Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nur abraten, den Atomkompromiss aufzukündigen. Ein Kompromiss befriedet immer zwei Seiten. Wenn Sie die Zehntausenden Demonstrierenden an diesem Wochenende erlebt haben, konnten Sie sehen: Sie werden viel Energie in eine fruchtlose Fortführung der Kämpfe aus der Vergangenheit vergeuden, aber am Ende werden Sie diesen Kampf verlieren.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist auch gut so!)
Die Energiezukunft wird ohne Atomenergie stattfinden. In Zeiten des Energiewandels ist die größte Gefahr nicht der Wandel an sich, sondern das Handeln mit Rezepten von gestern – und das tun Sie.
Wer die Zukunftschancen für unser Land jetzt nicht wahrnimmt, der verspielt auch – und das ist für uns noch wichtiger – die strategische Führung in einem zentralen Punkt der Wirtschaftspolitik. Meine Damen und Herren, an dieser Stelle versagen Sie. Hessen ist an dieser Stelle nicht vorn.
Da die Zeit sowohl beim Klima wie auch beim Wettbewerb der Faktor Nummer eins geworden ist,muss man das Gras wachsen hören.Wer wie Sie gesicherte Erkenntnisse erst jahrelang wiederholt, kann allenfalls mit den Zauderern um die Krümel streiten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Görig, zum Thema Kernenergie werden wir am Donnerstagmorgen sprechen. Meine Antwort auf Ihre hierzu geäußerte Meinung verschiebe ich deswegen auf den Donnerstag.
Ich verweise darauf – und darauf können wir sehr stolz sein –, dass wir in Hessen ein Konzept haben, wie wir im Jahr 2020 den 20-%-Anteil an regenerativen Energien erreichen wollen, und zwar ein Konzept,
das nicht darauf basiert, dass ein selbst ernannter Solarpapst etwas zu Papier bringt und Sie es übernehmen, sondern ein Konzept, das von unabhängigen Experten erarbeitet worden ist
und das nicht nur, wie bei Ihrem Parteifreund Scheer, den Strom beinhaltet, sondern gleichzeitig auch die Wärme. Aus diesem Konzept geht auch hervor, dass wir neben dem 20-%-Anteil an regenerativen Energien auch weiterhin 80 % aus konventionellen Energien brauchen, aus Öl, Kohle, Gas und aus Kernbrennstoffen.
Dass regenerative Energien bei der Einspeisung einen Vorrang haben, ist Teil des Gesetzes. Das ist auch richtig. Das bedeutet aber nicht, dass regenerative Energien immer, überall und an jeder Stelle Vorrang vor dem Schutz der Menschen haben, Vorrang vor Natur- und Landschaftsschutz. Die Akzeptanz der Menschen ist wichtig.
Lassen Sie mich nun an wenigen Beispielen erläutern, warum wir Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen werden, nicht zustimmen können.
Punkt eins. Sie wollen, dass in einer Gesamtabwägung Windkraftanlagen über die Schutzgüter Natur und Landschaft gestellt werden.
Das heißt doch im Klartext: unbedingter Vorrang der Windkraft vor den Interessen der Menschen vor Ort. – Das ist etwas, was wir nicht tragen.
Sie wollen, dass 1,5 % der Landesfläche Vorranggebiete werden, aber Sie wollen keine Ausschlussgebiete, wie es heute üblich und Praxis ist. – Auch das tragen wir nicht mit. Es muss auch Ausschlussgebiete geben.Wir brauchen eine geordnete Planung, wo wir solche Windkraftanlagen bauen können und wo wir sie nicht haben wollen.
Sie wollen Windkraftanlagen nach festen Vorschriften an Bundesstraßen und in Industriegebieten bauen, also besonders nahe dort, wo Menschen wohnen und arbeiten.
Wir meinen, die Windkraftanlagen sollen dort gebaut werden, wo die Beeinträchtigung für die Menschen, die Landschaft und die Natur nicht so gravierend ist.Wir wollen,dass das abgewogen wird.Wir wollen auch,dass Wind
Für uns gilt also, den Gleichklang von Mensch, Natur und Landschaft zu berücksichtigen und nicht einseitig die regenerativen Energien und die Windkraft zu bevorzugen.
Anders als vielleicht Sie sind wir davon überzeugt, dass der Dialog mit Betroffenen,mit denen,die von diesen Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien tangiert sind, geführt wird und dass in diesen Dialog auch die Gespräche mit beispielsweise den Verbänden eingehen, deren Auffassungen in dieser Frage auch umstritten sind. Bis heute habe ich nicht vom BUND gehört, dass er überall Windenergieanlagen haben will.
Ich möchte noch auf das eingehen, was Sie unter Art. 2 Ihres Gesetzentwurfs eingebracht haben, nämlich auf das Hessische Energiegesetz. Ich meine, es muss Ihnen von Anfang an klar gewesen sein, dass wir dort nicht zustimmen können. Dort wollen Sie die Zukunft ohne atomare und fossile Energieerzeugung. Darin unterscheiden wir uns grundlegend. Es muss Ihnen von Anfang an klar gewesen sein, dass wir diese Position nicht mittragen können.
Das Ziel, das Sie heute hier darstellen und das Teil Ihres Konzeptes ist, haben Sie auch in Ihren Wahlkämpfen mit Herrn Scheer immer wieder dargestellt und propagiert.
Mein lieber Herr Schäfer-Gümbel, wo wollen Sie denn in Hessen die Windenergie speichern? – Die Antwort fehlt. Die Antwort heißt: Jeder Landkreis baut ein Speicherkraftwerk. Sie wissen selbst, das ist eine Illusion.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wenn ich dann den schlaffen Hessen-Löwen sehe, den Sie in Hessen herumfahren, so erinnert mich das genau an die Energiepolitik der SPD: losgesprungen, abgerutscht, auf dem Sockel gelandet, auf dem Bauch liegend alle Viere von sich gestreckt und keine Bodenhaftung mehr – das ist die Energiepolitik, mit der Sie im Moment versuchen, Hessen zu lenken.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Lassen Sie doch einmal den Wettbewerb zu, das wollen Sie doch sonst immer!)
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, lassen Sie mich einen weiteren Punkt aufgreifen. Das ist die Frage der rationellen Energieerzeugung und -verwendung in der Landesregierung. Da ist Hessen weit. In der Nachhaltigkeitskonferenz haben wir das Projekt der CO2-neutralen Landesverwaltung. Dort wird gehandelt, ohne dass es dafür einer ausgiebigen und expliziten Gesetzesvorgabe bedarf.