Protokoll der Sitzung vom 18.06.2009

Wir wollen sie ermuntern, diese Information unbedingt fortzusetzen. Zur Informationspolitik wird am heutigen Tage wahrscheinlich gehören – ich habe es eben über die Medien erfahren –, dass in Hessen ein 16. Fall verifiziert worden ist.Aber vielleicht wird der Minister dazu noch etwas Genaueres sagen können.

Wir wollen die Influenza A(H1N1) jetzt endgültig Neue Grippe nennen, um nicht Landwirte oder befreundete

Staaten ungerechtfertigterweise zu schädigen. Aber da bedarf es vielleicht einer Durchsicht der gesamten Terminologie von Erkrankungen in der Medizin. Eine Fortsetzung und Aktualisierung der Information ist unbedingt notwendig, weil eine biologische Veränderung des Virus Anzahl und Schwere der Krankheitsfälle plötzlich erhöhen könnte.

Weiterhin ist damit zu rechnen, dass es Virusträger gibt, die nicht erkranken, aber andere Menschen anstecken können, sodass nach längerer Zeit die Zahl der Erkrankungen sprunghaft steigen könnte. Derselbe Effekt könnte eintreten, weil die Krankheitssymptome sehr uncharakteristisch sind, sodass Beschwerden nicht auf die Neue Grippe zurückgeführt werden. Hier waren die fortgesetzten Informationen besonders hilfreich, weil Experten anfangs – auch im Fernsehen – die Symptome der Neuen Grippe als schwerwiegend, spezifisch und intensiv beschrieben, was sich bei fortgesetzter Beobachtung dann so nicht bestätigte.

In unserer schnelllebigen Zeit und medialen Reizüberflutung ist es die Herausforderung, dieses Thema auch noch in einigen Monaten im Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger zu halten. Es hat sich daher als sehr vorteilhaft erwiesen, dass das hessische Gesundheitsministerium und die Gesundheitsämter auf die umfängliche Pandemieplanung anlässlich der Vogelgrippe zurückgreifen konnten. Auch die Bevorratung mit virusabtötenden Mitteln – Tamiflu – wurde seinerzeit von manchen vielleicht etwas belächelt. Heute wird sie als weitsichtig bewertet und erkannt.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr richtig! – Petra Fuhrmann (SPD): Hier sind wir uns alle einig!)

Als Hessen wollen wir auch darauf verweisen und können ein bisschen stolz darauf sein, dass der Impfstoff gegen das Virus in Hessen,in Marburg,entwickelt wird.Wir können auch stolz darauf sein, dass das Kompetenzzentrum mit Isolierstation an der Frankfurter Universitätsklinik zumindest deutschlandweit wirklich Vorbildcharakter hat.

Wir hoffen, dass eine weitere Informationspolitik, ohne Panikmache, aber auch ohne Bagatellisierung, einen Beitrag dazu leistet, dass die Menschen auch noch in einem halben Jahr die vorsorgenden, profan klingenden, aber doch sehr wirksamen Hygieneempfehlungen einhalten und dass man mit diesem Thema sachlich, emotionslos, es aber immer im Hinterkopf behaltend umgeht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort hat Herr Abg. Dr. Spies für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist schon eine interessante Aktuelle Stunde.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Schon beim Titel fällt einem das eine oder andere ein. Wenn wir die hervorragende Information der Bürgerinnen und Bürger durch die Landesregierung loben – das kann ja durchaus angemessen sein. Aber schon im Titel den falschen Begriff der Erkrankung zu wählen, ist be

denklich:Wir reden – jedenfalls in der fachlichen Beurteilung – aus guten Gründen über die Mexiko-Grippe, nicht über die Schweinegrippe, auch wenn landläufig ein anderer Begriff gemeint ist, der meines Erachtens in keiner Weise zuträglich ist.

(Beifall bei der SPD – Wolfgang Greilich (FDP): Das war jetzt aber weiterführend!)

Interessant ist auch, dass wir eine Aktuelle Stunde über die „beste Pandemievorbereitung“ halten. Ich hoffe doch, dass die Landesregierung keine Pandemien vorbereitet, sondern allenfalls die Bekämpfung von Pandemien.Wenn sie das gut getan hat, wollen wir es anerkennen.

Meine Damen und Herren, ein dritter Punkt. Ich nehme es schon mit Interesse zur Kenntnis, dass es der CDU eine Aktuelle Stunde wert ist, dass die Regierung ihre Arbeit ordentlich macht.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Ich nehme das nur einmal so wahr. Ich hätte nicht vermutet, dass es der CDU so ungewöhnlich erscheint, dass die Regierung ihre Arbeit ordentlich macht, dass sie dies zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde erhebt. Möglicherweise ist da nicht so furchtbar viel eingefallen.

(Norbert Schmitt (SPD): Das nächste Mal zum Setzpunkt!)

Ja, wir nehmen dies mit Interesse zur Kenntnis, und vielleicht bekommen wir irgendwann einmal einen Setzpunkt, der uns deutlich macht: Die Regierung hat einmal ihre Arbeit richtig gemacht.

Meine Damen und Herren, natürlich muss man konstatieren: In dieser Situation ist eine offensive Öffentlichkeitsarbeit sinnvoll.Die Bundesgesundheitsministerin hat eine sehr frühe, sehr engagierte und sehr offensive Öffentlichkeitsarbeit in dieser Frage betrieben. Die Informationen des Robert Koch-Instituts wurden schnell, mit der gebotenen Zurückhaltung und Beruhigung der Bürgerinnen und Bürger kommuniziert. Natürlich hat auch die Hessische Landesregierung in dem begrenzten Umfang, in dem sie dem nachkommen kann, diese Aufgabe durchaus ordentlich gemacht. Das wollen wir konstatieren.

Es wäre vielleicht noch schöner, wenn wir irgendwann einmal zur Verbesserung dieser Tätigkeit auch den Haushaltsansatz für die Hessische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitserziehung vom letzten Platz der Bundesländer ein bisschen nach vorne bewegen würden; denn dann würde es der Landesregierung möglicherweise noch leichter fallen, die Bevölkerung in gesundheitlichen Fragen umfassend, gut und klar zu informieren und nicht Pandemien vorzubereiten, sondern ihre Bekämpfung. Ich wünsche der Landesregierung an dieser Stelle weiterhin viel Erfolg und ein bisschen mehr Einsicht in die Finanzierungsnotwendigkeiten.

Meine Damen und Herren, ein letzter Satz. Dass dieses hervorragende Produkt, das man braucht, um gegen diese Krankheit mit einer Impfung vorzugehen, aus einem Unternehmen aus Marburg kommt, freut mich natürlich ganz besonders.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung, Herr Abg. Mick für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Schweinegrippe, Neue Grippe, Mexiko-Grippe, oder wie man sie jetzt auch immer nennen mag,ist ein wichtiges Thema,das in den letzten Tagen und Wochen in den Medien sehr präsent war. Die Menschen in Hessen machen sich über dieses Thema Sorgen, und deswegen ist es auch richtig und wichtig, dass wir uns als Hessischer Landtag mit diesem Thema beschäftigen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Des Weiteren ist auch die Überschrift richtig, unter der diese Aktuelle Stunde steht. Information ist nämlich genau der richtige Ansatz.Nur sachliches und unaufgeregtes Handeln führt uns hier weiter und lässt uns diese Herausforderung bestehen.

Meine Damen und Herren, die Neue Grippe ist erstmalig im April 2009 in Mexiko und den USA aufgetreten. Inzwischen ist der Erreger weltweit in über 70 Staaten nachgewiesen worden, und die WHO hat am 11.06.2009 die sogenannte Phase 6 ausgerufen. Mit dem Ausrufen der Phase 6 gibt es allerdings keinen Automatismus. Die bereits etablierten Maßnahmen und Krisenreaktionsstrukturen werden fortgeführt, bei Bedarf intensiviert und an die neue Situation angepasst.

In Hessen sind bisher 15 Personen erkrankt. Der Krankheitsverlauf ist glimpflich verlaufen. Bis jetzt gibt es also keinen Anlass für Panikmache.

Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass wir in Hessen durch die Maßnahmen der Landesregierung sehr gut für die Herausforderungen aufgestellt sind. Herr Kollege Dr. Bartelt hat das bereits ausgeführt und die Maßnahmenliste des Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit genannt.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Hessische Landesregierung am 19. Dezember 2005 erstmals ihren zentralen Krisenstab zur Vorbeugung, Vorbereitung, Abwehr und Bewältigung von Krisen, Großschadenslagen und Katastrophen von landesweiter Bedeutung vorgestellt hat.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Damit hat das Land Hessen die Räume und die Strukturen, um schnell und umfassend auf große Schadensereignisse und Sicherheitslagen reagieren zu können.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

In diesem Krisenstab sitzen alle politischen Entscheidungsträger und Experten aus Polizei, Brand- und Katas– trophenschutz, Fachministerien, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an einem Tisch. Dieses integrierte Einsatzmanagement ist bundesweit einmalig. Hessen ist damit noch besser auf mögliche Herausforderungen vorbereitet.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Am 13. März dieses Jahres fand in diesem Krisenzentrum übrigens eine Großübung des Krisenstabes der Landesregierung mit insgesamt 120 Übenden statt. Erstmals übten alle Ministerien und die Staatskanzlei gemeinsam. Übungsannahme war die Ausbreitung einer Grippepandemie in Hessen. Insoweit kann man sagen: Wir sind in weiser Voraussicht darauf vorbereitet worden.

Von den Maßnahmen der Landesregierung abgesehen, möchte ich aber auch noch einmal darauf hinweisen, dass

viele private und ehrenamtliche Organisationen hier vorbereitend tätig werden.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Insbesondere das Rote Kreuz hat dafür vorgesorgt, dass, falls es zu einem Schadenseintritt kommt, das Land Hessen bestens darauf vorbereitet ist. Dieses ehrenamtliche Engagement möchte ich hier noch einmal hervorheben. Meine Damen und Herren, diesen ehrenamtlichen Helfern gilt unser aller Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ebenfalls ist hervorzuheben,dass wir als Land Hessen mit dem Frankfurter Flughafen eine zentrale – ich sage einmal – Einflugschneise für mögliche Viren haben.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber auch dort sind die entsprechenden Maßnahmen getroffen worden. Insofern ist auch den dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu danken, dass sie das so vorbildlich durchgeführt haben.

Ich komme zum Schluss. Die Lage in Hessen ist momentan nicht besorgniserregend.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Panikmache ist fehl am Platz. Wir sind auf jedwede Herausforderung gut vorbereitet. Aber lassen Sie uns gemeinsam hoffen, dass unsere guten Notfallpläne nicht gezogen werden müssen und die Lage weiterhin so ruhig bleibt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))