Protokoll der Sitzung vom 22.05.2013

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Caspar, vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht Herr Staatsminister Rentsch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Frankenberger, ich habe mich wirklich auf die heutige Debatte gefreut. Ich habe mich deswegen gefreut, weil ich gedacht habe, heute ist der Tag, an dem die hessischen Sozialdemokraten endlich einmal sagen, was sie in Hessen machen wollen. Ich habe gedacht, wir könnten endlich einmal in der Sache diskutieren.

Sie stellen einen Antrag, den Sie zurzeit in fast allen Ländern stellen, und sagen nur etwas aus einem abgeschriebenen Mobilitätsbericht, aber Sie sagen nichts darüber, was Sie in Hessen demnächst anders machen wollen. Wer so konzeptionslos ist, muss sich nicht darüber wundern, dass er möglicherweise von den Wählerinnen und Wählern nicht das Vertrauen geschenkt bekommt, das er in den letzten Tagen immer großspurig verkündet hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Brigitte Hofmeyer (SPD))

Auf der theoretischen Ebene gibt es einen tief greifenden Unterschied zwischen den Sozialdemokraten und den GRÜNEN darüber, ob Mobilität und Infrastruktur in einem Land wie Hessen die zentralen Voraussetzungen dafür sind, dass sich die Bürger, aber auch die Wirtschaft in unserem Land wohlfühlen.

Hessen ist das Transitland Nummer eins in Deutschland. 60.540 Fahrzeuge in 24 Stunden auf Autobahnen in Hessen, das ist der Höchstwert aller Flächenländer in Deutschland. Das heißt, in Hessen fährt von Ost nach West und von Nord nach Süd alles durch. Deswegen sind die Rahmenbedingungen bei uns auch anders als in anderen Ländern, die eher am Rand Deutschlands liegen. Wir haben besondere Rahmenbedingungen, auf die wir uns einstellen müssen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dazu hätte ich heute gern etwas gehört.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Hessen ist die Drehscheibe für Infrastruktur in Deutschland. Ich habe die Zahlen für die Autobahnen genannt. Genauso gilt es beim Zugverkehr: Frankfurt ist beispielsweise mit 350 Fernzügen täglich der größte Verkehrsknoten in Deutschland. Der Hauptbahnhof mit über 350.000 Nutzern ist der größte der Bundesrepublik. Drei Viertel des bundesweiten Schienenpersonenverkehrs und mehr als die Hälfte des Schienengüterverkehrs fließen durch Frankfurt/RheinMain und Hessen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Stimmt!)

Der RMV ist mit 703 Millionen Fahrgästen der größte Verbund in Deutschland nach Berlin-Brandenburg und RheinRuhr.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Stimmt!)

Herr Kollege Al-Wazir, die Zahlen belegen es, das alles wäre ohne eine erfolgreiche und ohne eine systematische Mobilitäts- und Verkehrspolitik wohl kaum möglich gewesen. Deshalb haben wir in den letzten Jahren Hessen als Drehscheibe der Bundesrepublik ausgebaut und haben die Strukturen gestärkt. Natürlich sind wir aber noch lange nicht am Ende dessen, was wir erreichen wollen. Daran sieht man, dass der Weg, den wir eingeschlagen haben, stimmt. Man sieht aber auch, dass es für uns besondere Herausforderungen gibt.

Wir haben den Umfang der Straßenbauinvestitionen vervierfacht. Sie kennen die Zahlen, sie sind genannt worden. Unter Rot-Grün waren es 27 Millionen €. Wir haben allein in den Jahren 2009 bis 2011 550 Millionen € investiert. Wir haben den Haushaltsansatz für die Landesstraßen stabilisiert – auf 100 Millionen € pro Jahr. Wir haben in den letzten Jahren 30 Ortsumfahrungen ermöglicht, damit die Menschen nicht mehr so stark vom Verkehr tangiert, sondern entlastet werden. All das sind Maßnahmen und Bausteine, die zeigen, dass wir auch in unsere Straßen investieren, denn die Straßen sind notwendige Teile der Infrastruktur – gerade für ein Land wie Hessen, in dem auch die Fläche stark ist. Wir haben nämlich keine Ideologie, die uns leitet, nach dem Motto, das eine sei ein guter Verkehrsträger, das andere ein schlechter.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Al-Wazir, hören Sie auf, diese Ideologie zum Maßstab Ihrer Politik zu machen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Dieses Land ist keine Erziehungsanstalt für rot-grüne Verkehrsideologie. Hören Sie auf, die Menschen erziehen zu wollen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Frankenberger, ich will nicht immer auf den Zahlen herumreiten, aber das, was Sie zwischen 1991 und 1999 nicht investiert haben, hat zu einem erheblichen Schaden an der Infrastruktur geführt. Das muss erst einmal wiedergutgemacht werden. Dabei geht es auch darum, dass es aus meiner Sicht fast politische Untreue ist, dass Sie in diesen Jahren wichtige Verkehrsprojekte nicht beim Bund angemeldet haben. Sie durften sie nicht anmelden, weil sich in der Regierungszeit Eichel die GRÜNEN bei Ver

kehrsprojekten stets durchgesetzt haben. Wenn die Sozialdemokraten an dieser Stelle so vollmundig das Wort führen, was man alles machen müssten, sage ich Ihnen deshalb: Es wäre schön gewesen, wenn Sie es gemacht hätten, als Sie die Möglichkeit dazu hatten, Herr Kollege Frankenberger.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Für uns geht es darum, dass wir die Straßenbauinvestitionen auf einem hohen Niveau halten, dass wir den Umfang der Straßenerhaltungsmaßnahmen deutlich stabilisieren – da hatten wir enorme Altlasten – und dass wir Siedlungen durch Ortsumgehungen entlasten. Deshalb haben wir jetzt mit dem KIM II zwölf dringliche Ortsumgehungen in die Finanzierung aufgenommen.

(Zuruf der Abg. Brigitte Hofmeyer (SPD))

Natürlich geht es auch darum, dass wir die Straßenbauinvestitionen auf hohem Niveau weiterhin forcieren; denn der Erhalt unserer Straßen hat für die Hessische Landesregierung Priorität.

(Zurufe von der SPD)

1.000 km Autobahnen, 3.000 km Bundesstraßen: Sie erfordern 350 Millionen € im Jahr an Investitionen in die Erhaltung.

Der Investitionsschwerpunkt Brücken, der gerade genannt worden ist, ist ein weiterer wichtiger Aspekt, Herr Kollege Frankenberger. Deshalb investieren wir in den nächsten Jahren rund 700 Millionen € in diesen Bereich. Das sind Zahlen, die zeigen, dass wir Hand in Hand mit dem Bund arbeiten. Wir müssen als Hessen in Berlin aber immer wieder dafür kämpfen, dass genug Geld in dieses wichtige Land fließt. Auch das ist ein Teil unserer Politik.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Durch die Versäumnisse von Rot-Grün, insbesondere der Sozialdemokraten, haben die Autobahnen schwere Schäden erlitten. Ich will das Beispiel A 44 nennen, damit alle Bürgerinnen und Bürger die Unterschiede zwischen Ihnen und uns erkennen können. Als Rot-Grün hier in Hessen regiert hat, hat sich diese Koalition auf Druck der GRÜNEN dafür entschieden, die A 44 nicht nach dem sogenannten Planungsrecht deutsche Einheit zu bauen, sondern nach dem westdeutschen Planungsrecht – mit all den Einspruchsmöglichkeiten, die es nur in Deutschland gibt. Während die zeitgleich geplante A 38 von Göttingen nach Halle mittlerweile realisiert worden ist, befahren werden kann, müssen wir aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen an der A 44 noch immer bauen, weil Bürgerinnen und Bürger protestieren, Umweltverbände ihr Verbandsklagerecht teilweise aber auch instrumentalisieren, um bei dieser Autobahn politische Forderungen zu realisieren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Das ist ein Beispiel dafür, wo gerade die GRÜNEN massive Verzögerungen zu verantworten haben, was im Interesse der Bürgerinnen und Bürger wirklich keine Ruhmestat war; denn es geht hier auch um Steuergelder. Wir haben bei dieser Autobahn Millionen Euro Steuergeld für Klageverfahren zusätzlich aufwenden müssen. Die Verantwortung, das wissen Sie, auch wenn Sie sich gern um diese Diskussion drücken, tragen alleine Sie von der SPD und

den GRÜNEN. Eine solche Politik wollen wir in Hessen nicht wieder erleben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb sind die A 44 von Eisenach nach Kassel, die A 49, die wir mit Hochdruck realisieren, die A 66 bei Neuhof – immerhin 91 km –, die A 66 am Riederwald und auch die B 252, wo wir mit den Kollegen Heidel und Wagner gerade eine Veranstaltung durchgeführt haben, um dort endlich den ersten Spatenstich machen zu können, wichtige Projekte, die für die Bürgerinnen und Bürger in Hessen hohe Priorität haben. Es geht um Straßen, die die Verkehrsteilnehmer endlich nutzen wollen. Wir schaffen die Möglichkeit hierzu. Wir schaffen die Infrastrukturen in Hessen. Das unterscheidet uns von Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Voraussetzungen dafür werden in den nächsten Jahren nicht einfacher. Herr Kollege Frankenberger, auf die Diskussion, wie wir in Zukunft Infrastruktur finanzieren, lasse ich mich gerne ein, weil ich glaube, dass es wert ist, sie zu führen. Bei der Mautdebatte, die zurzeit geführt wird, haben die Sozialdemokraten einen erheblichen Anteil daran, dass es bei den Bürgerinnen und Bürgern kein Vertrauen mehr in die Politik, in den Staat gibt. Hans Eichel war es – wir erinnern uns –, der damals versprochen hat, die LkwMaut fließe 1 : 1 in das System zurück. Es war dieser Finanzminister, der nach nur einem Jahr dieses Versprechen gebrochen und das Geld aus der Lkw-Maut für andere Bereiche verwendet hat.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wer regiert gerade in diesem Lande?)

Frau Kollegin Wissler, das ist einer der Punkte, warum die Menschen gerade den Sozialdemokraten an dieser Stelle so wenig vertrauen, weil diese eben schon so viel auf dem Kerbholz haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Die SPD regiert aber gerade nicht! Sie hätten es doch selbst ändern können!)

Frau Kollegin Wissler, es ist mittlerweile geändert. Das aber nur am Rande. – Wir müssen in Zukunft definitiv über andere Systeme der Finanzierung nachdenken. Deshalb sind für uns PPP-Projekte, wo Private Hand in Hand mit uns Investitionen tätigen, eine notwendige Form der Finanzierung. Es muss aber auch andere Systeme geben, wie es z. B. in der Schweiz der Fall ist. Wir brauchen aber nicht über eine Maut zu diskutieren – da bin ich anderer Meinung als Herr Ramsauer –, bei der die Einnahmen in den Haushalt fließen und für andere Maßnahmen, z. B. in der Sozialpolitik, ausgegeben werden. Das macht keinen Sinn, und das wird mit der FDP auch nicht zu machen sein.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Minister, die Redezeit der Fraktionen ist erreicht.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich denke, dass wir eine ganze Reihe von Systemen implementiert haben, die ein Markenzeichen für Hessen sind, z. B. das intelligente Verkehrssystem „Staufreies Hessen“. Ich empfehle, sich den Bericht auf der Seite des Hessischen Rundfunks anzusehen. „Staufreies Hessen“ ist für ein Land, wo der meiste Verkehr auf den Autobahnen rollt, eine besondere Herausforderung.

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, weil Sie vorhin ein bisschen gelächelt haben: Wir können mit dem, was bisher erreicht worden ist, nicht zufrieden sein, weil wir derzeit z. B. viele Baustellen haben. Die sind aber eine Konsequenz aus der Tatsache, dass auf Hessens Straßen mehr gefahren wird als auf anderen Straßen in Deutschland. Aber die Einführung der Telematik, die Freigabe des Seitenstreifens in bestimmten Verkehrssituationen, die Durchführung von Baustellentätigkeiten vornehmlich in der Nacht sind Steuerungsinstrumente, die wir eingeführt haben, damit Hessen nicht in Staus ertrinkt. Sie waren richtig, und sie sind auch nicht zu kritisieren. Sie haben aber recht, wenn Sie sagen, wir dürfen bei diesem Thema nicht nachlassen. Wir stellen an uns den Anspruch, „Staufreies Hessen“ am Schluss wirklich zu realisieren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Das Gleiche gilt für das Thema „Infrastruktur im Bereich der Schiene“, nicht nur für „Frankfurt RheinMain plus“, sondern auch für die Großprojekte, die wir mit der Bahn diskutieren. Vor allen Dingen ist die Aufnahme des Ausbaus der Strecke Hanau – Würzburg – Fulda in den Investitionsrahmenplan des Bundes ein Riesenerfolg, der uns gerade von grüner Seite vorgeworfen worden ist. Ich glaube, Sie hätten selbst nicht gedacht, dass wir das schaffen. Wir sind stolz darauf, dass wir es geschafft haben, weil es für die Bürgerinnen und Bürger eine erhebliche Entlastung bedeuten wird, was die Fahrzeiten angeht, aber auch ein Engpass für den Güterverkehr beseitigt wird. Das Gleiche gilt beim Schutz vor Schienenlärm und für andere Maßnahmen, die wir in diesem Bereich durchführen.

Die Zahlen betreffend den ÖPNV sind vom Herrn Kollegen Müller genannt worden. Wir investieren intensiv in den ÖPNV. Deshalb sind die Strukturen des ÖPNV in den letzten Jahren deutlich besser geworden. Wir achten aber auch darauf, dass diese Mittel wirtschaftlich angelegt werden. Wenn Kommunen Überlegungen anstellen, die sie nicht vollständig mit Zahlen belegen können, dann ist es Aufgabe des Verkehrsministers, an dieser Stelle zu intervenieren und nicht alles zuzulassen, was auf kommunaler Ebene angedacht wird. Wir als Land dürfen erwarten, dass Vorschläge, die die Kommunen machen, auch belegbar sind.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich will zum Abschluss noch drei Punkte erwähnen. Ich glaube, Hessen steht als Land in der Mitte Deutschlands vor besonderen Herausforderungen. Denen müssen wir gerecht werden. Die Infrastruktur ist für unsere Wirtschaft und für unsere Bürger ein zentraler Baustein, wenn wir weiterhin erfolgreich sein wollen. Deshalb investieren wir in diesen Bereich.

Zweitens. Wir grenzen uns von der SPD und von den GRÜNEN an dieser Stelle ab, denn überall dort, wo RotGrün in den letzten Jahren Verantwortung übernommen hat, sieht es vollständig anders aus.