Wenn man liest, was Sie zu den automatischen Kennzeichenlesegeräten von sich geben, wenn man hört, was Sie zur Quellen-TKÜ sagen: Sie würden einen potenziellen Terroristen ja vorher anrufen und ihm mitteilen, dass man gedenkt, ihn abzuhören, weil er anscheinend etwas Böses vorhat. – So weit darf es nicht gehen.
Herr van Ooyen, Sie als bekennender Apo-Opa können sich nachher zu Wort melden und erklären, wie Sie das in Wirklichkeit sehen.
Wenn es um organisierte Kriminalität geht, um das Bekämpfen des Terrorismus, wenn es darum geht, Geiselnahmen zu beenden oder zu verhindern, Zwangsprostitution zu verhindern, im Keim zu ersticken, Menschenhandel zu unterbinden, dann lässt sich das eben nicht mit einer Kuschel- oder Wohlfühlkriminalistik tun, wie Sie sie hier anscheinend fordern.
Deutlich abgeschwächt geht die gleiche Kritik in Richtung der SPD-Fraktion. Auch in Ihrem Änderungsantrag sind Formulierungen zu den automatischen Kennzeichenlesegeräten, zur Quellen-TKÜ und zur Rasterfahndung enthalten, denen wir nicht folgen werden.
Die Herausforderungen an unsere Sicherheitsarchitektur sind so hoch wie noch nie. Es wurde bereits zu Recht darauf hingewiesen, welche Faktoren eine Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen erfordern: die Weiterentwicklung der Technologien; das Auftauchen von neuen Technologien in der Informationsverarbeitung und bei der Telekommunikation und, daraus abgeleitet, neue Kriminalitätsformen; aber auch ein grenzenloses Europa, das wir zwar begrüßen, das aber auch bedeutet, dass die Ganoven ganz anders unterwegs sein können, als das früher der Fall war; die zentrale Lage der Bundesrepublik, aber auch unseres Bundeslands; die Zunahme der organisierten Kriminalität und des Terrorismus; aber auch die von
einigen Terroristen ganz klar ausgesprochene Fokussierung auf weiche Ziele, etwa auf McDonald’s, auf Fußballstadien oder auf Bahnhöfe und dergleichen.
Wir sind sicher,dass wir durch diese Änderung des HSOG ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Sicherheitsund Schutzbedürfnis der Bürger sowie der modernen Polizeiarbeit auf der einen Seite und dem Schutz der Grundrechte auf der anderen Seite gewährleistet haben.
Das HSOG ist liberal, und es gewährleistet Sicherheit. Es gibt in diesem Gesetzentwurf und der darauf aufbauenden Beschlussempfehlung weder eine falsch verstandene Liberalität – dies wäre fahrlässig – noch unrechtmäßige oder unangemessene Eingriffe in die Privatsphäre.
Wir waren und sind nach wie vor der Überzeugung, dass wir dann, wenn Gefahr im Verzug ist, wenn Leib und Leben bedroht und Angriffe auf unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu befürchten sind, unserer Verantwortung gerecht werden müssen. Dies haben wir eben nicht nur durch eine entsprechende personelle und materielle Ausstattung, sondern auch in der Gesetzgebung zu berücksichtigen.
Über die Eckpunkte wurde in den Ausschüssen ausführlich diskutiert. Die Quellen-TKÜ, die automatischen Kennzeichenlesegeräte, aber auch die akustische und die optische Überwachung gehören dazu, allerdings – das wurde ebenfalls immer wieder gesagt – mit dem Respekt vor der Privatsphäre der Menschen verbunden sowie mit dem Respekt vor dem, was im Grundgesetz verankert ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir waren uns stets einig, dass die hessische Polizei eine rechtliche Arbeitsgrundlage benötigt, mit der sie auf die neuen Herausforderungen angemessen reagieren kann. Der vorgelegte Gesetzentwurf ist ein wichtiger Baustein der hessischen Sicherheitsarchitektur. Wir wollen, dass Hessen nach wie vor eines der sichersten Bundesländer ist. Dafür brauchen wir die entsprechenden Gesetze. Das HSOG ist eines der dafür notwendigen Gesetze. Wir bitten um die Zustimmung zumindest der Mehrheit dieses Hauses. – Besten Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Novellierungsvorschlag zum hessischen Polizeirecht macht zunächst eine Vorbemerkung erforderlich, um böswilligen Unterstellungen oder auch nur sachlichen Missverständnissen klar entgegenzutreten. DIE LINKE hat große Achtung vor der schweren Arbeit der Polizei bei der Gefahrenabwehr, bei der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie bei der Verbrechensbekämpfung.Wir wissen, dass die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten oft auch unter Gefahr ihres eigenen Lebens ihren Dienst für die Allgemeinheit versehen und dabei mitunter an die Grenzen ihrer physischen und psychischen Belastbarkeit stoßen.
Das wissen wir, und deshalb setzen wir uns auch dafür ein, die sächliche und personelle Ausstattung der Polizei zu verbessern. Wir fordern mehr Polizeibeamte, bessere Dienstbedingungen, eine ordentliche Bezahlung und eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit für die Polizisten.
Die Probleme ergeben sich dann, wenn die Polizei durch eine falsche politische Führung in Konflikte mit den Bürgerrechten gerät und dadurch die Akzeptanz der Polizei insgesamt gefährdet wird. Das ist in der Regel kein Verschulden von einzelnen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, sondern das Ergebnis einer falschen Politik.
Es lässt sich nicht bestreiten, dass es in der Innenpolitik, was die Polizeigesetzgebung angeht, ein Spannungsfeld zwischen Freiheits- und Bürgerrechten einerseits sowie der polizeilichen Effektivität und einer manchmal sehr vereinfachenden Staatsräson andererseits gibt.
Der vorliegende Gesetzentwurf hat einen klar erkennbaren Schwerpunkt bei dem Recht der Informationserhebung und der Informationsverarbeitung durch die Polizei. Es ist eben so, dass die Polizei nicht alles wissen darf. Der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung muss unangetastet bleiben; sonst marschieren wir in einen Überwachungsstaat.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Überwachungsdaten zwar dezentral, im Rahmen der Länderzuständigkeiten, erhoben werden, wir aber zugleich die Entwicklung eines polizeilichen Zentralismus erleben, der ohne eine wirksame Kontrolle die Verwendung der zentral erhobenen Daten auf der europäischen Ebene zunehmend möglich macht. Eine Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den europäischen Polizeien mag in vielen Fällen sinnvoll sein. Aber gerade dann ist es erforderlich, dass die Bürger- und Freiheitsrechte bei der Datenerhebung umfassend respektiert werden.
Wir wollen Ihnen nicht absprechen, dass Sie versuchen, die verfassungsrechtlichen Grenzen einzuhalten, die das Bundesverfassungsgericht gesetzt hat. Wo diese Grenzen aber genau liegen, ist sehr streitig und war auch unter den Sachverständigen höchst umstritten.
Die entscheidende Frage ist aber, ob es bei der Überwachung notwendig ist, die Bürger- und Freiheitsrechte bis an die äußersten verfassungsrechtlichen Grenzen einzuschränken. Nicht alles, was technisch möglich und verfassungsrechtlich vielleicht gerade noch zulässig ist, muss auch gemacht werden.
Dieser Vorwurf richtet sich, wenn auch eingeschränkt, genauso an die Adresse der SPD, die das in gewissem Umfang mitmacht. Auch wenn sie die verfassungsrechtlichen Grenzen enger zieht, hält sie am Lauschangriff und an der Rasterfahndung fest. Dennoch erkennen wir an, dass es im SPD-Antrag einige gute Veränderungsvorschläge gibt. Wir können sie mittragen und unterstützen.
Wir selbst haben einen Änderungsantrag eingebracht, mit dem wir im Kern den polizeirechtlichen Zustand aus der Zeit vor der Regierungsübernahme Kochs wiederherstellen. Wir glauben nicht, dass das Leben in Hessen unter
dem damaligen Rechtszustand unsicherer und gefährlicher war. Ein Ausbau des Überwachungsapparats war deshalb weder erforderlich noch notwendig.
Herr Greilich, lassen Sie mich an dieser Stelle noch etwas sagen: Wenn Sie hier zum wiederholten Mal behaupten – durch Wiederholungen wird es auch nicht richtiger –, Sie würden das liberalste Polizeirecht schaffen, das es je in Hessen gegeben habe, fällt mir dazu spontan ein, wie es sich mit dem Begriff „liberal“ verhält.Da scheint sich eine ähnliche Entwicklung wie bei dem Begriff „Reformen“ zu vollziehen: Alle ducken sich, wenn irgendwie von Reformen geredet wird. Keiner glaubt mehr, das sei etwas Positives. Ich kann Ihnen nur freundschaftlich raten, dass Sie mit dem Begriff „liberal“ sehr deflationär – wie ich es einmal sagen möchte – umgehen sollten.
Herr Bellino ist in der Hälfte seines Redebeitrags auf die Terrorismusbekämpfung eingegangen, die nicht zum Kernbereich der polizeilichen Tätigkeit gehört. Sie ist zweifellos ein wichtiger Bereich, aber nicht der umfassendste. Herr Bellino, ich weiß nicht, woher Ihre praktischen Erfahrungen stammen. Wir kommen nicht nur beide aus dem Hochtaunuskreis, sondern wir leben sogar in derselben Gemeinde, sozusagen 200 m Luftlinie voneinander entfernt.
In Neu-Anspach gibt es keine Bronx. Ich habe sie dort noch nicht entdecken können. Daher weiß ich nicht, wo Sie Ihre Erfahrungen gesammelt haben.Auf jeden Fall ist mir dort in 20 Jahren kein Terrorist begegnet, noch gab es eine Situation, die es gerechtfertigt hätte, der Terrorismusbekämpfung einen solchen Stellenwert beizumessen, wie Sie es in Ihrem Beitrag gemacht haben.
Ja, Sie sind länger in Neu-Anspach als ich; das gebe ich zu. – Wir lehnen die automatisierte Kfz-Kennzeichenerfassung nach wie vor ab, weil sie auch unter der Berücksichtigung der von der Regierungskoalition vorgesehenen Änderungen immer noch zu einer großräumigen Bürgerüberwachung führt und mit entsprechenden Gefahren verbunden ist.
Wir freuen uns, dass die SPD-Fraktion mit Ihrem Änderungsantrag ebenfalls für die Streichung dieser Passage eingetreten ist.
Wir lehnen den Lauschangriff ab, weil damit zwangsläufig in den absolut geschützten Kernbereich der Intimsphäre und der privaten Lebensgestaltung eingegriffen wird.Alle dazu vorgeschlagenen Einschränkungen haben letztlich nur eine Feigenblattfunktion.
Aus den gleichen Gründen lehnen wir infiltrierende Eingriffe in die persönlichen Daten im Internet ab. Wir lehnen die Rasterfahndung ab. Denn neben Ihrer Nutzlosigkeit für die Gefahrenabwehr nimmt sie eine Einteilung der Menschen in Gruppen vor, bei der zwar eine Vielzahl persönlicher Merkmale enthalten ist, bei der aber auch rassische oder rassistische Gesichtspunkte einbezogen werden.
Herr Präsident, ich komme zu meinen letzten Sätzen. – Das alles ist mit uns nicht zu machen. Da die Regierungsfraktionen aber offenkundig zu substanziellen Änderungen nicht bereit sind, werden wir für die Ablehnung Ihres Entwurfs stimmen.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich hatte mir vorgenommen, hier wirklich ohne Emotionen vorzutragen.Aber das fällt schwer. Herr Schaus, ich weiß nicht, wo Sie leben.