Protokoll der Sitzung vom 25.03.2010

Sie haben behauptet, die Erinnerungsvermerke des Staatssekretärs und des leitenden Polizeibeamten Hefner seien falsch. Das ist nicht nur unzutreffend, sondern auch ehrenrührig.

(Günter Rudolph (SPD): Das habe ich gar nicht gesagt!)

Entweder belegen Sie Ihre Vorwürfe, oder Sie entschuldigen sich bei beiden, am besten noch heute.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Ich möchte jetzt zum Verfahren und zum Ablauf etwas sagen. Im Innenausschuss wurde vom Minister und vom Staatssekretär ausführlich berichtet, wie es zu der Auswahlentscheidung kam, welche Vorstellungsrunden, Beurteilungsverfahren und Gesprächsrunden stattgefunden haben. Dies wurde nicht nur von der Hausleitung gemacht, sondern auch – das ist ganz wichtig – von erfahrenen Mitarbeitern des Ministeriums und des Landespolizeipräsidiums.

(Günter Rudolph (SPD): Die wollten ausschreiben!)

Herr Rudolph, dies reichte Ihnen wohl nicht, obwohl Sie im Innenausschuss ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, weitere Fragen zu stellen. Sie hatten sogar angekündigt, noch zu fragen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Er wollte zur Presse!)

Wir haben extra noch eine halbe Stunde diskutiert,um Ihnen die Möglichkeit zu geben, Fragen zu stellen. Außer heißer Luft kam aber nichts mehr.

Sie wollten dann eine Akteneinsichtnahme haben. Diese wurde Ihnen auch gewährt. Bei der von Ihnen gewünschten Akteneinsicht konnte sich dann jeder, der lesen kann, von der ordnungsgemäßen und intensiven Bearbeitung der Angelegenheit überzeugen. Wer aber mit pauschalen Vorverurteilungen in die Akteneinsicht hineingeht, wird nichts Entlastendes finden.

Herr Frömmrich, ich erinnere mich noch an die letzte Sitzung des Innenausschusses. Sie sagten da schon: Da ist etwas nicht richtig gelaufen, das ist nicht ordnungsgemäß. – Als wir dann nachfragten, warum das denn so sei, erhielten wir die platte Antwort: Das sage ich einmal so.

(Axel Wintermeyer (CDU): Das ist unglaublich!)

Das ist mit Sicherheit nicht beweiskräftig.

Wer wie die Mitglieder der SPD und der GRÜNEN die Fakten nicht zur Kenntnis nehmen will

(Lachen der Abg. Günter Rudolph und Norbert Schmitt (SPD))

und nicht einmal in der Lage ist, angeblich noch vorhandene Fragen zu stellen, beweist damit, dass es ihm nicht um die Sache, sondern um Populismus geht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Bellino, was Sie hier vortragen, glaubt Ihnen nicht einmal Ihre eigene Truppe!)

Das Ministerium hat nicht nur schnell und angemessen auf die Fragen und die Kritik im Innenausschuss, während der Akteneinsicht und bei dem Schriftverkehr zwischen verschiedenen Abgeordneten und dem Haus reagiert, sondern auch bewusst die Öffentlichkeit hergestellt.Denn die Regierung hat nichts zu verbergen. Wer behauptet, es gebe keine Belege, die das zweite Verfahren dokumentieren, sagt die Unwahrheit. Das sogenannte erste Verfahren wurde abgeschlossen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): „Das sogenannte erste Verfahren!“)

Ein zweites Verfahren wurde eröffnet und gemäß § 8 Abs. 2 Hessisches Beamtengesetz durchgeführt. Es ist eindeutig nachvollziehbar, dass der zweite Bewerber – ursprünglich waren es sogar drei – spätestens im Mai 2009 wusste, dass er es nicht wird.

(Günter Rudolph (SPD): Mein Gott, das spielt dabei doch gar keine Rolle! Das ist ungetrübt von Sachverstand!)

Das belegen der Vermerk, aber auch ein Dankschreiben des Rechtsanwalts gleichermaßen. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Der Rechtsanwalt hat sich – ich denke, im Namen seines Mandanten – ausdrücklich für die angenehme Atmosphäre bedankt. Er hat dann noch darauf hingewiesen, dass man dafür dankbar sei, dass nach Alternativen gesucht werde.Das zeigt doch sehr eindrucksvoll, dass man wusste, dass man diese Stelle nicht bekommt.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Es hat ein zweites Verfahren gegeben. Ich nenne hierzu den Vermerk vom 19. Januar 2009. Beim Landespolizeipräsidium gibt es einen vom 28. Januar 2009. Es gibt interne Stellungnahmen, in denen man sich noch einmal darüber ausgetauscht hat, ob man noch einmal ausschreiben muss oder nicht.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und die Erde ist eine Scheibe!)

Es gibt ein Schreiben an die Frauenbeauftragte, in dem darüber informiert wird. Es gibt Erinnerungsvermerke, die schon genannt wurden.

Das alles ist ordnungsgemäß gelaufen. Beide Verfahren haben stattgefunden. Es wurde eindeutig geklärt, dass das angesprochene Ausschreibungsverfahren in diesem Fall nicht notwendig war.

Zusammenfassend stellen wir fest: Schon die Akteneinsicht hat uns gezeigt, dass ein ordnungsgemäßes Verfahren im Sinne der Bestenauslese stattgefunden hat und dass der zweite Bewerber – der ursprüngliche Bewerber – sehr wohl informiert war.

(Günter Rudolph (SPD): Und die Erde ist eine Scheibe! – Zuruf von der SPD: Das ist peinlich!)

Das auch heute gezeigte Verhalten der Opposition zeigt, dass bei Ihnen der Populismus ganz vorne steht. Leider geht das aber auch auf Kosten der Polizei.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Wir wissen, dass Deutschlands erfolgreichster und dienstältester Innenminister durch solchen Populismus nicht ins Wanken gerät. Wir wissen, dass die innere Sicherheit, die polizeiliche und nicht polizeiliche Gefahrenabwehr und die Belange des Sports bei Volker Bouffier und Boris Rhein gut aufgehoben sind. Das bleibt auch so.

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall bei Ab- geordneten der FDP)

Herr Kollege Bellino,vielen Dank.– Das Wort erhält Herr Kollege Schaus für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der Affäre um die hessischen Steuerfahnder, nach der Affäre Wolski und der um Mobbing in der hessischen Polizei beschäftigt uns heute die sogenannte Polizeichefaffäre. Man kann sagen: Das System Koch hält uns schwer auf Trab.

(Beifall der Abg. Willi van Ooyen und Janine Wiss- ler (DIE LINKE))

Es geht heute um nicht mehr als den Verdacht, dass der hessische Innenminister Volker Bouffier und sein Staatssekretär Boris Rhein Gerichtsbeschlüsse, mit denen ohnehin grob rechtswidriges Verhalten festgestellt wurde, nochmals umgangen haben,um einen Parteifreund in eine zentrale Position des Polizeidienstes zu hieven. Der Verdacht, dass der Innenminister einem CDU-Parteifreund unter Verletzung formaler Regeln ein hohes Amt bei der hessischen Polizei zugeschanzt hat, ist schon schlimm genug. Das ist aber im System Koch offenbar nicht so außergewöhnlich.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD)

Sollte sich aber auch noch bestätigen, dass der Innenminister dabei eine rechtskräftige Entscheidung des höchsten hessischen Verwaltungsgerichts bewusst missachtet und umgangen hat, dann wäre das offener Verfassungsbruch im Berlusconi-Stil. Herr Bellino, das ist keine populistische Angelegenheit, sondern das ist eine Angelegenheit mit Verfassungsbedeutung.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Wir Obleute der Fraktionen im Innenausschuss konnten uns hierüber bereits ein Bild machen. Zwei schmale Ordner mit Unterlagen, die als Beweis für ein zweites Auswahlverfahren dienen sollen, wurden uns für zwei Stunden zur Einsicht zugänglich gemacht.

(Axel Wintermeyer (CDU): Das reicht auch!)

Ich habe diese zwei Stunden genutzt. Herr Bellino, mir hat es auch gereicht,

(Holger Bellino (CDU):Axel Wintermeyer hat das gesagt!)

und zwar sowohl die Zeit als auch das, was ich darin an Inhalten gefunden bzw. nicht gefunden habe. Ich komme gleich darauf.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Ich habe diese zwei Stunden anders als Sie genutzt und bin die Akten von Anfang bis Ende durchgegangen. Ich habe darin keinen einzigen Beleg für ein ordentliches zweites Auswahlverfahren gefunden – keinen einzigen Beleg.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU mit Hinweisen auf die Lautstärke)

Herr Bellino, wer das anders darstellt, der muss der Öffentlichkeit beweisen, wann das erste Verfahren abgeschlossen wurde, wann ein zweites Verfahren eröffnet wurde, wer die Mitglieder Auswahlkommission waren und wann sie getagt hat, wann die drei Bewerber über ein zweites Auswahlverfahren schriftlich informiert wurden, auf welchen nachvollziehbaren objektiven Kriterien der Personalentscheidung für den Parteifreund von Herrn Bouffier getroffen wurde, wie die unterlegenen Bewerber schriftlich informiert wurden und warum das Rechtsschutzinteresse der unterlegenen Bewerber nicht gewahrt wurde.

Herr Bellino, es geht nicht darum, sozusagen Vorwürfe zu belegen. Es geht darum, Belege vorzulegen, damit die Vorwürfe entkräftet werden, und das wird Aufgabe des Untersuchungsausschusses.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und bei Abge- ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)