Die Kosten für Routineinspektionen seit dem Jahr 2002 belaufen sich auf 310 Millionen c, und 360 Millionen c sind in die Modernisierung eingebracht worden.
Was ist jetzt die Folge davon? Sie kennen die International Atomic Agency, die Internationale Atombehörde. Die fordert weltweit für einen Neubau eine Ausrichtung der Kernkraftwerke auf eine Schadenswahrscheinlichkeit von ein mal zehn hoch minus vier pro Jahr. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass man ein neues Kernkraftwerk überhaupt bauen darf.
Nach den aktuellen Nachrüstungen haben Biblis A und Biblis B eine Schadenswahrscheinlichkeit von zehn hoch minus sechs. Also kann man mit Fug und Recht sagen: Nach internationalem Standard sind diese beiden Blöcke erheblich risikoärmer, als es ein Neubau sein würde, wenn ich diese Standards zugrunde legen würde. Diese Wahrheit müssen Sie zur Kenntnis nehmen.
Natürlich ist es ein Problem, wenn man sagt: Aus ideologischen Gründen wollen wir keine Atomkraft. – Das können Sie ja sagen.Was wollen Sie auch anders machen? Sie müssen das sagen, denn sonst entfiele der Grund, warum es die GRÜNEN gibt. Sie müssen uns also erheblich dankbar dafür sein, dass wir den Atomkonsens aufkündigen. Sonst entfiele doch Ihre Lebensgrundlage.
Das ist doch der wahre Grund für Sie, zu sagen: Egal, wie wir sicherheitstechnisch damit umgehen, rein ideologisch wollen wir keine Atomkraft.
Ein Letztes. Ich finde es unerträglich, wie Sie mit Menschen umgehen, insbesondere mit der Kollegin Staatsministerin Lautenschläger. Ich habe beobachtet, dass die Frau Staatsministerin nicht nur sehr umsichtig, sondern sehr genau und kritisch mit den Auflagen und den Sicherheitsmaßnahmen umgeht.
Wir sind die Parlamentarier, die das kontrollieren. Wenn Sie darauf achten würden, was dort im Ministerium passiert, dann wären Sie stolz darauf, dass wir eine solche Umweltministerin haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem wir jetzt ausführlich von Herrn Wagner und Herrn Sürmann die Argumente der Atomwirtschaft gehört haben, sollten wir vielleicht zu den Fakten zurückkommen.
Wenn wir von Biblis sprechen, dann sprechen wir über die Gesundheit und das Leben von Menschen einer ganzen Region und darüber hinaus. Das sture Eintreten der Hessischen Landesregierung für die Interessen der Atomlobby ist in diesem Fall wirklich gemeingefährlich.
Frau Lautenschläger hat die Position vertreten, dass die Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung nicht vom Alter eines Meilers abhängig gemacht werden sollte, sondern von seinen Sicherheitsstandards. Biblis ist nicht sicher und auch nicht so nachzurüsten,dass es als sicher gelten könnte.
Dabei geht es nicht allein um das verbleibende Restrisiko – von dem die Kraftwerksbetreiber auch zugeben, dass es sich nie ausräumen lässt. Hundertprozentige Sicherheit bei Atomkraftwerken gibt es nicht. Im Falle eines Unfalls kann das eben die Zerstörung ganzer Landstriche bedeuten.
Jährlich gibt es Dutzende Störfälle in deutschen Atomkraftwerken. Bei Biblis kommt noch hinzu, dass es in unmittelbarer Nähe zu einem Knotenpunkt des europäischen Flugverkehrs gelegen ist. Den wollen Sie auch noch ausbauen und noch mehr Flugbewegungen in der Nähe von Biblis zulassen.
Biblis kann nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert werden – ob sie unfallbedingt oder beabsichtigt sind. Da hilft auch keine Vernebelungstechnik, auch keine argumentative Vernebelungstechnik.
Herr Wagner, Sicherheit ist bei der CDU immer nur dann ein Thema, wenn es darum geht, die Bevölkerung zu überwachen.
Das größte Risiko für die innere Sicherheit in Hessen ist das Atomkraftwerk Biblis – das ist die größte Bedrohung für die Sicherheit der Menschen in Hessen.
Herr Sürmann, es mag sein, dass Sie dieses Thema langweilt, wie Sie gesagt haben. Angesichts der großen Themen der FDP wie die Entlastungen für Hoteliers und Sonntagsöffnungszeiten für Videotheken ist für Sie das Thema Atomkraft offensichtlich langweilig. Sie ignorieren damit aber das Sicherheitsbedürfnis der Menschen in diesem Land.
Die Baustruktur in Biblis kann selbst nicht so stabilisiert werden, dass sie einem Flugzeugabsturz standhalten könnte.Allein aus diesem Grunde muss Biblis abgeschaltet werden, meine Damen und Herren.
Vor wenigen Tagen hat sich in diesem Sinne auch der Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Umweltausschuss des Bundestags, Josef Göppel, geäußert. Auf die Frage, ob Kraftwerke, die moderne Sicherheitstests nicht bestehen, vom Netz genommen werden müssen – wobei ich, ehrlich gesagt, schon die Tatsache, dass man eine solche Frage überhaupt an die neue Parlamentsmehrheit im Bundestag stellen muss, für eine Tragödie halte –, antwortete Herr Göppel kurz und bündig: „Genau das bedeutet das.“ Andernfalls werde die Koalition aus CDU und FDP unglaubwürdig.
Nun, die Glaubwürdigkeit von CDU und FDP ist natürlich gerade im Bereich der Energiepolitik ein drolliges Stichwort, wenn wir uns einmal an das „Kommunikationskonzept Kernenergie“ erinnern, das eine Unternehmensberatung im Vorfeld des Bundestagswahlkampfs für E.ON erstellt hat. Darin hieß es: „Die Thematisierung der Kernenergie im Wahlkampf ist also nicht im Sinne von E.ON.“ Ziel müsse vielmehr sein, dass „eine scharfe emotionale Debatte unterbleibt“, erfolgreich sei die ProAtom-Strategie dann, wenn der Konzern „beharrlich mit dem Argument Klimaschutz und Versorgungssicherheit den Schulterschluss zwischen Kernkraft und erneuerbaren Energien betont“. Herr Sürmann und Herr Wagner, ich finde,dass Sie diese Strategie heute Morgen schön umgesetzt haben.
Über die CDU/CSU heißt es: „Beim kleinsten Störfall wird der Union das Wahlkampfthema Kernkraft... auf die Füße fallen.
Meine Damen und Herren, nun haben wir einen Störfall, und zwar in Asse. Da muss sich die CDU natürlich über ihre Glaubwürdigkeit Gedanken machen. Deshalb vertritt Herr Göppel – wenigstens bis zur NRW-Landtagswahl – die Position: Biblis ist nicht zu sichern und darf nicht weiterlaufen. – Der Sinn der Restlaufzeiten war ja, bei allen Mängeln des vermeintlichen Atomausstiegskonsenses, dass alle Kraftwerke vom Netz gehen sollen. Nun werden Produktionsmengen von jüngeren auf ältere Kraftwerke übertragen, und das macht den Atomausstieg und den Atomkonsens nun wirklich zu einer Farce.
Analysten haben überschlagen, dass eine Laufzeitverlängerung von acht Jahren für E.ON über 12 Milliarden c zusätzliche Einnahmen bringt, für RWE immerhin 8 Milliarden c; und die Kosten für die Folgen tragen ja nicht die Konzerne, die sie verursachen, sondern die Allgemeinheit wie jetzt im Fall von Asse.
Das sogenannte Endlager Asse sorgt seit Wochen für Schlagzeilen. Hochgiftige radioaktive Abfälle lagern dort unterirdisch in einem Salzstock, der gerade von eindringendem Wasser geflutet wird. Jetzt soll Asse geräumt werden. Die Räumung wird aller Voraussicht nach 3,7 Milliarden c kosten. Auf Nachfrage sprach sich jetzt der Bundesumweltminister dafür aus, doch einmal eine Kostenbeteiligung der Energieunternehmen zu prüfen. Anstatt die Verursacher des Problems, die immer noch Milliardenprofite mit Atomkraft verdienen, in voller Höhe für die Folgekosten aufkommen zu lassen, werden diese
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Frank Sürmann (FDP))
Die Betreiber verdienen mit jedem abgeschriebenen Atomkraftwerk 300 Millionen c jährlich, sie verdienen also besonders viel an den alten und unsicheren, deswegen wollen sie dort die Laufzeiten verlängern. Deshalb spenden die auch fleißig an die Parteien, denn Vertrauen ist gut, bezahlen ist sicherer.
Im Gegenzug lassen sich CDU und FDP vor den Karren der Atomlobby spannen. Sie verschleppen mit ihren unsäglichen Kampagnen gegen Windräder den Umstieg auf erneuerbare Energien. Frau Lautenschläger ignoriert das Sicherheitsbedürfnis der Menschen und betreibt damit das Geschäft der Atomwirtschaft.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Meine Damen und Herren, wobei ich die 150.000 c, die E.ON Jahr für Jahr an die CDU und die FDP spendet, bei den zu erwartenden Profiten – ich habe das eben beschrieben –, ehrlich gesagt, ein bisschen knausrig finde.
Herr Hahn, vielleicht ist es ähnlich wie im Fall Mövenpick, dass im Falle der Umsetzung dann auch für getane Leistungen aufgestockt wird.
RWE erklärt jetzt, dass man dem Staat auch etwas von den Extraprofiten abgeben möchte. Davon abgesehen, dass dies das Risiko von Atomkraft auch nicht mindert, stellt sich die Frage, wie belastbar diese Aussage ist. Das kommt von den gleichen Konzernen, die den Atomkonsens damals mit ausgehandelt haben, der heute nichts mehr wert ist.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Die politische Entscheidung liegt nicht nur bei der Regierung allein. Es ist auch entscheidend, wer opponiert. Der Streit um die Atomkraft wird die erste große Auseinandersetzung mit der neuen Bundesregierung werden. Die entscheidende Frage ist:Von welcher Seite ist der Druck stärker, von den Energiekonzernen oder von der Gesellschaft? Es gibt in der Gesellschaft eine breite Mehrheit gegen Atomkraft und gegen längere Laufzeiten. Das wissen Sie. Deshalb brauchen wir eine neue Anti-AKW-Bewegung, die auch auf der Straße