Protokoll der Sitzung vom 18.11.2009

Klar ist aber auch: Die Krise ist noch lange nicht beendet. Deshalb will ich auf ein Thema hinweisen, das für uns als FDP und auch für die CDU eine besondere Bedeutung hat. In einer solchen Zeit immer noch ernsthaft darüber zu diskutieren, eine der wichtigsten Infrastruktureinrichtungen Deutschlands und Europas, den Frankfurter Flughafen, bei seinem Ausbau zu behindern, ist gerade aufgrund dieser Krise verantwortungslos. Wir brauchen das Gegenteil davon.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD):Was heißt das für die Nachtflüge?)

Wir brauchen einen starken Flughafen. Herr Kollege, auch andersherum wird ein Schuh daraus. Das RheinMain-Gebiet hätte doch gar nicht so viele Dienstleistungsunternehmen, wenn es den Flughafen nicht gäbe. Diese Firmen wären überhaupt nicht in der Region, wenn sie nicht international angebunden wären.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Keine Antwort ist auch eine Antwort!)

Das ist doch der Vorteil dieser Region. Das müssten auch die Sozialdemokraten verstehen, die sich für die Arbeitsplätze einsetzen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD):Was heißt das für die Nachtflüge? Eiern Sie nicht rum!)

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, sehen Sie deshalb zu, dass Sie beim Thema Flughafen in Ihrer Partei ein bisschen aufräumen, dass wir den Ausbau gemeinsam forcieren können, denn der ist dringend notwendig.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Das ist eine Frechheit, was Sie hier veranstalten! Sie haben doch dem Nachtflugverbot zugestimmt!)

Ich will aber nicht verhehlen – das wird morgen Thema sein, denn es ist der Setzpunkt der Kollegen der SPD –, dass wir auch mit einem Autobauer in unserem Bundesland ein erhebliches Problem hatten und haben. Die letzten Monate waren sehr stark davon geprägt, dass diese Landesregierung und wir versucht haben,im Rahmen von Recht und Gesetz aus dieser Krise herauszukommen. Ich will an dieser Stelle sagen, dass ich sehr stolz darauf bin, dass Opel mittlerweile in einer Liquiditätssituation ist, in der das Unternehmen wahrscheinlich keinen Anspruch auf Staatshilfe haben wird. Darüber können wir doch alle froh sein. Ich bitte die Kollegen von der LINKEN, nicht dort nach dem Staat zu rufen, wo es nicht nötig ist.Wir haben gemeinsam darauf hingearbeitet, dass Opel überhaupt in die Situation kam, wieder Geld zu haben. Wieso soll man jemandem Geld hinterherwerfen, der liquide ist? Das macht doch keinen Sinn.

Ich glaube, dass Opel selbst aus der Krise herauskommen wird. Der Vorstandvorsitzende hat gesagt, er brauche staatliches Geld nicht, er würde es aber gerne nehmen. Das kann man zwar verstehen, aber er braucht das Geld eigentlich nicht. Da sollte man ihn beim Wort nehmen. Das Ganze wird sicherlich nicht einfach werden. Es kann sein, dass nicht mehr so viele Kameras auf dem Betriebsgelände von Opel stehen und dass Herr Franz nicht jeden Tag eine Pressekonferenz geben kann. Das ist für Herrn Franz zwar bedauerlich, für Opel aber ist es doch schön, wenn nicht jeden Tag eine Krisenpressekonferenz gemacht werden muss.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ist jetzt Herr Franz an allem schuld?)

Es ist eine ganze Reihe anderer Maßnahmen durchgeführt worden. Ich will folgende stichpunktartig erwähnen: Schaffung der Wirtschafts- und Infrastrukturbank – juristisch übrigens kein ganz einfaches Vorhaben – und die Einrichtung der Taskforce A 44. Das ist ein wichtiger Punkt, weil diese Autobahn leider immer noch nicht fertig ist, und zwar deshalb, weil die GRÜNEN 1991 mit in der Landesregierung waren.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist zehn Jahre her!)

Das ist so.Wir wollen keine Geschichtsklitterung betreiben, Herr Kollege Al-Wazir. Sie haben sich damals dafür eingesetzt, um Ihr ökologisches Profil zu schärfen, dass diese Autobahn nicht nach den Planungsvorschriften der deutschen Einheit, sondern nach altem westdeutschem Planungsrecht gebaut wird. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Menschen in der Region immer noch unter Verkehrslärm leiden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Sie sind übrigens auch in der Pflicht, den Menschen zu erklären, warum es einen Tunnel gibt, der 220 Millionen c gekostet hat und der mittlerweile völlig außerhalb jeder Relation,jedes normalen Verhältnisses zwischen Umweltschutz auf der einen Seite und Infrastrukturvorhaben auf der anderen Seite steht.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer hat das denn verabschiedet? Das war Schwarz-Gelb!)

Sie haben ein Prä für den Umweltschutz. Wir haben ein Prä für den gesunden Menschenverstand. Das unterscheidet uns, Herr Kollege Wagner.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir werden alles daransetzen, dass diese Autobahn in dieser Legislaturperiode wasserdicht gemacht wird. Ich möchte erleben, dass ich noch als Abgeordneter über diese Autobahn fahren kann. Herr Al-Wazir, ich lade Sie gerne ein, an diesem Tag die Strecke mit mir gemeinsam zu fahren. Es würde mich freuen, wenn wir das hinbekommen würden.

Herr Kollege, gestatten Sie Zwischenfragen?

Nein. – Meine Damen und Herren, es gibt im Bereich des Rechts einige Vorhaben, die Justizminister Hahn angestoßen hat. Das Kompetenzzentrum für Wirtschaftsstrafsachen und das Erwachsenenstrafvollzugsgesetz sind zwei Beispiele, wo es nach vorne geht, wo es schnell in die richtige Richtung geht. Hier haben wir doch wieder eine Ihrer Schubladen: Sie hätten sich nicht vorstellen können, dass Justizminister Hahn von diesem Pult aus einen Gesetzentwurf für die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften einbringen würde, wo Sie nur noch sagen können: Hut ab. – In der Schublade, in der Sie wohnen, gibt es so etwas gar nicht. Deshalb: Machen Sie gelegentlich die Schublade auf, dann kommt wieder Licht hinein. Das hilft.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihre nächste Schublade ist der islamische Religionsunterricht.Auch da haben wir uns wirklich bemüht. Das hätten Sie sich nicht vorstellen können. Auch hinsichtlich der Modellregionen Integration waren wir bei Ihnen in einer Schublade. Wahrscheinlich können Sie nachts nicht mehr gut schlafen, weil Ihr ganzes Konzept durchkreuzt wird. Sie haben sich für diese Legislaturperiode ein Drehbuch zurechtgelegt, und auf einmal macht die Landesregierung alles anders.Wie soll das weitergehen? Sie müssen sich ja jedes Mal neu einstellen, und die schon für die nächsten vier Jahre geschriebenen Reden lassen sich gar nicht mehr verwenden.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten der CDU)

In den letzten neun Monaten ist eine ganze Menge passiert. Ich habe das Gefühl, dass die Menschen merken, dass wir in die richtige Richtung gehen. Das wird auch 2010 so weitergehen. Im Schulbereich werden weitere 650 Stellen geschaffen. Insgesamt wollen wir 2.500 Stellen schaffen. Die Zahl der Schulen, die Ostercamps anbieten – eine Sache, die hervorragend angenommen wird –, wird verdoppelt. Der Zuschusses für die Ersatzschulen steigen um 3,6 Millionen c. Das Modellprojekt „Selbstständige Schule“ – der Ministerpräsident hat es gesagt – ist in Arbeit. Das ist ein ganz wichtiges Projekt, das wir angehen.

Auch die Einführung von Bildungsstandards wird weiterverfolgt. Die European Business School wird für unser Bundesland ein Leuchtturm werden, weil sie die zweite private Jurafakultät in Deutschland ist, die eine unglaublich hohe Qualität anbieten wird. Es passt zu Hessen, meine Damen und Herren, dass wir mit guter Qualität punkten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der LINKEN)

Im Bereich der Wirtschaft nenne ich den Ausbau des Breitbandnetzes. Die Neuordnung der Hessen-Agentur steht vor der Tür. Im Bereich des Rechts nenne ich den stufenweisen Ausbau von E-Justice.

Einen Punkt will ich in der Haushaltsberatung besonders herausgreifen:Wir achten in unseren Häusern darauf,dass das vorhandene Einsparpotenzial genutzt wird. Als Beispiel nenne ich eine hessische Justizvollzugsanstalt, bei der ein großer Renovierungsbedarf in Höhe von 7,5 Millionen c vor der Tür stand. Dort wird dadurch aktiv gespart, dass sie nicht mehr benötigt wird. Das spart den Bürgern Millionen Euro. Wenn das kein gutes Signal ist, dann weiß ich nicht, was bei einer Haushaltsberatung ein gutes Signal sein soll.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Im Sozialbereich ist die Einführung des Schulvorbereitungsjahres einer der wichtigsten Punkte, den Kultus- und Sozialministerium gemeinsam angehen werden.

(Zuruf der Abg.Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Arbeitsgruppe beider Ministerien wird im nächsten Jahr mit Sicherheit Ergebnisse präsentieren, die wir gemeinsam umsetzen müssen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich will nach dieser Aufzählung ein Stück weit innehalten und betonen, dass wir gemeinsam darüber nachdenken müssen, wie wir die Haushaltssituation insgesamt in den Griff bekommen können. Das, was wir hier vorfinden, geht so nicht weiter. Wir alle stimmen darin überein, dass eine Haushaltspolitik, die nur auf Kosten kommender Generationen gemacht wird – wie wir es in den vergangenen Jahren gemacht haben und jetzt wegen des Konjunkturpaktes machen mussten –, ein Ende haben muss.

Wir müssen aus dieser Situation heraus. Ich will Ihnen drei Punkte nennen, die für mich besonders wichtig sind. Dabei will ich einen Vorschlag aufgreifen, den der Herr Ministerpräsident vor eineinhalb Jahren in der „FAZ“ in einem Beitrag mit der Überschrift „Generationenvertrag für einen Weg aus der Schuldenfalle“ veröffentlicht hat. Der Herr Ministerpräsident spricht in diesem Beitrag davon, die Schulden der Bundesländer und des Bundes aus den Haushalten herauszunehmen, sie in einen Schuldenfonds zu überführen und danach keine Verschuldung mehr zuzulassen. Er empfiehlt, diesen Vorschlag, der im Rahmen der Arbeit der Föderalismuskommission II gemacht worden ist, wieder aufzugreifen und zu versuchen, diesen Weg zu gehen.

Meine Damen und Herren, ich glaube – ich sehe den Kollegen Wagner lächeln; das ist für mich ein schönes Signal, weil wir den Schritt dann vielleicht gemeinsam gehen können –, wir alle müssen darüber nachdenken, wie wir, da das Klein-Klein dort nicht weiterhilft, ein überparteiliches System finden, mit dem wir die Schulden abbauen.

Wir sollten uns verbindlich dazu verpflichten, diese Schulden abzubauen. Ansonsten werden wir alle niemals aus der Spirale herauskommen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Das ist der erste qualifizierte Beitrag der Regierungsfraktionen!)

Ich glaube, dass dieser Vorschlag, verbunden mit einem verbindlichen Tilgungsplan und auch mit einem in der Verfassung verankerten Verschuldensverbot – bei dem man überlegen muss, ob es bei der grundgesetzlichen Regelung sinnvoll ist –, der richtige Weg sein kann.Wir müssen nämlich auch nach außen deutlich machen, dass es einen Break-even-Point gibt – Herr Kollege Al-Wazir hat auf die Vorschriften für das Jahr 2019 hingewiesen –, an dem wir so nicht mehr weitermachen können.

Das merke ich auch bei der Opposition. Ich habe einen Zettel mit Stichworten dabei, die ich gar nicht komplett vortragen will. Da sind, nur für die Sozialdemokraten, auf der einen Seite die Haushaltsreden von Herrn Schmitt aufgelistet

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

ja, es sind interessante Reden dabei, Herr Kollege Schmitt –, und auf der anderen Seite stehen die Forderungen Ihrer Fraktion, wofür man mehr Geld ausgeben soll. Da ist z. B. der Kollege Spies mit der Forderung nach einem Schulobstprogramm dabei. Dann gibt es das Sozialbudget. Herr Kollege Görig sagt, wir brauchten endlich ordentliche Haushaltsmittel für eine Umsteuerung im Stromsektor.Wissen Sie, das alles passt nicht zusammen.

(Zurufe von der SPD: Doch!)

Nein, das passt nicht zusammen, weil Sie nicht wirklich den Willen haben, einzusparen. Deshalb müssen wir uns dazu verpflichten, Einsparungen vorzunehmen.Wenn wir uns das Spielzeug wegnehmen, haben wir eine Chance.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Wir haben ja Deckungsvorschläge gemacht!)

Ich habe die Deckungsvorschläge gehört. Haben Sie Verständnis dafür, dass ich die jetzt nicht alle zerpflücke. Herr Kollege Schäfer-Gümbel, es ist so viel Unsinn dabei, darüber müssen wir jetzt nicht reden.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das möchte ich jetzt hören! Auf, komm!)

Ein weiterer Punkt ist der Länderfinanzausgleich. Das ist auch von Herrn Schäfer-Gümbel in den letzten Wochen angedeutet worden; darin teile ich seine Auffassung. Der Länderfinanzausgleich dient dazu, dass finanzschwache Bundesländer mit Finanzmitteln ausgestattet werden, um über eine Krise hinwegzukommen – umgangssprachlich gesagt.

Das, was wir dort gemacht haben, ist aber das Gegenteil. Wir haben ein Alimentierungssystem implementiert, das mittlerweile dazu geführt hat, dass einige Bundesländer am Tropf hängen. Die haben null Interesse daran, auf eigene Füße gestellt zu werden; denn das Geld wird regelmäßig aus Hessen überwiesen. Wenn wir wieder einmal darüber reden, dass dieses Land eine Finanzspritze in Milliardenhöhe gibt, um andere Bundesländer zu unterstützen, habe ich – es tut mir wirklich leid – kein Verständnis dafür, dass Sie eine Meldung aus Bremen, wonach dieses Land mit hessischen Geldern das Schulobst

programm umsetzt, auch noch bejubeln. Das kann doch nicht der richtige Weg sein.