Protokoll der Sitzung vom 28.04.2010

Herr Al-Wazir, Ihr Gedächtnis scheint kürzer zu sein als Ihre Haare. – Eine Wiederholung ist insofern gegeben, weil wir über den „Wetzlar Kurier“ hier im Plenum schon häufiger diskutiert haben, weil es angeblich dringlich war.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Leider! Das war aber nicht unsere Schuld! – Weitere Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, ich sage es noch einmal: Wir werden über diesen Antrag diskutieren. Wir werden ihn an das Ende der Tagesordnung setzen und dann in der parlamentarisch üblichen Weise behandeln. Es gibt keine Notwendigkeit, über den Antrag jetzt zu diskutieren.

(Beifall bei der CDU)

Zur Geschäftsordnung, Herr Kollege Rudolph.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um einen erneuten Ausfall des Abg. Irmer, der sich im „Wetzlar Kurier“ in unerträglicher Weise politisch geäußert hat. Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit, hier im Landtag unverzüglich über diese disqualifizierenden und beleidigenden Äußerungen zu diskutieren.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

In diesem Kampfblatt – um es freundlich zu formulieren – lesen wir heute: Menschen aus Polen oder anderen christlich geprägten Ländern seien in ihrer Heimat verwurzelt, kämen nur vorübergehend in andere EU-Länder. Bei Muslimen sei das anders.Kämen sie nach Deutschland,sei das eine gefühlte Landnahme. Herr Irmer wörtlich: „Der Islam ist auf die Eroberung der Weltherrschaft fixiert.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir den Auftrag des Hessischen Landtags ernst nehmen, tolerant zu diskutieren, andere Meinungen zu respektieren, dann können wir die permanenten Ausfälle von Herrn Irmer in die rechte Richtung nicht mehr ignorieren.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Herr Wintermeyer,Sie können sich nicht ernsthaft hierhin stellen und sagen, man werde dieses Thema am Ende der Tagesordnung behandeln. Wenn es Ihnen um die Sache geht, sollten Sie sich damit einverstanden erklären, dass wir nach dem Setzpunkt der FDP darüber diskutieren.Ich biete Ihnen für die SPD an, dass wir einen Punkt von der Tagesordnung nehmen. Dann können wir die Zeit wieder aufholen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gleichzeitig ist als Nachfolger von Herrn Hoff ein Kollege in den Landtag eingerückt, der eine andere Biografie hat. „Wir freuen uns“ – mit dieser Stellungnahme haben Sie das begrüßt. Das wird durch all das, was Herr Irmer macht, konterkariert. Das greift diese Kolleginnen und Kollegen an. Sie werden dadurch diskreditiert, auch was ihre Herkunft betrifft.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen muss mit diesen Äußerungen des Herrn Irmer endgültig Schluss sein.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Als bildungspolitischer Sprecher! Das ist irre!)

Sie haben offensichtlich nicht die Kraft dazu. Aber Sie sollten wenigstens den Mut haben, sich einer offenen Diskussion zu stellen. Es muss Schluss mit solchen Äußerungen sein, durch die bestimmte Personen und gesellschaftliche Gruppen in rassistische Ecken gestellt werden. Dies verurteilen wir. Deswegen muss hier und heute darüber diskutiert werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Herr Schaus gemeldet. Herr Schaus, zur Geschäftsordnung, bitte.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir sind sprachlos! Meiner Meinung nach hat Herr Irmer mit dem heutigen „WNZ“-Artikel die Grenze übersprungen, überschritten war sie schon lange.Wir, als Wetzlarer Bürger/-nnen, müssen dar

auf reagieren! Oder sollten wir besser die Auszeichnung „Modellregion der Integration“ zurückgeben? Unsere Stadt muss sich für diese Aussagen schämen oder frühzeitig distanzieren!

Das schreibt heute Joachim Schäfer,der Kirchenmitarbeiter, auf dessen Wohnung ein Brandanschlag verübt wurde und der uns alle zu Recht auffordert, dazu Stellung zu nehmen und uns hier und heute von diesen Aussagen zu distanzieren.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Deshalb ist es notwendig,dass wir uns hier und heute über diese Zitate unterhalten. Diese Zitate sind auch im Antrag der GRÜNEN aufgeführt. Sie lauten:

Der Islam ist auf die Eroberung der Weltherrschaft fixiert.... Wir brauchen nicht mehr Muslime, sondern weniger.

Das ist unserer Meinung nach eine Aussage, die den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt, gemacht von einem Mitglied dieses Landtags. Das muss hier und heute Thema sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion hat sich ihr Vorsitzender, Herr Rentsch, zur Geschäftsordnung gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal ist es völlig legitim, dass die Kollegen diesen Antrag gestellt haben und dass dies aufgeklärt werden soll. Ich will aber darauf hinweisen, es wundert mich, dass die Argumente immer dann ausgetauscht werden, wenn es Ihnen gerade passt. Normalerweise wird argumentiert, dass die Tagesordnung eingehalten und abgearbeitet werden soll, weil sich die Kolleginnen und Kollegen auf die Tagesordnungspunkte bzw. auf bestimmte Setzpunkte vorbereitet haben.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Herr Kollege, lassen Sie mich einfach ausreden. Ich weiß, das fällt Ihnen schwer.

(Günter Rudolph (SPD): Ich habe doch gar nichts gemacht!)

Auch in diesem Fall war es so,dass sich alle Fraktionen auf ein bestimmtes Verfahren verständigt haben. Ich habe völliges Verständnis dafür, dass Sie während dieses Plenums darüber diskutieren wollen. Für das Plenum des Landtags ist eine Dauer von drei Tagen vorgesehen. So werden wir das machen.

Da in dem Redebeitrag des Kollegen Wagner ein bisschen der Vorwurf anklang, wir würden das in dieser Woche nicht mehr machen, rege ich für meine Fraktion an, dass wir morgen Abend so lange beraten, bis wir zu dem Tagesordnungspunkt kommen. Wir flüchten nicht, sondern werden morgen Abend natürlich hierbleiben. Auch wenn es bis 22 oder bis 24 Uhr dauert, sind wir dabei; keine Frage.Ich bitte darum,dass wir die Tagesordnung heute so abarbeiten, wie es vereinbart worden ist, und auch in der angegebenen Reihenfolge vorgehen. Aber wir werden

uns der Debatte nicht entziehen. Sie brauchen keine Angst zu haben.

(Beifall bei der FDP)

Die Fraktionen haben sich zur Geschäftsordnung geäußert.

Es ist der Antrag gestellt worden, den Tagesordnungspunkt nach dem Setzpunkt der FDP zu behandeln. Darüber lasse ich jetzt abstimmen. Wer dem Antrag zustimmt, Tagesordnungspunkt 72 im Anschluss an den Setzpunkt der FDP zu behandeln,den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Der Antrag ist bei Zustimmung der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP abgelehnt worden. Der Entschließungsantrag wird Tagesordnungspunkt 72 und wird am Ende der Tagesordnung behandelt.

Wir sind immer noch beim Eintritt in die Tagesordnung. Weiterhin eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend konsequente Berücksichtigung des Tierschutzes in allen Politikbereichen der Europäischen Union, Drucks. 18/ 2288. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 73 und kann,wenn dem nicht widersprochen wird,mit den Tagesordnungspunkten 20 und 70 zu diesem Thema aufgerufen werden. – Dann haben wir das so beschlossen.

Wir treten jetzt in die Tagesordnung ein. Ich rufe Tagesordnungspunkt 37 auf, den Setzpunkt der FDP:

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Weiterbau der A 44 – Drucks. 18/2246 –

in Verbindung damit Tagesordnungspunkt 67:

Dringlicher Antrag der Abg. Frankenberger, Grumbach, Siebel, Warnecke, Waschke (SPD) und Fraktion betreffend Weiterbau der A 44 durch verstärkte Anordnung von Sofortvollzug forcieren – Drucks. 18/2280 –

Die Redezeit beträgt zehn Minuten pro Fraktion. Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Rentsch gemeldet. Herr Rentsch, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! CDU und FDP sind angetreten, um in Hessen in verschiedenen Bereichen Schwerpunkte zu setzen. Sicherlich gehört zu unserer Arbeit auch, dass wir beispielsweise in der Bildung, in der Forschung und in der Wirtschaftspolitik – denken Sie nur daran, dass wir die Hessen-Agentur und die neue WI-Bank auf den Weg gebracht haben – eine verbesserte Infrastruktur wollen. Das Gleiche gilt auch für den Straßenbau.

(Beifall bei der FDP)

Auch wenn hier gerade noch Gespräche zu einem anderen Thema stattfinden,glaube ich doch,dass die Autobahn A 44 in Nordhessen eines der zentralen Infrastrukturprojekte in diesem Bundesland ist.

(Beifall bei der FDP)

Es geht also – neben der Diskussion über einen Zeitungsartikel – um das Schicksal vieler Tausend Menschen in un

serem Bundesland. Es würde mich freuen, wenn sich auch SPD und GRÜNE für dieses Thema interessierten.