Protokoll der Sitzung vom 16.09.2009

Diese wird die Aufgabe haben, die Landesausgaben im Vergleich mit den Ausgaben anderer Länder zu bewerten. Wir wollen Effizienzpotenziale heben, indem wir uns mit den Besten in Deutschland messen. Ich glaube, dass hier tatsächlich noch das eine oder andere aufgedeckt werden kann. Allerdings sage ich jetzt auch schon: Das wird anschließend sicherlich zu heftigen Diskussionen führen. Denn diejenigen, die „einsparen“ rufen, werden anschließend sicherlich sagen, gerade in dem Bereich könne man leider nichts einsparen.

Nur ganz kurz zu dem SPD-Antrag betreffend mittelfristige Finanzplanung. Es ist lediglich eine Regierungsplanung, die dem Landtag zur Kenntnisnahme vorgelegt wird. Sie ist nicht zu diskutieren, sondern es ist eine Aufgabe der Landesregierung, die Sie zur Kenntnis zu nehmen haben.Wir haben im Haushaltsausschuss schon über die langfristigen Entwicklungen diskutiert. Was bringt es uns denn, in der mittelfristigen Finanzplanung die Einnahmen ein bisschen höher zu schreiben und die Ausgaben ein bisschen herunterzubringen, um damit in fünf oder acht Jahren in einem vernünftigen Korridor zu liegen? Wir haben eine mittelfristige Finanzplanung vorgelegt, die eher am unteren Rand dessen liegt, was wir erwarten – „unterer Rand“ im Sinne von schlecht. Es kann meines Erachtens auch deutlich besser werden, aber es wird eine gewaltige Aufgabe sein, die dort vor uns liegt.

Der Bund hat 300 Milliarden c Neuverschuldung in den nächsten fünf Jahren vor, Nordrhein-Westfalen schreibt bis 2013 durchgehend 6 Milliarden c fest. Wir haben ein engagiertes Einsparziel von 1,4 Milliarden c bis 2013 hineingeschrieben.Wenn wir das angesichts der Situation erreichen, wäre das schon aller Ehren wert. Wenn es besser wird – wunderbar. Wir kämpfen jeden Tag darum, dass es besser wird.

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf für das Jahr 2010 reagiert die Landesregierung angemessen und sachgerecht auf die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen. Dem globalen Nachfrageeinbruch setzt die Landesregierung aktives Handeln und eine kräftige Ausweitung der staatlichen Investitionsausgaben entgegen. Zudem akzeptieren wir die konjunkturbedingten Steuerausfälle. Ein Ansparen gegen die Krise wäre ein falsches Signal.Wir leisten damit insgesamt einen wirksamen antizyklischen Beitrag zur Stabilisierung der konjunkturellen Lage, ohne dass wir hierbei jedoch das Konsolidierungsziel aus den Augen verlieren.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es gibt keinen Beifall!)

Meine Damen und Herren, für die Landesregierung steht fest: Wir nutzen diese Krise als Chance. Wir haben das Ziel, dass Hessen gestärkt aus diesem Tal herauskommt. Dazu handeln wir wohlüberlegt, rasch und, ich glaube, mit großem Erfolg. – Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Weimar. – Den Oppositionsfraktionen sind 2:30 Minuten weitere Redezeit zugewachsen.

Ich eröffne die Aussprache zum Haushaltsgesetz 2010.Als Erster erhält Herr Schmitt für die SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Viel Beifall für eine ziemlich müde Rede und eine ziemlich müde Vorstellung der Landesregierung.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Hoff (CDU): Machen Sie es doch einmal besser! – Judith Lannert (CDU): Bei Ihnen für eine leere Rede! – Minister Karlheinz Weimar:Wir sind doch nicht im Tigerpalast!)

Sehr verehrte Damen und Herren, die Landesregierung schafft einen neuen Rekord. Aber wie es bei dieser Landesregierung üblich ist, ist es ein Negativrekord. Sie legt für das Jahr 2010 einen Haushaltsentwurf vor, der ein fast unglaubliches Defizit von 3,4 Milliarden c vorsieht.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Jetzt warten wir auf Ihre Vorschläge!)

Die Krise ist schuld – so der Finanzminister heute und so auch Ministerpräsident Koch vorvergangene Woche in einem dpa-Interview. Das ist natürlich nur ein Teil der Wahrheit oder, wie bei Koch immer, nur die Halbwahrheit.

(Beifall bei der SPD – Günter Rudolph (SPD): Schuld sind immer die anderen!)

Denn dieses Rekorddefizit ist Ergebnis jahrelanger Misswirtschaft. Es ist Ergebnis jahrelanger finanzpolitischer Versäumnisse. Es ist Ergebnis jahrelanger Ausgabenwut und mangelhaften Sparwillens der Koch-Regierung.

(Beifall bei der SPD – Judith Lannert (CDU): Etwas Besseres fällt Ihnen auch nicht ein! Wo bleiben Ihre Vorschläge?)

Dazu komme ich gleich. – Es rächt sich nun, dass Sie mit Ihrem Haushalt ständig am Rande des Abgrunds manövriert haben,nur mit Blick auf die nächste Wahl und nie mit Blick voraus auf den Abgrund,vor dem Sie finanzpolitisch permanent gestanden haben und stehen.

(Beifall bei der SPD – Minister Michael Bodden- berg: Sie sind noch ein Stück weitergegangen!)

Ja, Herr Finanzminister Weimar und Herr Ministerpräsident, die Krise führt zu Einnahmeverlusten. Völlig klar, die Krise führt zu erheblichen Einnahmeverlusten bei den Steuern, und sie führt zu Belastungen durch die Konjunkturprogramme. Ich sage an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich, wir haben das hessische Konjunkturprogramm ebenso wie das auf Bundesebene unterstützt, weil es richtig ist.Auch die Aussage, dass die Krise zu Mehrbelastungen und weniger Einnahmen führt, ist völlig richtig.

Aber, meine Damen und Herren, das ist nur ein Teil.Wer in besseren Zeiten keine Vorsorge getroffen hat und wem sogar in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen das Wasser bis zum Hals stand, der braucht sich nicht zu wundern, dass er unter Wasser gerät, wenn die Flut kommt.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Finanzminister Weimar, Sie haben gesagt, Sie hätten gespart, und die Kritik der Opposition sei völlig unberechtigt. Sie haben dann das Jahr 2004 angeführt. – Ich

habe gewusst, wie die Argumentation läuft. Sie bieten wirklich keine Überraschung mehr mit Ihren müden Vorstellungen.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Gucken Sie bitte in die Finanzpläne und Jahresabschlüsse hinein. In den Jahren von 2002 bis 2008, also vorwiegend zur Zeit der absoluten Mehrheit der CDU, haben Sie die bereinigten Ausgaben – KFA und LFA sind abgezogen – um 1,6 Milliarden c gesteigert. Das ist ein Zuwachs von 12 %. Da reden Sie von Sparanstrengungen?

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Machen Sie sich doch nicht lächerlich, Herr Finanzminister. Das Gegenteil war doch der Fall.

(Beifall bei der SPD)

Das ist doch das strukturelle Problem. Das strukturelle Defizit von 1,5 bis 2 Milliarden c wächst natürlich bis in die Krise hinein, und damit werden wir nach der Krise auch wieder zu tun haben. Dazu komme ich noch mit dem Blick auf den Finanzplan.

Sie haben nicht gespart in Zeiten, die einigermaßen waren.Sie haben das Gegenteil gemacht.Sie haben viel Geld ausgegeben, und das ist das Strukturproblem des hessischen Haushalts.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben die Schleusen für das Wasser, das Ihnen schon 2008 bis Unterkante Oberlippe gestanden hat, selbst geöffnet und keine Polder und Dämme angelegt. Nun schlagen im Krisensturm die Wellen natürlich über Ihnen zusammen, und Sie stehen ohne Rettungsboote da. Das ist das Bild, über das wir hier im Lande reden müssen.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Da ist es natürlich interessant, ob diese Landesregierung einen Weg aus diesem Sturm kennt und bei ihr irgendwo ein rettendes Ufer in Sicht ist. Dazu dient normalerweise die mittelfristige Planung, die Voraussicht der Landesregierung,wie es in ein paar Jahren sein wird.Dazu dient der Finanzplan. Er gibt Auskunft darüber, ob irgendwo etwas Positives in Sicht ist, ob es aus dieser Krise, auch aus der Finanzkrise bei dieser Landesregierung einen Ausweg gibt.

Der Blick in den Finanzplan gibt aber die Auskunft: Die Landesregierung ist hoffnungslos am Absaufen, ohne Orientierung und völlig am Ende. Sie hat jede Anstrengung aufgegeben, sie strampelt nicht einmal. Sie lässt sich finanzpolitisch nur treiben, und das ist schlecht für dieses Land.

Herr Finanzminister, der Finanzplan offenbart, dass die Landesregierung für die Jahre 2011, 2012 und 2013 – das sind die Nachkrisenjahre – verfassungswidrige Haushalte plant. Die Landesregierung plant verfassungswidrige Haushalte; darüber gibt dieser Finanzplan Auskunft. Für 2011 plant sie eine Nettokreditaufnahme von 3,1 Milliarden c und hat noch – Zitat aus dem Finanzplan – „aufzulösenden Handlungsbedarf“ von 100 Millionen c. Für 2012 plant sie eine Nettokreditaufnahme von 2,5 Milliarden c und hat 300 Millionen c „aufzulösenden Handlungsbedarf“.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Auch wenn die Krise schon längst überwunden sein wird, nämlich im Jahr 2013, das sicherlich kein Krisenjahr mehr

sein wird, will die Landesregierung noch 2 Milliarden c neue Schulden machen. Die Nettoneuverschuldung soll auch im Jahr 2013 2 Milliarden c betragen, und die Landesregierung hat noch einen „aufzulösenden Handlungsbedarf“ in Höhe von 500 Millionen c.

Meine Damen und Herren, ich glaube, damit wird deutlich, was diese Landesregierung vorhat, und das drei Jahre nach der Krise. 2 Milliarden c Nettoneuverschuldung, und das drei Jahre nach der Krise. Herr Finanzminister, Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten die Konsolidierung fest im Blick. – Sie haben gar nichts im Blick, und Sie haben schon gar nichts im Griff. Das ist Tatsache.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Und jetzt machen Sie selbst ein paar Vorschläge!)

Herr Irmer, Sie haben gestern in der Schuldebatte schon solch einen finanzpolitischen Unsinn erzählt über die Steuerverteilung in diesem Lande. Sie kennen noch nicht einmal den Unterschied zwischen direkten und indirekten Steuern und machen solche, mit Verlaub, wenig intelligenten Zwischenrufe.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Hans-Jür- gen Irmer (CDU): Sagen Sie etwas Konkretes!)

Ich komme noch einmal zurück auf die Ausgabensteigerung in den Jahren von 2002 bis 2008.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Immer noch kein Vorschlag!)

Sie betrug 1,6 Milliarden c, und sie belastet strukturell den Haushalt. Mit Zins und Tilgung und den Mietausgaben für verkaufte Immobilien kommt man genau auf jene 2 Milliarden c,die den Haushalt nach der Krise dauerhaft belasten und dazu führen, dass die Landesregierung Nettokreditaufnahmen in dieser Höhe und verfassungswidrige Haushalte plant.

Angesichts dieser Zahlen ist Ihre Einlassung, dass Sie einen ausgeglichenen Haushalt für das Jahr 2015 – das wäre nach Ihrer Amtszeit, Herr Finanzminister Weimar – erreichen wollen, purer Betrug.

Herr Koch, Sie haben vor der Landtagswahl im Januar 2009 einen ausgeglichenen Haushalt in dieser Legislaturperiode versprochen, so wie Sie es vor der Wahl 1999 versprochen haben,wie Sie es vor der Wahl 2003 versprochen haben, wie Sie es vor der Landtagswahl 2008 versprochen haben. So haben Sie es auch im Januar 2009 versprochen. Übrigens ist es niemals in dieser Zeit auch zum ausgeglichenen Haushalt gekommen. – So viel zu den Versprechungen von Herrn Koch.