Protokoll der Sitzung vom 03.09.2013

Warum dauert es so lange, zumal Sie wahrscheinlich, ebenso wie ich, davon ausgehen, dass Sie dieses Gesetz nicht mehr umsetzen werden?

Herr Minister.

Im Gegensatz zu Ihnen gehe ich davon aus, dass diese Landesregierung das Gesetz umsetzen wird. Dabei geht Sorgfalt vor Schnelligkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Zusatzfrage, Herr Dr. Spies.

Heißt das, die Landesregierung wird dafür eine Sondersitzung des Landtags beantragen? Die Einbringung ist, wenn sie in dieser Woche nicht erfolgt, erst im November möglich. Danach haben wir in dieser Legislaturperiode nur noch eine Plenarsitzung und dann eine andere Landesregierung.

(Zurufe)

Herr Staatsminister Grüttner, bitte.

Herr Abgeordneter, im Gegensatz zu Ihnen bin ich der festen Überzeugung und mir sicher, dass diese Landesregierung auch nach der Dezember-Sitzung die Verantwortung im Hessischen Landtag übernehmen wird.

(Zuruf von der SPD: Richtig, bis zum Januar!)

Zweitens. Der Gesetzentwurf der Landesregierung wird, wenn er kommt, so gut sein, dass er nur eine Lesung benötigen wird. Insofern haben Sie alle Möglichkeiten, noch in diesem Jahr eine entsprechende Entscheidung zu treffen.

(Beifall bei der CDU)

Frage 902, Herr Abg. Caspar.

Ich frage die Landesregierung:

Welche Steuerschlupflöcher werden durch die Einigung beim Jahressteuergesetz 2013 geschlossen?

Herr Finanzminister Dr. Schäfer.

Herr Abg. Caspar, bei den ungewollten Steuergestaltungen, die durch das Jahressteuergesetz geschlossen worden sind – dabei handelt es sich zu einem guten Teil um hessische Initiativen im Bundesratsverfahren –, geht es zunächst um die auch in der Öffentlichkeit unter diesem Stichwort diskutierten Goldfinger-Modelle. Hierbei werden im Ausland durch Verluste aus Goldankäufen mit dem Verkauf im Progressionsvorbehalt am Ende Steuersätze aus dem Veräußerungsgewinn auf null abgesenkt.

Zum Zweiten sind die sogenannten RETT-Blocker bei der Grunderwerbsteuer betroffen. Hierbei wird durch Zwischenschaltung von Strohmanngesellschaften die Zahlung von Grunderwerbsteuer vermieden. Die Lücke bei diesem Tatbestand ist durch die Änderung auf eine wirtschaftliche und nicht nur zivilrechtliche Betrachtung geschlossen worden.

Der dritte Punkt betrifft die sogenannten Cash-GmbHs bei der Erbschaftsteuer, die nur zu dem Zweck gegründet wurden, um Barmittel als Betriebsvermögen veräußern zu können. Dieser Tatbestand ist durch eine prozentuale Begrenzung auf 20 % des Betriebsvermögens entsprechend eingeschränkt worden.

Weitere Stichworte für die Einschränkung bei Steuersparmodellen wären die Verhinderung der Monetarisierung von Verlusten bei der Nutzung hybrider Finanzinstrumente oder auch die Ausweitung des Reverse-Charge-Verfahrens bei der Umsatzsteuer. Dadurch sind Schlupflöcher geschlossen worden, die eine Summe von etwa 500 Millionen € ausmachen.

Die Landesregierung bedauert allerdings außerordentlich, dass beim letzten steuerlich relevanten, im Vermittlungsverfahren befindliche AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz aufgrund des Widerstands von SPD und GRÜNEN im Bundestag gegen das einmütige Votum – ich betone – aller Bundesländer nun das hohe Risiko besteht, aufgrund einer Steuergestaltungsmöglichkeit, die bei der Auslagerung von Pensionslasten stille Lasten zu heben in der Lage ist, unwiederbringliche Steuerverluste in Höhe von 3,5 Milliarden € einzufahren. Eine entsprechende Gesetzgebung des Deutschen Bundestages könnte in dieser Legislaturperiode nicht mehr erreicht werden. Dies wäre ein großer Schaden für den Steuerstaat Deutschland.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zusatzfrage, Herr Abg. Kaufmann.

Herr Staatsminister, könnten Sie uns bitte erläutern, warum Sie den letztgenannten Sachverhalt Rot-Grün in die Schuhe schieben, obwohl das Angebot, diesen Sachverhalt im Vermittlungsausschuss noch rechtzeitig zu regeln, tatsächlich von der schwarz-gelben Mehrheit des Bundestages abgelehnt wurde?

Herr Staatsminister Dr. Schäfer.

Es gab eine Verabredung auf der Ebene der Fraktionen des Deutschen Bundestages, dass der Vorschlag, auf den sich die Länder parteiübergreifend geeinigt hatten, geschlossen im Bundestag mitgetragen würde. Von dieser Verabredung hat sich zuerst die Fraktion der GRÜNEN und dann die der SPD wieder entfernt, sodass die Geschäftsgrundlage für die Beratung des Vermittlungsausschusses entfallen ist.

Zusatzfrage, Herr Abg. Caspar.

Herr Finanzminister, da bei Rot-Grün das Parteiinteresse vor dem Staatsinteresse steht, wurde auch das Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland abgelehnt. Welche Konsequenzen hat dies mit Blick auf den Versuch, Steuerschlupflöcher zu schließen?

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Staatsminister Dr. Schäfer.

Wir haben bereits zu mehreren Gelegenheiten diese Fragestellung in diesem Hause miteinander besprechen können. Unsere reale Sorge besteht darin, dass allein dadurch, dass dieses Abkommen nicht zustande gekommen ist, am 31. Dezember letzten Jahres wahrscheinlich Steueransprüche im signifikanten Milliardenumfang verjährt sind.

(Norbert Schmitt (SPD): Nehmen Sie doch unseren Vorschlag auf!)

Allein durch die Tatsache, dass Sie das Abkommen im letzten Jahr verhindert haben, ist die Verjährung eingetreten, ohne dass es irgendeine Veränderung gegeben hat, Herr Abg. Schmitt.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Unterstellt, Sie bekämen nach dem 22. September 2013 eine Möglichkeit, Ihr Gesetzgebungsverfahren in die Tat umzusetzen – selbst dann wäre ein positiver Abschluss dieses Gesetzgebungsverfahrens in Ihrem Sinne ebenfalls nicht mehr in diesem Jahr möglich, sodass am 31. Dezem

ber 2013 abermals Beträge im vermutlich niedrigen zweistelligen Milliardenbereich aufgrund von Steueransprüchen gegen Steuersünder verjähren würden.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zusatzfrage, Frau Kollegin Erfurth. Sie haben das Wort.

Herr Finanzminister, aus welchem Grund haben Sie im Vermittlungsausschuss das AIFM-Gesetz mit einer Forderung verknüpft, ausländische Anlagenfonds neu zu gestalten und damit neue Steuerprivilegien und -schlupflöcher zu eröffnen? Es sollten neue Fondsstrukturen für ausländische Pensionsfonds eingezogen werden, die dann für diese Pensionsfonds neue günstige Steuerregelungen eröffnet hätten. Warum haben Sie das miteinander verknüpft?

Herr Staatsminister Schäfer.

Es war beabsichtigt, das sogenannte Pension-Pooling auch in Deutschland zu ermöglichen, d. h. Pensionsfonds am Standort Deutschland durch eine transparente Steuergestaltung zu ermöglichen, die eine Steuerpflicht auf der Ebene des Fonds nicht vorsieht, sondern nur eine Steuerpflicht auf der Ebene desjenigen, der später aus dem Fonds seine Versorgung beziehen würde.

Dies war bisher in Deutschland im Gegensatz zu anderen Staaten Europas nicht möglich und hätte eine besondere Stärkung des Finanzplatzes Deutschland, ohne dass daraus negative steuerliche Konsequenzen erwachsen würden, zur Folge gehabt.

Frage 903, Herr Abg. Pentz.

Ich frage die Landesregierung:

Wie hoch war der hessische Anteil an den Konsolidierungshilfen für die Bundesländer Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein im Jahr 2012?

Herr Finanzminister Dr. Schäfer.

(Gerhard Merz (SPD): „Alles von unserem Geld“!)

Herr Abg. Pentz, Sie wissen, im Rahmen der Föderalismuskommission II wurde vereinbart, dass die Länder Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig

Holstein bis zum Jahr 2020 finanzielle Hilfen in Höhe von jährlich 800 Millionen € vom Bund und der Ländergemeinschaft erhalten. Im Gegenzug für die Gewährung der Konsolidierungshilfen verpflichten sich die Empfängerländer auf verbindliche Schritte zum Abbau ihres strukturellen Defizits. Bei einem Verstoß gegen die Abbauvorgaben entfällt der Anspruch auf diese Leistungen. Die Einhaltung der Abbauvorgaben wird durch den Stabilitätsrat auf Basis von Konsolidierungsberichten überprüft, die von den betroffenen Ländern jeweils zur Frühjahrssitzung des Gremiums vorgelegt werden müssen.

Die sich aus der Gewährung der Konsolidierungshilfen ergebende Finanzierungslast wird gemäß Art. 143d Abs. 3 unseres Grundgesetzes je zur Hälfte vom Bund und den Ländern getragen. Die Länder bestreiten ihren Anteil aus ihrem Umsatzsteueraufkommen. Der hessische Anteil an diesen Hilfen belief sich im Jahr 2012 auf 29,9 Millionen €, möglicherweise noch korrigiert durch die Auswirkungen des Zensus. Das geschieht aber sicherlich nur im Nachkommastellenbereich. Das heißt, diese Belastung addiert sich noch auf unsere Belastung aus dem Länderfinanzausgleich.

Dann kommen wir zur Frage 905. Herr Abg. Gerling.