Protokoll der Sitzung vom 03.03.2009

Die jetzige Regelung ist, auch wenn der Vorredner dies, gerade im Schlussteil seiner Rede,infrage gestellt hat,verfassungskonform – das haben die Gerichte bestätigt – und befindet sich im Einklang mit zahlreichen Gesetzen, die im Nachhinein mit gleicher Intention verabschiedet wurden. Denn die Diskussionsgrundlage, die Idee, die dahinter stand und steht, ist, dass dieses Gesetz und die damit verbundenen Gesetzesänderungen auch dem Ziel dienen sollen, durch den Erlass entsprechender Verfahrensvorschriften eine sach- und zeitgerechte Erfüllung der Amtsaufträge zu gewährleisten, und zwar in einer Art und Weise, die von einem hohen Maß an Effizienz und Bürgernähe gekennzeichnet ist. Sie haben meines Erachtens nicht darauf hingewiesen, dass die zweite Seite der Medaille ist, dass wir gerade dann, wenn der Staat tätig wird, darauf achten müssen, dass das, was er tut, effizient ist und dass es in der Tat den Bürgerinnen und Bürgern dient.

(Günter Rudolph (SPD):Wer hindert die Mitarbeiter daran, das zu tun?)

Das hat nichts damit zu tun, dass irgendjemand in der Regierung oder als Vorgesetzter Angst vor selbstbewussten Personalräten hätte,wie eben behauptet wurde.Auch darüber werden wir uns mit Sicherheit im Innenausschuss noch unterhalten.

Dass das Ganze keinesfalls der Verfassung widerspricht – wie es hier darzustellen versucht wurde;Art. 37 der Hessischen Verfassung wurde zitiert –, haben bereits die Gerichte entschieden.

Inhaltlich stehen wir dem Gesetzentwurf mehr als skeptisch gegenüber, wie ich bereits eingangs sagte. Im Innenausschuss werden wir uns über diese und andere Fragen weiter austauschen können. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Bellino. – Nächste Wortmeldung, Herr Abg. Rudolph für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, die SPD will im öffentlichen Dienst wieder eine echte Mitbestimmung einführen, nachdem zu unserem Bedauern sowie zum Leidwesen und zum Schaden der Mitarbeiter die Mitbestimmung in Hessen seit fast zehn Jahren nicht mehr existiert. CDU und FDP haben das immer positiv verbrämt dargestellt; alles sei wunderbar.

Ich glaube, das ist der falsche Ansatz, insbesondere bei einer modernen Personalpolitik und Personalführung. Man erreicht die besten Leistungen, wenn man bei wichtigen und schwierigen Entscheidungsprozessen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbezieht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Ministers Volker Bouffier)

Herr Innenminister, ich weiß, das sehen Sie anders. Gleichwohl ist es richtig.

(Zuruf des Abg.Axel Wintermeyer (CDU))

Herr Wintermeyer, Sie haben die Mitbestimmungsrechte kontinuierlich abgebaut. Begonnen haben Sie damit 1999,unter der CDU/FDP-Regierung.Fortgeführt haben Sie das 2003, als Sie die absolute Mehrheit hatten, insbesondere auch zur Umsetzung Ihrer berühmt-berüchtigten „Operation düstere Zukunft“.

(Axel Wintermeyer (CDU): Düstere Gegenwart! – Weitere Zurufe von der CDU)

Herr Wintermeyer, ich entnehme Ihrem Zwischenruf, dass Sie dem zustimmen; denn es ist schließlich richtig, was ich sage.

(Beifall bei der SPD)

Herr Wintermeyer, Sie wollten nämlich die „Operation düstere Zukunft“ möglichst ohne die Beteiligung von Personalräten und Interessenvertretungen durchsetzen. Sie wollten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unangenehme Entscheidungen durchpeitschen, z. B. wenn es darum ging, was der Personalrat noch erreichen kann, wenn Mitarbeiter versetzt werden.

Meine Damen und Herren, das ist keine moderne Personalpolitik; das ist eine Personalpolitik nach Gutsherrenart. Sie haben eine falsche Weichenstellung vorgenommen.

(Beifall bei der SPD)

Da Sie so oft sagen, die Wirtschaft mache das alles viel besser – wir haben gesehen, wie viel besser das alles ist –: Es gibt gute Beispiele von Firmen,die auch in schwierigen Zeiten zusammen mit den Mitarbeitern Sanierungskonzepte entwickeln.

Hessen ist auch finanzpolitisch ein Sanierungsfall:Mit den Mitarbeitern ist es besser als ohne und gegen sie.Auch das ist eine Erfahrung der letzten Jahre.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun ruft immer der eine oder andere dazwischen, der vom öffentlichen Dienst eine besonders große Ahnung hat – um es freundlich zu formulieren. Er kennt vielleicht die eine oder andere Behördenstube vom gelegentlichen Hineingehen, vielleicht aber auch nur abstrakt und theoretisch.

Deswegen nenne ich Ihnen ein Beispiel. Die Einigungsstelle hat sich seit vielen Jahren bewährt. Früher war es üblich, dass sich die Mitarbeiter von Personalrat und Dienststelle zusammengesetzt haben, und es wurde ein neutraler Schlichter bestimmt. Ich habe das in einigen Verfahren so gemacht, ein paar andere Kollegen auch. Meine Lebenserfahrung ist, dass man als Vorsitzender der Einigungsstelle oftmals zu konstruktiven Kompromissen gekommen ist, manchmal freundliche Hinweise gebend nach dem Motto,man müsse sonst eine Entscheidung treffen. Das hat oft geholfen, und es hat dem Betriebsfrieden und dem Klima in den Verwaltungen nicht geschadet,sondern gutgetan.

Das haben Sie abgeschafft. Die letzte Entscheidung liegt bei der Dienststelle, beim Dienstherrn. Wir sind der Auffassung, das kann und muss man an der Stelle korrigieren. Das ist ein vernünftiger Ausgleichsmechanismus zwischen den berechtigten Interessen der Dienststelle – des Dienstherrn – und den Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Ich nenne Ihnen ein zweites Beispiel. Sie haben die Zahl der freigestellten Personalräte drastisch reduziert. Wenn

im Einzugsgebiet des Polizeipräsidiums Nordhessen – das reicht von Bad Karlshafen bis nach Willingen und Eschwege; es ist also ein ziemlich großer Bezirk – gerade einmal zwei freigestellte Personalräte für 2.000 Polizeibeamte tätig sein können, ist das kein Signal dafür, dass man die Mitarbeiter ernsthaft einbeziehen will, wenn es darum geht, in die Fläche zu fahren und Gespräche zu führen. Auch das zeigt, dass es hier Änderungs- und Handlungsbedarf gibt. Die Umsetzung der neuen Verwaltungssteuerung ist in vielen Teilen sinnvoll mit den Mitarbeitern hinzubekommen, nicht aber gegen sie.

Deswegen können wir dem Gesetzentwurf, den die Fraktion DIE LINKE vorgelegt hat, in vielen Teilen zustimmen. Es ist ein Gesetzentwurf, der aus den Reihen des DGB kommt. Trotzdem ist er richtig. Wir haben auch im Rahmen unserer – –

(Lachen bei der CDU, der FDP und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein,ich war,wie es gelegentlich der Fall ist,meiner Zeit voraus.

(Heiterkeit bei der SPD – Lachen bei der CDU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß nämlich, was der trotz unterschiedlicher Meinungen geschätzte Innenminister nachher sagen wird. Er wird sagen, das komme von den Gewerkschaften und sei nicht so wichtig, und er wird es nicht ernst nehmen. Deswegen habe ich gleich gesagt, das sei eine gute Anregung. Wir hatten uns in den Koalitionsverhandlungen auch vorgenommen, das Personalvertretungsgesetz zu ändern.

Daher glaube ich, dass es sinnvoll ist, über diesen Gesetzentwurf in erster Lesung zu beraten. Wir regen auch eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf an; denn wir wollen das wissen. Dann werden Sie interessanterweise feststellen, dass nicht nur der DGB, sondern auch der Beamtenbund findet, dass viel verändert werden muss. Deswegen freuen wir uns auf die Beratungen.

Herr Bellino, nach Ihrem Beitrag habe ich allerdings keine große Hoffnung, dass die Beratung Sie klüger macht. Das macht nichts; wir unterstützen trotzdem gute und sinnvolle Anregungen. Das ist auch ein Signal an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.Die sollen nämlich wissen, wer ihre Interessen unterstützt.Wir von der Sozialdemokratischen Fraktion machen das allemal. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung,Herr Abg.Dr.Blechschmidt,FDPFraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Der Gesetzentwurf wird in die Beratung gehen.Aber auch ich sage, dass die Beratung nichts bringen wird. Wir sehen nämlich große Ansätze, die darauf deuten, dass Sie im Hinblick auf das, was sich in den letzten Jahren ereignet hat, das Rad zurückdrehen wollen.

Wer sich einmal die Protokolle anschaut und nachliest, worüber 1999 im Landtag debattiert wurde, wird feststellen, dass die Diskussion, die heute stattfindet, mit denselben Argumenten wie damals geführt wird. In dem Fall,

dass man gescheiter geworden ist, werden unterschiedliche Schlagworte verwendet.Aber die Argumente sind die gleichen geblieben.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Wir von der FDP sind der Auffassung, dass sich das derzeit geltende Gesetz bewährt hat. Es ist damals von CDU und FDP als ein Gesetz zur Beschleunigung von Entscheidungsprozessen verabschiedet worden. Das ist der Arbeitsbegriff.

Sie haben nicht vor, ein Gesetz zur Wiederherstellung des bewährten Mitbestimmungsstandards zu verabschieden, sondern Sie wollen ein Gesetz zur Verlangsamung von Entscheidungsprozessen haben. Die Argumente, die 1999 angeführt wurden, sind uns immer noch präsent. Wir halten sie nach wie vor für richtig.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb wird die Beratung nichts anderes erbringen als das, was in dem damaligen Gesetzentwurf am 18.05.1999 dargelegt wurde. Dabei haben Sie sich in der 15. Wahlperiode in drei Lesungen damit beschäftigt: in der 7., 8. und 10. Sitzung. Im Protokoll der 10. Sitzung konnte ich nachlesen, dass es sogar eine namentliche Abstimmung gab. Das heißt, die Bedeutung der Angelegenheit war Ihnen damals bewusst. Die namentliche Abstimmung ist so ausgegangen, dass die Mehrheit von CDU und FDP stand.

Sie wird auch in diesem Fall stehen.Wir sind der Meinung, dass sich das, was 1999 eingeführt wurde, bewährt hat und hier nicht mithilfe dieser Arbeitsbegriffe – oder Kampfbegriffe, wie Sie es verstehen – ad absurdum geführt werden sollte.

In Ihrer Begründung gehen Sie auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.1995 ein. Wir meinen, dass diese Entscheidung wesentlich ist, da hier auch die Schutzwert- und Verantwortungsgrenze dargelegt und im Einzelnen abgearbeitet wird, was geregelt werden kann.

Herr Bellino hat auf die Entscheidung des Staatsgerichtshofs des Landes Hessen hingewiesen,in der die Gültigkeit des Art. 37 Abs. 2 Hessische Verfassung bestätigt wird. Das ist die Entscheidung vom 08.11.2006.Die Argumente, wonach dort in verfassungsrechtlicher Sicht etwas unzulässig und unregelmäßig war, gelten also nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Das, was von dem am 18.05.1999 vorgelegten Gesetzentwurf fortgeführt wurde, fand sich im Gesetzentwurf der CDU, der am 01.07. vorgelegt wurde. Auch über diesen Gesetzentwurf wurde entsprechend diskutiert; es gab damals auch das Okay der FDP. Das, was damals geändert wurde, hat sich ebenfalls bestätigt.

Wenn man in Ihren Gesetzentwurf schaut, ihn durchblättert und ihn redaktionell mit dem vergleicht, was im Gesetz steht und was wir wollen, lässt sich erschreckenderweise eigentlich nur feststellen, dass die LINKEN anfangen, sich mit der Gesetzestechnik zu beschäftigen: mit Semikolon-, Punkt- und Kommasetzung sowie mit sonstigen Sachen. Man kann im Ausschuss eine Diskussion darüber führen, ob an einer Stelle ein Semikolon hinkommt oder nicht.