Herr Kollege Greilich, wie man in einer derartigen Weise vortragen kann und hier mit Leuten umgeht, die eine andere Auffassung haben. Man muss nicht die Auffassung teilen, die die Opposition hier vorträgt.Aber Sie könnten doch wenigstens diese Ausführungen respektieren und hier nicht in einer solch arroganten Art argumentieren. Ich glaube, das schadet uns allen. Denn letztendlich geht es uns darum, Herr Kollege Greilich, dass wir hier die Debatte führen, dass wir unterschiedliche Auffassungen austauschen und, okay, dass wir dann auch anders abstimmen. Aber über die Form des Umgangs und auch die Arroganz der Debatte sollten Sie vielleicht über die Weihnachtstage nachdenken.
Herr Kollege, Entschuldigung. – Ich bitte die Kollegen im Plenarsaal, sich etwas ruhiger zu verhalten, damit Herr Frömmrich wirklich von allen gehört werden kann.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Greilich hat das schon in der vergangenen Sitzung getan, er hat es auch diesmal wieder getan. Er hat versucht, die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit zu zeichnen. Beim letzten Mal hat er Benjamin Franklin aus dem 18. Jahrhundert zitiert, einen Satz aus dem 18. Jahrhundert, der immer noch richtig ist, weil er aktueller denn je ist: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren“, lautet dieser Satz von Franklin. Ich finde, er hat nach wie vor seine Berechtigung. Bei allem, was man in der Sicherheitsgesetzgebung beschließt, muss man sich diesen Satz immer wieder vergegenwärtigen.
Herr Kollege Greilich, ich wundere mich schon sehr, dass Sie diesen Satz zitieren, aber gleichzeitig ein Gesetz vorlegen, das genau das Gegenteil von dem ist, was Sie hier beschreiben.
Herr Kollege Greilich, ich denke, dass es den Anforderungen nicht genügt, die Sie hier aufgestellt haben. Sie haben in Ihrer Rede zur Einbringung gesagt – ich zitiere –:
Deshalb müssen wir uns alle immer wieder vor Augen halten, dass wir alles tun müssen, was die Sicherung unserer Bürger und auch unserer demokratischen Gesellschaftsordnung effektiv und nachhaltig gewährleistet, dass wir aber alles das zu unterlassen haben, was zwar die Freiheitsrechte unserer Bürger einschränkt, aber keinen spürbaren Sicherheitsgewinn gewährleistet, der allein solche Einschränkungen rechtfertigen kann.
Herr Kollege Greilich, genau das ist der Kern des Problems. Man muss hier abwägen, ob der Gewinn an Sicherheit die Eingriffe in Freiheits- und Bürgerrechte rechtfertigt. Da kommen wir zu einer anderen Auffassung als Sie. Wir sagen Nein. Ein vermeintlicher Sicherheitsgewinn kann argumentativ nicht dafür herhalten, dass elementare Bürger- und Freiheitsrechte eingeschränkt werden.
Sie regeln im Polizeigesetz nicht nur Petitessen. Sie greifen tief in die Bürger- und Freiheitsrechte der Menschen ein. Sie wollten den Einsatz der Kfz-Lesegeräte neu regeln. Damit ist dieser Innenminister vor dem Bundesverfassungsgericht krachend gescheitert.
Herr Innenminister, ich kann mich noch gut erinnern, wie Sie hier gesagt haben,als wir diese Debatte führten,es sei alles Quatsch, was die Opposition sagt, es sei alles Unsinn, alles Nonsens, Ihre Regelung sei verfassungskonform.Das haben Sie seinerzeit am Rednerpult im Rathaus gesagt. Sie sind mit Ihrem Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht krachend gescheitert, Herr Innenminister.
Bei der Quellen-TKÜ wollen Sie eine Überwachung direkt am Computer einführen. Sie sollten sich einmal das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Zusammenhang mit Onlinedurchsuchungen vergegenwärtigen. Das Bundesverfassungsgericht hat ein Extra-Schutzrecht für Computer geschaffen, weil in Computern mittlerweile die
persönlichsten, intimsten Informationen von Menschen gespeichert sind. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht gesagt, man muss diese Systeme besonders schützen. Wenn Sie jetzt bei der Quellen-TKÜ die Bestimmung einführen wollen, dass auf Computer direkt zugegriffen wird, um Telefongespräche über das Internet vor dem Verschlüsseln abhören zu können, dann ist zumindest zweifelhaft, ob das mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, was den Schutz der IT-Systeme betrifft, in Einklang zu bringen ist. Ich bezweifle es.
Der Herr Kollege Greilich hat gesagt, bezüglich der Wohnraumüberwachung bekämen wir das „liberalste Polizeigesetz“, das Hessen jemals gehabt habe. Herr Kollege Greilich, Sie wollen im Polizeigesetz zum ersten Mal das Betreten von Wohnungen zum Zwecke der Manipulation an Informationssystemen regeln. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist eines der zentralen Grundrechte. Sie wollen dieses Grundrecht in dem Bereich des Polizeigesetzes, wo es um die Gefahrenabwehr geht, geradezu abschaffen. Es geht hier nicht um Strafverfolgung; da ist das möglich. Es geht hier nicht um den Verfassungsschutz, nicht um die Verfolgung von Terroristen.Es geht hier auch nicht um etwas, was das BKA-Gesetz regelt.
Nein, es geht hier um die Gefahrenabwehr, also um Maßnahmen im Vorfeld von Straftaten. So zu argumentieren, derartige Einschnitte in Grund- und Freiheitsrechte zu fordern, ist das Gegenteil von liberal, Herr Kollege Greilich. Das ist eben nicht liberal.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Peter Beuth (CDU):Völlig absurd!)
Herr Kollege Greilich, es ist nicht nur die böse Opposition, die das behauptet. Wenn Sie sich einmal die Pressemitteilungen der Jungen Liberalen – das ist die Jugendorganisation der FDP – anschauen, dann lesen Sie Folgendes:
Für uns JuLis steht jedoch nach wie vor fest, dass wir Einführung und Nutzung von Kfz-Kennzeichenlesegeräten ebenso wie die Rasterfahndung strikt ablehnen.
Herr Kollege Greilich, es ist eben nicht die böse Opposition – nicht die Linkspartei, nicht die GRÜNEN, nicht die SPD –, sondern es ist die Jugendorganisation der Liberalen, die das geschrieben hat. Wenigstens das sollten Sie sich zu Herzen nehmen und sich nicht hier vorne hinstellen und behaupten, dass das das „liberalste Polizeigesetz“ sei, das Hessen jemals gehabt habe. Sie verhöhnen damit sogar Ihre eigenen Parteimitglieder, Herr Kollege Greilich.
Herr Kollege Greilich,die Jungen Liberalen sagen,bei der vorgesehenen Quellen-TKÜ haben sie „erhebliche Bedenken“, wie deren exakte technische Umsetzung erfolgen kann, ohne die Beschlüsse des Parteitages der FDP von Rotenburg zu verletzen.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, Sie haben es mit einer sehr komplexen Materie zu tun.Wir haben es mit tiefen Eingriffen in Bürger- und Freiheitsrechte zu tun. Das ist nicht das „liberalste Polizeigesetz“, was Sie hier vorlegen,sondern das sind tiefste Eingriffe in Bürger- und Freiheitsrechte. Deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung basiert auf dem Gesetzentwurf der CDU- und der FDP-Fraktion zur Änderung des HSOG und greift – zumindest teilweise – die Wünsche auf, die in der Anhörung vorgetragen wurden.
Insofern haben wir nicht nur zugehört, sondern wir haben das, was wir gehört haben, aufgenommen und zum Teil umgesetzt – auch wenn der eine oder andere Vorredner das bezweifelt hat oder meinte, er habe Grund, dies zu bezweifeln.
Wir sind z. B. dem nachgekommen, was der Herr Datenschutzbeauftragte zu dem Gesetzentwurf gesagt hat. Ich nenne die Stichworte Videoüberwachung und automatische Kennzeichenlesegeräte. Wir sind sicher, dass wir damit eine Klarstellung erreicht haben, ohne die ausgewogene und angemessene Weiterentwicklung des modernsten Polizeigesetzes zu beschneiden. Das ist uns ganz wichtig, denn wenn dieses Gesetz in zweiter oder dritter Lesung den Hessischen Landtag passiert hat, ist wieder ein wichtiger Baustein für eine wertvolle Polizeiarbeit gelegt.
Wir wissen, dass die Aufklärungsquote von 57,1 %, die höchste Quote, die in Hessen jemals erreicht wurde – davon hat die Opposition geträumt, als sie einmal in der Regierungsverantwortung war –, kein Zufallsergebnis ist, sondern sehr viel mit motivierter Polizeiarbeit, mit motivierten Polizisten und Polizistinnen zu tun hat.
Sie hat aber auch mit einer entsprechenden personellen und sachlichen Ausstattung und mit den richtigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu tun. Insofern wird es Sie nicht überraschen, dass wir der Beschlussempfehlung, die vorgetragen wurde, zustimmen werden. Es wird Sie auch nicht überraschen, dass wir den Antrag der LINKEN, die sich zu dem Gesetzentwurf geäußert hat,nicht folgen werden. Das sollte jeder tun, dem die freiheitlich-demokratische Grundordnung schützenswert erscheint.
Das hat damit zu tun, dass ich ein freundlicher Mensch bin. – Das, was Sie hier präsentiert haben, ist unseres Erachtens eine Einladung an die organisierte Kriminalität, an die Terroristen, zu uns zu kommen, weil sie es bei uns leicht haben.