Herr Sozialminister Grüttner.

Frau Abgeordnete, der Landesregierung war ein solches Vorgehen der evangelischen oder der katholischen Kirche bisher nicht bekannt. Eine Nachfrage bei der Stadt Bensheim hat ergeben, dass der Kindergarten „Steinweg“ in Bensheim als einzige Tageseinrichtung tatsächlich so verfährt. Da es sich hier um eine kommunale Angelegenheit handelt – denn Aufgabe der Gemeinde ist es nach § 30 Hessisches Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch, den ermittelten Bedarf zu decken –, ist es auch Aufgabe der Gemeinde, die sich zur Erfüllung der Kinderbetreuung freier Träger bedient, sicherzustellen, dass ein gleicher Zugang zu dem Betreuungsangebot besteht. Gemäß § 31 Hessisches Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch setzen die Träger von Tageseinrichtungen Teilnahme- oder Kostenbeiträge für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege fest. Die Beiträge können nach dieser Vorschrift gestaffelt werden „nach Einkommensgruppen und der Zahl der Kinder oder der Familienangehörigen“. Das heißt, es ist Sache der kommunalen und freien Träger von Tageseinrichtungen, über die Höhe der Beiträge für den Besuch einer Tageseinrichtung zu bestimmen.

Gemäß § 30 Hessisches Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch tragen die Gemeinden „in eigener Verantwortung dafür Sorge, dass die im Bedarfsplan vorgesehenen Plätze in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege zur Verfügung stehen“. Dabei sollen die Gemeinden „die freiwillige Tätigkeit auf dem Gebiet der Kinderbetreuung anregen und fördern. … Soweit geeignete Angebote von Trägern der freien Jugendhilfe betrieben oder rechtzeitig geschaffen werden können, sollen die Gemeinden von eigenen Maßnahmen absehen“.

Zusatzfrage, Herr Abg. Merz.

Herr Minister, darf ich Ihrer sehr ausführlichen Antwort entnehmen, dass Sie das Verhalten dieses Trägers in Bensheim für rechtlich fragwürdig, wenn nicht gar für unzulässig halten?

Herr Staatsminister Grüttner.

Nein.

Ich rufe die Frage 861 auf. Herr Abg. May.