Herr Kollege Wagner, Sie und wir sind doch den hessischen Bürgern verpflichtet. Wir sind doch nicht den Bürgern in Bremen oder in Mecklenburg-Vorpommern verpflichtet.Wir müssen dafür sorgen, dass unser Geld in unserem Bundesland bleibt.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo ist Ihr Vorschlag?)
(Marius Weiß (SPD): Ändern Sie doch was am Finanzausgleich! Sie sind doch dran! Wo ist Ihr Vorschlag?)
Wenn ich höre,dass das Land Berlin mit dem Geld aus unserem Bundesland einen 20-prozentigen Anteil am Flughafen Berlin-Schönefeld erwirbt, läuft es mir kalt den Rücken herunter.
Ich „freue mich“ auch darüber, wenn ich höre, dass das Land Berlin Unternehmen aus Frankfurt, die in der Kreativwirtschaft arbeiten, mit zinsgünstigen Darlehen abwirbt, die es aus dem Länderfinanzausgleich bezahlt. Das kann doch irgendwann nicht mehr zusammenpassen.
Ich komme zu meinem Vorschlag. Wir werden beim Länderfinanzausgleich zwei Sachen machen müssen: Ich glaube, dass man, allein schon aus Gründen der Fairness, das Gespräch mit den anderen Bundesländern suchen muss.Aber ich bin auch dazu bereit, den Klageweg zu beschreiten, wenn diese Gespräche nicht fruchten.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf von der SPD: Dann machen Sie es doch! – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Dann hättet ihr unserem Antrag doch zustimmen können! – Weitere Zurufe von der SPD)
Wir werden,wenn es dazu kommen sollte,darauf achten, ob Sie zustimmen. Ich bin sehr gespannt, ob Sie das machen werden,wenn es konkret dazu kommt.Herr Kollege, ich glaube nämlich, dass wir den Menschen in Hessen verpflichtet sind.
Jetzt kommt ein besonderer Punkt, den ich extra unterstrichen habe. Das ist an die Kollegen von den GRÜNEN gerichtet.
Es hilft, erst einmal ein bisschen Ruhe hineinzubringen. Sehr schön. – Herr Kollege Al-Wazir, Sie kämpfen für die Ökologie. Es stand ein schöner Satz in der „Süddeutschen Zeitung“: Viele Wählerinnen und Wähler glauben, wenn sie Ökologie wollen, müssen sie nicht mehr grün wählen. – Ich muss sagen, es gibt mir Mut, das zu lesen.
Aber wer für Ökologie kämpft, muss beim Länderfinanzausgleich einen Punkt besonders bedenken.Ich würde das
als ökologischen Faktor beschreiben. Beim Länderfinanzausgleich gibt es das Problem, dass er die ökologischen Auswirkungen der Infrastrukturprojekte – z. B. des Flughafens, von Industrieanlagen –, die wir brauchen, weil wir Arbeit und Wertschöpfung generieren wollen, nicht berücksichtigt. Keiner von uns würde bestreiten, dass der Flughafen in vieler Hinsicht für die Menschen auch eine große Belastung darstellt. Keiner von uns würde bestreiten, dass Industrieanlagen, ob in Wiesbaden-Biebrich, in Offenbach oder in Nordhessen, auch eine Belastung darstellen.
Wissen Sie,das ist es,was mir beim Länderfinanzausgleich wirklich gegen den Strich geht: Die Vorteile werden abgeschöpft. Die Einnahmen, die wir durch den Flughafen haben, verschwinden. Aber die Nachteile bleiben bei uns. Deshalb muss das System auf andere Füße gestellt werden.
Ich würde das als ökologischen Faktor bezeichnen. Der Länderfinanzausgleich braucht einen solchen ökologischen Faktor, damit wir endlich zu einer neuen Struktur kommen.
Nächster Punkt im Zusammenhang mit dem Haushalt: Ja, Herr Kollege Weiß, wir werden einsparen müssen. Die Landesregierung hat mit der Einsetzung der Haushaltsstrukturkommission Fachleute darangesetzt, die Vorschläge machen, wie das gehen soll.
Kollege Schäfer-Gümbel hat gesagt, dort passiere überhaupt nichts. Ich glaube, das ist ein absolut richtiger Schritt. Es ist das Beste, was wir tun können, Menschen zu holen, die uns Vorschläge machen, in welche Richtung wir gehen können, und Menschen damit zu beauftragen,Vergleiche herzustellen und sich anzuschauen, wie es in anderen Bundesländern läuft.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie sind seit zehn Jahren an der Regierung, und dann kommt diese Arbeitsgruppe!)
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD):Aber Sie haben zehn Jahre lang regiert!)
Sie sagen immer, es müsse unglaublich gespart werden, geradezu brutal. Dann stellen Sie solche Haushaltsanträge. Das ist ein bisschen so wie bei den Römern, die den Leuten Brot und Spiele gegeben haben. Sie versuchen es mit Schulobst und parteiinterner Unterhaltung. Das hilft aber auch nicht weiter.
Ich habe gesagt,das alles kann nicht so schlecht sein,wenn sich bei der Bundestagswahl sogar noch mehr Menschen für Schwarz-Gelb ausgesprochen haben, als es bei der Hessenwahl der Fall war. Aber ich muss sagen: Wer derzeit in die Zeitungen schaut, hat das Gefühl, dass die Bundestagswahl eigentlich keine Mehrheit gebracht hat, sondern dass die linke Meinungsbesitzerszene in Deutschland mittlerweile die Katastrophe ausgerufen hat. Peter Sloterdijk beispielsweise hat in „Cicero“ etwas über diese Wahl geschrieben.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist jetzt ein Linker! – Lachen des Abg.Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))
Nein, er schreibt über die linke Meinungsmache. Herr Al-Wazir, passen Sie auf, das ist interessant für Sie. Er schreibt:
Die deutsche Meinungsbesitzerszene, die zur Bundestagswahl das Ergebnis kommentiert, kämpft gegen das Bürgertum, die Knute des Neoliberalismus und des ökonomischen Horrors.Das politische Feuilleton malt Tod und Teufel an die Wand. Die Deutschen haben aber
In derselben Zeitung schreibt sein philosophischer Kollege Bolz – übrigens ein sehr interessanter Literat, ich kann ihn nur empfehlen – über das FDP-Ergebnis:
Da schwankt die Medienlinke zwischen Hass, Verachtung und völliger Verzweiflung, wie es denn möglich sein kann, dass doch diejenigen, die für alles verantwortlich sein sollen, auch noch belohnt dafür werden.Aber gerade die,
die das bejammern, vergessen so oft, dass gerade die Substanz, die Werte und die Spielregeln der so oft gescholtenen Neoliberalen nicht beachtet worden sind.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihr habt die Bundestagswahl nicht gewonnen, sondern die SPD hat sie verloren!)
Herr Kollege Al-Wazir, ich habe für Sie extra etwas ausgegraben, was mir sehr wichtig ist. In der letzten Woche hatten wir gemeinsam eine Diskussionsrunde. Da haben Sie wiederum etwas Geschichtsklitterung betrieben.
Es ist eben so, dass nicht nur die Linken in den Medien, sondern die Linken insgesamt dafür Sorge tragen, dass der Eindruck entsteht, es wäre Schwarz-Geld oder die FDP gewesen, die mit ihrer Kraft aus der Opposition heraus das ganze Finanzmarktdebakel verursacht habe. Ich will Sie einmal ganz kurz an die Pressekonferenz von Hans Eichel am 6. März 2003 erinnern. Er war übrigens einmal Finanzminister;und er war auch einmal Hessischer Ministerpräsident.