Protokoll der Sitzung vom 05.09.2013

(Beifall bei der LINKEN – Alexander Bauer (CDU): Die brauchen immer Druck!)

Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, wir haben im Wahlkampf gesagt – ich wiederhole das nur ganz kurz –, wir wollen in Hessen 30.000 Arbeitsplätze schaffen. Dafür setzen wir das Aufkommen aus der Vermögensteuer ein, die wieder erhoben werden muss. Ich frage Sie: Machen Sie mit?

(Holger Bellino (CDU): Gute Frage!)

Wir wollen 30.000 Arbeitsplätze für den sozial-ökologischen Umbau, in der Pflege und in den Gesundheitsdiens

ten schaffen. Unter anderem wollen wir auch 7.000 Lehrer mehr in den hessischen Schulen haben. Ich frage Sie: Machen Sie mit?

Wir wollen jährlich 4.000 neue Sozialwohnungen bauen lassen, damit der Bestand an Sozialwohnungen endlich wieder wächst. Außerdem wollen wir jährlich 2.000 Wohneinheiten für Studenten bauen lassen. Ich frage Sie: Machen Sie mit?

Ich glaube, viele von uns erinnern sich noch ganz gut an die Enttäuschung und die Empörung, die sich einstellten, als wir im Bund endlich einen Regierungswechsel hatten. Viele erinnern sich noch recht gut daran, mit welcher Enttäuschung Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Initiativen und Sozialverbände auf die Politik, die dann betrieben wurde, reagiert haben.

(Zurufe von der CDU, der SPD und der FDP)

Wir sagen: Ein Politikwechsel in Hessen muss sein. Wir fordern alle eher linksorientierten Wählerinnen und Wähler der GRÜNEN und der SPD auf: Verschenken Sie Ihre Stimme nicht. Sorgen Sie dafür, dass die nächste Regierung Druck von links bekommt. Wählen Sie DIE LINKE in den Hessischen Landtag. – Danke sehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Wilken. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Dann lasse ich über den Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Politikwechsel für Hessen durch „UmFairTeilen“, Drucks. 18/7675, abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? – Das ist das restliche Haus. Deshalb ist dieser Antrag abgelehnt worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 40 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Schaffung von mehr Transparenz in öffentlichen Unternehmen im Lande Hessen (Transparenzgesetz) – Drucks. 18/7692 zu Drucks. 18/7326 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. – Abg. Enslin ist Berichterstatterin. Frau Abg. Enslin, ich darf Sie um die Berichterstattung bitten.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Haushaltsausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Vielen Dank für die Berichterstattung. – Sie können auch gleich das Wort ergreifen. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute über die Offenlegung von Gehältern in öffentlichen Unternehmen. In der Vergangenheit hat es dazu auch schon eine breite Debatte über exorbitant hohe Managergehälter gegeben, und inwieweit diese noch angemessen sind. Dass wir hier dringend Regelungen brauchen, zeigt die öffentliche Diskussion.

In der Schweiz hat es dazu schon eine Volksabstimmung gegeben. Bei dieser Abstimmung haben sich fast 70 % der Bevölkerung dafür ausgesprochen, dass die Gehälter begrenzt werden sollen, und sie fordern mehr Offenheit und Transparenz bei dem, wie diese Gehälter festgesetzt werden. Daraufhin haben alle Parteien in Deutschland unisono erklärt, dass man dies doch zum Anlass nehmen sollte, auch in Deutschland über die Managergehälter zu reden, nicht nur darüber zu reden, sondern auch entsprechende Beschlüsse zu fassen.

Aber nicht nur in der privaten Wirtschaft wird viel Geld verdient, sondern auch in öffentlichen Unternehmen. Es geht in dieser Debatte nicht darum, dass wir Neid und Missgunst schüren wollen. Es geht nicht darum, dass die Menschen, die gute Arbeit und viel Engagement in Führungsetagen öffentlicher Unternehmen an den Tag legen, nicht angemessene Gehälter bekommen sollen, sondern es geht um Transparenz. Es geht um Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im schlimmsten Fall nämlich müssen die öffentlichen Haushalte bei Fehlentscheidungen die Verluste dieser Unternehmen ausgleichen, und das belastet später über höhere Steuern und Gebühren natürlich auch die Bürgerinnen und Bürger. Deshalb sollten die Bürgerinnen und Bürger unserer Meinung nach ein Anrecht darauf haben, zu erfahren, was in diesen Unternehmen verdient wird und wer darüber entscheidet. Wir wollen in diesem Bereich mehr Offenheit und Transparenz. Gerade bei öffentlichen Unternehmen sind wir nämlich alle gut beraten, darauf sehr genau zu achten und zu schauen, weil die Führungsetagen öffentlicher Unternehmen und die Besetzungen von Stellen in öffentlichen Unternehmen oft eine sehr große Nähe zur Politik haben.

Wir haben uns mit unserem Gesetzentwurf an dem Gesetz orientiert, das schon 2009 in Nordrhein-Westfalen verabschiedet worden ist, und zwar unter einer CDU/FDP-Regierung. Finanzminister Linssen sagte damals zur Einbringung:

Gerade in einem demokratischen Rechtsstaat sollte es der Regelfall sein, dass auch Bedienstete in öffentlicher Funktion eine Veröffentlichung ihrer Gehälter zu dulden haben – wie auch Abgeordnete dies zu akzeptieren haben. Unter dem Gesichtspunkt demokratischer Kontrolle lässt sich dies auch auf die Repräsentanten öffentlicher Unternehmen übertragen.

Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch in Hamburg und Berlin wurden solche Transparenz-Gesetze mittlerweile verabschiedet. In Schleswig-Holstein wurde Anfang des Jahres ein ähnliches Gesetz eingebracht. Bei

dem Ziel, mehr Transparenz bei den Gehältern in öffentlichen Unternehmen zu erreichen, scheint unter den Fraktionen – auch hier bei CDU und FDP – große Einigkeit zu herrschen. Finanzminister Dr. Schäfer hat dies auch bei der Einbringung unseres Gesetzentwurfs bestätigt und erklärt, dass in seinem Hause an einem Public Corporate Governance Kodex gearbeitet werde. Natürlich könnte so ein Kodex auch diesen Bereich regeln, nur liegt er uns bisher nicht vor. Bisher gibt es nur die vollmundige Ankündigung des Finanzministers. Mehr gibt es nicht, und das ist definitiv zu wenig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Marius Weiß (SPD))

Einige Kommunale Spitzenverbände stehen unserem Gesetzentwurf ablehnend gegenüber. Sie sehen darin zusätzliche Bürokratie und Kosten. Durch Erfahrungen in den Ländern, die schon ein solches Transparenzgesetz haben, sehen wir dies nicht. Es gibt aber etliche Anzuhörende, die unseren Gesetzentwurf begrüßen. Ich nenne da nur den Bund der Steuerzahler oder auch Transparency International.

Auch in Frankfurt und Darmstadt ist man da schon weiter. Dort wird z. B. durch eigene Public-Corporate-Governance-Regelungen darauf hingewirkt, dass die Vergütungen städtischer Unternehmen individualisiert veröffentlicht werden. Auch das Bundesfinanzministerium hat mitgeteilt, dass in Unternehmen, die mehrheitlich dem Bund gehören, die individualisierten Bezüge offengelegt werden. Sie sehen, das ist woanders schon bewährte Praxis, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Marius Weiß (SPD))

An unserem Gesetzentwurf wurde auch kritisiert, dass er nur öffentliche Unternehmen, also einen kleinen Bereich, behandelt. Das ist richtig. Aber es ist ein wesentlicher Bereich, der die Menschen ganz besonders interessiert. Wenn man sich vorstellt, dass gewählte Kommunalpolitiker Probleme haben, zu erfahren, welche Gehälter in ihren städtischen Unternehmen gezahlt werden, dann, denke ich,

Sie müssen zum Ende kommen.

ist unser Gesetzentwurf ein Schritt zu mehr Offenheit und Transparenz für Bürgerinnen und Bürger. Deshalb bitte ich Sie, zuzustimmen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Marius Weiß (SPD))

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als nächster Redner hat sich Kollege Landau von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Übereinstimmung in der Sache, nämlich sozusagen das

Amtsgeheimnis hinter den Grundsatz von Offenheit und Transparenz für den Bürger zu stellen, folgen dann schon einige unterschiedliche Vorstellungen, und zwar wie der Weg zu mehr Transparenz im öffentlichen Bereich gestaltet werden sollte. Sie, die GRÜNEN, favorisieren eine gesetzliche Regelung und haben einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht.

Wir, die CDU, sprechen uns für eine untergesetzliche Regelung aus, die über einen freiwilligen, aber nicht ohnmächtigen Kodex erreicht wird. Wir haben von Anfang an auf die einseitige Konzentration in Ihrem Gesetzentwurf auf die individualisierte Veröffentlichungspflicht von Bezügen hingewiesen.

Nachdem wir die zahlreichen Stellungnahmen im Rahmen der schriftlichen Anhörung ausgewertet haben, fühlen wir uns in der ablehnenden Haltung gegenüber dem GRÜNEN-Gesetzentwurf bestätigt. In der Anhörung sind kritische Punkte benannt worden, zu deren Lösung die GRÜNEN bisher nichts vorgetragen haben.

Hessens Datenschutzbeauftragter Prof. Dr. Ronellenfitsch hat datenschutzrechtliche Bedenken geltend gemacht. Die mit dem GRÜNEN-Gesetzentwurf einhergehenden Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sieht er nur bei einem „überwiegenden Allgemeininteresse“ gerechtfertigt. Die Frage nach der Verhältnismäßigkeit ergänzt er mit der Forderung nach Normenklarheit über Voraussetzungen und Umfang der Beschränkung eben dieser informationellen Selbstbestimmung.

Nicht nur der Hessische Rechnungshof vermisst im GRÜNEN-Gesetzentwurf eine klare Regelung, wo die zu veröffentlichenden Bezüge aufgeführt werden sollen. Ein bloßes „an … geeigneter Stelle“, wie es im Gesetzentwurf der GRÜNEN heißt, ist zu wenig.

Wir haben aber in den Stellungnahmen noch anderes erfahren, z. B. dass das im Gesetzentwurf intendierte Maß an Transparenz schon heute gängige Praxis bei börsennotierten Unternehmen ist, geregelt durch das Handelsgesetzbuch, oder auch dass die Sparkassen schon ein hohes Maß an Transparenz umgesetzt haben. Vorstands- und Verwaltungsratsmitglieder müssen bereits im Rahmen des Jahresabschlusses oder, genauer gesagt, im Anhang desselben die gewährte Gesamtvergütung angeben.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es geht um öffentliche Unternehmen!)

Zudem legen 29 von 34 Sparkassen die Vorstandsbezüge schon heute freiwillig individualisiert offen.

Wir haben es zwar schon vorher gewusst; aber was man an dieser Stelle durchaus noch einmal anmerken kann, ist, dass der hessische Landesgesetzgeber in der Hessischen Gemeindeordnung in den Bestimmungen zum Beteiligungsbericht die Gemeinden bereits dazu verpflichtet hat, die Bezüge von Geschäftsführungsorganen, Aufsichtsräten und ähnlichen Einrichtungen, kommunaler Mehrheitsbeteiligungen im Beteiligungsbericht aufzunehmen und zu veröffentlichen.

Insofern stellt sich hier die Frage, warum von den GRÜNEN, ein, wie es der Städte- und Gemeindebund formulierte, „nicht erforderlicher Standardaufbau“ betrieben wird. Wir haben in der Anhörung zur Kenntnis genommen, dass materiellrechtliche und formalrechtliche Bedenken gegenüber dem Gesetzentwurf der GRÜNEN bestehen und

eine Benachteiligung öffentlicher Unternehmen gegenüber privatrechtlichen nicht ganz auszuschließen ist.

(Marius Weiß (SPD): Das ist Unsinn!)

Wir halten, wie bereits erwähnt, das Ansinnen der GRÜNEN keineswegs für verkehrt, aber wir wünschen uns ein Höchstmaß an zumutbarer Transparenz.