Protokoll der Sitzung vom 04.09.2013

(Günter Rudolph (SPD): So ist das!)

Dann können Sie das Geld, das Ihnen entzogen worden ist, zurückverlangen. Wie ist es aber beim Staat? – Nach der heutigen Gesetzeslage können wir nach zehn Jahren nicht mehr an die Leute herankommen, die Steuern hinterzogen haben. Das wollen wir durch unseren Gesetzentwurf ändern.

(Beifall bei der SPD)

Obwohl unser Vorschlag bei Ihnen seit Wochen auf dem Tisch liegt, schweigen Sie dazu. Das zeigt, dass Sie keine Auseinandersetzung damit wollen. Sie wollen auf Kosten des ehrlichen Steuerzahlers anscheinend diejenigen schützen, die Steuern hinterzogen haben, die es nach zehn Jahren geschafft haben, weil dann das Geld im Trockenen ist und sie damit weiter ihre Geschäfte betreiben können. Das ist der zentrale Punkt in der Auseinandersetzung.

(Beifall bei der SPD)

Der zweite Punkt, der auch nirgendwo abgeschrieben worden ist, betrifft die Frage: Wie gehen wir mit Verjährungsfristen um? Heute haben Sie bei Steuerhinterziehung mit Auslandsbezug, insbesondere was die Schweiz und die Cayman Inseln angeht, keine Möglichkeit, zu ergründen, ob Deutsche dort Finanzanlagen haben. Die Staaten verweigern die Auskunft, es gibt keinen automatischen Datenabgleich. Deswegen ist es für die Finanzbehörden ganz schwer, dem nachzugehen und daranzukommen. Nach unserem Vorschlag beginnt die Verjährungsfrist, die strafrechtlich bei zehn Jahren bleiben soll, erst dann, wenn eine richtige und vollständige Steuererklärung abgegeben worden ist. Dazu hätte ich gern Ihre Haltung. Ist der Vorschlag gut, ist er schlecht, oder schützen Sie auch an der Stelle Leute, die Geld ins Ausland gebracht und damit systematisch asoziales Verhalten gegenüber dem Staat gezeigt haben, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der SPD)

Da können Sie nicht irgendwelche wolkigen Worte benutzen und sagen: In Zukunft wollen wir noch ein paar mehr Steuerfahnder einstellen. – Nein, diese zentralen Fragen haben Sie hier zu beantworten, wenn Sie sich mit unserem Gesetzentwurf auseinandersetzen.

Ich fasse zusammen: So schnell wie der Wechsel vom Präsidenten zur Präsidentin ging, werden auch andere Wechsel möglich sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

In den ersten 100 Tagen werden wir einen Grundsatzbeschluss zum Ankauf von Steuer-CDs fassen.

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

Mit dem Gesetzentwurf, für den wir momentan Unterschriften sammeln, werden wir eine Bundesratsinitiative starten. Wir werden Steuerfahnder und den Innendienst verstärken, damit das, was draußen ermittelt worden ist, endlich auch im Innendienst umgesetzt werden kann, damit die Steuerbescheide endlich rausgehen. Das sind die zentralen Fragen, um die es in Hessen und auf Bundesebene geht. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmitt. – Ich möchte darum bitten, selbst wenn wir alle im Wahlkampf sind, am Pult eine bestimmte Sprachregelung einzuhalten. Sie haben von „Kumpanei der FDP mit Steuerhinterziehern“ gesprochen. Das sollte man nicht tun. Wir sollten weiterhin eine sachliche Diskussion führen. Das ist im Sinne aller.

Ich habe jetzt eine Wortmeldung von Herrn Greilich von der FDP vorliegen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst darf ich mich für den Hinweis bedanken. Die Unverschämtheiten des Kollegen Schmitt richten sich in der Tat selbst, darauf will ich nicht mehr im Einzelnen eingehen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dieses Ablenkungsmanöver bietet aber Anlass, einmal darauf hinzuweisen, worum es Ihnen überhaupt geht. Es ist ein Ablenkungsmanöver der Superklasse, weil Sie gemerkt haben, dass Ihre Steuererhöhungspläne im Wahlkampf zum Rohrkrepierer geworden sind.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Deswegen versuchen Sie jetzt mit einer Neuauflage der Neidkampagne, mit falschen Angaben vielfacher Art davon abzulenken, worum es eigentlich geht, meine sehr verehrten Damen und Herren in der Opposition.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Neiddebatte bei Steuerhinterziehern?)

Herr Finanzminister Schäfer hat Ihnen im Einzelnen erklärt, was tatsächlich Sache ist, wie Steuerhinterziehung in Hessen erfolgreich bekämpft wird. Das machen wir auch weiterhin. Eines aber werden wir nicht mitmachen: Wir werden Sie mit Ihren auf die Mitte der Gesellschaft zielenden Steuererhöhungsplänen nicht durchkommen lassen, ohne dass dies hier im Einzelnen erörtert wird.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, die Steuererhöhungspläne von Rot-Grün und von der Linkspartei unterscheiden sich kaum noch. Da wächst offensichtlich zusammen, was zusammengehört. Diese Steuererhöhungspläne schaden unserer Gesellschaft, dem Mittelstand, den Arbeitnehmern, den

Facharbeitern und auch den Beamten des Landes Hessen. Wenn wir Ihre Pläne umsetzen – das haben zahlreiche Wirtschaftsinstitute ausgerechnet –, werden wir mindestens zwei Millionen Arbeitsplätze verlieren.

(Zurufe von der SPD)

Es wird massive Wohlstandseinbußen in diesem Land geben. Ihre Ablenkungsmanöver sind schon Legenden. Wenn Sie erzählen, mit Ihren Plänen würden nur die sogenannten Reichen getroffen, dann ist das der Versuch, die Menschen hinter die Fichte zu führen. Tatsache ist, dass durch Ihren bunten Strauß an Maßnahmen schon Familieneinkommen ab 5.000 € betroffen wären.

Ich will einige Beispiele nennen: Einkommensteuer und Spitzensteuersatz erhöhen, Ehegattensplitting abschaffen, Kinderfreibeträge reduzieren, Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenversicherung erhöhen usw. Das kann man stundenlang weiterführen. Ihre Pläne zielen in die Mitte der Gesellschaft. Damit wollen Sie denen das Geld abnehmen, die die Gesellschaft mit ihrer täglichen Arbeit tragen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich will Ihnen nur ein Beispiel nennen – das habe ich im Mai hier schon einmal vorgerechnet und habe bis heute keinen Widerspruch dazu gehört –: Eine Familie mit zwei Kindern und einem Jahreseinkommen von ca. 85.000 € ist nach Ihrer Definition „reich“. Eine solche Familie würde mit 3.789 € pro Jahr zusätzlich belastet, wenn Ihre Pläne Wirklichkeit würden.

(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Diese Steuererhöhungspläne sind ein Schuss in die Mitte der Gesellschaft.

Ich will Ihnen noch eines sagen. Sie haben als Rote und GRÜNE Vorschläge unterbreitet, wie Sie Hessen regieren wollen, wenn man Ihnen Gelegenheit dazu gäbe. Davor kann man nur warnen. Von den für Ihre Vorstellungen in der nächsten Regierungsperiode benötigten Mitteln wären 1,5 Milliarden € ungedeckte Schecks, wie wir und auch andere ausgerechnet haben.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wer sind „die anderen“?)

Ich will mit einer Anmerkung enden, lieber Herr SchäferGümbel, die schon in der „FAZ“ vom 10. Mai dieses Jahres nachzulesen war. Besser, als es Herr Kohler damals ausgedrückt hat, kann man es nicht sagen. Herr SchäferGümbel, ich lese es Ihnen noch einmal langsam vor, zum Mitschreiben:

Denn im September wird darüber entschieden, ob es in Deutschland mehr staatliche Regulierung, Bevormundung und Umverteilung geben wird und noch weniger Freiraum für die individuelle Entscheidung und Verantwortung des Bürgers...

So weit Herr Kohler in der „FAZ“. Wir wollen genau das verhindern, und wir werden es verhindern.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Greilich. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Erfurth für BÜNDNIS 90/DIE GRÜ

NEN zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich an einem Punkt das interessengeleitete Kleinreden des Finanzministers deutlich machen möchte.

Herr Finanzminister, Sie haben vorgetragen, die Steuererträge aus den CD-Käufen seien gar nicht so hoch. Ich finde, das sollten Sie als Finanzminister des Landes Hessen besser wissen. Sie wissen doch, dass in „normalen“ Jahren, also in Jahren, in denen nichts Besonderes passiert, bei der Finanzverwaltung 200 bis 400 Selbstanzeigen eingehen. Im Jahre 2010, als die Steuer-CDs das erste Mal auftauchten, waren es 3.467 Fälle. Die sind doch nicht vom Himmel gefallen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Selbstanzeigen kamen doch deswegen, weil Menschen, die Steuern hinterzogen hatten, plötzlich Angst bekamen und sich sagten: „Oh, ich stehe vielleicht auf der CD.“ Dass sie vielleicht gar nicht auf der CD standen oder in den Datensätzen nicht erkennbar waren, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Deshalb ist es doch nicht seriös, wenn Sie sagen, aus den Datensätzen habe das Land sehr viel weniger Geld generiert als gedacht. Ich finde, das sollten Sie besser wissen, Herr Finanzminister, und das sollten Sie als Chef der Finanzverwaltung in Hessen und damit auch als Dienstvorgesetzter aller hessischer Finanzbeamtinnen und Finanzbeamten so nicht sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Ministers Dr. Thomas Schäfer)

Der Anstoß für diese Selbstanzeigen war, dass der Druck auf Menschen, die Steuern hinterzogen hatten, plötzlich höher wurde. Das kann man an den Wellenbewegungen ablesen. Es steht ja in Ihrer Antwort: 2011 fühlte man sich ein bisschen sicherer, damals ging die Zahl der Selbstanzeigen auf 450 zurück; 2012 waren es 492 Selbstanzeigen; 2013 – da kam es in einem Nachbarbundesland wieder zu einem CD-Ankauf – haben wir, man merke auf, schon zur Jahresmitte 420 Eingänge von Selbstanzeigen. Das zeigt doch, es gibt einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Aufkauf von Steuerdaten-CDs und der Zahl der Selbstanzeigen – und damit auch der Höhe der Mehreinnahmen.

Daher dürfen Sie sich nicht hierhin stellen und sagen, die direkten Einnahmen seien viel geringer gewesen. Das ist interessengeleitet. Das sollten Sie nicht tun. Sie sollten bei dem bleiben, was Sache ist, dass es nämlich der Druck durch die Steuer-CDs war, der die Menschen dazu gebracht hat, sich steuerlich zu erklären. Und das war auch gut so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth. – Es liegt eine Wortmeldung des Herrn Kollegen Beuth von der CDU-Fraktion vor. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.