Protokoll der Sitzung vom 16.09.2009

Über den Ausstiegvertrag habe ich auch gesprochen.Dass wir die Meinung des Bundesumweltministers nicht begrüßen, habe ich, glaube ich, deutlich ausgeführt. Dass der erste Abschnitt des SPD-Antrags recht provokativ ist und es sich über ihn nicht viel zu reden lohnt, habe ich ebenfalls gesagt. Wir haben dafür gesorgt, dass Biblis auf dem sichersten Stand ist. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Kollege Sürmann für die FDP.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Kollegin Hammann, Sie haben als Erste zu diesem Thema gesprochen. Herzlichen Glückwunsch – allerdings zu Ihrem Geburtstag. Zu Ihrer Rede kann ich Ihnen nicht gratulieren, weil sie überhaupt nichts Neues beinhaltete.

Jetzt gibt es eigentlich zu „nichts Neues“ keine Steigerung, gäbe es da nicht den ehemaligen Generalsekretär der SPD, Norbert Schmitt. Das gilt auch für Frau Wissler. Da war überhaupt nichts Neues drin. Da gibt es also keine Steigerung.

Tatsache ist, dass wir hier stehen und in den letzten zehn Jahren zunächst Bundesumweltminister Trittin von den GRÜNEN hatten und jetzt Herrn Gabriel als Bundesumweltminister haben. Diese beiden Umweltminister haben z. B. von dem Gutachten zu Gorleben, zu dem Sie eben vorgetragen haben, und auch von dem Schriftverkehr dazu gewusst.Wir können das nicht wissen.Wir haben unser Wissen nur aus der Zeitung. Denn das wird unter Verschluss gehalten.

Sie können es eigentlich auch nicht wissen. Denn es ist geheim. Ich weiß nicht, wie Sie daraus zitieren konnten. Das ist schon sehr erstaunlich.

Tatsache ist, dass wie, wenn die Atomkraftwerke weiter laufen und wir den Ausstieg so beibehalten,er vorgesehen ist, wir im Jahr 2020 5.832 t atomaren Abfall und keine Lösung haben werden.

(Florian Rentsch (FDP):Aha!)

Wir werden keine Lösung haben.

(Beifall bei der FDP)

Ist das eine verantwortliche Politik, die zunächst unter einem von Ihnen geleiteten Ministerium und jetzt von einem Ministerium gemacht wird, in dem die SPD die Verantwortung hat? Ist es verantwortungsvoll, dass Sie nicht bereit sind, sich die Frage zu stellen, was mit dem atomaren Müll gemacht werden soll?

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie wollen weitermachen!)

Sie beantworten immer nur die Frage, was mit dem atomaren Müll nicht gemacht werden soll. Sie beantworten diese Frage damit, dass Sie den atomaren Müll an der Oberfläche, also oberirdisch, bis zum Sankt-NimmerleinsTag lagern wollen. Sie wissen nicht, was damit einmal geschehen soll.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Axel Winter- meyer (CDU))

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das ist eine Paarung aus Verantwortungslosigkeit und Ignoranz. Das Kind, das daraus geboren wird, heißt Rot-Rot-Grün.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Schmitt, ich brauche zum Atomausstieg selbst gar nichts zu sagen. Ich zitiere Altbundeskanzler Helmut Schmidt.Er wird von allen Seiten hoch gelobt.Wer glaubt, man könne zum jetzigen Zeitpunkt verantwortungsvoll aus dieser Atompolitik ausscheiden, der ist – ich zitiere – „ein Traumtänzer“. Das sagte Altbundeskanzler Helmut Schmidt.

Um Sie nicht allzu lange noch zu langweilen, gehe ich nur noch einmal auf das ein, was Sie, Frau Hammann, gesagt haben, also auf das, was heute in der „Financial Times Deutschland“ steht.Das habe ich mir angeguckt.Genauso wie Sie habe ich davon aus dem Internet erfahren.

Ich staune schon wieder, dass eine angeblich geheime Atomstudie, wie Sie sagten, schon ganz bekannt ist und davon in der Zeitung steht.Was sind denn das für geheime Studien, die immer und immer wieder bekannt sind? Bloß den Inhalt kennt am Ende wieder keiner.Aber jeder spekuliert darüber.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Doch, das stand auch in der Presse!)

Zumindest in der „Financial Times Deutschland“ steht zu der Studie, dass der renommierte Technik- und Umweltsoziologe Ortwin Renn „langjährige Erfahrung in der Risikoforschung und Technikfolgenabschätzung sowie der Einbindung von Interessengruppen und Öffentlichkeit bei der Lösung konfliktbeladener Themen“ hat.

Von den 60 Seiten,die dort angeboten wurden,beschäftigt sich ein ganz kleiner Teil mit den möglichen Szenarien Nutzung der Atomkraft oder keine Nutzung der Atomkraft. Sie sagen, das sei eine Atomstudie. Das ist eine Verdummbeutelung der Bevölkerung, wie ich sie lange nicht mehr erlebt habe.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Eines möchte ich noch zum Schluss meiner Rede sagen. Das gehört auch zur Wahrheit dazu. Frau Kollegin Hammann, das weiß auch Herr Kollege Al-Wazir. Wir haben im Moment pro Kopf einen Ausstoß von 11 t CO2 pro Jahr.Wir wissen, dass, wenn wir einen Anstieg der Temperatur nur um 20 bis zum Jahr 2030 haben wollen, auf 2,7 t CO2-Ausstoß pro Kopf und Jahr herunter müssen. Ansonsten werden wir einen höheren Anstieg der Temperatur haben, als er jetzt erwartet wird.

Ich nehme an, Sie kennen die Zahlen des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz genauso gut wie ich. Wir wissen, dass wir ab sofort anfangen müssen, den CO2-Ausstoß um ganz erhebliche Mengen zu vermindern.

Das ist alles „wunderbar“. Wenn wir dann aber von CO2Abscheidung sprechen, wenn wir fragen: „Wo soll das Zeug denn hin?“, „Wo soll das Kohlendioxid denn hin?“, wenn wir darüber reden, dass Tanklastzüge mit diesem Abfall irgendwohin müssen, dann sagen Sie: Eine solche Technologie wollen wir gar nicht haben. – Wie passt denn das überhaupt noch zusammen? Sie erzählen uns doch hier, es komme zu der Klimaerwärmung. Sie sagen, wir müssten den CO2-Ausstoß reduzieren. Sie sagen aber nicht, wie Sie den CO2-Ausstoß reduzieren wollen. Vielmehr sagen Sie: Ich will keinen CO2-Abfall haben. – Das ist das, was Sie sagen. So können Sie das Problem nicht lösen. Das geht einfach nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Machen Sie lieber bei dem hessischen Energiekonzept mit, das wir gerade dabei sind aufzustellen. In der Tat wollen wir die Verhältnisse in Hessen verbessern und einen hohen Anteil an regenerativen Energien haben.Arbeiten Sie da wirklich mit. Sagen Sie aber nicht den Leuten, Sie könnten das alles von heute auf morgen haben. Sie wissen genau, dass wir eine Konzeption brauchen, um langfristig aus der Atomkraft auszusteigen. Insbesondere brauchen wir eine Konzeption, die auch einmal länger als eine Legislaturperiode hält,

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

damit die Leute wissen, dass sie dauerhaft günstigen Strom beziehen können. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Sürmann, vielen Dank. – Jetzt hat sich Herr Kollege Görig zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet. Die Redezeit beträgt zwei Minuten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin sehr verwundert über das, was die zwei Kollegen, nämlich Herr Kollege Sürmann und Herr Kollege Stephan, hier vorgetragen haben und wie oberflächlich sie über alle Sicherheitsbedenken hinweggegangen sind.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Ich kann das an zwei Punkten verdeutlichen. Vielleicht haben Sie die Diskussion im Umweltausschuss erlebt.Wir haben lange und breit darüber diskutiert, ohne den Inhalt wirklich zu kennen,weil man uns den Inhalt bis heute vorenthält.

Wenn es um Terroranschläge mit Flugzeugen auf die Werke A und B in Biblis geht, muss man sagen, dass es eindeutig ist, dass diese Anlagen nicht sicher sind. Das ist genau das,weshalb ich nicht verstehe,dass Sie sagen,es sei alles in Ordnung. Da ist gar nichts in Ordnung, überhaupt nichts.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Deshalb kann ich auch nicht nachvollziehen – zumindest entsteht für mich dieser Eindruck –, dass Sie darüber gar nicht reden wollen. Sie werfen Nebelkerzen in ganz andere Richtungen und wollen das Thema, um das es eigentlich geht, gar nicht besprechen. Es geht nämlich um die Sicherheit,und zwar sowohl der Anlagen in Hessen als auch der Endlagerung. Dazu will ich Herrn Kollegen Sürmann sagen: Alle Regierungen haben nicht für ein brauchbares Endlager gesorgt. Das hat weder die Regierung aus CDU und FDP noch die aus SPD und GRÜNEN, noch die aus CDU und SPD geschafft. Am Ende sind wir also alle ein bisschen mit Schuld.

Ich habe gelesen, dass es 1983 zu einer Einflussnahme auf die Gutachten kam, die wissenschaftlich eindeutig waren.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): So ist es!)

Dort stand, dass es an dieser Stelle gar nicht gemacht werden kann.Das wurde dann beeinflusst,um es einfach doch zu machen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Riesenhuber war das! Das ist der Mann mit der Fliege!)

Sie haben dann noch gesagt,das,was wir wollten,wäre der Gipfel der Verantwortungslosigkeit. Das ist aber an anderer Stelle längst geschehen. Noch verantwortungsloser ist es, diese Anlagen, die wir kennen, weiter laufen zu lassen. Das ist der Gipfel der Verantwortungslosigkeit.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Am Ende der Kurzintervention will ich noch etwas loswerden. Sie haben gesagt, das müsse preiswert sein.

20 c die Megawattstunde oder 2 Cent die Kilowattstunde ist das, was die Atomanlagen an Kosten für die Stromerzeugung verursachen. Zu diesem Preis müsste der Strom eigentlich abgegeben werden.Abgegeben wird der Strom für sehr viel mehr. Denn er gehört zur Grundlast. Der Preis für den Grundlaststrom wird an der Strombörse gebildet.

Herr Kollege Görig, ich darf Sie bitten, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.

Ja, ich komme zum Schluss meiner Rede. – Es gibt dazu genug Untersuchungen der Europäischen Union. Sie war kurz davor, gegen E.ON ein kartellrechtliches Verfahren einzuleiten. Die Europäische Union sagt, diese vier großen Stromerzeuger beeinflussen die Strombörse so, dass sie enorme Gewinne mit den Atomanlagen machen. – Da brauchen Sie gar nicht den Kopf zu schütteln. Das ist so.

Herr Kollege Stephan, wenn Sie diese Gewinne in Milliarden-Euro-Höhe wirklich abschöpfen wollen, dann würde mich interessieren, wie Sie das mit den vier großen Stromerzeugern ausmachen wollen. Das zu wissen wäre viel interessanter als das, was Sie vorhin in Ihrer Rede gesagt haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Willi van Ooyen und Barbara Cárdenas (DIE LINKE))