Protokoll der Sitzung vom 18.11.2009

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, damit schließe ich die Aussprache zu dem Einzelplan 02.

Ich rufe jetzt vereinbarungsgemäß den

Einzelplan 03 – Hessisches Ministerium des Innern und für Sport –

auf. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass bei allen Einzelplänen die Rednerreihenfolge so ist, dass die SPD beginnt und dann die anderen Fraktionen in der Reihenfolge ihrer Stärke aufgerufen werden, also SPD, CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und dann DIE LINKE. Im diesen Sinne erteile ich Frau Kollegin Faeser für die Fraktion der SPD das Wort zu dem Einzelplan 03. Die Redezeit ist Ihnen individuell zugeteilt worden. Wir werden Sie im Sinne Ihrer Fraktion ermahnen.

Herr Präsident,meine Damen und Herren! Herr Dr.Wagner, ich glaube, es ist Zeit, wieder zum Haushalt zu reden und zur sachlichen Debatte zurückzukommen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Peter Beuth (CDU): Frau Kollegin, das war gerade die Generaldebatte!)

Aus unserer Sicht gibt es im Einzelplan 03 fünf markante Punkte, die hervorzuheben sind.

Erstens. Dabei geht es um ein Thema, das das Land sehr bewegt: die Stellenpläne, nämlich wie dieses Land mit Polizeibeamten ausgestattet ist. Herr Dr. Wagner, Sie haben zwar gesagt, in diesem Jahr sind 500 – –

(Günter Rudolph (SPD), auf Ministerpräsidenten Roland Koch und Minister Volker Bouffier deutend, die sich miteinander unterhalten: Vielleicht können wir einen Moment warten, bis die Regierung zuhört! Das stört vielleicht die Rednerin!)

Meine Damen und Herren, erstens habe ich es gesehen und zweitens habe ich gar nicht so viel Zeit, alle in unseren Reihen zu ermahnen,ruhig zu sein,wenn die Kollegen reden. – Bitte, das gilt für alle.

(Thorsten Schäfer-Gümbel und Günter Rudolph (SPD): Keine Kritik am Präsidenten!)

Danke schön.– Sie haben zwar gesagt,dass Sie dieses Jahr 500 Polizeianwärter eingestellt haben. Dennoch wird immer noch, das betone ich hier, in diesem Haushalt auch, Personal bei den Polizeivollzugsbeamten abgebaut. Das beweist nicht nur der Haushalt, sondern das hat auch unsere Große Anfrage sehr eindrucksvoll bewiesen. Denn in diesem Haushalt werden erneut 60 Stellen bei der Polizei gestrichen. Daraus folgt, dass die Landesregierung mit dem vorgelegten Haushalt trotz der in Nordhessen und anderen Gebieten des Landes offenbar gewordenen Personalprobleme bei der Polizei nicht nur den Personalabbau über die PVS – das sind immer noch 338 Stellen – zum Abschluss bringt, sondern nochmals 60 Stellen abbaut. Zu den 92 Beamten in diesem Jahr zum Haushalt 2009 kommen noch einmal 60. Das heißt, Sie bauen allein in diesem Jahr originär im Haushalt 152 Polizeivollzugsstellen ab – ich betone: Abbau. Meine Damen und Herren, damit muss jetzt Schluss sein.

(Beifall bei der SPD)

Sie schaden der inneren Sicherheit dieses Landes. Ich stelle die Frage aus dem Mai gerne noch einmal: Mehr Polizeibeamte vor Ort? Fehlanzeige. Fakt ist, dass in den letzten Jahren stets weniger Anwärter eingestellt worden sind, als erforderlich waren. Fakt ist, dass bereits eine 10-%-Quote abgezogen werden muss. Also bleiben nur 495 Polizeianwärter übrig. Dem steht aber ein Fehlbedarf von 779 Polizeibeamten gegenüber. Das ist zum einen die Fluktuation aus diesem Jahr von 382 Polizeibeamten und zusätzlich ein Fehlbedarf aus dem letzten Jahr von noch 397 Polizeibeamten.Tun Sie hier nicht so,als ob Sie gut für die innere Sicherheit dieses Landes sorgen würden.

(Beifall bei der SPD – Peter Beuth (CDU): Bei uns stimmt wenigstens die Aufklärungsquote!)

Als Zweites möchte ich die Personalkosten aufgrund der Tariferhöhung ansprechen. Der vorgelegte Haushalt enthält im Gegensatz zum Mai zwar jetzt immerhin die Ein

kommenssteigerungen im Tarifbereich und die Umsetzung der angekündigten Besoldungsverbesserung bei den Beamten. Aber leider konnte in der kursorischen Lesung niemand sagen, wo genau.

(Günter Rudolph (SPD):Aha!)

Lieber Herr Innenminister, so sieht Transparenz im Innenbereich und im Haushalt nicht aus. Man müsste zumindest nachvollziehen können, wo die erhöhten Kosten sind.Das kann man leider im Vergleich der Jahre 2009 und 2010 überhaupt nicht feststellen. Der Verweis auf manche Sachkosten ist sachfremd. Meine Damen und Herren, Transparenz im Haushalt sieht anders aus.

(Beifall bei der SPD – Zurufe der Abg. Günter Ru- dolph und Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Als dritten Punkt möchte ich die Mittel herausgreifen, die Sie für das Netzwerk gegen Gewalt beim Rechtsextremismus eingestellt haben.Wir haben leider alle miteinander die jüngsten furchtbaren Fälle – es tut mir leid, Herr Kollege Rudolph – aus dem Schwalm-Eder-Kreis zu beklagen.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Im Haushalt sind für das Netzwerk gegen Gewalt, die sehr,sehr gute Arbeit leisten,Mittel in Höhe von 136.000 c eingestellt. Das würde für das Netzwerk gegen Gewalt hinten und vorne nicht reichen. Da sind viele Bundesmittel enthalten. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir haben die Befürchtung, dass die neue Bundesregierung in Berlin ihren Schwerpunkt nicht darauf legen wird.Wir haben die Befürchtung, dass, wenn die Förderung dieses Jahr ausläuft, dort Mittel fehlen. Deshalb haben wir beantragt, diese Mittel zu verdoppeln. Wir halten es angesichts der Vorfälle im Bereich des Rechtsextremismus für unerlässlich, diese Mittel zu erhöhen.

(Beifall bei der SPD)

Vierter Punkt.Auch da haben Sie wieder einmal zulasten der Kommunen gearbeitet. Wir haben einen Härtefallfonds beantragt. Das ist für die wenigen Fälle in Hessen, wo ein abgeschlossenes Härtefallverfahren von Menschen existiert, die ihr Einkommen dann leider nicht selbst bestreiten können. Das geht wieder zulasten der Kommunen.Wir meinen, dass das Konnexitätsprinzip angewendet werden muss und dass das Land für diese Mittel originär selbst aufkommen muss. Meine Damen und Herren, wir reden von sechs Fällen im Jahr. Wir halten es für mehr als angemessen, dass das Land diese Kosten übernimmt.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte als fünften und letzten Punkt die Kommunen erwähnen.Herr Innenminister,leider hat sich nämlich seit dem Mai dieses Jahres nichts daran geändert, dass nach wie vor geplant ist, im Jahre 2011 den Kommunalen Finanzausgleich um 400 Millionen c zu kürzen. Die Landesregierung hat damit nicht nur gezeigt, dass sie überhaupt kein Interesse daran hat, den Finanzspielraum der Städte, Gemeinden und Landkreise zu stärken. Ganz im Gegenteil, Sie kürzen den finanziellen Rahmen der Städte, Kreise und Gemeinden auch noch um 400 Millionen c, ohne zu sagen, wie sie damit umgehen sollen. Meine Damen und Herren, das ist eindeutig kommunalfeindlich. Der Innenminister schweigt bislang dazu.

(Beifall bei der SPD – Peter Beuth (CDU):Wie hat sich der Kommunale Finanzausgleich in den letzten fünf Jahren denn entwickelt? Er ist um 25 % gestiegen!)

Herr Kollege Beuth, Sie beteiligen die Kommunen real am Länderfinanzausgleich und bestrafen die wirtschaftsstarken und aktiven Kommunen – ausgerechnet die. Der Anreiz, neue Unternehmen anzusiedeln und die Einnahmenseite zu stärken,ist dadurch sehr gering.Dass Sie kein Interesse an finanzstarken Kommunen haben, zeigt im Übrigen auch, dass Sie bereits die Möglichkeit der Kommunen zur wirtschaftlichen Betätigung in diesem Land massiv eingeschränkt haben.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Wenn man die Pläne aus Berlin hört, so scheinen Sie auch dort nicht groß aufzuschreien, wenn es darum geht, eventuell die Gewerbesteuer oder auch die Mehrwertbesteuerung für die kommunalen Unternehmen zu streichen. Meine Damen und Herren, wir fordern Sie auf, stellen Sie sich an die Seite der Kommunen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zum Schluss weise ich auf ein, zwei positive Punkte des Haushalts hin.

(Demonstrativer Beifall des Ministers Michael Boddenberg)

Wir werden die Sportförderung und die Mittel,die für den Brandschutz eingestellt sind, ausdrücklich unterstützen. Gerade in diesen beiden großen Bereichen sind sehr, sehr viele Ehrenamtliche tätig. Das schätzt die SPD über die Maßen. Deswegen finden Sie uns da auch als Partner an Ihrer Seite. Da finden Sie unsere Unterstützung. Aber nehmen Sie Ihre originären Aufgaben wahr. Herr Minister, sorgen Sie dafür, dass ausreichend Personal, gerade bei der Polizei auf den Straßen,vorhanden ist.Machen Sie Ihre Hausaufgaben richtig.

(Beifall bei der SPD)

Schönen Dank, Frau Faeser. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Bellino das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch in Zeiten wie diesen ist die innere Sicherheit ein zentrales Feld der CDU-Politik in diesem Lande. Sie wird es auch bleiben.Deshalb werden wir auch nicht wie meine Vorrednerin mit fünf Minuten Redezeit bei diesem wichtigen Thema auskommen. Das gilt für die materielle und personelle Ausstattung der Polizei genauso wie für andere Elemente der Sicherheitsarchitektur und die rechtlichen Rahmenbedingungen.

Zum Letztgenannten verweise ich gerne auf die derzeitige Neuregelung des HSOG,des sogenannten Polizeigesetzes. Was hier besprochen und beschlossen wird, kostet nicht immer Geld, ist aber meines Erachtens sehr wertvoll für die innere Sicherheit. Ich nenne hier stellvertretend die automatischen Kennzeichenlesegeräte, akustische und optische Wohnraumüberwachung bei besonders schweren Verdachtsmomenten, Quellen-TKÜ, Videoüberwachung, verdachtsunabhängige Kontrollen und die Ausweitung der DNA-Analysen. Ich nenne das an dieser Stelle bewusst, da dies alles Themenbereiche sind, die von der Opposition kritisch begleitet wurden, unseres Erachtens

dennoch von großer Bedeutung sind und deshalb im Haushaltsplan Widerhall finden.

(Peter Beuth (CDU): Wir sind viel besser, als die Frau Kollegin gesagt hat!)

Aber auch in monetärer Hinsicht zeigt der vorliegende Haushaltsplan die Bedeutung und Priorisierung im Dienste der Sicherheit unserer Bürger.So ist es auch nahezu folgerichtig,dass dieser Einzelplan mit rund 1,8 Milliarden c auf der Ausgabenseite das zweithöchste Volumen der Ressorthaushalte einbringt. Aufgrund der Personalintensität dieses Ressorts ist es ebenfalls nicht überraschend, dass die Personalkosten mit über 53 % zu Buche schlagen.

Kernpunkt des Einzelplans ist die personelle Ausstattung der Polizei. Hier halten wir Wort und setzen auch in diesem Punkt den Koalitionsvertrag konsequent um.Auch in diesem Jahr werden wieder 550 neue Kommissaranwärter eingestellt.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Zum zweiten Mal!)

Wie in den Jahren 2008 und 2009 soll hierdurch trotz der nicht nur in Hessen angespannten Finanzsituation die Sicherheitsarchitektur in unserem Land gestützt und ausgebaut werden.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier wird nicht gespart, hier wird über den Bedarf hinaus ausgebildet und eingestellt.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Rechnen wir das einmal durch, Herr Kollege!)

Dies war auch schon einmal anders. Unter rot-grüner Verantwortung wurden maximal 400 Stellen jährlich geschaffen, manchmal noch nicht einmal die Hälfte davon.